Angst vorm Achterbahn fahren!

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uli-pulli
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Angst vorm Achterbahn fahren!

Beitrag von uli-pulli » 19.09.2012, 14:42

Darf man zwei Jahre nach einer OP (mit Schädelöffnung hinterm Ohr) Achterbahn fahren oder ist so etwas mit einem Risiko verbunden. Ich gehe morgen spontan in Europa-Park;-) nach Rust. Vielleicht hat jemand schon mal so eine ähnliche Frage bei seinem Arzt gestellt. Ich habe Angst, dass nach der OP vielleicht doch etwas in meinem Kopf nicht ganz stabil sein könnte obwohl das MRT immer gut war. Heute erreiche ich keinen Arzt mehr. Vielleicht kann mir auch jemand eine unverbindliche Einschätzung geben und mir sagen was er machen würde – ich bin total verunsichert. Danke -Uli-!
1972, Diagnose 15.06.2010, AN rechts T3b 14mmx18mmx12mm, rechts Taub, OP am 19.08.2010 in Tübingen, Prof. Tatagiba Tübingen, seit Tag12 nach OP leichte Facialisparese,
snowdog
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Re: Angst vorm Achterbahn fahren!

Beitrag von snowdog » 19.09.2012, 16:03

Hallo ulli-pulli,

wie meistens, lautet die Antwort: Es kommt darauf an...

Ich antworte hier jetzt als jemand, der sich in einem Selbstversuch im letzten Jahr dieser Erfahrung ausgesetzt hat (3 Jahre nach OP) und deine Sorge vollumfänglich nachvollziehen kann. ;)

Grundsätzlich ist 2 Jahre nach der Operation davon auszugehen, dass damit in Verbindung stehende Heilprozesse weitgehend abgeschlossen sind. Zur Flugreise (Druckverhältnis) lautete die Empfehlung des Operateurs: kein Problem nach einem halben Jahr. Nun - diese Aussage bezog sich auf die Heilung des Eingriffs, also Verheilung innen und außen der Operation - nicht aber auf die Beschwerden, die in den meisten Fällen ja länger brauchen.
Abgesehen davon, daß mir noch nach einem Jahr weder nach Flieger geschweige Achterbahn der Sinn stand, waren es bei mir die Kopfschmerzen, die die Sorgenfragezeichen bildeten. Du kannst am besten einschätzen, wie stark die Beschwerden von Seiten der Facialisparese sind und wo Du noch starke Einschränkungen im Alltag verspürst. Ist das alles weitgehend problemlos, dann betrachte das Unternehmen als eine Art "Sondertherapie" (also Grenzen abstecken und über den Alltag fordern).

Ich "traute" mich schließlich, eine als nicht so dramatisch eingestufte
hölzerne Achterbahn zu besteigen (Moviepark), animiert vom Familienanhang -
also, passiert ist nix, aber ein Vergnügen bewerte ich heute anders ;).
Tatsächlich waren die abrupten Richtungswechsel und Erschütterungen eine
Belastung für die Halswirbelsäule, die verkrampfte Haltung während der Fahrt tat
ihr übriges, so blieb am Ende der Triumph: getraut und überstanden.
Nach Wiederholungen stand und steht mir nicht der Sinn, als Erfahrung war
das aber ok (positives Feedback in Sachen Angst und Belastbarkeit).

Mein Tipp: wenn es nicht gerade eine NASA-Zentrifuge mit mehreren G
Beschleunigung ist, probiere es aus. Macht es Spaß, steigere die Varianten
nach Belieben - aber bitte nicht übertreiben und genug Zeit für die Regeneration
lassen. Anhaltender Schwindel oder Übelkeit sind ein natürlicher Reflex,
bei "uns" eine leidige unfreiwillige Sensibilisierung.

Viel Spaß und wenn Du magst, bitte ein Erlebnisbericht im Forum.

Beste Grüße
snowdog
snowdog (Moderator seit 4.12) Jg.62,m,verh.,2 Söhne,
AN re.5x8 mm,n-c. suboccipital AN-OP in Offenbach 4.08,
postoperativ Liquorfistel,keine Fazialisparese, einseitig taub,chron.Kopfschmerzen,jährl.Kontroll-MRT f.d.ersten 5 J.
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Re: Angst vorm Achterbahn fahren!

Beitrag von ANFux » 19.09.2012, 20:05

Lieber uli-pulli,

ich stimme snowdog hundertprozentig zu. Er hat die verschiedenen Betrachtungsweisen sehr gut herausgehoben und beschrieben. Du solltest es zweimal lesen !

Als AN-Operierter hat man eine Reihe von Mißempfindungen, neuen Gefühlen und auch echten Beschwerden. Die sind bei jedem anders. Jeder muß lernen, damit zu leben und neu zu beginnen.

Ja, es kommt darauf an zu testen, ob man das frühere Leben wieder leben kann. Aber: Muß man das ? Muß man versuchen, alles zu wiederholen ? Kann man sich nicht gleich nach Überlegungen und Hineinhorchen in den Körper von einigen Dingen trennen ? Ich meine damit sog. Trendsportarten, Disco-Besuche etc.

Was snowdog noch nicht geschrieben hat: Nach einigen Monaten, ja sogar nach einem Jahr oder nach zwei Jahren ist man meist körperlich noch nicht wieder der "Alte", weil man sich geschont hat, sich schonen mußte. Ob dann eine Achterbahn der richtige Test ist, was man wieder verträgt, das bezweifle ich. Ich frage hingegen: Hast Du in den Jahren nach der Operation andere Dinge gemacht, die Dir gezeigt hätten, was schon wieder geht und was nicht ? Primitives Beispiel: Wie geht es Dir und Deinen Augen, wenn Du den Kopf leise und dann heftig schüttelst, mit offenen und mit geschlossenn Augen dabei auf einen bestimmten Gegenstand schaust und dann bewertest, wie Du diesen siehst und wie es Dir dabei geht ?
Hast Du sicher noch nicht gemacht. Dann wüßtest Du aber, wie es Dir vielleicht nach einer Achterbahntour geht.

Die Ärzte, so gut sie auch operieren mögen, haben alle keine AN-OP hinter sich - als Patient, meine ich. Sie geben Empfehlungen für die Nach-OP-Zeit, die aus Schilderungen von Patienten resultieren, oder - im schlimmsten Fall - aus eigenen Schätzungen. Trotzdem habe ich mich daran gehalten und z.B. ein halbes Jahr kein Auto gelenkt. Und das war gut so, hat mir gutgetan, und die Welt ist nicht untergegangen.

Ein knappe Einschätzung am Schluß: Du wirst m.E. davon keinen Schaden erleiden, aber es gibt Sinnvolleres zu tun.

Beste Grüße
ANFux
1939, m. '94 transtemp. OP (15 mm) in Magdeburg/Prof. Freigang, einseitig taub, kein Tinnitus, keine Fazialispar. Rehakur in Bad Gögging. '96-'04 im Vorstand d. VAN in D, seitdem Beratungen zum AN. Ab '07 Moderator, ab '08 Homepage-Verantwortl.(bis 2012)
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Re: Angst vorm Achterbahn fahren!

Beitrag von uli-pulli » 21.09.2012, 13:50

Erst mal vielen Dank für die ausführlichen Kommentare! Ich habe mich gestern nicht verleiten lassen und bin keine einzige Achterbahn gefahren – und bin jetzt im nachhinein froh darüber. Es war so wenig los, das ich nie lange auf die anderen warten musste. Ein schwindelerregende Erfahrung war ein Fahrgeschäft namens „Fluch der Kassandra“ da sitzt man auf einer Bank, die nur leicht hin und her schaukelt. Dann fängt das ganze Gebäude drumherum an sich zu im Kreis zu drehen, bis man denkt man steht auf dem Kopf (alles Illusion). Höchste Anforderung für den Gleichgewichtssinn (wahrscheinlich auch ohne Krankheit) und für mich eigentlich nicht zu ertragen und -pure Qual, auch mit meist geschlossenen Augen.
Ansonsten muss ich sagen, wenn ich nicht gerade vor der Wahl stehe Achterbahn fahren zu müssen, bin ich nun zwei Jahre nach meiner OP fast wieder der Alte. An meiner Schule begleite ich eine Mountainbike AG und meinen „7 kg Ranzen“ aus der Schonzeit habe ich auch wieder weg. Das ich auf einem Ohr Taub bin höre ich manchmal schon gar nicht mehr. Kopfweh und Schwindel habe ich überhaupt nicht und die leichte Gesichtlähmung war nach der Absetzung des Kortisons nur etwas über einen Monat präsent.
Danke noch mal für die Hilfreichen Antworten und Einschätzungen!
Viele Grüße –uli-
1972, Diagnose 15.06.2010, AN rechts T3b 14mmx18mmx12mm, rechts Taub, OP am 19.08.2010 in Tübingen, Prof. Tatagiba Tübingen, seit Tag12 nach OP leichte Facialisparese,
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