3 Monate nach AN-Operation bei Prof. Sepehrnia, Luzern

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vogel76
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3 Monate nach AN-Operation bei Prof. Sepehrnia, Luzern

Beitrag von vogel76 » 03.12.2018, 13:04

Guten Tag

Ich möchte hier von meiner Erfahrung drei Monate nach der Operation meines Akustikusneurinoms berichten.

Im April 2018 wurde bei mir ein AKN linksseitig mit der Grösse 16 x 14 mm diagnostiziert.
Die vorausgegangenen Symptome waren seit Sommer 2017 wiederkehrende Ohrgeräusche/Pochen im linken Ohr und dann ab Februar 2018 ständiger leichter Schwindel. Der Hörtest beim HNO-Arzt im Februar zeigte keine Auffälligkeiten, auch die anderen Untersuchungen waren unauffällig. Im März 2018 bemerkte ich dann, dass ich links plötzlich weniger gut höre und nicht mehr telefonieren kann. Ein erneuter Hörtest zeigte eine Hörminderung links und auch die weiteren Tests (Augenbewegungen etc.) liessen auf ein Problem schliessen. Das MRI am 13. April 2018 hat dann Gewissheit gebracht.

Nachdem ich mich eingehend hier im Forum und anderweitig informiert habe, habe ich eher zu einer Operation tendiert, da mir die Langzeitfolgen einer Bestrahlung zu unsicher sind. Obwohl mich meine HNO-Ärztin ans Universitätsspital Zürich überwiesen hat, habe ich mich schlussendlich entschieden, beim Neurochirurgen Prof. A. Sepehrnia in Luzern einen Termin zu vereinbaren, welcher in der Schweiz wohl die Grösste Erfahrung in der Operation von AN hat. Nach einem Gespräch bei Prof. Sepehrnia im Mai 2018 war für mich dann klar, dass ich mich von ihm operieren lassen werde.

Die Operation fand am 4. September 2018 statt. Der Tumor konnte vollständig entfernt werden, allerdings bin ich seit der Operation auf dem linken Ohr komplett taub.

Die ersten Tage nach der OP waren ziemlich happig. Ich litt unter starken Kopfschmerzen und Schwindel, was sich nur sehr langsam besserte. Ich hatte keine sichtbare Fascialisparese, allerdings bemerkte ich beim Essen mit dem Löffel, dass etwas komisch/anders war als vorher.

Nachdem sich mein Zustand langsam besserte, tropfte fünf Tage nach der Operation plötzlich eine klare Flüssigkeit aus der Nase, was sich als leichten Liquorfluss herausstellte. Es erfolgte eine 6-tägige Lumbaldrainage und ich musste eine Woche länger als geplant im Spital bleiben. Während der Drainage litt ich durch den Druckunterschied unter ständigen starken Kopfschmerzen und konnte mich kaum aufsetzen oder aus dem Bett erheben. Der Liquorfluss konnte so jedoch gestoppt werden und es war kein erneuter Eingriff notwendig. Nachdem die Drainage entfernt wurde, ging es mir schnell viel besser, allerdings trat noch am gleichen Tag eine späte Fascialisparese auf. Dies zeigte sich in der Mimik und ich konnte das linke Auge nicht mehr gut schliessen, so dass es immer austrocknete.

Zwei Wochen nach der OP wurde ich dann nach Hause entlassen. Ich litt noch immer unter ständigem starkem Schwindel und die Fascialisparese empfand ich als sehr störend, obwohl es für die anderen kaum sichtbar war. Ein Uhrglasverband war nicht notwendig. Nur musste ich häufig Augentropfen verwenden, damit das Auge nicht austrocknete.

Zuhause ging ich dann 1x wöchentlich in die Physiotherapie für Gleichgewicht und Fascialisparese. Zusätzlich bin ich noch einzelne Male in die Cranio-Sacral-Therapie gegangen. Obwohl es schön war, wieder zuhause bei der Familie zu sein, waren die ersten Wochen doch sehr anstrengend und ich musste schauen, dass ich mir wirklich genügend Ruhe gönne (ich habe zwei Kinder im Alter von 5 und 7 Jahren). Als sehr anstrengend empfand ich auch die Bus- und Tramfahrten in die Therapie.

Die Fascialisparese bildete sich nach ca. 3 Wochen fast vollständig zurück und heute bemerke ich davon nichts mehr. Mit dem Gleichgewicht habe ich grosse Fortschritte gemacht. 6 Wochen nach der OP bin ich wieder vorsichtig Fahrrad gefahren. 8 Wochen nach der OP habe ich wieder mit Yoga und Joggen begonnen. Heute, 3 Monate nach der OP, kann ich eigentlich wieder alles machen wie vorher, auch z.B. Wanderungen in ausgesetztem Gelände, wenn ich mich gut konzentriere. Das Schwindelgefühl im Kopf ist zwar noch da, aber nicht mehr stark und es ist nicht mehr störend.
Das taube Ohr empfinde ich in ruhiger Umgebung nicht als störend. Allerdings bin ich ziemlich lärmempfindlich und sobald es Geräusche hat, habe ich auch ein unangenehmes Rauschen im linken Ohr. Bisher habe ich noch keine Hörgeräte ausprobiert, ich denke, dass ich mich an diesen Zustand einfach gewöhnen werde…

Vor zwei Wochen habe ich wieder mit der Arbeit begonnen (11 Wochen nach der OP). Während vier Wochen habe ich noch ein reduziertes Pensum von 50%, danach werde ich wieder normal arbeiten, wobei ich nur Teilzeit während 3 Tagen pro Woche arbeite.

Ich möchte hiermit allen Mut machen, welche die Operation noch vor sich haben. Obwohl die erste Zeit nach der OP sehr schwierig war, kann ich heute nach 3 Monaten sagen, dass es mir sehr gut geht!

Beste Grüsse
Vogel76
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Re: 3 Monate nach AN-Operation bei Prof. Sepehrnia, Luzern

Beitrag von elf » 04.12.2018, 18:32

vogel76 hat geschrieben:Nachdem ich mich eingehend hier im Forum und anderweitig informiert habe, habe ich eher zu einer Operation tendiert, da mir die Langzeitfolgen einer Bestrahlung zu unsicher sind.
Hallo und willkommen!

Mir fehlen die Unterlagen über Langzeitfolgen nach Bestrahlung.

Kannst du mir helfen?
Ich hätte gern gewusst, welche Langzeitfolgen bestehen und ich habe bei den Fachleuten eher die Sicherheit der Methode präsentiert bekommen.
Mir waren die Unsicherheiten bei einer OP irgendwie zu groß.
___________________
Frage an alle:
Bei welchen Betroffenen sind nach Bestrahlung Langzeitfolgen aufgetreten?
Welche Folgen sind das?
MRT Mai 2016: AN 21 x16 x 13mm
Juni 2016: Cyberknife
MRT Nov. 2016: Induzierte Schwellung
MRT Juni 2017: Weiter geschrumpft
MRT Juni 2018: Größe unverändert
MRT Juni 2019: Weiter geschrumpft
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Re: 3 Monate nach AN-Operation bei Prof. Sepehrnia, Luzern

Beitrag von vogel76 » 04.12.2018, 21:46

Liebe elf

Mit meiner Aussage meinte ich eben, dass die Langzeitfolgen zu wenig bekannt sind. Da ich noch relativ jung bin (42 Jahre), ist mir zu ungewiss, wie es in 15-20 Jahren nach einer Bestrahlung aussehen würde… Die Aussicht, dass der Tumor immer noch im Kopf ist, eventuell wieder wächst oder gesundes Gewebe in Mitleidenschaft gezogen wird, fand ich etwas beunruhigend…

Aber eben, schlussendlich muss ja jeder für sich entscheiden. Aufgrund meines Alters und da ich keine Risikofaktoren bezüglich einer Operation hatte, habe ich mich für die OP entschieden. Leider kann ich dir bezüglich deiner Frage auch nicht weiterhelfen.

Viele Grüsse
vogel76
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Re: 3 Monate nach AN-Operation bei Prof. Sepehrnia, Luzern

Beitrag von elf » 04.12.2018, 23:36

vogel76 hat geschrieben:... mir zu ungewiss, wie es in 15-20 Jahren nach einer Bestrahlung aussehen würde…
Das verstehe ich gut.

Mir ist zu ungewiß, wie es in einer Woche bis 15-20 Jahren nach einer OP aussehen würde...

Es ist ja eine der delikatesten OPs überhaupt.

Das Forum ist ja voll von Fallbeschreibungen nach OP.
Ich möchte verstehen, woher die Angst vor Bestrahlung kommt und warum die Angst vor der sehr komplizierten OP offensichtlich bei vielen Menschen so viel geringer ist.


Frage an die Betroffenen hier im Forum:

Wann hat je ein Bestrahlter eine gefährliche Entartung beschrieben...
Eine Nebenwirkung, die in ihrer Tragweite die Nebenwirkung einer OP übertrifft?
MRT Mai 2016: AN 21 x16 x 13mm
Juni 2016: Cyberknife
MRT Nov. 2016: Induzierte Schwellung
MRT Juni 2017: Weiter geschrumpft
MRT Juni 2018: Größe unverändert
MRT Juni 2019: Weiter geschrumpft
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Re: 3 Monate nach AN-Operation bei Prof. Sepehrnia, Luzern

Beitrag von snowdog » 06.12.2018, 13:45

Liebe vogel76, lieber elf, liebe Forenleser,

um auf die Frage von elf zu antworten:
Wann hat je ein Bestrahlter eine gefährliche Entartung beschrieben...
Eine Nebenwirkung, die in ihrer Tragweite die Nebenwirkung einer OP übertrifft?
Wir haben hier im Forum keinen derart gelagerten Fall, Becki hat
einen Erfahrungsbericht über eine erfolgreiche OP eines vorbestrahlten
AN
eingestellt (zu finden im Forenbereich "Kliniken/Operateure")
Tatsächlich fehlen belastbare Daten aus Langzeitbeobachtungen, wir sind
auf Erfahrungen Betroffener angewiesen. Studien und empirische Resultate
wären wünschenswert, solange diese nicht vorliegen, erfolgt die
Risikoabwägung eben aufgrund beschriebener Erlebnisse.

Ich möchte verstehen, woher die Angst vor Bestrahlung kommt und warum die Angst vor der sehr komplizierten OP offensichtlich bei vielen Menschen so viel geringer ist.
ANFux hat hierzu einige grundlegende Anmerkungen geschrieben
(zu finden im Forenbereich „Entscheidung Operation oder nicht ?“„Zur Wahl zwischen Operation und Bestrahlung“).
Der Entscheidungsprozess bei der Therapiewahl ist von objektiven
und individuell subjektiven Kriterien geprägt – da letztlich alleine der
Betroffene die Entscheidung treffen muss. Mancher sucht Verlässlichkeit
in Prognosen, die die Wahrscheinlichkeit eines Funktionserhalts in Prozent
beziffern – obwohl es keine Garantien gibt.
Die Abwägung für oder gegen eine Therapie setzt voraus, dass die
Wahl besteht. Ab einer bestimmten Größe entfällt die Option Bestrahlung.
In Fällen, wo Größe und Lage eine Strahlentherapie gleichrangig erscheinen
lassen, verschieben sich möglicherweise Bewertungsmaßstäbe. Dies
verwundert nur auf den ersten Blick, Relationen und Vergleiche setzen
lediglich Wahrscheinlichkeiten gegen ein diffuses Angstgefühl –
dieses auszuräumen vermögen sie nicht.

Letztlich ein Indiz dafür, dass jeder Fall ganz individuell betrachtet
werden muss. Und eine Empfehlung, sich umfassend und übergreifend
zu informieren, um die Sicherheit für die Entscheidung zu erlangen.

Man kann nun die Szenarien gegenüberstellen:
Langzeitfolgen zu wenig bekannt wie sieht es 15-20 Jahre nach einer OP aus
und „OP-Folgen als Risikowahrscheinlichkeit ab Eingriff“ und daraus
einen Wertmaßstab für erhaltene Lebensqualität ableiten.
Das Ergebnis dürfte nicht nur aufgrund des Alters differieren.


Liebe vogel76:
Glückwunsch zum OP-Verlauf und Ergebnis, der Fortschrittsbericht
ist in der Tat mutmachend. Dies gilt auch für den Entschluss, eine
Zweitmeinung einzuholen und Sicherheit für die Therapieentscheidung
zu gewinnen. Es war der für Dich richtige Weg und eine Bestätigung
der gewählten Vorgehensweise. Alles Gute für den weiteren
Heilungsverlauf und hoffentlich kommende Fortschrittsberichte.

Beste Grüße
snowdog
snowdog (Moderator seit 4.12) Jg.62,m,verh.,2 Söhne,
AN re.5x8 mm,n-c. suboccipital AN-OP in Offenbach 4.08,
postoperativ Liquorfistel,keine Fazialisparese, einseitig taub,chron.Kopfschmerzen,jährl.Kontroll-MRT f.d.ersten 5 J.
elf
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Re: 3 Monate nach AN-Operation bei Prof. Sepehrnia, Luzern

Beitrag von elf » 06.12.2018, 16:47

snowdog hat geschrieben:...
In Fällen, wo Größe und Lage eine Strahlentherapie gleichrangig erscheinen
lassen, verschieben sich möglicherweise Bewertungsmaßstäbe. Dies
verwundert nur auf den ersten Blick, Relationen und Vergleiche setzen
lediglich Wahrscheinlichkeiten gegen ein diffuses Angstgefühl
dieses auszuräumen vermögen sie nicht...
Danke, snowdog!

"Dieses diffuse Angstgefühl".
Darum hatte ich gefragt, denn ich kann das nicht verstehen:

Alle Neurochirurgen und andere operativ tätige Kollegen antworteten mir bei der Frage, was sie denn BEI SICH SELBST machen würden
"Strahlen".

Da handelte es sich halt nicht um ein "diffuses Angstgefühl".
Die wussten ganz konkret, was da abgeht.
Und auch vielen Dank, snowdog, für das Zitat, dass man durchaus nach Bestrahlung, so nötig, nachoperieren kann.

Die Schilderung Vogels ist doch sehr eindrücklich.
Vielen Dank auch für das Foto, Falke!.
MRT Mai 2016: AN 21 x16 x 13mm
Juni 2016: Cyberknife
MRT Nov. 2016: Induzierte Schwellung
MRT Juni 2017: Weiter geschrumpft
MRT Juni 2018: Größe unverändert
MRT Juni 2019: Weiter geschrumpft
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