Im Entscheidungsprozess OP als Kassenpatientin

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Suleika
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Im Entscheidungsprozess OP als Kassenpatientin

Beitrag von Suleika » 22.09.2016, 20:30

Hallo zusammen!
Mein Name hier im Forum ist Suleika, ich bin 38 Jahre alt, verheiratet, habe zwei Kinder und arbeite als Erzieherin im Kindergarten. Letzte Woche wurde bei mir rechts ein noch ziemlich kleines AN mit ca. 11 mm festgestellt. Ich hatte seit mehreren Jahren immerwieder Schwindel, der meist nach ein paar Tagen wieder verschwand, wurde mal wegen eines Hörsturzes und Tinnitus vom Hausarzt behandelt, erhielt dagegen Infusionen. Die Beschwerden kamen und gingen. Mir wurde gesagt, dass es sich wahrscheinlich um Lagerungsschwindel handelt, auch wurde ich zur Physiotherapie verwiesen, da Schwindelgefühle von verspannten Nackenmuskeln kommen könnten. Der Tinnitus hätte seine Ursache wahrscheinlich im Stress und meiner lauten Arbeitsumgebung. Da diese Vermutungen des Arztes durchaus seine Berechtigung hatten, bin ich der Sache zunächst nicht weiter nach gegangen, sondern versuchte einfach meine Lebensweise zu "ent-stressen" - zwischenzeitlich war ich auch in Behandlung wegen Depression und einer generalisierten Angststörung. Als ich dann im Juni über 3 Wochen dauerhaften Schwindel hatte, überwies mich meine Hausärztin zum HNO. Der stellte durch verschiedene Tests fest, dass rechts ein Vestibularisausfall besteht, Schwerhörigkeit rechts und nachweisbarer Tinnitus. Er hat die Verdachtsdiagnose gestellt, die dann durch ein MRT leider bestätigt wurde. Ich habe mich hier im Forum schon durch verschiedene AN-Geschichten durchgearbeitet und versuchte herauszufinden, was wohl die beste Vorgehensweise für mich ist. Mein HNO Arzt hat mich über die drei Möglichkeiten OP/Bestrahlung/wait and see aufgeklärt und momentan scheint mir die für mich passendste Lösung eine Operation. Da ich sowieso zu Ängstlichkeit neige, kommt für mich persönlich alles nicht in Frage, was dieses AN nicht komplett aus mir verbannt. Hier wurden ja schon namentlich die besonders empfehlenswerten Professoren und Kliniken genannt. Doch leider habe ich bei diesen Besten der Besten als Kassenpatientin bei der DAK keine Chancen. Utopische Beträge von 20.000 Euro Privatleistung bei Aufnahme in eine rennomierte Klinik sind für mich schlichtweg nicht leistbar. Nun suche ich nach Betroffenen, die gute Erfahrungen als Kassenpatienten in einem der öffentlichen Krankenhäuser gemacht haben, in der vielleicht nicht der Chef persönlich operiert hat. Ich bin als Erzieherin in meinem Bereich auf meine funktionierenden Sinne angewiesen, wenn ich die nächsten 30 Jahre noch weiterhin als solche tätig sein will und strebe an, meine noch erhaltenen Fähigkeiten weitestgehend zu erhalten. Zum jetzigen Zeitpunkt habe ich richtig Angst. Wie ich hier im Forum lesen konnte, muss ich mich höchstwahrscheinlich mit der Tatsache vertraut machen, nach einer OP auf einer Seite taub zu werden. Das kann man ja sicher durch Hörhilfen irgendwie kompensieren? Facialparese, Gleichgewichtsstörungen....all das lese ich hier. Gerade purzelt in meinem Kopf alles durcheinander. Daher ist meine wichtigste Frage zunächst: Wer hat gute Erfahrungen gemacht als Kassenpatient in einem öffentlichen Krankenhaus? Ich wäre sehr dankbar, wenn mir jemand positives rückmelden könnte.
Mit lieben Grüßen an alle tapferen Leute hier im Forum, die den Weg schon gegangen sind,
Suleika
snowdog
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Re: Im Entscheidungsprozess OP als Kassenpatientin

Beitrag von snowdog » 23.09.2016, 16:33

Liebe Suleika,

willkommen im Forum.
Deine Geschichte ist ein weiterer Beleg dafür, dass die Größe
eines ANwenig Rückschlüsse auf die Heftigkeit der Symptome
zulässt. Dagegen spricht einiges dafür, dass die vorhergehenden
Beschwerden mit dem wachsenden AN in Verbindung stehen.

Die Phase der Ungewissheit hast Du überstanden, die per
MRT bestätigte Diagnose stellt die Therapiefrage –
und so wie Du schreibst, hast Du Dich bereits in die
Thematik eingelesen.

Ein erster Rat: Nach Möglichkeit möglichst viele der
Erfahrungsberichte im Forum lesen – die Summe der vielen
Einzelfälle ergibt ein umfassendes Bild und hilft beim Sortieren
der Gedanken. Neben konkreten Antworten auf drängende Fragen
sind es vereinzelt Denkanstöße, die eine oder andere Unklarheit
mit Hilfe der IGAN-Infoseiten auflösen zu können.

Im Umgang mit der Angst ist gründliche Information ein
gutes Hilfsmittel, dazu gehört auch, zur Ruhe zu kommen
und dem Gefühl der Ohnmacht und Hilflosigkeit entgegenzuwirken.
Die Diagnose ist ernst, aber es gibt gute Heilungschancen
und eine insgesamt gute Prognose, nach der Therapie die
Erkrankung überstanden zu haben. Was es nicht gibt, sind
Garantien für ein erwartetes Ergebnis – weshalb es wenig bringt,
die Entscheidung für eine Therapie von „akzeptablen“
oder „untragbaren“ Folgen abhängig zu machen.
Es ist auch nicht hilfreich, von „möglichen Tatsachen“ zu sprechen –
ein erfahrener Operateur wird immer von gewissen Wahrscheinlichkeiten
sprechen, er macht dies aus gutem Grund.

Einige Schädigungen können bereits irreversibel sein, z.B. ist
ein bestehender massiver Hörverlust durch Schädigung des Hörnervs
ist per OP nicht reparabel.
Andere Symptome können OP-bedingt auftreten, einige sind
vorübergehend, wenige dauerhaft. Das alles hängt von den
beschriebenen Faktoren ab – Größe und Lage des Tumors,
bestehende Symptomatilk und natürlich Erfahrung und Geschick
des Spezialisten. Das Zusammenspiel der betroffenen Nerven,
ihr weitgehender Funktionserhalt und die Vermeidung zusätzlicher
Schädigungen setzen den Rahmen für die angestrebte, möglichst
vollständige Entfernung des Tumors. Dies unterstreicht, warum
bei der Auswahl des Operateurs die Erfahrung eine tragende Rolle spielt.

In den Berichten sind die wichtigsten Spezialisten und ihre
AN-Kompetenzzentren benannt, dies ist eine gute Orientierung
für die Auswahl. Zwar gibt es unterschiedliche Regelungen bei
den Behandlungskosten, die Handhabung ist aber häufig eine
Einzelfallentscheidung – ob es der Chef sein muss oder das erfahrene
Team einen „Routineeingriff“ durchführt, dies ist Teil der fachlichen
Beurteilung und des favorisierten OP-Verfahrens.
Zu guter Letzt spielt die Chemie zwischen Arzt und Patient eine
wichtige Rolle, Kompetenz und Vertrauen müssen passen. Bei einer
Zweitmeinung bzw. alternativen Wahl kann dies den Ausschlag geben.

Ich wünsche Dir viel Kraft für deine Entscheidung, gehe die nächsten
Schritte an. Alles Gute und beste Grüße

snowdog
snowdog (Moderator seit 4.12) Jg.62,m,verh.,2 Söhne,
AN re.5x8 mm,n-c. suboccipital AN-OP in Offenbach 4.08,
postoperativ Liquorfistel,keine Fazialisparese, einseitig taub,chron.Kopfschmerzen,jährl.Kontroll-MRT f.d.ersten 5 J.
Carsten1
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Re: Im Entscheidungsprozess OP als Kassenpatientin

Beitrag von Carsten1 » 23.09.2016, 18:24

Hallo suleika,

Ich kann dich mit deinen Ängsten gut verstehen.
Ich selber wurde im Januar als Kassenpatient in Kiel vom Chefarzt operiert.
( http://www.akustikusneurinom.info/forum ... f=2&t=1196 )
Ob nach der op noch Reste bleiben oder nicht kann dir glaub ich niemand vorher sagen.
Bei mir hatte der Tumor den Gesichtsnerv eingekapselt und aufgefächert , so das Reste des Tumors drin bleiben mussten. Dafür ist von der Facialis die ich nach der op hatte, nach 3 Monaten nichts mehr zu sehen war.
Das wichtigste , so denke ich , ist aber auf jedenfall , das du dem Operateur vertraust.
Ich wünsche dir bei deinem Weg noch alles gute und lass dir nach der op Zeit wieder gesund zu werden.

Liebe Grüße

Carsten1
m, BJ 68, Diagnose AN am 10.12.15, OP 19.01.16 in Kiel
Petrasch
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Re: Im Entscheidungsprozess OP als Kassenpatientin

Beitrag von Petrasch » 24.09.2016, 08:42

Hallo Suleika
Ich bin im Februar in Tübingen operiert worden .
Von Dr Ebner. dem Oberarzt.
Es ist alles wieder gut bei mir und bis auf mein Ohr, das schon vor der OP taub war habe ich keinerlei Einschränkungen .
Tübingen hat im Jahr 200 Operationen, mit Akutikusnomen.
Die werden natürlich auch in einem sehr guten Operationsteam erbracht.
Und eine gute Klinik hat nicht nur einen guten Prof.
Der einzige Grund mich vom Prof zu operieren zu lassen und dafür zu bezahlen , wäre , wenn er der einzige gewesen wäre der mich operiert hätte. Und alle anderen abgelehnt hätten.
Aber bei dir scheint es ja ganz gut zu sein.
Viel Glück und Zuversicht auf deinem Weg
LG Petra
Geb1965 W
Diagnose 7.12.2015 AKN 1.8cm T4a
OP 22.2.2016 Dr. Ebner Tübingen
Nach 9 Tagen Facialisparese ,
3 Monaten später nicht mehr sichtbar
Tinitus
Crossverbindung
chess
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Re: Im Entscheidungsprozess OP als Kassenpatientin

Beitrag von chess » 24.09.2016, 15:25

Hallo Suleika!

Auch ich kann deine Angst gut verstehen. Aber in Deutschland wirst du auch als Kassenpatientin gut behandelt. Wichtig ist, dass du zu einem Kompetenzzentrum gehst, dort sind gut ausgebildete Ärzte, die Erfahrung mit AKN-Operationen haben.
Auch als Kassenpatientin kannst du ohne Mehrkosten vom Chefarzt operiert werden. Ich wurde z.B. als Kassenpatient von Prof. Strauß (Leiter der Neurochirurgie) im Universitätsklinikum Halle operiert und bin mit der Behandlung dort sehr zufrieden. Es sind keine Mehrkosten auf mich zugekommen. (Akustikusneurinom-Operationen sind sozusagen Prof. Strauß’ Hobby.) Auch von der Uni-Klinik Tübingen hört man viel Gutes, die Ärzte in der zweiten Reihe dort müssen nicht unbedingt schlechter sein. Diese Kompetenzzentren können sich gar nicht erlauben, »Pfusch zu bauen«, weil dadurch ihr guter Ruf ruiniert werden würde. Ich kann vom Universitätsklinikum Halle berichten, dass dort sehr gewissenhaft gearbeitet wird.
Wenn ich eine konkrete Handlungsanweisung geben darf, würde ich dir Folgendes vorschlagen: Hole dir jeweils einen Beratungstermin im Universitätsklinikum Halle und in der Uni-Klinik Tübingen, dann lass nach diesen Gesprächen dein Bauchgefühl entscheiden. Vorher solltest du alle Informationen zum Akustikusneurinom, derer du habhaft werden kannst, dir zu Gemüte ziehen. Je mehr du über diese Erkrankung und deren Therapie weißt, umso besser verstehst du die ganze Problematik und kannst nachvollziehen, wovon die Ärzte reden. Dadurch hast du dann auch eine bessere Entscheidungsgrundlage. Die Entfernung der operierenden Uni-Klinik zum Heimatort darf keine Rolle spielen. Entscheidend muss sein, dass du wieder gesund wirst, und das mit möglichst wenigen »Kollateralschäden«.

Viele Grüße von chess
(der 3 Monate nach seiner OP sich darüber freut, dass seine Facialisparese immer weiter abnimmt)
59 Jahre, Diagnose 04/2016: AKN rechts, 14 x 14 x 9 mm; OP am 17. 6. 2016 durch Prof. Strauß/Uni-Klinik Halle; Tumor komplett entfernt; postoperativ Facialisparese Grad 4 House/Brackmann; FP geht langsam, aber stetig zurück; rechts taub
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Re: Im Entscheidungsprozess OP als Kassenpatientin

Beitrag von Suleika » 25.09.2016, 11:15

Ihr Lieben,

ich bedanke mich schon jetzt für Eure Antworten und Eure Klinikvorschläge und bin froh, mich hier angemeldet zu haben.
Im viel gelobten Tübingen kann ich mich im November "schon" vorstellen. Ich hoffe, dass die Wartelisten für eine OP nicht zu lang sind. Denn auf einen Sprechstundentermin und einen Termin zur OP zu warten ist zeitlich bestimmt ein Unterschied. Ich werde es sehen.

Zwischenzeitlich habe ich mir eine zweite Meinung bei einem HNO Arzt eingeholt, der selbst auch schon bei solchen Operationen mitgewirkt hat. In meinem Fall sei es wichtig, dass ein HNO und ein Neurochirurg zusammen operierten, da das AN, auch wenn es noch nicht so riesig ist, schon ans Kleinhirn andockt. Anscheinend sagt die Größe des AN nicht immer etwas aus, sondern die Lage, die Wuchsrichtung und die Form des Schädels. Daher gibt es Menschen, die mit einem großen AN wenig Symptome haben und solche, die mit einem kleinen AN schon Totalausfälle einzelner Sinne haben.

Er hat mir noch Würzburg, Freiburg und Hannover empfohlen.
Er meinte, ich sollte mich schon mit dem Gedanken vertraut machen, dass ich nach einer solchen OP auf dem betroffenen Ohr taub bin - was ich aber auch sein würde, wenn ich den Tumor drin ließe, denn er würde ja über kurz oder lang weiterwachsen. Also ganz klar OP-Empfehlung.
Beim Anmeldetermin solle ich mich vorher erkundigen, was die Kliniken brauchen. Nicht jede Klinik braucht eine Überweisung, manche brauchen nur den Arztbrief, die MRTbilder und das Versichertenkärtchen.

Die DAK hat Hilfe angeboten, in dem sie mir ein Verzeichnis mit bundesweiten Krankenhäusern und deren Fallzahlen an AN-Patienen zusendet, die jährlich dort operiert würden. Gesetzlich seien ihnen die Hände gebunden, konkrete Empfehlungen auszusprechen.

Mein nächster Gang ist also zu den Krankenhäusern. - Ich fühle mich immernoch wie im falschen Film. Mit jeder neuen kleinen Information bekomme ich eine Ahnung davon, was alles noch auf mich zukommt. Das meine ich ohne "schwarz zu malen". Frei nach dem Sinnspruch..
"Wenn Du denkst, dass Deine ganze Welt auseinander zu fallen scheint... Bleibe ruhig. Sie sortiert sich nur neu."

Mit vielen Grüßen
Suleika
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Re: Im Entscheidungsprozess OP als Kassenpatientin

Beitrag von Appie » 04.12.2016, 13:04

Hallo Suleika,

hast du dich bereits operieren lassen?

VG
Appie
M. geb. 77 AN in 2002 T4B. OP in Uniklinik Aachen Prof. Gilsbach. Einseitig taub, kein Tinnitus, keine Fazialispar. Rezidiv12/2016 1,8x1,2 cm.
Erneute OP 03/2017 durch Prof. Ebner in Tübingen.
Deutsch ist für mich eine Fremdsprache.
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