Rund 2 Jahre nach AN-OP. Ein Fazit

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Willy40
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Rund 2 Jahre nach AN-OP. Ein Fazit

Beitrag von Willy40 » 21.10.2011, 09:22

Hallo Ihr Lieben,

nun 20 Monate nach der AN-Operation und 21 Monate nach der AN-Diagnose möchte ich auch ein kleines Fazit ziehen.

Zuerst möchte ich Euch schreiben, obwohl mein Leben nicht mehr wie früher ist, dass ich die Operation bis heute nicht bereut habe!

Es gab damals keine Alternative zur Operation und das es nach der Operation diese starken Komplikationen gab, konnte kein Mensch vorhersehen.

Ich lebe mein Leben gelassener.

Ich weiß, dass ich vermutlich nie wieder arbeiten gehen kann und mit Schmerzen leben muß. Das sich viele "Freunde" von mir und meiner Familie "verabschiedet" haben. Ich weiß aber auch, dass ich neue Freunde gefunden habe und noch finden werde!

Ich gehe meinen Weg und schöpfe Dank meiner Familie, jeden Tag neue Kraft, um mit meinem 2. Leben zurechtzukommen.

Was ich Euch noch mitgeben möchte: Die Diagnose AN oder auch die Diagnose TN bedeuten zwar einen tiefen Einschnitt in Euer Leben! Aber mit viel Kraft, Mut und Ausdauer schafft Ihr diese Hürde zu meistern!

Willy40
45j. AN festgestellt am 04.01.2010 17x12 mm rechts, AN-OP Uni-Klinik Bonn bei Prof. Dr. Bootz am 11.02.2010, starker Tinnitus rechts und links, OP nach Jannetta am 25.03.2011 in Offenbach, stark ausgeprägte TN, starke Kopf- und Gesichtsschmerzen.
siggi
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Re: Rund 2 Jahre nach AN-OP. Ein Fazit

Beitrag von siggi » 21.10.2011, 18:52

Mein Leben 2 Jahre und 2 Monate nach AN-OP

Hallo Liebe Forumsmitglieder -hallo lieber ANFUX

nach langer Zeit möchte ich mich nochmal melden und über meinen Zustand berichten.

Endlich habe ich mich mit meinem Krankeitsbild abgefunden -
endlich wieder Zufriedenheit erreicht .

Das erst Jahr war sehr schwer für mich , ich konnte mich mit meiner Situation einfach nicht abfinden und war sehr depressiv.
Ich habe bis vor wenigen Wochen eine ambulante Psychotherapie gemacht und Venlafaxin 150 mg. eingenommen.
(bin jetzt am reduzieren 3x 37,5 mg)
Ich werde die Medikamente weiter bis null reduzieren.

EINSEITIG TAUB:
darüber ist im Forum schon viel geschrieben worden was ich nur bestätigen kann. Bei mir kommt dazu, dass ich Tinitus habe und auf dem hörendem Ohr nur noch 60 % höre.
Die Anpassung eines Hörgerätes ist sehr schwierig - alles mögliche probiert, auch Crossversorgung.
Menschenaufläufe , Gesellschaften, Feiern und Feten kommen für mich nicht mehr in Frage.
Entweder ohne Hörgerät ,verstehe ich gar nichts und kann mich nicht mehr unterhalten. Oder mit Hörgerät lassen sich Nebengeräusche nicht in den Griff kriegen und mein Tinnitus wird immer lauter, so dass gerne nach Hause gehe.
( früher war ich meistens bei den letzten auf jedem Fest.)

GLEICHGEICHTSSTÖRUNGEN; SCHWINDEL ; SEHEN WACKELBILDER:
mir ist immer noch schwindelig und zwar vergleichsweise unverändert mit der Zeit 3 Monate nach der OP.
Zu Hause fühle ich mich am sichersten - ich bin schon einige Male gestürzt, aber immer zu Hause - wahrscheinlich weil ich mich so sicher fühlte.
Außer Haus z.B. in der Stadt kann ich ohne Gehstock nicht laufen. Spaziergänge vermeide ich .
Im Dunkeln gehe ich nicht alleine.
Ich sehe ,wenn ich gehe , immer noch Wackelbilder
(hat sich jedoch etwas gebessert, nachdem ich eine neue Brille bekommen habe mit Prisma .)
Kommt mir ein Bekannter entgegen, kann ich ihn nur erkennen, wenn ich stehen bleibe und das Bild besser fixieren kann.
Fahrrad habe ich verschenkt - kein Denken dran.
Motorrad ade.
Autofahren mach ich wieder , geht gut, wenn die Strassen glatt sind.

SCHMERZEN:
Anfängliche Schmerzen beim Bücken , Husten oder sonstigen Anstrengungen sind fast ganz weg.
Das Einzige, was noch Probleme macht, ist, wenn die OP- Narbe zu kalt wird, bekomme ich Schmerzen im Narbenbereich die paar Tage lang anhalten.

RENTE:
(meiner Meinung nach hier im Forum zu wenig thematisiert.)
nachdem ich vor und nach der OP - 9 Monate lang krankgeschrieben war, wurde ich von der Krankenkasse aufgefordert, den Rentenantrag zu stellen.
Wurde dann, nach 6 stündiger Untersuchung beim Rentengutachter , voll Erwebsunfägkeits-Rentner
für etwa ein Jahr.
Dann wieder Antrag und Rentenuntersuchung , wurde aber dann Rentner auf Dauer .
Das hat natürlich wesentlich dazu beigetragen, dass eine große Last von meinem Herz genommen wurde, was meine finanzielle Absicherung angeht und wesentlich zu meiner seelichen Stabilität beigetragen hat.

MEIN ALLTAG :
Ich wage mich wieder an alles ran: Gartenarbeit, Brennholz, Malen , Musizieren, mit den Enkeln Zwillingen spielen, Traktor fahren (mein ein und alles).
Solange ich nicht gehen muss, macht mir die Beschäftigung wieder Freude.
Ich bin wieder in der Lage, die schönen Dinge des Lebens zu genie?en.
Ich schlafe immer noch jeden Mittag und mache viele Pausen.
Aber auch so kann man einiges leisten,
Ich habe keinen Stress mehr und bin dankbar für jeden Tag.

Meine MRT-Untersuchungen waren bisher OK.
Ich weis gar nicht, ob ich überhaupt noch eine machen lasse, solang sich mein Zustand nicht verschlimmert.

Entschuldigt bitte, dass ich mich so lange nicht gemeldet habe - war ne schwere Zeit - aber die heilt ja alle Wunden.?!?!

Danke für Eure Anteilnahme und DANK an ANFUX und alle, die mir geantwortet haben, ich melde mich jetzt wieder öfters.

Mit freundlichem Gruß
Siggi
Siggi, Geb.1955. Seit Anfang 2007 kontinuirliche Gleichgewichtsstörungen;
Mai 2007 Diagnose AN links 4x6 mm ;
OP am 29.07.2009. einseitig Taub Tinitus.
Leichte Facialparese Schwindel
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Re: Rund 2 Jahre nach AN-OP. Ein Fazit

Beitrag von mexicoan » 22.10.2011, 11:37

Hallo Siggi,
ich stimme dir zu, über das Thema Rente und den Weg bis zur Rente wird viel zu wenig geschrieben.
Liegt vielleicht auch daran das der Altersunterschied der Betroffenen differiert. Wenn ich deinen Bericht so lese, könnte von mir stammen. Meine OP war zwar erst vor 7 Monaten, aber ich habe heute mehr "Probleme" wie vor der OP! Trage auch zwei Hörgeräte von Phonak, jedoch Tinnitus und laute Umgebungsgeräusche sind immer noch ein sehr großes Problem. Ohne Hörgeräte bin ich fast taub! Der Schwindel und die Gangunsicherheit, besonders bei Dunkelheit, wollen einfach nicht besser werden. Autofahren, nur Kurze Strecken und wenig Verkehr, schlimm sind Bodenwellen und Holperstrecken. Neben den Kopfschmerztabletten bekomme ich auch Psychopharmaka, seit der OP noch keine Nacht durchgeschlafen. Schauen wir mal wie es weitergeht?
LG
mexicoan
Diagnose Dez. 2010, OP in Mainz März 2011, Tinnitus, Schwindel,Gangunsicherheit, Hypakusius, Fazialisparese.....
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Re: Rund 2 Jahre nach AN-OP. Ein Fazit

Beitrag von ANFux » 04.11.2011, 18:36

Lieber Willy40, lieber siggi,

nachdem ich Euere Beiträge zu einem Thema zusammengefaßt habe, möchte ich Euch beiden danken. Willy40 hat mit seiner schweren Trigeminusneuralgie einen besonders großen Einschnitt in seine Lebensqualität erfahren müssen. siggi hat diese Bürde zum Glück nicht, hat aber genügend Probleme vor und nach der Operation, die eindeutig dem Akustikusneurinom geschuldet sind, typische Probleme.
Was Ihr beide – unterschiedlich intensiv zwar – gemeinsam resümiert, ist, dass es darauf ankommt, die neue Situation anzunehmen. Das klingt ein wenig platt, trifft aber den Kern. Jedes Rückblicken mit Bedauern und Hadern mit seinen Entscheidungen bringt keine Besserung. Die Einschränkungen akzeptieren, besser noch: sich die gegebenen (verbliebenen) Möglichkeiten bewusst machen und darauf sein Denken, Handeln und Empfinden neu aufbauen. Damit hat man neue Ziele, neue Aufgaben, macht neue Erfahrungen und erlebt neue, wenn anfangs auch nur kleine Erfolge.

Ich finde in Eueren Berichten (auch den „alten“) vieles wieder, was ich auch erlebt und empfunden habe. Ich war früher ein sehr guter Geräteturner. Salto, Abgang vom Hochreck – kein Problem. Heute – mit zwei künstlichen Hüftgelenken – springe ich nicht einmal mehr vom Stuhl. Aber das geht. Beim Fahrradfahren schaue ich nicht mehr nach hinten über die Schulter, sondern steige an der Kreuzung ab, wenn ich abbiegen will. Geht! Mittlerweile ist das Routine, und nur selten erwähne ich das in Gesprächen mit anderen, nicht klagend, sondern halb belustigt.

Gelassenheit erreichen und praktizieren, das ist unsere neue Herausforderung.

Wünschen wir uns allen Ausdauer, Standhaftigkeit und Erfolg dabei.

Beste Grüße
ANFux
1939, m. '94 transtemp. OP (15 mm) in Magdeburg/Prof. Freigang, einseitig taub, kein Tinnitus, keine Fazialispar. Rehakur in Bad Gögging. '96-'04 im Vorstand d. VAN in D, seitdem Beratungen zum AN. Ab '07 Moderator, ab '08 Homepage-Verantwortl.(bis 2012)
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