Operation in Heidelberg + Bericht vor und nach der Operation

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Mimi
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Operation in Heidelberg + Bericht vor und nach der Operation

Beitrag von Mimi » 13.02.2023, 13:06

Hallo zusammen,
seit November 22 bin ich stille Mitleserin und habe ungemein von den geschilderten Erfahrungen hier im Forum profitiert.
Heute möchte ich meine Geschichte mit euch teilen. Ich bin 36 und weiblich:)

Krankheitsgeschichte
:
Ich habe seit dem Eintritt in die Grundschule Probleme mit Schwindel, Gangunsicherheit und der Koordination. Wurde dann als ADS Kind diagnostiziert. Nicht zu verwechseln mit ADHS.
Seit ich 13 bin höre ich schlechter auf dem linken Ohr. Als 3-Jährige hatte ich eine schlimme Mittelohrentzündung - das war für den HNO Arzt die Erklärung. Weiter wurde nichts veranlasst. Habe dann einige Jahre nichts getan, damit gelebt, dass ich eben ein verpeilter ADS Mensch bin (kann die Gangunsicherheit und den Schwindel sehr gut kompensieren) und dachte es sei normal, dass ich links immer schlechter hören kann.
2018 wurde das Hören so schlecht, dass ich links nicht mehr angesprochen werden konnte, da ich nichts verstand.) Dazu kamen wiederkehrende Kopfschmerzattaken nachts. Zusätzlich das Gefühl von Druck im Ohr, wie als ob es verstopft wäre.
War noch bei zwei anderen HNO Ärzten - Diagnose Stress, Kinderlärm (berufsbedingt),Überlastung (ich arbeite 50 % in Festanstellung/ 50 % Selbstständig). Ich wurde dann zum Osteophaten, Physiotherapeuten usw...geschickt
2021 kam Tinnitus hinzu und starkes Rauschen im linken Ohr. Mein Gesicht kribbelte entweder links oder fühlte sich taub an. Und ich fühlte mich zunehmend verzweifelt. Ich habe mich ernsthaft gefragt ob ich vielleicht doch "einen an der Waffel" habe.
Dank der Masken die ich und meine Kolleg*innen Corona bedingt noch tragen mussten verstand ich auf der Arbeit (Psychiatrie)so gut wie nichts mehr. Ich "drohte" meinem HNO damit, mir auf Ebay ein Hörgerät zu kaufen - daraufhin wurde ich mit einem Cross Hörgerät versorgt und bekam eine Überweisung für den MRT. Auf den Termin musste ich 8 Wochen warten. Den Befund besprach mein Hausarzt mit mir, da ich auf einen Termin zur Besprechung beim HNO nochmal 8 Wochen warten sollte...
Diagnose: Akustikusneurinom links, ca. 3 auf 3 cm groß, als T4 klassifiziert.
Ich war einerseits schockiert und hatte Angst. Andererseits auch echt empört: Seit Jahren renne ich von Arzt zu Arzt... und jetzt das. Ich hatte Recht, da stimmt was nicht! Gleichzeitig auf Erleichterung: jetzt weiß ich Bescheid und kann handeln.
Dank dem Forum und der Homepage konnte ich mich und Angehörige gut informieren (DANKE dafür).

Entscheidung für Kopfklinik Heidelberg/Neurochirurgie/Oberarzt Dr. Haux

Ich wurde vom Neurochirurgen in meiner Heimat auf meinen Wunsch nach Heidelberg überwiesen. Dort bekam ich im Dezember einen "Nottermin" da das AKN so groß war und eine Hirnstammkompression von über 50 % vorlag.
In Heidelberg lernte ich Dr. Haux (Oberarzt in der Neurochirurgie) kennen. Er ist ein toller Arzt. Er nahm sich sehr viel Zeit und erklärte mir alles in verständlicher Sprache. Er hat sich die Bilder aus dem MRT mit mir angeschaut und mir sehr gut erklärt wo sich was befindet und wie meine Symptome damit zusammenhängen. Ich habe mich verstanden und mitgenommen gefühlt. Aus diesem Grund (und weil ich das Uniklinikum bzw. die Kopfklinik kenne) habe ich mich für die Operation in Heidelberg entschieden.
Interessante Vermutung aus Heidelberg: das AKN war schon sehr lange in meinem Kopf (geschätzt 25 Jahre) - ich bin übrigens 36 Jahre alt.

Operation in Heidelberg:
Ich wurde am 01.01.23 nachmittags stationär aufgenommen. Die Voruntersuchungen hatten bereits im Dezember stattgefunden.
Am 02.01.23 wurde ich in Heidelberg vom Oberarzt Dr. Haux operiert. Im Bericht steht: Osteoplastische Kraniotomie suboccipital links, mikrochirurgische Exstirpation einen großen AKN mit erheblicher Hirnstammkompression unter Monitoring der Hirnnerven.
Die Operation dauerte etwas über fünf Stunden. Angesagt wurden vorab mindestens 8 Stunden.
Der Tumor war laut OP Bericht stark an der AICA verklebt oder verhaftet. Dabei kam es beim Abtragen zu einer Blutung an einem winzigen Ast, der am wohl einem Tumorfeeder entsprach. Alle Nerven wurden erhalten und zeigten auf Stimulation eine Antwort. Aufs Ausfräsen des Felsenbeins konnte verzichtet werden.
Am Schluss wurde mein Knochendeckel wiedereingesetzt und mit Kranofix-Nieten fixiert + Pflasterverband.
Weiter steht im Bericht noch, dass ein perifokakes Ödem im Bereich vom linken Kleinhirnstils vorhanden ist.
Falls es zur OP Fragen gibt, gerne stellen - der OP Bericht ist so komplex, das ich mich eher kurz gefasst habe.

Aufenthalt in Heidelberg:
Ich wachte abends um ca. 19:00 Uhr auf der Intensivstation auf. Dr. Haux kam und fragte wie es mir gehe und erzählte ganz kurz von der OP.
Ab jetzt ist die Erinnerung sehr verschwommen. Ich weiß, dass ich mir die Zähne im Bett liegend geputzt habe. Auch habe ich kurz mit meiner Mutter telefoniert, die auf Station angerufen hatte. Der Blasenkatheter und die vielen gelegten Zugänge (Hals, Handrücken) waren mir unangenehm. Der Rest versinkt im Nebel. Im Nachgang fällt mir auf, das ich weder Übelkeit verspürte noch erbrochen habe - das blieb den ganzen Aufenthalt so)
Am nächsten Morgen wachte ich etwas klarer im Kopf auf. Der Intensivpfleger war sehr nett. Ich erinnere an Kaffee (aus der Schnabeltasse) und Joghurt zum Frühstück. Mein Gesicht fühlte sich links starr an (Fazialis Parese Grad 3, wie sich einen Tag später herausstellte), interessanterweise hörte ich links deutlich besser. Meine Unterlippe war vom Tubus krass geschwollen (das blieb bis 3 Wochen nach der OP so) Im Laufe des Tages wurde ich auf Normalstation verlegt.
Insgesamt war ich 10 Tage in der Klinik - die Erinnerungen verschwimmen ineinander. Ich weiß, dass ich so gut wie möglich selbständig gegessen habe und dass die Physiotherapeutin jeden Tag da war. Ich habe täglich Übungen gemacht (Fazialis Parese und Gleichgewicht bzw. Mobilisierung) Auch Dr. Haux kam täglich persönlich vorbei und schaute sich die Wunde an. Alle waren sehr nett und aufmerksam - ich kann die Neurochirurgie in der Kopfklinik Heidelberg empfehlen! Die meiste Zeit habe ich gedöst oder geschlafen...Lesen oder ähnliches war nicht möglich. Ich habe mir täglich selbständig auf Station Wasser oder Kaffee geholt. Gehen war sehr wackelig. Schmerzen waren ok, eher im Rücken durch die OP Position oder das schlechte Bett?) Nachts bekam ich einen Uhrglasverband, da links der Lidschluss inkomplett war.

Zu Hause:
Nach 10 Tagen Klinik ging es nach Hause. Ich war sehr froh wieder im vertrauten Umfeld zu sein. Schafen oder Ruhen war und ist weiterhin meine Hauptbeschäftigung. Ich habe mein "Pensum" an Aktivität ganz langsam gesteigert. Die ersten Tage war ich schon stolz, mit einem Hund (ich habe zwei) fünf Minuten um den Bock zu gehen.

Stand jetzt:

Ich bin sehr dankbar, diese OP relativ unbeschadet überstanden zu haben! Ich bekam und bekomme noch unglaublich viel Hilfe (Partner, Eltern/Freunde). Inzwischen laufe ich insgesamt 1,5 Stunden täglich (mit beiden Hunden gleichzeitig), kann etwas zu essen kochen, lesen, Besuch empfangen.
Ich gehe zur Logopädie und zur Physiotherapie. In meinem Gesicht bewegt sich tatsächlich jeden Tag etwas mehr - das macht mich froh. Nachts trage ich noch einen Uhrglasverband. Ca. 2-3 mm steht das Auge offen, wobei es manchmal spontan ganz schließt (Beobachtung von anderen).
Ich habe inzwischen leider ein Rauschen im Ohr. Auch höre ich wieder schlechter :-( Links verstehe ich kaum was - fast so schlimm wie vor der OP. Beim Gehen schwankt der Boden, wenn ich beim Gehen den Kopf wende, mache ich einen Ausfallschritt. auf einem gezeichneten Strich kann ich mit großer Mühe und ausgestreckten Händen balancieren. Was mich sehr belastet ist die unendliche Müdigkeit/Erschöpfung. Kognitiv: Manchmal fange ich etwas an und vergesse, es zu Ende zu bringen. Schmerzen habe ich selten. Es ist eher ein Jucken an der Narbe. Das wird besser, seit der Kruste fast ganz abgefallen ist.
Was ich mich manchmal frage, bzw. die Fragen kamen auf durch Äußerungen anderer (z.b. Krankenkasse wegen Krankengeld). Ist es normal, dass ich noch so unendlich müde bin? Ich muss nach jeder Aktivität (und sei es nur kochen) ausruhen. Die AOK fragte, wann ich denn wieder arbeiten gehe...ich kann mir nicht vorstellen im Moment zu arbeiten...
Werde ich je wieder in meinem Beruf arbeiten können (Psychiatrie)? Ich habe das Gefühl, kaum mehr ein "Standing" zu haben.
Wird es besser mir der Müdigkeit?
Kann ich irgendwann mal wieder ein halbwegs normales Leben führen? Oder braucht es einfach Zeit?
Warum höre ich wieder so schlecht? Hatte mich schon so gefreut! Bis vor 2 Wochen brauchte ich das Cros Gerät nicht zu tragen...
Damit der Abschluss nicht so traurig klingt: Die Sonne scheint und was ich gelernt habe: Ich achte auf mich, ich bin wertvoll, meine Bedürfnisse sind wichtig. Ich habe einen tollen Partner+ Familie+ Freunde

Viele Grüße,
Mimi

Habe den Beitrag nochmals überarbeitet, da manche Infos fehlten und ich im Nachgang viele Rechtschreibfehler entdeckte.
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01/23 OP in Heidelberg
03/23 Kontrolle in Heidelberg: Narbe oder Resttumor?
geplant: 03/24 Kontrolltermin in Heidelberg
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Re: Operation in Heidelberg + Bericht vor und nach der Operation

Beitrag von Basia » 20.03.2023, 16:38

Hallo Mimi,

wie geht es dir jetzt?
Ich habe mich bis jetzt an diesem Forum nich aktiv mitbeteiligt. Nach dem ich dein Post gelesen habe, möchte ich sagen, ja, mit der Ermüdung geht es mit der Zeit besser.

Ich hatte selber auch ähnlich großes AKN und wurde letzten Dezember operiert. Ich bin 35 Jahre alt. Leider habe ich nach der OP Gehör verloren und habe auch lautes Rauschen. Ich hoffe das wird sich irgendwann bessern...
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Re: Operation in Heidelberg + Bericht vor und nach der Operation

Beitrag von Mimi » 20.03.2023, 18:40

Hallo Basia,
war dein Gehör zuvor schon beeinträchtigt? Wie kommst du klar, bzw. nutzt du eine Hörhilfe ?

Inzwischen kann ich auf die Frage wie es mir geht ehrlich mit : jeden Tag besser ! antworten.

Ich fühle mich weiterhin oft benommen und bin unsicher beim Gehen. Das Gefühl hab ich in einem anderen Beitrag (Austausch Benommenheit) beschrieben.
Gleichzeitig bin ich viel belastbarer, gemessen am Zustand von vor 3 Wochen - brauche aber dennoch viele Pausen.
Sobald ich zu viel mache, Körperlich und kognitiv dankt es mir mein linkes Ohr (OP Seite) mit rauschen und Tinnitus - am nächsten Tag ist es dann aber besser oder weg.
Ich bin noch nicht wieder "ich" , aber ich fühle mich auch nicht mehr ganz so fremd in mir. Vermutlich gibt es sowieso ein neues ich ;)
Meine Fazialisparese bessert sich mm weise, das Auge ist noch ca 2 mm offen...aber es tut sich was !
Ein Hörtest beim HNO ergab, dass es nochmals schlechter wurde. Damit hab ich mich abgefunden.
Ich betrachte es immernoch als Geschenk, dass die OP gut verlaufen ist und ich den Tumor los bin.
Da will ich was draus machen und nicht verzagen!

Erzähl doch mal von deiner Operation wenn du magst.

Viele Grüße
Mimi
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Achtung "Auskotz" Post

Beitrag von Mimi » 21.03.2023, 17:06

Heute bin ich gestolpert und gefallen - es war kein Hinderniss da. ich Konnte mich zum Teil mit den Händen abfangen, habe aber leider auch mit dem Kinn gebremst.
Ein Stück vom Schneidezahn fehlt jetzt und diverse Schürfwunden sind da. So ein Mist !!!

Ich war schon beim Arzt.
Zum Glück lässt sich alles "reparieren" - ich nehme davon mit, dass ich mich noch nicht wieder auf meinen Körper verlassen kann. Die Reflexe sind zwar da, aber bis das Hirn "umsetzen" sendet hat es zu lange gedauert.

Puh, das musste kurz raus !
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geplant: 03/24 Kontrolltermin in Heidelberg
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Nachsorgetermin in Heidelberg

Beitrag von Mimi » 17.05.2023, 10:06

Hallo Forum,
heute melde ich mich mit einem Update und berichte über meinen Nachsorgetermin in Heidelberg Ende März.
Vorab hatte ich ein MRT mit Kontrastmittel gehabt. Der Radiologe schrieb im Befund "7 x 5 x 3 Millimeter messende Weichgewebsverletzung den Meatus acusticus internus links. Aufgrund der Größe erscheint postoperatives Narbengewebe äußerst unwahrscheinlich. Mutmaßlich
handelt es sich um einen Resttumor."

Ich wurde von Dr. Haux operiert, das Nachsorgegespräch führte eine Assistenzärztin durch.
Es war ein kurzes Gespräch - ich habe von den letzten Monaten erzählt - man sei mit dem Heilungsverlauf zufrieden. Die Hauptaussagen waren:
- eine lange Genesungszeit bei einem T4 mit Hirnstammkompression sei normal
- da sich bei mir in allen Bereichen (Schwindel, Kognitiv, Fazialis Parese) Verbesserungen zeigen, hätte ich gute Chancen, dass es weiterhin Verbessrungen geben würde
- das kontrastmittelaufnehmende Gewebe könne Narbengewebe sein (dazu hat die Ärztin den OP Bericht gelesen und mir auch die Stelle vorgelesen, in der steht, dass der Gehörgang mit einem Spiegel auf Reste überprüft wurden sei. Falls es dennoch ein Resttumor sei, würde man mir zur Bestrahlung raten
- erneute Vorstellung in einem Jahr, wieder mit mitgebrachter Bildgebung mit Kontrastmittel

Einige "hätte" und "könne". Insgesamt bin ich zufrieden mit dem Gespräch und auch mit meinem Heilungsverlauf. Es geht weiter bergauf und das ist das Wichtigste.
Sollte sich nächstes Jahr oder später herausstellen, dass ich einen Resttumor habe werde ich handeln. Momentan gehe ich von Narbengewebe aus und bleibe positiv -> das ist bei Weitem nicht so einfach, wie es hier geschrieben aussieht aber es hilft ungemein!!!!

Viele Grüße ,
Mimi
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