5 Monate nach erfolgreicher OP in Tübingen

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1ohrhase
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5 Monate nach erfolgreicher OP in Tübingen

Beitrag von 1ohrhase » 18.01.2013, 02:24

Liebes Forum,

Nach meinen Berichten zur OP in Tübingen und Reha in der Römerwallklinik möchte Euch nun schreiben wie es mir nun 5 Monate nach der OP geht.

Nach meiner Reha von Mitte August bis Mitte September 2012 habe ich im Oktober eine 4-wöchige Wiedereingliederung gemacht. Obwohl ich bei meinem Arbeitgeber nur als Freiberufler tätig bin, war das glücklicherweise möglich. Ich bin im Medienbereich tätig und bin sehr auf Augen und Ohren angewiesen. Ich hatte zunächst grosse Bedenken, wie das mit einem Ohr wird und einige Wochen zuvor hatte ich ja noch heftige Doppelbilder gesehen. Mein Beruf ist auch nicht grade unstressig. Aber es lief zu meinem Erstaunen gleich von Anfang alles sehr gut. Energiemäßig hatte ich auch kaum einen Unterschied zu vorher bemerkt, außer vielleicht, dass ich seit der OP ausreichend Schlaf brauche. Seit November 2012, also 3 Monate nach der OP, arbeite ich wieder voll, dh. aber nicht unbedingt immer 20 Tage im Monat, da ich ja Freiberufler bin und nicht jeden Tag einen Job bekomme.

Ende November habe ich sogar gleich einen Langstreckenflug gewagt und war für 2 Wochen beruflich in Tokio. Das ist ja nicht grade die leiseste Stadt und ich musste viele Leute treffen, aber ich war wirklich erstaunt, dass mir der Lärm nicht auf die Nerven ging und ich fast immer alles verstanden habe (wenn ich mich richtig platziert habe). Generell sind alle überrascht, wie gut ich mit einem Ohr höre, auch die Ärzte, die meinen, das wäre eher selten. Draußen kann z.B. jemand neben mir auf meiner tauben Seite laufen und ich verstehe trotzdem alles. Auch Aufenthalte in Cafes und Restaurants strengen mich nicht viel mehr an als früher (außer es läuft laute Musik oder es wird viel mit Geschirr geklappert). Ich bin der Meinung, dass Training ganz wichtig ist. Ich habe mich von Anfang an nicht geschont und mich immer schwierigen (Hör-)Situationen ausgesetzt. Natürlich brauche ich auch meine Ruhephasen, dass war aber vorher schon so.

Schwindel habe ich so gut wie gar nicht mehr. Nur manchmal, wenn ich müde bin oder wenn ich mich schnell umdrehe, mache ich auch mal einen Ausfallschritt oder wanke etwas rum. Das finde ich aber nicht schlimm, ich habe schon als Kind gerne mal den Türrahmen mitgenomme ;-) Und mein Mann und meine Freunde haben mich schon immer damit aufgezogen, dass ich etwas dappig bin... Ob das wirklich was mit dem AN zu tun hat bezweifle ich. So lange kann ich das ja noch nicht gehabt haben.
Fahrradfahren habe ich noch nicht wieder ausprobiert, dass werde ich im Frühjahr angehen.

Was mich manchmal richtig nervt ist der Tinnitus auf dem tauben Ohr. Der ist unterschiedlich und tagesformabhängig, mal ist es ein leises TV-Rauschen, mal eher Getöse, mal kommt ein Zirpen dazu, mal Morsetöne. Und je lauter die Umgebung, desto lauter wird das Konzert im Ohr. Am besten hilft ignorieren bzw. sich auf etwas anderes konzentrieren, das habe ich ganz gut in der Reha gelernt. Wenn ich schlecht drauf bin, funktioniert das allerdings nicht so gut. Aber wenn ich bedenke, was alles hätte noch passieren können, bin ich wirklich gut weg gekommen bei der OP. Neben einem guten Operateur gehört sicher noch ein bischen Glück dazu. Meine Nichte hat bereits als Teenager Rheuma, ein Freund hat MS, andere Bekannte kämpfen mit Krebs, da bin ich jeden Tag dankbar wie gut es mir geht. Alles ist relativ!

Akkupunktur und Qigong mache ich immer noch regelmäßig, das tut mir sehr gut. Auch zum Osteopathen gehe ich alle 1-2 Monate, er hat mich erfolgreich von meinem steifen Nacken, knackendem Kiefer und verklemmten Brustwirbeln nach der OP befreit. Zum Glück habe ich eine Heilpraktiker-Zusatzversicherung, sonst wäre das ein teurer Spaß. Und noch ein Tipp, den mir eine Kollegin gegeben hat: Gingko-Tropfen, damit wird bei mir der Tinnitus leiser.

Auch wenn es mir vergleichsweise gut geht, habe ich die Ereignisse von letztem Jahr noch nicht so richtig verdaut und ich beschäftige mich immer wieder mit dem Thema. Es war eine heftige Erfahrung. Man ist mit der Diagnose erst mal ziemlich auf sich alleine gestellt, man muss selber entscheiden, was für einen das Beste ist (zumindest wenn das AN noch nicht so groß ist, dass es sofort raus muss). Man ist im wahrsten Sinne ein „mündiger Patient“. Jeder Arzt sagt einem was anderes und Freunde und Familie können einem auch nicht wirklich bei der Entscheidung helfen. Nach der OP braucht man viel Optimismus und Durchhaltevermögen, damit man wieder ins Leben zurückfindet. Das ist schon irgendwie ein ziemlicher Selbsterfahrungstrip...

Viele Grüße,

1ohrhase
1970, w, 20.2.12 Zufallsbefund AN li. (6x6mm intram.), mehrere Hörstürtze März-April ´12, OP 2.8.12 Prof. Tatagiba Tübingen (suboccipital, liegend), Reha Römerwallklinik Mainz, Sehstörungen bis 4 Wochen nach OP, keine Facialisparese, li. taub, Tinnitus
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