Wien oder Tübingen?

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Alexander
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Wien oder Tübingen?

Beitrag von Alexander » 15.02.2009, 19:30

Mein Rat ist einfach: Unbedingt einen erfahrenen Operateur in einer ausgewiesenen Spezialklinik aussuchen, dann gibt es keinen Grund, die Operation zu fürchten!

Ich selbst habe mich vor kurzem (Dezember 2008) von Prof. Tatagiba in Tübingen operieren lassen. Obwohl der Tumor schon ziemlich groß war (ca. 3 cm), konnte er vollständig und ohne jede Irritation des Gesichtsnervs entfernt werden. Auch der Hörnerv ist erhalten geblieben (das Resthörvermögen ist derzeit schwach, noch schwächer als vor der OP, wird sich aber erst ca. 3 Monate nach der OP endgültig beurteilen lassen). Sogar der lästige Tinnitus ist (weitgehend) weg.

Für ein solches Ergebnis muss man dankbar sein – in erster Linie natürlich Prof. Tatagiba, dessen ausgezeichneter Ruf in diesem Forum ja schon lange bekannt ist; aber auch all denen, die mich veranlasst haben, von Wien zu ihm nach Tübingen zu fahren, als da wären:

1) Mein Wiener HNO-Arzt Dr. Kohout. Bei ihm war ich im September, als mir die Verschlechterung des Gehörs aufgefallen ist. Nach einer Erstuntersuchung, bei der sich gezeigt hat, dass das Problem nur im Bereich des Innenohrs oder des Hörnervs liegen kann (Mittelohrknochenleitung intakt), hat er mich sofort („sicherheitshalber“) zwecks Abklärung des „Verdachts auf Akustikusneurinom“ zum MRT geschickt. (Seit ich in diesem Forum gelesen habe, welche Odysseen manche hinter sich bringen müssen, bis bei ihnen endlich die richtige Diagnose gestellt wird, weiß ich das erst richtig zu schätzen.) Als dann die Diagnose feststand, hat er Rücksprache mit Kollegen gehalten und mir anschließend den wohltuend klaren und eindeutigen Rat gegeben: „Ich würde nach Tübingen gehen!“

2) Als einzigartige Hilfe bei der Arztwahl haben sich Herr Fluri und die IGAN erwiesen. Wo sonst bekommt man einen so objektiven und informativen Überblick über die vorhandenen Operationsmöglichkeiten, noch dazu auf einem Gebiet, das jedem Betroffenen bis dahin üblicherweise völlig unbekannt ist? Wenn es die IGAN nicht gäbe, müsste man sie erfinden. Daher Danke auch an alle, die hier ihre Erfahrungen mitteilen!

3) Schließlich sind in meinem Fall auch noch die Ärzte an der Neurochirurgischen Abteilung des Wiener AKH zu erwähnen. Sie haben (unfreiwillig) den Vergleich geliefert, der einen sicher macht. Und damit meine ich nicht etwa, dass dort schlechte Ärzte am Werk wären, im Gegenteil: Die von mir konsultierten wurden mir allseits als erstklassige Neurochirurgen beschrieben. Wenn einem aber gleich mitgeteilt wird, dass man nach der Operation so gut wie sicher taub sein wird, gibt das doch zu denken (richtige Selbsteinschätzung des Arztes?). Und wenn dann zunächst eine Bestrahlung empfohlen wird, die sich bei näherer Betrachtung als angesichts der Tumorgröße (wie gesagt ca. 3 cm!) gänzlich unempfehlenswert, um nicht zu sagen: gefährlich, herausstellt, dann spricht es zwar für den betreffenden Arzt, dass er sämtliche Behandlungsmethoden in Betracht ziehen möchte, hinterlässt aber doch den Eindruck, dass jenes Wissen, das bei einem routinierten Spezialisten möglicherweise ganz selbstverständlich vorhanden ist, bei ihm nicht so unmittelbar präsent sein dürfte wie anderswo. Für Prof. Tatagiba stand jedenfalls sofort fest, dass eine Bestrahlung bei dieser Tumorgröße nicht mehr in Frage kommt (was jetzt im Übrigen auch schon auf der IGAN-Homepage nachzulesen ist). Auch sonst machten er und die ganze Klinik auf mich den allerbesten Eindruck; die Professionalität und Routine, mit der man dort an die Behandlung von Akustikusneurinomen herangeht, war nicht zu übersehen. Eine solche Routine kann man sich von einem österreichischen Krankenhaus freilich schon aufgrund der geringen Fallzahlen nicht erwarten, noch dazu wo dort offensichtlich immer noch die Meinung vorherrscht, dass jeder Neurochirurg „alles“ operieren muss, sodass eine Schwerpunktbildung (außer bei einzelnen Operateuren) praktisch kaum stattfindet. (Die sonstigen den „Wiener Verhältnissen“ entspringenden Begleiterscheinungen wie Chaos bei der Terminvergabe, mühsamer Kampf gegen Sekretariats-Drachen und Beratung ausschließlich in der Privatordination erwähne ich nur kurz, um der Geschichte den nötigen Lokalkolorit zu geben; sie sind nebensächlich und ohnehin jedem Einheimischen hinlänglich bekannt.)

Dass sich die Entscheidung für Tübingen auch tatsächlich bewährt hat, zeigt am besten der Vergleich mit einem „Leidensgenossen“, den ich anschließend in der Reha-Klinik getroffen habe und der sich in Wien operieren hat lassen – vielleicht kann ich ihn auch noch dazu bringen, seine eigene Geschichte im Forum publik zu machen. Hauptsächlich geht es dabei um eine Komplikation, die (wenngleich selten) bei solchen Operationen auftreten kann und die auch bei mir aufgetreten ist, nämlich eine Einblutung in die Tumorresektionshöhle, die den Hirnwasserabfluss behindert. Wie sich bei mir gezeigt hat, ist auch diese Komplikation keine „Katastrophe“, wenn sie – wie in Tübingen – sofort behandelt wird: Dann bekommt man für zwei Wochen einen Drainageschlauch, bis sich das Bluttröpfchen von selbst wieder aufgelöst hat; das ist zwar mit verstärkten Kopfschmerzen verbunden und verlängert natürlich den Krankenhausaufenthalt (bei mir auf knapp 3 Wochen), aber rückblickend betrachtet eine Nichtigkeit. Auch in dieser Hinsicht hat sich Tübingen mit seiner hochspezialisierten neurochirurgischen Intensivstation aus meiner Sicht also bestens bewährt, wie sich die Klinik ganz generell als medizinisch erstklassig, gut organisiert und sehr freundlich erwiesen hat.

Abschließend noch eine Anmerkung zum Thema Rehabilitation: Eine solche würde ich jedem empfehlen, da man von der Operation am Anfang doch sehr geschwächt ist. Hier habe ich in Wien mit dem NRZ Rosenhügel gute Erfahrungen gemacht; die Klinik ist modern, fachlich gut auf die (ja bei vielen neurologischen Erkrankungen vorkommenden) typischen Probleme wie Gleichgewichtsstörungen etc. eingerichtet und von einer angenehm-freundlichen Atmosphäre geprägt. Wenn man (so wie ich) nicht stationär bleiben möchte, kann man auch als Tagesklinikpatient nur zu den Therapiestunden kommen. Ich habe das zunächst zwei Wochen lang täglich gemacht und anschließend, als ich wieder zu arbeiten begonnen habe, das Reha-Programm auf einen Tag pro Woche reduziert.

Obwohl ich niemandem ein Akustikusneurinom wünschen würde, muss ich sagen, dass die Sache für mich längst ihren Schrecken verloren hat. Jetzt hoffe ich, dass sich mein Gehör noch ein bisschen bessert, gewaltig erleichtert bin ich in jedem Fall. Mit den Informationen, die hier im Forum geliefert werden, wird es in Zukunft hoffentlich vielen so gehen!

Viel Glück an alle, die es noch hinter sich bringen müssen!

Alexander
sol
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Toll, dass es für Dich so verlaufen ist.

Beitrag von sol » 17.02.2009, 12:05

Hallo Alexander,

Dein Bericht macht mir weiter Mut. Bei mir wurde am 04.02.09 ein ähnlich großes AN festgestellt. An der Uniklinik Köln wurden mir auch recht hohe Risiken für den Facialis- und Hörnerv in Aussicht gestellt.

Kommenden Freitag habe ich einen Termin in der Sprechstunde von Prof. Tatagiba, in den ich große Hoffnungen setze. Denn ich möchte das AN mit möglichst wenig Sorge im Vorhinein schnell los werden.

Dir weiterhin alles Gute.
Alexandra = sol
32 J., w, AKN re. ca. 2,2x3 cm am 04.02.09 in Uniklinik Köln entdeckt. 17.03.09 OP bei Prof. Tatagiba, UK Tübingen: vollständige Resektion, alle Nerven erhalten, z.Zt. noch Ohrgeräusche re.
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Nicht jede Prognose ist relevant

Beitrag von Alexander » 17.02.2009, 21:56

Liebe sol = Alexandra!

Du hast völlig recht, die Sache möglichst rasch los werden zu wollen. Bei dieser Größe hilft ohnehin nur eine Operation, und von den düsteren Prognosen mancher soll man sich nicht gleich abschrecken lassen - die gelten oft mehr für den Fall, dass man sich von denen operieren lässt, die solche Prognosen abgeben. Woanders sieht die Sache dann schon ganz anders aus. Du wirst sehen, Prof. Tatagiba wird Dir ein realistisches Bild der Lage geben können, auf das Du Dich dann einstellen kannst.

Kopf hoch,
Alexander
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Re: Wien oder Tübingen?

Beitrag von barbara » 14.01.2010, 13:54

Lieber Alexander,

endlich ein anderer Wiener in diesem tollen Forum! Ich kann deine Erfahrungen mit Wien nur bestätigen. Ich war diese Woche auf der Neurochirurgie am AKH Wien und habe eine halbe Stunde mit einem der Professoren geredet. Auch bei mir ist eine Behandlung mit Gamma-Knife nicht möglich, auch mir wurde die mikrochirurgische Operation so geschildert, dass ich den Eindruck hatte, danach geht es mir schlechter als jetzt: taub bin ich dann ganz sicher, und der Gesichtsnerv ist auch sicher hinüber.

Der Prof. war selbst semidepressiv und hat zu Abschluss gemeint: "was soll's....?" Wahrscheinlich hat er gemeint, irgendwann sind wir alle sowieso tot. Da ist man dann so richtig motiviert!

Meine Fragen:
Konntest du die Operation in Deutschland mit der österreichischen Krankenkasse verrechen?
Wieviel musstest du draufzahlen (ich habe eine Zusatzversicherung, allerdings eine recht einfache)?
Wie lange hat es gedauert, bis du einen Termin bekommen hast?
Thanks für deine Antwort!

Liebe Grüße aus Wien nach Wien..
barbara
Barbara, 47 Jahre, 2 Töchter, selbständige PR-Beraterin;
erster Hörsturz am 28.12.09, kleines intrameatales AN am 30.12.2009 diagnostiziert (2,6x2x2,1mm) links; derzeit in Wartestellung; leichter Tinnitus; Gehör vollkommen regeneriert.
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Termin, Versicherung

Beitrag von Alexander » 15.01.2010, 23:18

Liebe Barbara!

Auf den Termin habe ich nicht allzu lange warten müssen - Ende Sept./Anfang Okt. habe ich mich für die Privatsprechstunde bei Prof. Tatagiba Ende Okt. angemeldet, dort habe ich dann auch gleich den OP-Termin für Anfang Dez. vereinbart (um die Weihnachtstage zur Erholung nützen zu können).

Versicherungstechnisch bin ich nicht wirklich repräsentativ, weil ich als RA (nur) privat versichert bin, die private Versicherung hat dann auch - nach kleineren Querelen - fast alles bezahlt. Das macht die gesetzliche Sozialversicherung im Allgemeinen nicht, denn die zieht sich üblicherweise auf den Standpunkt zurück, man könne sich ja auch in Ö operieren lassen (und zahlt daher für eine OP im Ausland nur einen kleinen Kostenbeitrag in Höhe der "ersparten Selbstkosten", dessen genaue Höhe man erfragen müsste). Du solltest Dir daher in erster Linie ansehen, was Deine Zusatzversicherung alles bezahlt (falls Du nicht versuchen willst, auf rechtlichem Weg einen höheren Kostenersatz durch die Sozialversicherung durchzusetzen, was freilich mühsam ist mit ungewissen Erfolgsaussichten, da Du nachweisen müsstest, dass eine OP in Ö mit unzumutbar hohen Risiken verbunden wäre; und Chefarzthonorare würde die Sozialversicherung ohnehin nicht ersetzen). Mir hat die Klinik in Tübingen damals einen Kostenvoranschlag über 2 x 10.000 € ausgestellt; der eine Teil (Chefarzthonorare) entsprach dann mit 9.500 € auch tatsächlich ungefähr dem Voranschlag, der andere Teil (Klinikgebühr) war mit 18.000 € deutlich teurer, das lag aber wohl nur an meinem komplikationsbedingt längeren Aufenthalt.

Am besten, Du fährst selbst einmal hin, redest erst einmal mit Prof. Tatagiba und lässt Dir anschließend einen Kostenvoranschlag geben - dann kannst Du die Sache mit Deinen Versicherungen klären.

Jedenfalls alles Gute für Deine OP,

Alexander
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Erfahrungen Österreich/Wien/Graz

Beitrag von xxemmaxx » 25.06.2010, 20:00

Erfahrungen mit Rudolfstiftung, Landeskrankenhaus Graz und Reha in Österreich ?

Liebe österreichischen / Wiener Kollegen,

mein Freund erhielt gestern den Befund ein ca. 3 cm großes Akustikusneurinom zu haben. Nach 4 Jahren Beschwerden - wo die Ärzte auf psychosomatische Kopfschmerzen tippten...

Zwei Fragen:
- hat jemand Erfahrung mit der Neurochirurgie an der Rudolfstiftung oder mit der im Landeskrankenhaus Graz?
(aus Kostengründen wird wohl eine Operation in Deutschland nicht in Frage kommen)

- wer hat Erfahrung mit Reha-Kliniken in Österreich bzw. gibt es ein spezielles Programm das man beantragen sollte?

Vielen Dank für Eure Antworten!

Liebe Grüße,

Sabine = xxemmaxx
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Re: Wien oder Tübingen?

Beitrag von Alexander » 27.06.2010, 00:28

Liebe Sabine!

Meine Erfahrungen mit der Reha-Klinik NRZ Rosenhügel waren sehr gut (s. meinen Beitrag ganz oben).

Sonst würde ich von Österreich - Kosten hin oder her - abraten:

Was Graz betrifft, kann ich von keinen Erfahrungen berichten - weder von mir noch von anderen - und kann mir auch nicht vorstellen, dass man diese Art von OP dort sehr häufig macht.

Von der Rudolfstiftung weiß ich, dass dort ein OA tätig ist, der ein sehr guter Operateur sein soll und diese OP auch schon einige Male gemacht hat. Mit einem echten Spezialisten, der die OP jede Woche ein- oder mehrmals durchführt, lässt sich das aber natürlich nicht vergleichen. V.a. fehlt dort wohl ein "Umfeld", das auf diese Art von OP schon routinemäßig eingestellt ist. Das belegen die Erfahrungen meines im Beitrag ganz oben erwähnten "Leidensgenossen", der vom OA zwar recht gut operiert wurde (wenngleich mit zumindest vorübergehend ziemlich schwerer Facialisparese), aber nachher feststellen musste, dass die Klinik auf die bei dieser OP möglichen Komplikationen offenbar überhaupt nicht vorbereitet war, was für ihn mit 7 Wochen künstlichem Tiefschlaf (!) und zahlreichen Folgekomplikationen geendet hat (hat er zwar auch überlebt, aber heiter war das ganz und gar nicht).

Ich persönlich würde daher dringend raten, nicht die Kosten in den Vordergrund zu rücken und eine OP an einer Spezialklinik in D ernsthaft in Erwägung zu ziehen - es wird wohl selten im Leben eine Gelegenheit geben, sein Geld so sinnvoll zu investieren, oder?

Liebe Grüße
Alexander
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