Information Arbeitgeber, Freunde

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Bifix
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Information Arbeitgeber, Freunde

Beitrag von Bifix » 11.09.2015, 13:57

Liebes Forum,
wie händelt ihr das mit der Information über eure Diagnose?:

an den Arbeitgeber?
Hat man eine Verpflichtung dazu, wenn wann? Erst nach einer Behandlungen, wenn Einschränkungen bestehen? Dann gibt es ja das BEM, das betriebliche Eingliederungsmanagement. Wie sieht es mit der Information des Betriebsarztes aus? Was ist grundsätzlich zu raten?

Wie ist es mit Kollegen?
Meinem Chef habe ich es gesagt, auch das ich mich nicht voll belastbar fühle. Er hat mit Rücksprache der Leitung mein Arbeitspensum reduziert, zu Lasten meiner Kollegin (die zudem immer noch Freiraum hat). Das hat für Unmut und Getratsche gesorgt. Obwohl unser Leiter mit ihr gesprochen hat, daß ich ernsthaft erkrankt bin. Das verschlechterte Arbeitsverhältnis belastet mich. Das Gerede, wenn sie erfahren, daß ich einen Hirntumor habe, mag ich mir gar nicht vorstellen.


Und wie macht ihr es privat?
Wem erzählt ihr es? Und wann? Kurz nach meiner Diagnose bin ich Single geworden...... Ich will grundsätzlich andere damit nicht belasten, aber auch nichts verschweigen. Und mit manchen tut auch gut sich mitzuteilen. Aber gerade, wenn ich einen Mann neu kennenlerne, klingt es für viele sehr abstoßend. Einen richtigen Zeitpunkt gibt es wohl eh nicht dafür. Und mit Mitleid kann ich auch nicht gut umgehen.

Bifix
Trigeminusneurinom 9mm x 4,5 mm infratentoriell, Kleinhirnbrückenwinkel,

keine Ausfälle, keine Schmerzen Gesicht,
immer wieder Druck auf den Ohren, Hörsturz, leichter Tinnitus
Augst 2014 festgestellt
noch nicht operiert/bestrahlt
aschulz
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Re: Information Arbeitgeber, Freunde

Beitrag von aschulz » 11.09.2015, 18:09

Ich persönlich habe es meinem Chef auch ziemlich gleich gesagt, meinen Freunden auch so ziemlich. Obwohl ich festgestellt habe das viele mit der Diagnose nicht umzu gehen wußten.
AN 19x18x15 li.,op Termin oktober 14. Beschwerden Druckschmerz und Gleichgewstörungen morgens
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Re: Information Arbeitgeber, Freunde

Beitrag von Chrigu » 26.09.2015, 22:29

Ich habe meine Diagnose von Anfang offen und transparent sowohl in meinem privaten wie auch beruflichen Umfeld kommuniziert.

Ich habe damit (zum Glück) sehr gute Erfahrungen gemacht.

Ich muss meinen Arbeitgeber ausdrücklich loben. Sie unterstützen mich in jeglicher Hinsicht schnell, einfach und unbürokratisch. Das gilt sowohl in meinem Team, für meine Vorgesetzten, für die Personalabteilung und geht hinauf bis in die Geschäftsleitung (mit der ich als Mitglied der Personalvertretung im Betrieb engen und regelmässigen Kontakt habe).

Für mich war es also die richtige Entscheidung.
1968, m. 06/13 AKN links 27mm kräftige Eindellung des Stammhirns. 2x OP im 2013 in Bern bei Dr. Lukes, 01/15 Rezidiv >33mm, OP 06/15 bei Dr. Lukes, 09/16 Rezidiv => Strahlentherapie
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Re: Information Arbeitgeber, Freunde

Beitrag von ANFux » 01.10.2015, 19:15

Liebe Bifix,

ich empfehle, zeitig mit offenen Karten zu spielen.

Grund: Jeder, der die Neuigkeit (deutlich) später erfährt, fühlt sich hintenangesetzt. Dieses Empfinden verärgert jeden (mindestens etwas). Und es kann (wenn gebraucht) als Argument für einen Bruch benutzt werden, als Zeichen fehlenden Vertrauens.

Dein Freundeskreis (echte, persönliche und verständnisvoll- wohlwollende dienstliche) wird sich verändern, und das sollte schnell geschehen, denn Du brauchst jetzt Ruhe.

Es erfahren ohnehin in zeitlichem Abstand alle Deinen Gesundheitszustand. Und Du kannst nicht ausschließen, daß die später Informierten den Tatbestand des "Spätererfahren" unterschiedlich deuten.
Die harmloseste Deutung könnte ein Enttäuschen darüber sein, daß Du ihnen nicht sofort das Vertrauen geschenkt hast. Das kannst Du also mit zeitiger Information vermeiden, insbesondere bei denen, die Dir wichtig sind.
Deine Arbeitgeber zwingst Du mit schneller, offener Information zu Offenheit und Ehrlichkeit (wie Du es mit der Info vorgemacht hast). Es kann eine schnelle harte Entscheidung für Dich bzw. gegen Dich werden, aber das ist immer besser als eine verspätete.

Noch einmal: Du brauchst Ruhe und nicht ständige Angst, wer wie reagieren könnte oder wird!

Beste Grüße
ANFux
1939, m. '94 transtemp. OP (15 mm) in Magdeburg/Prof. Freigang, einseitig taub, kein Tinnitus, keine Fazialispar. Rehakur in Bad Gögging. '96-'04 im Vorstand d. VAN in D, seitdem Beratungen zum AN. Ab '07 Moderator, ab '08 Homepage-Verantwortl.(bis 2012)
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Re: Information Arbeitgeber, Freunde

Beitrag von snowdog » 03.10.2015, 12:48

Liebe Bifix,

Du bist niemandem gegenüber verpflichtet, deine Erkrankung zu offenbaren.
Dies gilt auch gegenüber dem Arbeitgeber.

Doch weiter hilft diese Erkenntnis in der Praxis nicht,
früher oder später gelangt jeder Betroffene an den Punkt,
an dem eine Verschwiegenheit zu einer persönlichen Belastung
zu werden droht.

ANFux spricht das grundsätzliche Problem an -
Du kannst nicht steuern, wie andere mit deiner Erkrankung umgehen.
Du wirst auf Empathie stoßen, aber auch auf Verunsicherung bis hin
zu vorsichtiger Distanzierung - mit jeweils unterschiedlicher Auswirkung
in deinem sozialen Umfeld. Darauf besondere Rücksicht nehmen zu
wollen, ist zusätzlicher Ballast. Ein offensiver Umgang kann befreiend
wirken, dies musst Du am Ende selbst herausfinden.

Zum Zeitpunkt einer bestehenden Diagnose sollte eine vertrauliche
Information an den Arbeitgeber erfolgen. Einmal, weil hier alle künftigen
Folgen möglicher beruflicher Einschränkungen zusammenlaufen, zum
anderen hat der AG eine Fürsorgepflicht, der er nur verantwortlich
nachkommen kann, wenn er frühzeitig im Bilde ist.
Wie in deinem Fall besteht berechtigte Hoffnung, dass frühzeitig
Weichenstellungen vorgenommen werden können.
Hier kommt es natürlich auf das betriebliche Umfeld und die
Organisation an (Groß- oder Kleinbetrieb, Stellenanforderung,
Flexibilität) - je größer ein Unternehmen, desto vielfältiger i.d.R
die Möglichkeiten.

"Unmut und Getratsche" bei Kollegen ist nicht zu verhindern,
hier ist Führungskompetenz der Vorgesetzten gefordert.
Wenig tolerante Mitarbeiter in Details einzuweihen, wird nicht
zwingend zu mehr Kollegialität führen - eine Information an
die eigene Abteilung kann aber allzu "überlastete" Kollegen
defensiver stimmen. Letztlich ein Problem, welches Du nicht lösen
und niemand von Dir eine Lösung verlangen kann.

Im privaten/persönlichen Umfeld funktioniert umgedeutete
Rücksichtnahme eher nicht. "Nicht belasten wollen" - wie
soll das gehen ? Partner, enge Verwandte, enge Freunde -
sie sind erste Ansprechpartner und "schonungslose" Anlaufstellen.
Sie müssen sich mit der Situation arrangieren, weil sie
mittelbar betroffen sind. Der erweiterte Freundeskreis
ist in der frühen Phase wichtig, notwendige Rückkopplungen
einsortieren zu können. Echte Empathie lässt sich auf Dauer
nicht aufrecht halten, wer es ernst meint, wird künftig umso
wichtiger.

Vertraue auf dein Gefühl - das Einfordern von Rücksicht anstelle
unerwünschtem Mitleid ist keine Einbahnstraße. So wie Du
nichts für deine Erkrankung kannst, gehen andere mit der
Erkenntnis unterschiedlich gefestigt um.

Alles Gute für Dich.

Beste Grüße
snowdog
snowdog (Moderator seit 4.12) Jg.62,m,verh.,2 Söhne,
AN re.5x8 mm,n-c. suboccipital AN-OP in Offenbach 4.08,
postoperativ Liquorfistel,keine Fazialisparese, einseitig taub,chron.Kopfschmerzen,jährl.Kontroll-MRT f.d.ersten 5 J.
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