Einseitig Taub - Auswirkungen

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Fedia
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Einseitig Taub - Auswirkungen

Beitrag von Fedia » 31.03.2024, 22:05

Hallo Zusammen,
Ich habe an anderer Stelle kürzlich meine Geschichte erzählt hier möchte ich mich über die Auswirkungen von einseitiger Taubheit oder an Taubheit grenzend austauschen.

Es ist so: Ich bin aktuell und vielleicht auch für immer einseitig annährend taub. Ich habe das hier im Forum schon häufig gelesen, aber die Auswirkungen dessen sind mir nicht wirklich klar. Ich spüre einige andere Symptome, bin aber unsicher ob sie mit der Einohrigkeit oder mit dem noch vorhandenen AN zusammenhängen.
1. Treppensteigen löst leichten Schwindel aus
2. Meetings bis 20 min geht gerade so. danach wird mein sprachverständnis immer schlechter
3. Supermarkt, Gastronomie etc. Ist extrem unangenehm
4. Ich ermüde schneller
5. Tinitus passt sich der Außenlautstärke an.

Welche Erfahrung habt ihr gemacht? Hat jemand eine Erklärung dafür? Und: passt sich das Gehirn an?
Kann man etwas dagegen tun?

Zur Info: ich trage im Moment noch kein Hörgerät. Bessert es sich wenn ich eines trage?

Ich wäre dankbar wenn ihr eure Erfahrungen mit mir teilt.
Viele Grüße
Fedia
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Harald87
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Re: Einseitig Taub - Auswirkungen

Beitrag von Harald87 » 01.04.2024, 07:38

Hallo,
bin seit 5 Jahren auf der einen Seite taub.

1. Würde ich eher auf den fehlenden oder beschädigten Gleichgewichtsnerv schieben, wird aber besser. Muss ja irgendwie optisch ausglichen werden, da ist Treppensteigen eher schlecht.

2, 3 und 4 ist es m.E. besser geworden. Einerseits die Toleranzschwelle, Lärm, Hintergrundlärm oder lange Gespräche durchzuhalten, anderseits lernt man irgendwann auch wie oder wo man sitzen muss bei Meetings oder Restaurants.
Supermarkt hasse ich es immer noch wenn es zu voll ist.

Tinnitus hab ich nicht.


Von meinem Verständnis her muss man ja beim Umstieg auf einseitiges Hören das Ausfiltern von Nebengeräuschen komplett neu lernen. Beim beidseitigen hören schaut man auf die interessante Lärmquelle. Die Ohren sind eigentlich den Nebengeräuschquellen zugewandt.
Einseitig dreht man aber meist das Ohr zu der interessanten Schallquelle. Die Nebengeräusche kommen dann von vorne oder hinten. Also komplett umgedreht.
Das dauert denke seine Zeit. Weiß nicht ob es da hilft eine Weile schlechter gehört zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Harald87
Fedia
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Re: Einseitig Taub - Auswirkungen

Beitrag von Fedia » 01.04.2024, 12:37

Hallo Harald,
Vielen Dank für deinen Bericht oder Rückmeldung.
Eines irritiert mich.

Dein nicht vorhandener Tinitus. Vielleicht ist es auch ein Missverständnis.

Ich bin dahingehend aufgeklärt worden dass jedes Geräusch das man im Ohr wahrnimmt als Tinitus bezeinet werden.
Das kann ein Pfeifen, Summen, Rauschen etc sein.

Weiter sagte man mir wenn ein Ohr nicht hören kann sendet das Innenohr Fehlsignale ans Gehirn welche von der Betreffenden Person als Rauschen wahrgenommen werden.
Dieses Rauschen oder hallen habe ich als Tinitus bezeichnet.
Sprich ein Geräusch welches ich im betreffenden Ohr wahrnehme ohne äußere Geräuschquelle.

In meinem Ohr hört es sich an wie ein "hallen" ( so, als würde ich eine Muschel an mein Ohr halten) mit leisem hohen Zirpen.

Jetzt zu meiner Frage: Was hörst du im "tauben Ohr"
Und: trägst du ein Hörgerät?

Viele Grüße
Fedia
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Re: Einseitig Taub - Auswirkungen

Beitrag von snowdog » 01.04.2024, 13:06

Liebe Fedia,

es ist wichtig, die Symptome in ihrer Gesamtheit als Folge des Akustikusneurinoms zu begreifen.

An dieser Stelle also ein klares ja - deine Beobachtungen sind mit dem Tumor in Zusammenhang zu bringen. Einseitige Taubheit nur auf "schlechtes Hören" zu reduzieren, suggeriert ja, jedwede technische Hilfe-
stellung (Hörgerät, Implantat, Cross-Versorgung) in Richtung Wiedererlangung des Hörvermögens beseitige die Restsymptomatik.

Hören als Sinneswahrnehmung geht weit über die Funktion der Signalverarbeitung hinaus. Ein nach-lassendes Hörvermögen wirkt vielfach auf das alltägliche Leben ein, nicht nur ist die soziale Interaktion beein-trächtigt (Gespräche und Diskussionen fallen schwerer oder werden teils unmöglich), das Verstehenwollen wird zur körperlichen Anstrengung, das Filtern von Nutz- und Störsignalen ermüdet und erschöpft. Vergleichbar mit einer Stresssituation arbeitet das Gehirn unter Strom, mit Auswirkungen auf das vegetative Nervensystem. Die im umgekehrten Fall geltende Feststellung "Lärm macht krank" begrenzt sich ja nicht auf die Gefahr einer drohenden Schwerhörigkeit - wäre nur das Hörvermögen betroffen, hätte man nach eingetretener Schwerhörigkeit mit applizierten Geräuschverstärkern ein Gegenmittel zur Hand und ginge zurück auf normal.

Häufig tritt der Fall ein, dass in Folge eines AN an die Stelle des "Nutzhörens" ein Störgeräusch tritt - eine diffuse Signalverarbeitung dem Gehirn also erhalten bleibt und zusätzlich erschwerend wirkt. Eine Hyperakusis auf dem gesunden Ohr, eine gesteigerte Hörempfindlichkeit wirken sich auf das Allgemeinempfinden aus - das Verlangen nach einer ruhigen Umgebung oder plötzlicher Stille wirkt wie ein Hilferuf des Gehirns. Und tatsächlich
verbessert sich das Befinden meist kurz nach Verlassen der Störumgebung. Welche Erkenntnisse lassen sich aus solchen Erfahrungen ableiten ?

Wichtig ist, dies als individuelle Erfahrung einzuordnen. Es gibt keine allgemeingültige Aussage, wie stark ein weit-gehender/vollständiger Hörverlust das Leben beein-trächtigt. Ertaubung als schwerwiegenden "Systemausfall" zu begreifen kann helfen, sich mit einem veränderten Wahrnehmungsvermögen zu arrangieren. Eine von früher Kindheit an ertaubte Therapeutin vertritt die These, der Ausfall eines Sinnesorgans entspräche einer Ein-schränkung der Belastbarkeit um annähernd der Hälfte - bezogen auf die Kompensations- und Anpassungs- leistung des Gehirns und Organismus. Und deshalb sei der Erhalt selbst eines minimalen Resthör-vermögens von hohem Stellenwert.

Meine persönliche Erfahrung bestätigt, dass es Gewöhnungseffekte für die allermeisten Symptome nach Entdeckung und erfolgter Therapie des AN gibt. Schwindel, Hörverlust, Tinnitus, Belastbarkeit -
minimale Verbesserungen nach der akuten Phase habe ich als Erfolg verbucht ;)

Die Frage nach dem Hörgerät hatte sich für mich (allerdings nach erfolgter Therapie) schnell erledigt, doch gilt hier im Sinne des Funktionserhalts eine möglichst zeitnahe Prüfung.

Beste Grüße
snowdog
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Re: Einseitig Taub - Auswirkungen

Beitrag von Harald87 » 01.04.2024, 15:27

Hallo Fedia,

ich höre gar nichts auf dem Ohr. Weder Pfeifen, noch Rauschen, noch Pfietschen. Die Seite ist akustisch für mich einfach nicht da. Ich lieg deshalb nachts meist auf der gesunden Seite, ist absolute Stille für mich. Das war auch nach der ersten OP schon so, obwohl da laut OP-Bericht der Hörnerv noch leitfähig war (und vorher Resthörvermögen da war).
Hörgerät trage ich keins. Hätte ich kein Rezidiv gehabt wäre es denke auf ein CI hinausgelaufen, nachdem ich sehr unerfolgreich eine Crossversorgung getestet hatte (das Sprachverständnis war deutlich schlechter mit).

Mit freundlichen Grüßen
Harald87
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Re: Einseitig Taub - Auswirkungen

Beitrag von Fedia » 01.04.2024, 22:31

Guten Abend Harald,
Guten Abend Snowdog,

herzlichen Dank für eure Antworten.
@Harald: wir können wohl nicht alles verstehen was im Körper vor sich geht. Wie kommst du denn einohrig zurecht ? Wenn ich das so fragen darf. Keine Gangunsicherheit? Keine Probleme mit vielen parallelen Geräuschquellen?

@Snowdog: du nimmst an dass meine geschilderten Symotome auf das AN zurückzuführen sind.
Wenn dem so wäre, dann müsste es aber ein schleichender Prozess gewesen sein. Sämtliche Symptome traten allerdings plötzlich, quasi über Nacht auf und sind bisher geblieben. Nur der Schwindel hat sich deutlich verbessert, vor dem Hörsturz hatte ich links ja nur eine leicht Hörminderung..

Kann das denn sein?

Viele Grüße
Fedia
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Re: Einseitig Taub - Auswirkungen

Beitrag von Harald87 » 01.04.2024, 23:43

Hallo Fedia,

Meetings sind in normaler Runde, vor allem wenn ich da sitze wo ich will, kein großes Problem. Gangunsicherheit habe ich eigentlich nur wenn es stockfinster ist (das ist denke auch getrennt vom Hören zu sehen). Lärm stört mich an sich nur richtig wenn ich mich mit jemandem auf der falschen Seite unterhalte. Im Normalfall spreche ich das einfach an und setz mich notfalls um oder tausche die Seite wenn man irgendwo hin läuft.

Wo ich wirklich merke wie desorientierent das sein kann ist im Tischtennis. Eine volle Halle und körperliche Anstrengung ist keine gute Kombination. Vor allem bei Punktspielen. Muss man aber auch durch. Wird irgendwie aber auch besser.


Alles in allem stören mich die Auswirkungen vom Lagerschaden bei der ersten OP deutlich eher und stärker als es die Einohrhigkeit je getan hat. Vielleicht würde ich, wenn die einseitige Taubheit die stärkste Einschränkung wäre, anders darüber denken oder mich "gestört" fühlen. Sollte man bei der ganzen Betrachtung vielleicht nicht vergessen, wo sich die Einohrhigkeit als Problem einsortiert.

Mit freundlichen Grüßen
Harald
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Re: Einseitig Taub - Auswirkungen

Beitrag von Fedia » 02.04.2024, 08:58

Vielen Dank Harald,
Das ist ja erfreulich dass du dich so gut arrangiert hast.
Du hast natürlich Recht. Ein Ohr ist zwar eine Einschränkung aber zu bewältigen....

Was ist denn ein Lagerschaden? Hat das etwas mit dem Lagerungsschwindel zu tun?

Viele Grüße
Fedia
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Re: Einseitig Taub - Auswirkungen

Beitrag von Harald87 » 02.04.2024, 09:15

Hallo Fedia,

abgeklemmter Nerv durch die lange OP. Also beide Fussheber gelähmt gewesen samt Neuropathie. Und Wirbelsäulenschaden.
Also kein direkter Schaden durch das AKN, sondern durch die Behandlung. Entsprechend zweitrangig war das ertauben auf der einen Seite.
Auch das ist wieder halbwegs besser geworden.

Mit freundlichen Grüßen
Harald
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Re: Einseitig Taub - Auswirkungen

Beitrag von Fedia » 02.04.2024, 14:29

Oh, das ist natürlich beängstigend. Dann freut es mich umso mehr für dich dass es dir heute wieder gut geht und du Tischtennis spielen kannst :P
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Re: Einseitig Taub - Auswirkungen

Beitrag von snowdog » 02.04.2024, 16:37

Fedia hat geschrieben: 01.04.2024, 22:31
@Snowdog: du nimmst an dass meine geschilderten Symotome auf das AN zurückzuführen sind.
Wenn dem so wäre, dann müsste es aber ein schleichender Prozess gewesen sein. Sämtliche Symptome traten allerdings plötzlich, quasi über Nacht auf und sind bisher geblieben. Nur der Schwindel hat sich deutlich verbessert, vor dem Hörsturz hatte ich links ja nur eine leicht Hörminderung..

Kann das denn sein?
Das kann durchaus sein und ist kein seltener Verlauf. Das langsame Wachstum des AN kann anfangs gänzlich ohne Symptome ablaufen, die ersten Auswirkungen lassen auch nicht immer auf Einschränkungen des Hörvermögens schließen - allenfalls auffällig, wenn man gleich Serien an Hörtests durchlaufen würde und Veränderungen damit messbar wären.

Tatsächlich stresst der Tumor den Stammnerv unterschiedlich, der Hörnerv ist dabei der labilste und macht am ehesten schlapp - Symptome können aber auch vom Vestibularis oder auch vom Facialis stammen, also spontan auftretende Schwindelanfälle oder Taubheits- gefühle auf der betroffenen Gesichtshälfte. Diese Beschwerden sind eher diffus und nicht eindeutig zuordenbar.

Wenn die Bedrängung akut wird, kann dies eine Art Hörsturz auslösen - also der spontane Ausfall des Hörvermögens. Durch Infusionen, die zeitnah verabreicht werden, kann die verbesserte Durchblutung sogar kurzfristig eine Rückkehr der Hörfähigkeit erzielen - trügerisch, weil so eine eindeutige Abklärung (Ausschluss eines AN per MRT) häufig unterbleibt. Eine Messreihe an Hörtests kann eine dauerhafte Hörminderung belegen (Indiz für einen wachsenden Tumor), allerdings ist in
dieser Phase der Hörverlust bereits eingetreten und durch keine Therapie umzukehren.

Beste Grüße
snowdog
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