Diagnose AN und Vorstellung in Dortmund

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Kisaki
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Diagnose AN und Vorstellung in Dortmund

Beitrag von Kisaki » 04.11.2014, 13:30

Hallo zusammen,

ich möchte mich kurz vorstellen: Kisaki, m, 49 Jahre alt, verh. 2 Kinder (21 und 17) und komme aus Werne. Ich bin Physiker, arbeite in der Software-Entwicklung in einem behördennahen Unternehmen. Bei mir wurde am 17.10.14 ein Akustikusneurinom link, intrameatal, 6x4x4mm diagnostiziert.

Vor 2 Jahren hatte ich einen Hörsturz auf dem linken Ohr, bei dem die hohen Freuquenzen fast komplett weg waren. Damals wurde mir von meinem HNO-Arzt eine Therapie mit Kortison (Prednisolon) und einem duchblutungsförderndem Mittel verschrieben. Nach einiger Zeit wurde es deutlich besser, drei Monate später war ich fast wieder beschwerdefrei, wobei das Hören in den hohen Frequenzen links ganz leicht eingeschränkt war. Seinerzeit hatte ich den Hörsturz auf "Stress" geschoben, trat er doch in einer Zeit ein, in der es mir körperlich und seelisch nicht besonders gut ging.

Im September 2014 hatte ich erneut einen leichten Hörsturz, der aber bei weitem nicht so heftig ausfiel wie der davor. Die gleiche Therapie wie vor 2 Jahren wurde angesetzt, allerdings schickte mich mein HNO-Arzt direkt zum MRT. Er meinte, dass ein häufiges Auftreten von Hörstürzen weiter abgeklärt werden müsste. Im nachhinein bin ich über seinen guten "Riecher" sehr dankbar, vor allem, wenn ich in diesem Forum lese, dass es teilweise sehr lange dauerte, bis die Diagnose klar war. Weitere Punkte sammelte er bei mir, als er offen zugab, dass er kein Spezialist dafür wäre und mir nahelegte, einen aufzusuchen. Aufgrund der "geringen Größe" wäre er nicht sicher, ob er eine OP derzeit angezeigt wäre, und er würde es eher mit Bestrahlung versuchen. Er wüsste von Krefeld als Zentrum für Bestrahlung und einem Arzt in der Charite in Berlin, Markus Kuhfeld, der sowohl Neurochirurg als auch Spezialist für Bestrahlung wäre. Er rief mich noch zu Hause an, um mir die Adresse zu geben. Er machte mir aber auch klar, dass nichts zu tun nur eine temporäre Option wäre. Über kurz oder lang wäre eine Entscheidung notwendig, wie es weitergehen soll. Aufgrund der Größe des Neurinoms wäre dies allerdings nicht "morgen" notwendig.
Das Hören ist immer noch leicht eingeschränkt und ich habe ein etwas stärkeres "Grundsummen" auf dem linken Ohr. Ansonsten geht es mir eigentlich ganz gut.

Natürlich habe ich nach der Diagnose Google gefragt, und stieß sofort auf diese Webseite. An dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön und ein großes Lob an alle, die sich um die Akustikusneurinom-Webseite kümmern. Das ist fantastische Arbeit!

Ich bin nun seit einiger Zeit Mitleser im Forum und habe mir ausführlich die Berichte meiner Mit-Betroffenen durchgelesen. Jetzt bin ich an der Stelle, wo ich mir über meinen weiteren Weg klarwerden muss und möchte meine (bisher wenigen) Erfahrungen mit Euch teilen.
Als Physiker behagt mir die Vorstellung, meinen Kopf konzentrierter Gammastrahlung, wenn auch stark gebündelt, auszusetzen überhaupt nicht. Eine OP, egal über welchen Zugang, ist ein sehr schwerer Eingriff, den man sich auch sehr gut überlegen muss. Vor allem mögliche Komplikationen machen mir Angst.
Allerdings sind die Berichte über Bestrahlungen auch nicht ohne Komplikationen. Vor allem scheint mir die Prognose nach erfolgter Bestrahlung eher bescheiden: Eine Verkleinerung des Tumors wird nur bei 5% aller Fälle erzielt, in 30% der Fälle wächst er weiter und muss ggf. operiert werden. Und hier scheinen sich dann die Neurochirurgen zu freuen, da sich das Neurinom nach einer Bestrahlung teilweise nur schwer entfernen lässt.
Insgesamt fühle ich mich, als ob ich hier zwischen Pest und Cholera wählen kann.

Sehr beeindruckt haben mich die Berichte hier im Forum, wo von einem guten Arzt-Patient Verhältnis gesprochen wird. Das ist für mich auch sehr wichtig, würde ich mich doch diesem Menschen anvertrauen, meinen Schädel zu öffnen. So habe ich mich entschlossen, mit Spezialisten zu sprechen. Die Suche hier im Forum brachte mich zunächst auf Halle/Saale, Erlangen, aber auch Dortmund (bei mir um die Ecke). In ein oder zwei Beiträgen habe ich gelesen, dass Dortmund mit Prof. Deitmer und Schultheiß ein "Kompentenzzentrum" sei. Interessant fand ich auch, dass die Bereiche HNO und Neurochirurgie eine Arbeitsgemeinschaft Akustikusneurinom geründet haben, um Eingriffe ggf. auch gemeinsam vorzunehmen. Ich habe dort nun einen Termin am 20.11.2014 zur Vorstellung. Die Anmeldung wirkte sehr professionell. Sie sagten mir, dass ich den Tag über wohl dort verbringen werde, und ich habe eigentlich 2 Termine: morgens um 10:00h in der HNO-Abteilungs, Nachmittags um 15:00h in der Neurochirurgie. Ich werde Euch berichten, wenn ich da war.
Hat einer von Euch noch Erfahrungen mit Dortmund? Ich wäre dankbar um jeden Hinweis...

Ich will mich nun nicht unbedingt auf Dortmund festlegen weil es hier um die Ecke liegt. Und eigentlich möchte ich mit mehreren Ärzten sprechen. Ein Kandidat wird hier immer wieder genannt: Prof. Strauss in Halle. Allerdings gibt es noch Prof. Schick im Clemenshospital in Münster, die auch sehr aktiv in Bezug auf ANs zu sein scheint. Hier finde ich aber nicht wirklich Informationen im Forum, da sich Beiträge zu Münster überwiegend auf Prof. Sepehrnia beschränken, der dort aber nicht mehr praktiziert. Hat jemand Erfahrungen mit Frau Schick gemacht?

Zu Berlin: Hat jemand mit Dr. Kuhfeld schon mal zu tun gehabt? Insgesamt habe ich hier in den Beiträgen nicht ganz so viel zu Berlin gefunden, und zu diesem Arzt gar nichts.

Die Antworten auf die Berichte hier im Forum haben einen gemeinsamen Tenor: Keine Panik, das Leben wie bisher weiterleben und in Ruhe seinen weiteren Weg finden. Das versuche ich derzeit, zwischendurch werde ich allerdings immer wieder mal von einem Anflug von Panik erfasst. Hier schießen mir Worte wie Fascialis-Lähmung, Taubheit, Liquor-Fistel und Schwindel durch den Kopf. Es stimmt, das AN ist gutartig, wächst im allgemeinen langsam und streut nicht. Allerdings sind die Therapie-Optionen auch ganz schöne Hammer. Es tut gut, hier Berichte zu lesen, wo z.B. eine OP sehr gut verlaufen ist und die Betroffenen sehr schnell wieder auf die Beine gekommen sind.

So, das ist meine bisherige Geschichte. Ich freue mich auf Eure Antworten und vielleicht ein paar Infos zu den Kliniken.

Bis dahin... viele Grüße
-Kisaki
Kisaki, m, 1965, verh., 2 Kinder, AN 6x4x4mm li intrameatal, Diagnose am 17.10.14, Hörminderung li, erster Beratungstermin in Dortmund am 20.11.14
snowdog
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Re: Diagnose AN und Vorstellung in Dortmund

Beitrag von snowdog » 04.11.2014, 23:06

Hallo Kisaki,

willkommen im Forum und danke für die Blumen (das Lob),
ist hiermit auf den großen Verteiler aller Forenaktiven gesetzt... ;)


Ich bin mir fast sicher, dass sich unser ANFux einen Austausch
unter Physikern nicht entgehen lassen möchte –
„trotzdem“ ein paar Gedanken von mir zu deinem sehr wertvollen
Beitrag.

Du fasst die Gedanken und Erlebnisse der meisten Betroffenen
in passende Worte – die Diagnose Akustikusneurinom als Ergebnis
einer typischen Vorgeschichte ist ein Schock, der verkraftet
werden muss. Dazu braucht es Zeit, Halt, Hoffnung, Zuversicht,
Mut, Entschlusskraft – alles Dinge, die unterschiedlich vorhanden
oder auch erst entwickelt werden müssen.
Die Suche nach Informationen ist bereits der erste Schritt im
Kampf gegen die seltene Erkrankung – das Forum und die
IGAN-Infoseiten ein geeigneter Rastplatz am Weg.
Erfahrungen Mitbetroffener, vergleichbare Fälle und individuelle
Wiedererkennungswerte helfen dabei, Ordnung in das Gedankenchaos
zu bringen. Hierüber bist Du schon hinaus – Orientierungshinweise
in SachenForennavigation sind nicht mehr nötig, wie die Fragen und
Gedanken erkennen lassen.

Auch wenn ich das Querlesen durch die Themenbereiche
generell empfehle, manchmal kommt man über die Suchfunktion
direkter und schneller zum Punkt.
Als Beispiel „Klinik Dortmund“ (Treffer 44), die Mitglieder Fish und
Mary H haben sehr ausführliche Erfahrungsberichte
eingestellt, die zugleich Antworten auf einige Fragen liefern.
Beides sehr aktuelle Einträge und beide in jüngerer Zeit im Forum
unterwegs.

Einen Termin in Dortmund hast Du ja bereits, eine
Zweitkonsultation bei einer der genannten Adressen ist zu empfehlen –
ein Muss ist es nicht, wenn die sensiblen Erwartungen (fachliche
Kompetenz, Chemie und Vertrauen stimmen, „funktionierendes“
Aufklärungsgespräch) erfüllt wurden.
Das Konzept der interdisziplinären Arbeitsgemeinschaft ist sehr
interessant,es wäre schön, wenn Du deine Eindrücke hier wiedergeben
könntest.

Falls es im Rahmen deiner Recherche hin und wieder zu Anflügen
von Panik kommt: Das ist völlig normal und verständlich.
Du selbst hast bereits eine Antwort gegeben – Ruhe bewahren.
Positiv denken. Nicht unterkriegen lassen.
Alle Therapien bergen ein allgemeines Risiko, ein AN ist keine
leichte Erkrankung, der man sich im Vorübergehen entledigen kann –
aber es ist eine Tumorerkrankung, die therapiert werden kann.
Mit einer insgesamt guten Prognose.

Alles Gute für deine anstehende Entscheidung und hoffentlich viele
hilfreiche Antworten hier im Forum.

Beste Grüße
snowdog
snowdog (Moderator seit 4.12) Jg.62,m,verh.,2 Söhne,
AN re.5x8 mm,n-c. suboccipital AN-OP in Offenbach 4.08,
postoperativ Liquorfistel,keine Fazialisparese, einseitig taub,chron.Kopfschmerzen,jährl.Kontroll-MRT f.d.ersten 5 J.
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Re: Diagnose AN und Vorstellung in Dortmund

Beitrag von Fish » 19.11.2014, 16:23

Hallo Kisaki,

ich will Dir gerne meine Erfahrungen mit Dortmund schildern.

Es stimmt, dass Du Dich zunächst in der HNO-Klinik vorstellen wirst. Hier werden die üblichen Untersuchungen vorgenommen, die Du sicherlich auch schon bei Deinem HNO-Arzt durchlaufen hast. Aber die Ärzte vertrauen doch lieber ihren eigenen Untersuchungen. Die HNO-Klinik befindet sich im Klinikum-Mitte in Dortmund. Sei nicht geschockt, aber dort geht es zu wie im Taubenschlag. Mein erster Eindruck hinsichtlich Gebäude Einrichtung und Wartebereich war nicht sehr gut. Fachlich sind die Ärzte aber sehr gut. Vermutlich wird Prof. Deitmer, Chef der HNO, Deinen Fall auch persönlich mit Dir besprechen. Er ist noch ein Prof. der "alten Schule", die Assistenzärzte haben sehr großen Respekt vor ihm, was ihnen auch im Umgang mit ihm durchaus anzumerken ist.

Für mich war die Atmosphäre in der Amulanz der Klinik für Neurochirurgie eine wesentlich positivere. Ich hatte dort, wie Du aus meinem Bericht entnehmen kannst, ein sehr positives ausführliches Gespäch mit Dr. Schultheiss, dem Chef der Neurochirurgie. Er ist ein sehr ruhiger, angenehmer Mensch, bei dem ich persönlich sofort ein sehr gutes Gefühl hatte. Er zeigt Dir natürlich auch die alternativen Wege auf, Bestrahlung oder OP. Letztendlich müssen wir uns selbst entscheiden. Für mich war aber klar, das AN muss raus.

Da die OPs in Dortmund in der Neurochirurgie im Klinikum Nord durchgeführt werden, wirst Du dort auch stationär untergebracht sein. Ich kann nicht klagen, das Pflegepersonal war immer sehr nett und aufgeschlossen. Da ich dort ca. 6 Wochen verbracht habe, konnte ich mir sicherlich einen guten Eindruck hierüber verschaffen.

Auch hinsichtlich einer anschließenden Reha solltest Du Dir bereits Gedanken machen. Der Sozialdienst der Klinik arbeitet gut und geht auf Deine Rehawünsche ein. Ich hatte meinen Wunsch für eine ambulante Reha in Münster vorgetragen, die dann auch geklappt hat.

Dir wünsche ich für den anstrengenden Tag in Dortmund viel Kraft und alles Gute.

Solltest Du zu Dortmund weitere Fragen haben, melde Dich einfach.

Liebe Grüße

Fish
Jg. 60, m., verh., 1 Kind, AN links Typ IV, 28–30 mm, 02/13 OP suboccipital, Klinik für NCH im Klinikum Dortmund / Dr. Schultheiss, postoperat. Liquorfistel, Revision u. Deckung Liquorfistel, Lumbaldrainage, Hörverl. li., keine Facialispar. u. Kopfschm.
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Re: Diagnose AN und Vorstellung in Dortmund

Beitrag von Experte » 28.11.2014, 10:23

Hallo Kisaki,

zu Deiner Frage bezüglich Münster - ich bin am 01.04. diesen Jahres von Frau Prof. Schick operiert worden, mir geht es heute sehr gut. Ich habe mich von Ihr sehr gut beraten und informiert gefühlt und hatte nach den ersten Gesprächen und Voruntersuchungen ein gutes Gefühl, auch vom Clemenshospital insgesamt. Es gibt von mir noch einen Beitrag dazu in diesem Forum !
Nach AHB in Bad Driburg ( sehr gut ) bin ich seit Ende Mai wieder voll berufstätig. Erstes Kontroll MRT in Münster im Juli war OK !

Wenn Du weitere Fragen hast kannst Du Dich gerne bei mir melden !

Grüße
Experte
Experte, Jg.61, verh., 2 Kids, AN re 25x28mm, suboccipital, OP 04/14 Münster Clemenshospital, Tinnitus, Schwindel, Rez. OP 21.11.18 , leichte FP rechts
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Re: Diagnose AN und Vorstellung in Dortmund

Beitrag von Kisaki » 29.12.2014, 14:30

Hallo zusammen,

herzlichen Dank an alle, die mir auf meinen Beitrag geantwortet haben.
Ich habe mittlerweile eine paar Info-Gespräche geführt und wollte Euch die Ergebnisse kurz schildern.

Wie der Name des Threads sagt, war ich in Dortmund bei der AG Akustikusneurinom. Hier bekommt man immer 2 Termine, einen bei Prof. Dr. Deitmer, Chefarzt der HNO, und anschließend einen bei Dr. Schultheiss, Chefarzt der Neurochirurgie.
Wie Fish schon beschrieben hat, geht es hier recht lebhaft zu. Ich wurde noch einmal komplett durchgecheckt, inkl. eines "Bera" genannten Tests, wo die Leitungsgeschwindigkeit der Nerven getestet wird. Danach war ich bei Hr. Deitmer. Fish hat recht, die Assistenzärzte haben großen Respekt vor ihm, allerdings war er auch sehr freundlich zu denen, und vor allem auch zu mir. Er hat sich Zeit genommen, mir die Sachlage ausreichend zu erklären, wobei ich allerdings den Eindruck hatte, dass er den Hauptteil eher Hr. Schultheiss überließ (was auch so war).
Er sagte, wenn er nur die Diagnostik ohne MRT zur Verfügung gehabt hätte, wäre ich ihm durchs Raster gefallen. So ist z.B. die Leitungsgeschwindigkeit meines linken Hörnervs (wo das Neurinom sitzt) höher als beim rechten, was sehr ungewöhnlich wäre. Er riet mir derzeit dazu, eher abzuwarten und in einem halben Jahr nochmals ein MRT machen zu lassen.
Insgesamt machte er einen vertrauenswürdigen, ehrlichen und sehr kompetenten Eindruck auf mich.

Der Termin bei Hr. Schultheiss war der Hammer (ich kann es leider nicht anders beschreiben). Er ist ein sehr ruhiger und freundlicher Mensch. Auch ich hatte sofort das Gefühl, dass ich bei ihm in guten Händen wäre. Er saß mit uns dort als hätte er alle Zeit der Welt, und wären uns nach 1 1/2 Stunden nicht die Fragen ausgegangen, er hätte noch länger mit uns dort gesessen.
Generell arbeiten er und Hr. Deitmer zusammen. Während Hr. Schultheiss den Zugang legt, würde Hr. Deitmer den Tumor entfernen. Hr. Schultheiss sagte, dass er nach 2 Stunden i.a. sehr froh wäre, wenn dann ein anderer weitermachen würde. Insgesamt haben die beiden lt. seiner Aussage etwa 300 ANs operiert, und hätten ca. 30-40 Fälle pro Jahr.
Das Thema Lagerungsschaden war mir sehr wichtig, und darauf angesprochen, meinte er, dass er die Lagerung immer selbst übernähme. Das Risiko wäre ihm einfach zu groß. Andere Operateure ließen dies oft von anderen Ärzten vornehmen, aber er würde sich darauf nicht verlassen wollen. Er hätte dabei auch noch keinen Lagerungsschaden gehabt. So wie er das sagte, glaube ich ihm das auch sofort.
Da ich ein Informations-Junkie bin, habe ich ihn endlos gelöchert. Das ging so weit, dass er mir Videos von einer OP zeigte, um mir die Situation des OP-Feldes zu verdeutlichen.
Beeindruckt hat mich auch seine Empfehlung, noch durchaus mit anderen Operateuren zu sprechen, um mir noch einen genaueren Eindruck zu verschaffen. Auch sollte ich angesichts der Schwere einer OP und der Größe meines Neurinoms eine Bestrahlung ernsthaft in Erwägung ziehen. Während Hr. Deitmar offensichtlich kein Freund der Strahlentherapie ist, scheint Hr. Schultheiss dem eher aufgeschlossen zu sein.
Laut seiner Aussage gibt es die folgenden Wahrscheinlichkeiten bei einer OP: 13% Wahrscheinlichkeit für eine Facialisparese, bei der Größe meines Neurinoms "wahrscheinlich" geringer. 50% Wahrscheinlichkeit für Taubheit auf dem Ohr, letztere Ergebnisse sprächen eher für 40%, das wäre aber eher ein Gefühl von ihm.

Insgesamt kann ich sagen, dass Hr. Deitmer und Hr. Schultheiss einen überaus positiven Eindruck bei mir hinterlassen haben. Das Konzept, die OPs immer zu zweit vorzunehmen, finde ich klasse und zeugt davon, dass die beiden vordringlich das Gelingen der OP im Auge haben. Sollte ich mich für eine OP entscheiden, kämen die beiden ganz sicher in die engere Wahl.

Auf Hr. Schultheiss' Empfehlung war ich dann noch im Cyberknife Zentrum in Soest bei Hr. Dr. Lehrke. Hr. Lehrke ist auch Neurochirurg und seit 1993 in der Radiochrirugie tätig. Er macht auch einen sehr freundlichen und kompetenten Eindruck, und er scheint seinen Beruf zu lieben. Er hat mir ausführlich erzählt, wie die Behandlung vorgenommen wird. Zunächst wird ein hochauflösendes MRT mit einem CT kombiniert, so dass man ein 3D-Modell des Umfelds des Neurinoms bekommt. Dies wird von Physikern (!) in das System übertragen, das den Roboterarm steuert. Hr. Lehrke gibt dabei vor, wie genau der Strahlengang zu erfolgen hat und welche Bereiche "No-Go" Areale für den Beam sind. Das Cyberknife hat eine Genauigkeit von 3/10mm. Während der Bestrahlung sorgen 2 CT-Geräte dafür, dass ein Live-Bild des Patienten mit dem Roboterarm synchronisiert wird um Bewegungen (z.B. durch Atmung) zu kompensieren und den Strahl im vorgeschrieben Bereich zu halten. Alles in allem ist das Setup dort ziemliches High-Tech.
Die Behandlung in Soest wird nicht fraktioniert, d.h. es erfolgt nur eine Sitzung. Diese dauert i.d.R. eine Stunde und man kann sofort nach Hause fahren.
Hr. Lehrke hat nach eigenen Angaben bereits ca. 500 ANs bestrahlt und hat bisher kein Rezidiv erlebt. 5 der Patienten hatten in den folgenden 6 Monaten eine temporäre Facialisparese erlitten, die sich aber immer vollständig zurückgebildet hat. Allerdings besteht auch hier lt. seiner Aussage eine 30%ige Chance für Ertauben des Ohrs. Der Gleichgewichtsnerv wird auch hier in Mitleidenschaft gezogen, allerdings über einen Zeitraum von ca. 6 Monaten. Der Übergang auf die andere Seite ist dadurch sanfter.
Erstaunlicherweise hat auch Hr. Lehrke keinerlei Scheu gehabt, mir andere Teams zu empfehlen. Er sagte, dass München (auch Cyberknife) europaweit führend wäre (meinte aber auch, dass er sich mit ihnen messen könne, was immer das heißt). Auch Hr. Kuhfeld aus Berlin kannte er, dieser wäre ursprünglich aus München und hätte einen guten Ruf.
Insgesamt hatte ich auch hier einen sehr guten Eindruck und könnte mir gut vorstellen, mich in Hr. Lehrkes Hände zu begeben.

Übereinstimmend haben alle konsultierten Ärzte gesagt, dass ich "Zeit hätte". Alle empfahlen zunächst ein neues MRT im März (also nach einem halben Jahr). Hr. Deitmer ging so weit, dass er zur Zeit nur "Wait and scan" machen würde.
Ich habe für mich beschlossen, erst einmal das neue Jahr starten zu lassen, und wie empfohlen im März einen neuen Scan machen zu lassen. Nach anfänglichem Zögern hat mir der Besuch in Soest eine echte Alternative zur OP aufgezeigt. Wenn man unterm Strich die Wahrscheinlichkeiten für Komplikationen betrachtet, hat die Radiochirurgie die für mich deutlich an Attraktivität gewonnen, mit allen Vor- und Nachteilen, die hier auf der Seite beschrieben werden.

Nochmals herzlichen Dank an alle, die mir geantwortet haben, und herzlichen Dank an die Betreiber dieser Webseite. Wenn es bei mir weitergeht, werde ich Euch auf dem Laufenden halten.

Herzlichst
-Kisaki
Kisaki, m, 1965, verh., 2 Kinder, AN 6x4x4mm li intrameatal, Diagnose am 17.10.14, Hörminderung li, erster Beratungstermin in Dortmund am 20.11.14
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