Artzt bzw. Spitalsuche in Österreich für OP

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Ella
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Artzt bzw. Spitalsuche in Österreich für OP

Beitrag von Ella » 19.09.2022, 14:52

Hallo zusammen.
Ich bin neu hier und habe gleich direkt mehrere Fragen.
Ich bin froh, falls mir da jemand weiterhelfen will/kann.

Bei mir wurde ein AN linksseitig festgestellt. Es ist zwar "nur" 1,7 x 0,9 cm groß und extrakanalikulär, verursacht mir jedoch mittlerweile ziemliche Probleme im Alltag.
(Kopfschmerzen, starker Schwindel zT mit Stürzen, Gehunsicherheit, Druck im Ohr, und Tinnitus)

Am 28.9.2022 habe ich den Termin in der Neurochirurgie OP vs Cyberknife.

Zuerst dachte ich Cyberknife ist die Lösung.
Wenn ich richtig verstanden habe verhindert Cybetknife jedoch nur ein weiteres Wachstum und falls dies nicht klappt ist eine OP schwieriger durch die Gewebeveränderung bei der Bestrahlung.

Da meine Lebensqualität immer mehr sinkt, neige ich darum zu dem Entschluss OP.
Natürlich habe auch ich riesen Angst vor einer Fascialparese (da im direkten Kundenkontakt im Job).

Darum möchte ich beim operierenden Artzt ein gutes Gefühl haben.

Nun meine Fragen an euch:
1. Woran erkenne ich seine Erfahrung bezüglich AN OP? (Ab wieviel solchen OP's ist der Artzt erfahren)

2. Gibt es immer eine Facialisparese und wie lange braucht die Erholung im Durchschnitt?

3. Ich komme aus Vorarlberg. Hat jemand Erfahrung mit dem LKH Feldkirch gemacht? Oder sollte ich gleich nach Wien zu Dr. Matula?(wie ich hier gelesen habe) Geht das überhaupt?

4. Könnt ihr mir verraten welche wichtigen Fragen ich bei dem Gespräch am 28. 09 stellen sollte? (Vermutlich bin ich so nervös, dass ich die Hälfte von dem was wichtig wäre sonst vergesse)

Vielen Dank an euch im Voraus
49J, verh., 1 Sohn, größtenteils extrakanalikuläres AN 17x9mm, Schwindel, Gangunsicherheit, Kopfschmerzen, Ohrdruck, Tinnitus
Harald87
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Re: Artzt bzw. Spitalsuche in Österreich für OP

Beitrag von Harald87 » 19.09.2022, 15:55

Hallo,
es ist wie immer nicht so einfach.

Bestrahlung tötet die Zellen des AKNs ab. Das stoppt das Wachstum, aber es kann zu einem Schwellen des Gewebes kommen. Danach wird das Teil meist etwas kleiner. Ob oder ob es nicht zum Anschwellen kommt kann dir vorher keiner sagen. Was es dabei kaputt macht, kann dir keiner sagen. Manche bzw. die meisten stecken es weg, es passiert absolut gar nichts, das Teil schrumpelt irgendwann zusammen und gut. Der Behandlungserfolg ist dabei größtenteils statistisch betrachtet von der Größe abhängig. Ist auch logisch, es gibt einen enormen Volumenunterschied zwischen 1*1*1* und 3*3*3. Kleine AKNS liegt der Behandlungserfolg bei deutlich >95%, nach allen Studien die ich kenne. Bei größeren kann das anders aussehen. Weshalb ab 2,5*2,5*2,5 so ungefähr die Grenze ist, wo man definitiv eher zum Messer greift.

Zu Rezidiven nach Bestrahlung. Ist bei deiner Größe grundsätzlich eher selten. Selbst wenn, hast du immer noch die Option ein zweites mal zu bestrahlen, auch wenn dann meist Nerven wirklich Schaden nehmen. Op nach Bestrahlung gibt es wenig Informationen, viele berichten davon dass der mehr mit dem umliegenden Material verklebt ist. ACHTUNG: Das bedeutet nicht dass es an der Bestrahlung lag. Das folgt daraus nicht, denn es kann auch sein, dass verklebte Tumore halt schlechter auf Bestrahlung ansprechen und deshalb öfters danach operiert werden müssen (könnte man mit Survivorship Bias gleichstellen). Auch ist zu sagen, dass es trotzdem noch operabel ist, es wird halt als etwas schwieriger bezeichnet.
Meiner war z.B. auch im hinteren Bereich sehr verwachsen. Hätte ich ihn bestrahlen und danach operieren lassen, wäre dies vlt. auf die vorherige Bestrahlung geschoben wurden. Da sollte man sich, vor allem bei noch mittelprächtigen AKNs nicht verrückt machen.


Wichtige Fragen. Hmm, Prof. Schackert in Dresden hatte 3 pro Woche auf dem Tisch, was perse bereits überraschend viele waren im Vergleich zu anderen Kliniken. Zudem sagt das nicht viel über Erfolg oder Misserfolg aus. Ich würde nach grundsätzlichen Dingen fragen. Wie lange liegt man nach der Op im Schnitt. Wie ist die Anbindung an Rehas, falls notwendig. Wie ist die Auslastung. Welche Nebenwirkungen sind bei deiner Größe zu erwarten.

Gesichtsparesen sind eigentlich selten. Sowohl OP als auch Bestrahlung. Die meisten Probleme sind Schwindel und Hörverlust. Erstes stellt sich meist nach ein zwei Tagen wieder ein, Hören ist so eine Sache. Meist wird das Hören nicht besser. Es gibt Studien, aber die Raten sind auch hier meist davon abhängig, wieviel Schaden bereits vorhanden ist. Viel wird auch der Skill des Operateurs oder des Radiochirurgen sein.

Zusammengefasst: Bei deiner Größe wird es direkt kaum einen Unterschied machen für was du dich entscheidest. Dir steht beides offen. OP musst du rechnen eine Weile flach zu liegen, der erste Tag nach Op ist wahrlich nicht schön, dann geht es bei den meisten stetig wieder besser. Paresen etc. sind selten. Bestrahlung hast du direkt meist höchstens einen Strahlenkater, dann kommt es zu Umbauprozessen, die ein paar Jahre dauern können. Wie erfolgreich die Bestrahlung ist sieht man meist erst nach 1-2 Jahren (Kontrastmittelaufnahme ja/nein; Wachstum, Schrumpfen)

Mit freundlichen Grüßen
Harald
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Re: Artzt bzw. Spitalsuche in Österreich für OP

Beitrag von Ella » 19.09.2022, 20:35

Hallo Harald,
vielen Dank für deine ausführliche und wertvolle Antwort.

Für mich bringt es wieder etwas Licht (und Positives) in das Ganze.
Nun weiß ich auch welche zusätzlichen Punkte ich beim kommenden Termin ansprechen werde.

Lieber Gruß
Gabriele
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Re: Artzt bzw. Spitalsuche in Österreich für OP

Beitrag von snowdog » 19.09.2022, 21:03

Liebe Ella,

willkommen im Forum.

Ich hoffe, Du hast zu deinen Fragen beim Stöbern im Forum bereits hilfreiche Hinweise gefunden - wenn nicht, möchte ich dies Dir ans Herz legen. Warum wiederhole ich diese Hinweise hin und wieder ? Weil die nützlichen Informationen häufig in den Anmerkungen zu Erfahrungsberichten stecken. Dieser "Informationsbeifang" ist wichtig für das Verstehen und Einordnen und wie in deinem Fall, sehr gut geeignet für die Vorbereitung der Arztgespräche.

Anhand der Klinikjahresberichte kannst Du statistische Kennzahlen der Kompetenzzentren herausfinden, der Jahresbericht (2019) des LKH Feldkirch weist für die Neurochirurgie 82 Hirntumor-OPs aus. Wieviel davon konkret Vestibularisschwannome/Akustikusneurinome waren, geht nicht hervor - sehr viele werden es aber nicht sein. Im Forum findet sich noch kein Erfahrungsbericht von dort Operierten, zum AKH Wien und Prof. Matula weist die Forensuche 44 Treffer aus. Eines der wichtigsten Auswahlkriterien ist die Erfahrung des Operateurs, dies grenzt die Suche nach den passenden Kliniken ein (Qualitätsberichte: Fallzahlen (D33 - Gutartige Hirntumore, Hirnnerven- und Rückenmarktumore).

Eine Facialisparese kann als Folge einer operativen Entfernung auftreten, ist aber keineswegs die Regel. Dies hängt u.a. davon ab, wie stark der Gesichtsnerv in Mitleidenschaft gezogen wurde, also Lage, Größe und Beschaffenheit des Tumors und ob eventuelle Vorschädigungen bestanden. Im Unterschied zum Zwillingspaar Hörnerv/Gleichgewichtsnerv ist der Facialis der robustere Nerv, die Symptome sind häufig temporär und klingen nach einiger Zeit ab bzw. verschwinden gänzlich. Eine Facialisparese kann unterschiedlich stark auftreten und in der Verheilung zeitlich variieren. Akute Beschwerden können nach Tagen (wenigen Wochen) abklingen, die völlige Verheilung kann sich aber durchaus über Monate hinziehen. Ziel der Tumor-OP ist die maximalmögliche Entfernung des AN bei größtmöglicher Schonung bzw. Funktionserhalt des Stammnervs, wobei die Erfahrung des Operateurs zum Tragen kommt.
Wie Harald87 bereits geschrieben hat, stehen Dir die Therapieoptionen OP und Bestrahlung offen - es empfiehlt sich, Spezialisten beider Felder zu konsultieren. Die Größe des Tumors ist nur relativ als "klein" zu bezeichnen, die Lage und die aktuelle und ggf. sich verändernde Symptomatik bestimmen die Bewertung. Die genannten "ziemlichen Probleme im Alltag" sollten zum Handeln mahnen, "Wait and Scan" hilft Dir in der Situation nicht weiter.
Du hast im Grunde die "wichtigen Fragen" bereits parat, ergänzend sollten die Ausführungen des Spezialisten die wichtige Vertrauensbasis herstellen helfen.

Ich wünsche Dir Kraft und Zuversicht für deine Entscheidung, behalte den Kopf oben ;)

Beste Grüße
snowdog
snowdog (Moderator seit 4.12) Jg.62,m,verh.,2 Söhne,
AN re.5x8 mm,n-c. suboccipital AN-OP in Offenbach 4.08,
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Re: Artzt bzw. Spitalsuche in Österreich für OP

Beitrag von Ella » 21.09.2022, 22:56

Hallo Snowdog,

Vielen Dank für deine Antwort und das Willkommen.

Eben diese Fallzahlen (jährlich ca 90 Hirntumor OP's und doch 400 OP's am Hirn) verunsichern mich diesbezüglich etwas.

Einerseits denke ich mir, es ist immer auch maßgeblich wie der psychische und körperliche Zustand des jeweiligen Operateurs an diesem Tag ist.

Bei 400 OPs jährlich müsste ja eigentlich eine gewisse Routine vorhanden sein - 90 AkN's sind dann leider wieder nicht viel...
Vielleicht aber auch wieder die Chance dass das Ärzteteam noch eine gewisse achsame Aufmerksamkeit hat und nicht fachblind die Operation im Schema F durchführt.

Nun ja, vermutlich muss ich bei dem Gespräch auch auf mein Bauchgefühl acht geben. 😅

Auf jedenfall bin ich froh über dieses Forum und eure netten Anworten welche mich doch beruhigen und mir neue Denkanstätze geben.

Danke auch für die Erklärung bezüglich der Facialisparese.
Ich hoffe jetzt mal, dass alles gut verläuft und ich wieder mehr Lebensqualität bekomme.

Lieber Gruß
Ella
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Re: Artzt bzw. Spitalsuche in Österreich für OP

Beitrag von Harald87 » 22.09.2022, 06:51

Huhu,
Differenziert nachfragen. Vlt. auch fragen, wohin sich das Klinikum bei schwerwiegenderen Fällen hinwendet. Wer das nächstgrößere Behandlungszentrum ist.

90 Hirntumore pro Jahr, wenn das gutartige sind ohne die Onkologie dazu, sind ansonsten nicht unbedingt wenige. Da fällt aber mehr rein als AKN (wobei akn der häufigste Tumor gutartig im Kopf ist).
Uniklinik Dresden Neurologie hat glaube 900 hirnops und auch um die ~90 gutartige nach dem einen Bericht den ich gefunden habe. Sind das wenig pro Jahr? Inzidenz Akn sind 8 pro 1 Million Einwohner pro Jahr.
Bei 80 Millionen Einwohnern gibt es gesamt Deutschland nur 640 Akustikneurinome, die jährlich auftreten. Viele werden bestrahlt.
Sagen wir die Hälfte (was viel wäre, denn sie werden immer früher erkannt und viele wählen Bestrahlung, aber nur Mal als Milchmädchenrechnung). Belässt 320 Akustikneurinome die im Jahr operiert werden müssen. In ganz Deutschland.
Wo sollen hunderte OPs pro Jahr mit Akns herkommen?

Für das Uniklinikum gerechnet in Sachsen war ich deshalb erstaunt, als der Facharzt meinte 3 pro Woche. Da hat er wahrscheinlich auch noch andere mit reingerechnet oder etwas übertrieben, wenn ich das im Nachhinein betrachte.
Nach der Inzidenz gibt es statistisch nämlich nur ~30 Akns pro Jahr die in Sachsen dazukommen.

Mit freundlichen Grüßen
Harald
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Re: Artzt bzw. Spitalsuche in Österreich für OP

Beitrag von snowdog » 22.09.2022, 08:51

Liebe Ella,

Fallzahlen sind zunächst einmal eine wichtige Orientierungshilfe bei der Suche nach den Kompetenzzentren, im Arztgespräch kann man den Operateur geradeaus auf die konkrete Zahl AN-OPs ansprechen. Die Aussagekraft der Berichtstatistik mag kurzfristig durch die Pandemiesituation berührt werden (Intensivmedizin, Planungs- und Belegungsänderung, verschobene Termine), die Vergleichsgröße 1 AN pro 100.000 zur Klassifizierung als seltene Erkrankung behält ihre Gültigkeit.

Unbedingt sollte das Bauchgefühl Beachtung finden. Neben den rein fachlichen Ausführungen, die auch dazu dienen sollen, sich ausgerechnet für diese Klinik, das OP-Verfahren, den Spezialisten entscheiden zu können, spielt die Chemie zwischen Arzt und Patient eine wichtige Rolle. Vertrauen, Sympathie, empathische Kommunikation - das muss bei Dir ankommen und das bleibt ein sehr individueller Prozess.

Beste Grüße
snowdog
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Re: Artzt bzw. Spitalsuche in Österreich für OP

Beitrag von Ella » 24.09.2022, 17:50

Nochmals ein Danke an euch beide. 🙂🙃
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