Liebe Picco88, liebe Lala74
die Geschichte von
Picco88 zeigt erneut, wie wichtig eine Anlaufstelle
für AN-Betroffene ist, bei der Mitbetroffene ihre Erfahrungen teilen.
Denn erst diese Erfahrungen zeichnen aus der Fülle an Informationen
und Fakten ein Bild, welches die Grundlage für eine abgewogene
Entscheidung zur Therapie abbildet.
Es ist eine verständliche und völlig normale Reaktion, dass das
Einlesen im Forum auch für anfängliche (!) Verwirrung und vereinzelt
zu Verängstigung führen kann. Bei diesem ernsten Thema kann es kaum
anders sein. Die Diagnose Akustikusneurinom trifft in den allermeisten
Fällen unvorbereitet – und obwohl die erklärenden Basisinformationen
bei der Eröffnung benannt werden, steht die Schocksituation einer
inhaltlichen Verarbeitung entgegen. Aus den Fragmenten „Hirntumor –
gutartig – Hörverlust – Schwindel – Operation – Bestrahlung – Abwarten“
gilt es, die Auseinandersetzung mit der Erkrankung anzugehen.
Alle Information, die dabei aufgesammelt wird, unterliegt einem Kontext,
dem individuellen Informationsstand. Aus diesem Grund erfährt manches
Fragezeichen bei der Recherche zu Anfang nur eine weitere Biegung –
aus der erhofften Antwort können schon mal 2 neue Fragen entstehen.
Es ist wichtig, diese Feststellung nicht als bedrohlich oder verunsichernd
zu begreifen. Vielleicht hilft es dabei, sich die Situation des Massenstarts
bei einem Stadtmarathon vorzustellen. Es gibt eine Startzone und einen
Startschuss, die Masse der Läufer aber lässt einen weder die Startlinie
erkennen, noch passt die Vorstellung einer kollektiv einsetzenden Bewegung
zu einem Laufplan. Mit den folgenden Minuten, nach Beginn des Laufs,
ist man im Rennen, an dessen Ende der Zieleinlauf steht.
Das Forum also ein einziger Marathonlauf ? Was den Aspekt der
Ausdauer anbelangt, könnte man das so stehen lassen –
die komplexe Materie erfordert ein gründliches Einarbeiten, manche
Wiederholung und einiges an Denkarbeit. Das Hin- und Herblättern
zwischen Forenthema und IGAN-Infoseite ist ein positives Zeichen,
gut angekommen zu sein. Der Lohn der Mühe ist ein probates Mittel
gegen Angst und Verunsicherung, das wachsende Verständnis kann
helfen, Optimismus, Zuversicht und Hoffnung zu stärken.
In der Rückschau war es klug, den HNO zu wechseln. Vor dem
Hintergrund der AN-Symptomatik ist die Diagnose „minimaler Hörsturz“
wenig hilfreich, dein neuer HNO ist den notwendigen Schritt gegangen,
per MRT Verdachtsmomente zweifelsfrei auszuschließen (in deinem Fall
leider zu bestätigen). Die Darstellung der 3 Möglichkeiten im Umgang
mit der AN-Diagnose wirst Du nach Lektüre der IGAN-Informationen
kritischer einschätzen, die Abwägung Strahlentherapie/Operation
umfasst weit mehr Vor- und Nachteile für jede Option.
Lala74 hat ihre Gamma-Knife-Erfahrung in ihrem Beitrag berichtet
und damit ein Ergebnis zu Prognosen und Erwartungen geliefert.
Allen prozentualen Wahrscheinlichkeiten zum Trotz gibt es keine
Garantien für einen Behandlungserfolg. Inwieweit eine Rezidiv-OP
eines bestrahlten Tumors „kein Problem“ darstellt, ist sinnigerweise
die an den erfahrenen Spezialisten zu richtende Frage. Was beruhigend
wirken soll, kommt nicht ohne Gegenfrage in Richtung erwartetem
Therapieerfolg aus: auch die Therapie Strahlenbehandlung zielt auf
Beseitigung der Tumorsymptome ab, zwar nicht durch Entfernung,
aber auf vollständige Inaktivierung.
Das Vorhaben, weitere erfahrene Spezialisten zu konsultieren,
ist auf jeden Fall zu begrüßen. Wenn das eigene Bauchgefühl einen
sorglosen Umgang bei der Therapieempfehlung wittert, sind genau
diese Fragen an Alternativen zu richten. Dein Alter und deine
Konstitution lassen sämtliche Optionen offen, Operationen sind bei
Menschen jüngeren Alters mit einer günstigen Prognose versehen,
d.h. Belastung und erwartbares Ergebnis sind in einem günstigeren
Verhältnis als bei Älteren. Garantien aber gibt es ebenfalls keine,
lediglich berichtete Erfahrungen und in Grenzen vergleichbare
Voraussetzungen. Für den Umgang mit den Ängsten kann es helfen,
einzelne Befürchtungen nicht in den Mittelpunkt zu stellen.
Selbst ein völliges Ertauben auf dem operierten Ohr bedeutet
nicht absolute Gehörlosigkeit. „Ein Pferd reiten können“ wirst Du mit
sehr hoher Wahrscheinlichkeit weiterhin, ob dazu Military oder
Springreiten auf Turnierparcours gehören werden, wirst Du bewerten
müssen.
Deine Selbsteinschätzung stimmt optimistisch, dass Du mögliche
Veränderungen nach einer OP zuversichtlich entgehen sehen kannst.
Ich wünsche Dir viel Kraft für die anstehenden Entscheidungen und
hilfreiche Erkenntnisse hier im Forum. Behalte den Kopf oben
Herzliche Grüße
snowdog