27 Wochen nach der OP

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domik
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27 Wochen nach der OP

Beitrag von domik » 18.02.2015, 22:31

Liebe Forumsmitglieder,

27 Wochen nach der Operation meines Akustikusneurinoms möchte ich noch mal über die Entwicklung Bericht erstatten. Der Zustand von Kopf und Ohr stellt sich in den letzten Wochen folgendermaßen dar:

Im Allgemeinen geht es mir gut. Die körperliche Leistungsfähigkeit ist weitgehend wiederhergestellt, ich arbeite Vollzeit. Die Sensorik und Aktorik in der linken Gesichtshälfte ist in Ordnung. Die Operationsnarbe piekst gelegentlich, das ist aber nicht wirklich schmerzhaft. Die gefühllosen Stellen im Bereich der Operationsnarbe haben sich normalisiert. Es fühlt sich im wesentlichen an, wie auf der anderen Kopfseite. Kopfschmerzen habe ich nicht.

Ich habe nach wie vor keine Schwindel- und nur ganz leichte Gleichgewichtsprobleme, eine leichte Gangunsicherheit tritt immer wieder mal auf, ist aber nie kritisch. Es ist eher interessant zu beobachten, wie das Gleichgewichtssystem z.B. durch einen vor mir abbiegenden Bus durcheinander gebracht werden kann.

Die Funktion des Hörnervs ist bei der OP vollständig erhalten worden. Trotzdem habe ich immer noch eine Schallleitungsschwerhörigkeit. Ich höre permanent ein Pulsgeräusch, Schrittgeräusche, Rechts-Links-Bewegung der Augen, meine eigene Stimme sehr laut über die Knochenleitung im linken Ohr.

Wegen der Schallleitungsprobleme habe ich im April noch mal einen Termin in Bielefeld. Wenn sich die Probleme bis dahin nicht gebessert haben, soll über mögliche Therapien gesprochen werden.

Über den weiteren Verlauf werde ich gelegentlich noch mal berichten.

Bis dahin alles Gute für Euch!
domik

Diagnose 05/2014, AN links, ca. 15mm, intra- und extrameatal, operiert 8/2014, Hörnerv erhalten, kein Schwindel, keine Fazialisprobleme
Vater
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Re: 27 Wochen nach der OP

Beitrag von Vater » 11.09.2015, 20:06

Hallo domik!

ich kann dir gar nicht sagen, wie froh ich bin gerade eher zufällig deine Schilderung gelesen zu haben!!

Alles was ich in den letzten 5 Wochen von Ärzten gehört habe, waren Kommentare wie "kennen wir nicht", "gab es noch nicht", "abwarten" und das aller dümmste hat gestern der überhebliche Chefarzt der Reha-Klinik Bad Segeberg abgelassen (die ich ansonsten als sehr gut und sehr hilfreich erachte), indem er zu mir sinngemäß sagte "um solche Lappalien kümmert sich die Neurochirurgie nicht".

Ich bin auch Jahrgang 1961, hatte fast gleiches AN und habe diese grauenvolle Autophonie. Ich habe vor 4 Tagen meinen Hilferuf ins Forum gestellt und kopiere dir den Text einfach hier herein.

Ich wäre dir unendlich dankbar, wenn du mir sagen würdest, wie es bei dir weiter gegangen ist. Ging es von selber weg, fanden sie organische Gründe und vor allem haben sie dir geholfen? Ist es weg?

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Am 03. August hat Prof Kremer mir in Hamburg mein AN/links (intra- und extrameataler Ausdehnung) entfernt. Prof Kremer ist neben seinen offenkundigen Fähigkeiten als Chirurg ein Arzt mit ausgesprochener Menschlichkeit. Er hat keine Berührungsängste einem gleichaltrigem, wie mir, einfach mal beruhigend auf die Schulter zu klopfen. Ich hatte sehr große Angst und dieser „Spirit“ hat mir gewaltig geholfen schon einmal dahin zukommen, wo ich heute bin.

Ich bin jetzt in der Anschluss-Reha in Bad Segeberg (die heute noch einmal verlängert wurde; Gott sei Dank).
Hätte ich nicht ein unübliches Problem, welches mich enorm belastet und unbeantwortete Fragen aufwirft, mich mächtig skeptisch und unruhig macht, so dürfte ich wohl überaus zufrieden sein. Jetzt hoffe ich auf die Gemeinschaft der Betroffenen, das einer von euch etwas Licht ins Dunkel bringen kann, oder vielleicht sogar Ähnliches erlebt hat!?

Also, motorisch bin ich voll fit. Natürlich wanke ich gelegentlich noch, aber ich bewältige auch schon einen Gang in die Fußgängerzone und man hat mich schon zum Schwimmen geschickt. Auch Kopfschmerzen habe ich kaum noch, aber…

Direkt nach der OP konnte ich auch links noch gut hören.
Am Morgen des 5 Tages nach OP war es deutlich schlechter geworden mit einem zusätzlichen, fürchterlichen Effekt im Kopf. Alles hörte sich an wie unter Wasser, meine eigene Stimme war und ist bis heute entsetzlich laut.
Jetzt haben wir fast 6 Wochen nach OP und es ist Null besser geworden. Ich will es genauer beschreiben:

1. Bei Stille habe ich ein leichtes Rauschen/Pfeifen im Ohr. Rede ich, oder bin ich in öffentlichen Räumen höre ich es nicht.
2. Selbst das Verdrehen meiner Augäpfel höre ich links als Rauschen/Schaben.
3. Das Klappern der Zähne ist fürchterlich metallisch.
4. Pfeife ich, so höre ich das nur auf dem linken Ohr. Genauso eine Stimmgabel, die man mir an die rechte Seite hält, höre ich links; auf der operierten Seite!?
5. Bei jedem Laufschritt löse ich eine Art Tamburin oder hochtonige Rassel aus. Ich habe das Gefühl, als wenn es mich bei längeren Gängen, temporär, immer schwerhöriger macht und der Kopfdruck steigt.
6. Dieses Rasseln kann ich im Ruhezustand erzeugen, wenn ich nur ganz zart auf meinen Nacken tippe. Der Effekt kommt nur zu Stande, wenn ich in dem Areal – Höhe des Ohrläppchens – tippe. Rechte oder linke Seite ist in der Wirkung identisch!
7. Stelle ich mich zügig auf die Zehenspitzen (hoch und runter) oder mache ein Auf- und Niederbewegung als Kniebeuge, so erzeuge ich ein rein linksseitiges Knackgeräusch. Sehr weit außen, wie direkt hinter dem Trommelfell.
8. Das Schrecklichste ich die eigene Stimme, die sich wie ein Donnerhall in einer Höhle anhört und irgendetwas in meinem Kopf in Schwingung versetzt.

Die erste Vermutung der Ärzte war, dass Flüssigkeit hinter dem Trommelfell ist. Negativ, trocken.
Der HNO Chefarzt tippte dann auf ausgerenkte Gehörknöchelchen. Lt. CT, alles OK.
Danach waren sie mit ihrem Latein am Ende und sagten abwarten.

Die Neurologen der Reha sprechen jetzt von "Autophonie" (dem Selbsthören), welches aber mehrere Auslöser haben kann.
Die Katastrophe wäre eine "Bogengangsdehiszenz". Dieses ist ein Freilegen des oberen Bogenganges des Gleichgewichtsorgans. Ich mag nicht darüber nachdenken, wie man diesen Schaden beheben könnte.
Der Zustand isoliert mich, weil ich mein eigenes Sprechen nicht ertragen kann. Das Essen eines Knäckebrotes hört sich an, als wenn man einen Steinbruch in die Luft sprengt. Dieser Zustand treibt unweigerlich in den Wahnsinn.

Ich wäre sehr dankbar, wenn ihr mir Erfahrungen dazu schildern könntet.

Vater
Bj.:1961/m. Intra- und extrameataler Tumor 11/7/6 mm. OP 2015 durch Prof. Kremer, Hamburg. Seitdem 100% erwerbsunfähig. 100iger Verlust des linken Gleichgewichtssystems. Tinitus, Autophonie, Gangunsicherheit, Sprachprobleme, permanente Kopfschmerzen.
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