Seit mehreren Jahren lese ich im Forum, wenn ich nicht gerade im Verdrängungsmodus unterwegs bin. Nun steht eine Entscheidung an, da der Tumor wächst und ich wäre über einen Erfahrungsaustausch dankbar - auch um nicht wieder in den Verdrängungsmodus zurückzufallen

Bereits 2019 wurde bei mir ein AKN diagnostiziert. Ein Zufallsbefund, da ich aufgrund eines anderen Abklärung im CT und anschließend MRT gelandet bin. Damals wurde ein 13,5x23mm großer Tumor mit "großem" extrameatalen Anteil festgestellt: ich war absolut symptomfrei und habe mich bei mehreren Ärzten in aller Ruhe über meine Optionen informiert.
Meine Erfahrungen waren hierbei durchwegs positiv. Zunächst war ich bei Prof. Dr. Schichor an der LMU in München. Er erklärte, dass mir alle drei Optionen offen standen (OP, Bestrahlung und Wait-and-scan), wie hoch er das Hörverlust und Pareserisiko einschätzen würde er zum aktuellen Zeitpunkt keine Behandlungspräferenz sehe und es eine persönliche Entscheidung sei. Er vermittelte mich aber noch am gleichen Tag an das Cyberknife-Zentrum in München.
Im Cyberknifezentrum nach Anruf der LMU bei Prof. Dr. Muacevic spontan einen Termin bekommen. Ergebnis: Bestrahlung ist noch eine Option, auch wenn der Tumor schon sehr groß sei und bald nicht mehr gut bestrahlbar wäre.
Einige Wochen später zur Sicherheit eine Zweitmeinung in Tübingen bei Prof. Dr. Tatagiba eingeholt. Anders als an der LMU wurde hier für mich eine OP empfohlen, da ich noch relativ jung (geb. 1982) sei und es nicht abschätzbar, wie das Wachstumsverhalten in 20 Jahren sei. Bis dahin hatte ich die Bestrahlung aufgrund ihrer geringeren Risiken für schwere Folgen bevorzugt. Insbesondere die Facialpareserisiko bereitete mir Sorgen.
Alle drei Parteien verwiesen auf das Risiko, dass bei OP nur ein Teil des Tumors entfernt werden könne. Einer davon fand es aufgrund des Extrameatalen Anteils und daraus resultierender Form des Tumors sogar unwahrscheinlich, dass der Tumor vollständig entfernt werden könne.
Meine Hausärtzin und zwei HNO-Ärzte rieten mir übrigens zur Bestrahlung. Mein Eindruck war: alle waren eher "ängstlich" vor der OP und ob es med. wirklich bei mir Sinn macht, konnte ich nicht differenzieren.
Da ich unschlüssig blieb und im Verdrängen eine ausgesprochene Meisterschaft besaß, entschied ich mich für Wait and Scan.
Aufgrund der Pandemie konnte ich in den Folgejahren nicht direkt mit dem RAdiologen sprechen, alle 6 bis 12 Monate gab es einen Scan und der Radiologie sprach von einem nicht-signifikanten Größenzuwachs der durchaus noch in der Fehlertoleranz lag.
Sept. 2021 begannen bei mir erste Schwindelanzeichen. Nur temporär, Koordination unauffällig, war ein "schwammiges Gefühl" in meinem Kopf, dass nach einigen Wochen zurückging, bei sportlicher Betätigung und Stress wieder hervortrat. Ich schob es eher auf Stress (und "nur" vielleicht auf den Tumor)
2022 war konnte ich wieder die MRT-Ergebnisse direkt mit dem Radiologen besprechen und mir fiel auf, dass der gute Mann nicht 2019 als Referenz hinzunahm, sondern den jeweils letzten Scan. So hieß es nun nach Hinweis von mir: "geringe Progredienz", der Radiologe sprach von einem "diskreten Wachstum", nun bei 15x23mm. Ich hatte selber in den vorherigen Scans nicht genau genug geschaut und mich auf die Einschätzung des Arztes verlassen - Verdrängung ist eben nicht immer hilfreich.
Also wieder bei der LMU, diesmal aber nicht beim Oberarzt: hier wurde ich sofort auf die Bestrahlung verwiesen, mit der Größe hätte man durchwegs gute Erfahrungen mit Bestrahlung gemacht, es wäre mittlerweile die bevorzugte Option. Die Bedenken aus Tübingen wurden nicht geteilt. Mein Eindruck: Corona-bedingt sollten unnötige OPs vermieden werden (ich neige nicht zu Verschwörungstheorien, fand das Verhalten des Arztes aber sonderbar). Wait-and-scan wurde aufgrund des Wachstums abgeraten.
Cyberknife: Prof. Muacevic fand das Wachstum "gar nicht so diskret". Bestrahlung sei noch möglich, aber die obere Grenze sei bald erreicht. Mein Ärger auf den Radiologen und mich stieg signifikant deutlicher, als mein tatsächliches Tumorwachstum. OP oder Bestrahlung seien nun auch hier die Optionen, warten eher kontraproduktiv.
Mein kurzes Fazit: ich kann alle drei Anlaufstellen (Schichor/Tatagiba/Muacevic) nur empfehlen. Alle sind absolute Fachmänner auf ihrem Gebiet und nahmen sich die nötige Zeit (ich hatte viele Fragen). Wenn OP oder Bestrahlung, dann wäre man nach meinem Erleben dort jeweils gut aufgehoben. In Tübingen waren sie in der Ananmnese allerdings gründlicher als an der LMU (da wurden gleich auch Fotos geschossen, Nervenableitung durchgeführt). Die unterschiedliche Einschätzung der jeweiligen Fachärzte bzgl. Bestrahlung in meinem Alter haben mich aber verunsichert.
Meine Fragen: was sind Eure Erfahrungen bei Symptomfreiheit und "jungem" Alter: wer hat sich da bestrahlen lassen und wem wurde noch davon abgeraten und mit welcher Begründung?
Mittlerweile drückt am Meisten die Angst vor Facialparese aber auch vor bleibendem Schwindel. In Bezug auf Hörverlust scheinen OP und Bestrahlung in ihrem Risiko kaum Unterschiede aufzuweisen.