Es war einmal ein AN

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lona
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Es war einmal ein AN

Beitrag von lona » 25.01.2012, 19:50

Vorstellung rund neun Wochen nach OP-Termin:
Nachdem ich mir monatelang von diesen Seiten Infos beschafft habe, hier nun meine Krankengeschichte:
Bereits seit Jahren begleiten mich unerklärliche Erschöpfungszustände. Lässt sich ja mit zunehmendem Alter begründen. Seit ca. 2 Jahren hatte ich immer mal wieder Probleme mit den Ohren (ohne Ergebnis trotz ohrenärztl. Abklärung), Abgeschlagenheit und Schwindel. Mit Beschwerden „mit ist nicht gut“ konnte ich nicht zum Arzt gehen. Vor rund einem Jahr war ich dann in der Lage meine Symptome konkret zu beschreiben. Als erstes folgte die in Österreich übliche Gesundenuntersuchung, die mir nicht weiterhalf und so sind wieder Monate vergangen mit zunehmender Steigerung meiner Beschwerden. Ab Mai letzten Jahres verschlechterte sich mein Zustand rapide und ich wollte mich nicht mehr mit Erklärungen wie „da ist nichts“, „geht von alleine wieder weg“, „ist psychosomatisch(?)“ etc. von verschiedenen Ärzten wegschicken lassen. Zusätzlich hatte ich dann große Probleme mit der Wirbelsäule (deren genaue Ursache ich bis jetzt nicht kenne), Gangstörungen, Sehstörungen und Kopfschmerzen. Ich habe wenig gearbeitet und erholte mich einfach nicht, der Schwindel steigerte sich ins Unerträgliche. Autofahren gab es nur mehr als Beifahrer. Dann habe ich mich selbst auf die Suche gemacht und hinterfragt: Brillenversorgung, Wirbelsäule, Blutzucker, Blutdruck, ev. Allergien…... Auf die Idee, die Ursache im Kopf zu suchen, wäre ich von mir aus nie gekommen. Ende Juli hatte ich dann schließlich die Diagnose intra-extrameatales AN 1,2 x 0,6 cm.
Nun in Stichworten um abzukürzen: Nachdem mir klar war, was es heißt - Chef informieren - erhalte ich volle Unterstützung und auch bisher keinen Druck seitens der Firma – bin sehr froh darüber;
Termin bei einem Neurochirurgen (jung) wahrnehmen, der erklärt mir, dass die starken Beschwerden nicht von diesem kleinen AN kommen, informiert mich aber über die drei grundsätzlichen Möglichkeiten;
Chef wieder informieren – wie peinlich;
Anruf v. Neurochirugen – korr. seine Erstaussage teilw., mit Kollegen besprochen und schickt Unterlagen nach Wien; ich gebe mein OK und warte auf den Rückruf und es dauert, da Urlaubszeit; bin teilweise krankgeschrieben; nach Wochen Anruf von Wien entschuldigend – Gamma Knife wäre möglich – will ich ja gar nicht;
Arztbrief von Neurologen – empfiehlt auch Gamma Knife, meine Verwirrung steigt, was tun -
verzweifelte Suche bei Ärzten (leider falsche Fachrichtungen) im beruflichen und priv. Umfeld;
Hilflosigkeit pur – nur Internet Infos und doch Rettungsanker;
ANs sind Besonderheiten, die Tragweite dessen wird mir bewusst;
HNO Termin – neue Arztempfehlung wieder in Wien, Terminvereinbarung – kurzfristig abgesagt vom Krankenhaus, neuer Termin – wieder kurzfristig abgesagt, neuer Termin – wieder kurzfristig abgesagt – wir bereits auf dem Weg dorthin (3x umsonst von Arbeit frei genommen + Begleitperson, fast unglaublich), wieder neuer Termin – von mir abgesagt, da bereits Besprechungstermin in Tübingen.
Inzwischen durch priv. Recherche gleiche Top-Bewertungen für Prof. Tatagiba wie durch das Internet – beruhigt etwas.
Habe Termin in Tübingen bei Prof. Tatagiba wahrgenommen und mich trotz der leidigen Krankenkassenproblematik zur raschen OP entschieden. Es war Balsam für meine Seele, dass ich als Person mit einem AN und den dazugehörenden Beschwerden ernstgenommen wurde. Es wurde nichts dramatisiert und auch nicht bagatellisiert. Das Gesagte hatte auch nach der OP noch Gültigkeit. ANs sind in diesem Krankenhaus Routine.
Meine OP: Stationäre Aufnahme eine Tag vorher, div. Untersuchungen – der Tag ist ausgefüllt, keine Zeit zum „Davonrennen“;
Wachwerden nach OP: Kopf wiegt gefühlt eine Tonne, aber keine Schmerzen
1 Tag Intensivstation – Zeit will nicht vergehen – denke immer schon am nächsten Tag, wo es mir besser gehen wird; harter Druckverband wird entfernt – bin total druckempfindlich am Kopf; nur mehr etwas lockerer Verband und den halte ich gut aus;
keine Schmerzen nur total erschöpft (kaum vorstellbar, wenn nicht erlebt), Besuchszeiten von 9.00 – 21.00 Uhr, mein Mann hat Zimmer in der Nähe
am 8. Tag Entlassung vom Krankenhaus, keine Übelkeit auf der Heimreise;
keine Reha, priv. Physiotherapie; die „Bedienung“ von der Familie funktioniert, sonst wäre es für mich so nicht vorstellbar;
Probleme: Parese (inkl. Uhrglasverband, am intensivsten ca. 3 Wo. nach OP) – dzt. nur mehr für Eingeweihte merkbar,
Abgeschlagenheit, Schwindel und Augenprobleme – mit langsam abnehmender Intensität,
Druck in den Ohren teilw. auch bds., Rauschen u. leichter Tinnitus, li. taub, re. lärmempfindlich
Das Wort Geduld bekommt eine neue Dimension.
Geplanter Arbeitsbeginn 10 Wochen nach OP. Es wird sicher kein Honiglecken aber ich sehe es als realistisch, da ich keine körperliche Arbeit zu verrichten habe.
Resümee: Pech gehabt mit der Erkrankung; versucht das Beste daraus zu machen und es wird schon wieder und das was nicht wieder wird, mit dem versuche ich mich später zu arrangieren. Noch arbeitet die Zeit für mich.
Ich habe es als sehr schwierig erlebt in einer körperlich schlechten Verfassung und Hilflosigkeit einen kühlen Kopf zu bewaren. Es soll speziell für alle, die es noch vor sich haben, eine Orientierung sein, wozu auch immer. Für mich war die OP, trotz teilweise widersprüchlichen Infos, alternativlos. Inzwischen verurteile ich auch nicht mehr die Unwissenheit mancher Ärzte. Statistisch gesehen war ich bei so manchen Arzt die erste mit dieser Diagnose. Mittels Internet kann man sich einen Arzt suchen, dessen „Hobby„ ANs sind und nur wenn man Glück hat ist der in der Nähe.
Dies sind meine Erfahrungen und hoffe, ich konnte sie mit all den Stimmungen vermitteln wie es mir ergangen ist.
Wie immer im Leben kommt es darauf an, dass man sich HEUTE so entscheidet, dass man MORGEN gut damit leben kann.

Beste Grüße und den Mut zur einer unvermeidlichen Entscheidung
lona
AN li. 1,2x0,6; OP 11/11 Prof. Tatagiba, Tübingen; Arbeitsbeginn 10 Wo nach OP; li. taub, re. Hyperakusis; gering körperl. belastbar; teilw. leichte Gangunsicherheiten; teilw. leichter Schwindel; Parese optisch ausgeheilt jedoch im Auge spürbar (Jän. 13)
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Re: Es war einmal ein AN

Beitrag von ANFux » 07.02.2012, 18:57

Liebe lona,

es macht mich ein bißchen traurig, daß so gar niemand auf Deinen Beitrag reagiert, im Forum jedenfalls.
Dabei enthält er so viele Dinge, in denen sich andere Betroffene wiederfinden können, und gerade darauf kommt es doch in einem Forum an.

Die lange Phase des Unerklärbaren, die Schritte zur Diagnose, die schrittweise Zunahme der (typischen AN-) Symptome, auch die falsche Aussage eines Arztes (So ein kleines AN könne keine so großen Beschwerden verursachen.), die Empfehlung zur Bestrahlung ohne Begründung, aber auch das doch rasche Abklingen von Fazialisproblemen nach der Operation, die Lärmempfindlichkeit nach einseitigem Hörverlust, .... Dein Bericht steckt voller interessanter Informationen. Gut geschrieben.

Mich interessiert noch einiges, wenn auch nachträglich:
Mit welcher Begründung hat man Dir zweimal Gamma-Knife empfohlen?
Sind die anfangs nicht klar zuordenbaren Symptome wie Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen und Sehstörungen jetzt alle verschwunden?

Gefallen hat mir auch Dein Satz, daß nach so einer Operation, eigentlich nach so einem Gesamterleben vom ersten Symptomauftritt bis zur Rehaphase, der Begrifft Geduld eine neue Dimension bekommt.

Ich wünsche Dir alles Gute. Alles schön langsam angehen, besonders in der Arbeit!

Beste Grüße
ANFux
1939, m. '94 transtemp. OP (15 mm) in Magdeburg/Prof. Freigang, einseitig taub, kein Tinnitus, keine Fazialispar. Rehakur in Bad Gögging. '96-'04 im Vorstand d. VAN in D, seitdem Beratungen zum AN. Ab '07 Moderator, ab '08 Homepage-Verantwortl.(bis 2012)
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Re: Es war einmal ein AN

Beitrag von lona » 08.02.2012, 17:47

Hallo an ANFux und alle Leser,
in meinem post OP Beitrag habe ich keine Fragen gestellt und deshalb habe ich mich auch nicht gewundert, dass keine großen Reaktionen erfolgt sind. Ich habe in diesem Forum vor der OP fast täglich gelesen, bis mir die Augen (besonderes li. ev. doch schon leichtes Fazialisdefizit vor OP?) geschmerzt haben. Es war für mich die Möglichkeit an Infos bzgl. meiner Probleme zu kommen. Wobei ich als Skeptikerin natürlich auch versucht habe, das Gelesene privat zu recherchieren. Kleine Anmerkung: Als ich im Krankenhaus den HNO-Arzt bzgl. seiner Meinung nach Tübingen gefragt habe, hat er mir etwas zynisch (so ist es bei mir angekommen) erklärt, dass ich ein AN auch in Amerika operieren lassen könne……. Trotzdem, er war ein wichtiger Puzzlestein auf meinem Weg. Er konnte mit AN etwas anfangen und mit dem Wissen vom Forum und viel psychologischem Einfühlungsvermögen :) konnte ich die Therapie seiner Wahl als OP einordnen. Dieses Forum war für mich die erste Anlaufstelle - wenn auch vorerst nur als Leserin - und so war es für mich eine Selbstverständlichkeit, dass auch ich meine Erfahrungen anderen zur Verfügung stelle. Sollte meine Geschichte nur einer Person weitergeholfen haben, hat sie ihren Zweck erfüllt.
Warum 2x Gamma-Knife Empfehlung: Der erste von mir konsultierte Neurochirurg hat aufgrund einer Rücksprache mit Kollegen entschieden, meine Unterlagen in ein größeres Krankenhaus weiterzureichen. Bei seinem Anruf um mein Einverständnis habe ich vergessen zu fragen, wohin er die Unterlagen senden will. Ich war froh um sein Bemühen und habe dann erst beim Rückruf von der Gamma Knife Abteilung erfahren, dass dies meine Therapie werden sollte. Eine logische Begründung dafür gab es für mich nicht. Meines Erachtens (Forumwissen) waren meine Beschwerden schon viel zu stark ausgeprägt. Die zweite Empfehlung kam vom Neurologen (durch ihn bekam ich eine sehr gründliche neurologische Abklärung und endlich meine Überweisung zum MRT, sogar ohne dass ich ihn darum gebeten habe) in seinem abschließenden schriftlichen Befundbericht. Es waren zwei Empfehlungen und als solche betrachte ich es. Als, ich bezeichne mich, „mündiger Patient“ und in genauer Abwägung meiner Situation habe ich mich zur OP entschieden.
Meine diffusen Symptome: die verstärkten Kopfschmerzen gibt es nicht mehr, Migräne so wie ich sie seit meiner Jugend kenne.
Die Sehstörungen waren nach der OP sehr stark und sind so ca. 4 Wochen nach der OP abgeklungen.
Die Abgeschlagenheit verabschiedet sich nur ganz langsam aus meinem Leben, dzt. würde ich sagen, dass ich die Stärkere bin. Dagegen bin ich auch seit der OP am Trainieren. D.h. ich reize mein Leistungslimit nahezu täglich mit leichten Aufgaben aus. Schwierig ist abzuwägen, wann es zuviel ist. Mein Fehler anfangs war, dass ich dachte, eine Steigerung täglich muss sein. Tatsächlich bringen mir ein od. zwei Tage Schonung zwischendurch mehr.
Mein Arbeitsbeginn war im gesamten Stundenausmaß und doch etwas anstrengend. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass ich so nett empfangen werde. Der Chef und auch die Kollegen machen mir absolut keinen Druck, obwohl meine Arbeitskraft jetzt 10 Wochen gefehlt hat. Meine Leistung ist nicht optimal und trotzdem ist jeder über das froh, was ich ihm abnehme (auch wenn es meine eigentliche Arbeit ist). Das erleichtert es mir ungemein. Jetzt in der zweiten Woche fällt mir vieles auch schon wieder leichter.
und da war noch: vom Chef wurde ich vor der OP verabschiedet mit „mach’s gut“, worauf ich ihm geantwortet habe, dass ich gar nichts mache und es reichen muss, wenn ich meinen Kopf hin halte. Das dürfte wohl bis Tübingen gedrungen sein…… So cool wie sich das jetzt anhört, war ich bei weitem nicht immer. Anfangs ist so manche Träne still und heimlich gekullert und meine eingeweihten Angehörigen litten mehr oder weniger still und heimlich mit. Die Diagnose ist eine Belastung für alle.
Bei meiner 3-Monatskontrolle in Tübingen wird meine „Mängelliste“ neu erstellt werden und langsam gewinne ich auch wieder Freude an verschiedenen Tätigkeiten. Allerdings langsam und sehr dosiert. Mein Bestreben ist es, nahezu dort (ev. auch mit einigen Defiziten) anzuschließen, wo ich vor der Erkrankung war.
Beste Grüße
lona
AN li. 1,2x0,6; OP 11/11 Prof. Tatagiba, Tübingen; Arbeitsbeginn 10 Wo nach OP; li. taub, re. Hyperakusis; gering körperl. belastbar; teilw. leichte Gangunsicherheiten; teilw. leichter Schwindel; Parese optisch ausgeheilt jedoch im Auge spürbar (Jän. 13)
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Re: Es war einmal ein AN

Beitrag von Nili 2010 » 09.02.2012, 09:47

Liebe lona,

bin gerade erst dazu gekommen deine Beiträge zu lesen.
Es ist sehr informativ und sinnvoll geschrieben.
Auch oder gerade weil so kurz und knapp. :)

Da hast du ja ein ganz schöne Irrfahrt gehabt...vor der OP.
Es ist fürchterlich, wenn einem niemand so richtig helfen kann.

Umso schöner ist es, dass du dann in Tübingen gelandet bist.
Dort wurdest du endlich ernst genommen. Das tat bestimmt gut.
Super, dass dann alles weitere Problemlos geklappt hat.

Ich finde es sehr schön und freue mich immer darüber, wenn ich lese, dass einige Forumsmitglieder so rasch wieder arbeiten gehen können. :)
Doch denk auch an dich und überlaste deinen Körper nicht.
Es war eine große OP. :wink:

Ich wünsche dir viel Kraft für die vor dir liegende Zeit und weiterhin eine so gute Genesung.

Liebe Grüße Nili 2010
1967,w.AN li.1,9x2,3x1,5cm, OP 08.10.10,in Braunschweig von Prof. Sollmann operiert.Bereits auf dem Ohr taub,Tinnitus,Facialisparese li.gut rückläufig.Starke Kopfschmerzen, Okzipitalisneuralgie und Synkinesien entwickelt, Trigeminusschädigung.
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