Akustikusneurinom und Depressionen/Angststörungen

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Lilo
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Akustikusneurinom und Depressionen/Angststörungen

Beitrag von Lilo » 29.07.2011, 10:30

Liebe Alle

ich melde mich mal wieder zu Wort.
Wie an anderer Stelle erwähnt, habe ich seit 1 1/2 Jahren mit einer Depression zu kämpfen. Laut Ärzten kommt noch eine generalisierte Angststörung und eine Panikstörung dazu. Nach erfolglosen Versuchen dem Ganzen mit Medikamenten Herr zu werden, bin ich vor 4 Monaten auf Johanniskraut umgestiegen. Ich mache Sport, gehe spazieren, treffe Freunde-alles was man bei Depressionen empfiehlt. Leider hat bis zum heutigen nichts geholfen-auch keine Therapie. Langsam befürchte ich, dass es sich um eine therapieresistente Depri handelt.

Und nun kommt meine Frage: kann es sein, dass ein Resttumor den Gehirnstoffwechsel soweit durcheinanderbringt, dass daraus Depressionen und Angststörungen resultieren können? Bis jetzt konnte mir kein Arzt darauf eine Antwort geben.

Euch einen schönen Tag und liebe Grüsse, Lilo
1979, w, Subtotalentfernung eines AN (4,2x3,8x3,7 cm, links mit erheblicher Verlagerung und Deformation des Hirnstammes) im Juni 2000, Neurochirurgie Kantonsspital St. Gallen, Rest-Fazialisparese, links taub, Tinnitus, diskrete Fussheberparese links.
ANFux
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Re: Akustikusneurinom und Depressionen/Angststörungen

Beitrag von ANFux » 02.08.2011, 12:52

Liebe Lilo,

was Du antippst, ist ein "weites Feld", um mit Fontane zu antworten.
Ich bin kein Arzt und kein Psychologe, nur ein älterer Mensch mit einigen Lebenserfahrungen. Als solcher meine ich, daß eine Krankheit - gleich welcher Art und Schwere - Ängste und dann (bei anhaltenden Problemen, kein Empfinden einer Besserung....) auch Depressionen auslösen. Wann so etwas einsetzt, wie schwer, wie oft usw., das hängt von vielen Faktoren ab, die in der Person und deren Geschichte ihre Wurzeln haben, auch in der gegenwärtigen privaten, familiären und beruflichen Situation, in der sich die Person befindet.

Es gibt nach meinem Dafürhalten zwei gute Rezepte, die man etwa so beschreiben könnte:
Die Sache verdrängen oder die Sache akzeptieren und sein Leben neu darauf einstellen.
Für beide ist es förderlich, einen neuen Mittelpunkt in seinem Leben zu finden, wenn es geht, etwas wirklich Neues. Das muß einem so gefangen nehmen, daß man seine (fast) gesamte Aufmerksamkeit darauf richtet. Wenn sich dann Erfolge in diesem Engagement einstellen, haben Depressionen wenig Platz.

Konkret zu Deiner Frage zum Zusammenhang mit dem Stoffwechsel usw.:
Das glaube ich nicht. Das sind zwei getrennte Ebenen. Das vorhandene AN schürt bei Dir Ängste, aber nicht durch Veränderungen des Stoffwechsels. Das ist m.E. zu verknotet gedacht. Würde Dir auch nicht helfen, wenn es so wäre....

Ob ich Dir jetzt helfen konnte, weiß ich leider auch nicht...

Beste Grüße
ANFux
1939, m. '94 transtemp. OP (15 mm) in Magdeburg/Prof. Freigang, einseitig taub, kein Tinnitus, keine Fazialispar. Rehakur in Bad Gögging. '96-'04 im Vorstand d. VAN in D, seitdem Beratungen zum AN. Ab '07 Moderator, ab '08 Homepage-Verantwortl.(bis 2012)
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Re: Akustikusneurinom und Depressionen/Angststörungen

Beitrag von beutbo » 05.08.2011, 08:21

Hallo Lilo,

mir geht es ähnlich wie Dir, nur ohne Panik und Angstzustände. Deine Frage mit dem Gehirnstoffwechsel habe ich mir auch gestellt und für mich war klar dass es mir deshalb öfters sehr schlecht geht und ich keine Depressionen habe. So versuchte ich auch ohne Antidepressiva auszukommen. Doch dadurch wurden meine Schwankungen noch heftiger.
Was Anfux rät probieren wir gerade aus. Wir sind von einem 3 stöckigen Haus in eine schöne 92m² Wohnung gezogen und haben dadurch unsere finanzielle und körberliche Belastungen erheblich reduziert und das Leben vereinfacht. Anschließend waren wir 4 Wochen am Mittelmeer in Urlaub. Es war sehr schön ohne Arzttermine oder sonstige Verpflichtungen auszuspannen. Die Schwankungen waren im Urlaub ertragbar aber leider geht es mir in dieser Woche wieder sehr schlecht. Meine Familie dagegen geht es nach dem Urlaub sehr gut und das freut mich. Die neue Umgebung (vom Dorf in eine kleine Stadt) gibt uns neue interessante Impulse. Nach dem Rat von Anfux werde ich mich noch nach etwas völlig neuem Umsehen was mich "Gefangen" nimmt und ausprobieren ob es hilft.

Ich wünsche uns allen ein weiteres Ausharren und erkennbare Besserung,

:lol: Gruß beutbo :)
beutbo m/J.62 AN links. diakn. Juni 06 13,0 x 4,67mm (Größe vor der OP: 13,7 x 6,13mm); Translabyrinthären OP 8/09 in der Kopfklinik Heidelberg (HNO) REHA 7 Wochen Bosenbergkliniken. Erwerbsminderungsrente
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Re: Akustikusneurinom und Depressionen/Angststörungen

Beitrag von isa » 11.08.2011, 20:58

Hallöchen :)
ich habe mich jetzt lange nicht hier gemeldet. Meine OP liegt nun gute 2 Jahre zurück.

Wie ihr schon beschrieben habt, Depri oder ANgsstörungen damit hatte ich auch einige Zeit zu kämpfen, aber wie AnFux schrieb, sich einfach auf anderes zu konzentrieren ( Ablenkung) war für mich bis jetzt ehrlich gesagt die beste Therapie. Ich hatte mir das sehr zu Herzen genommen und mir gesagt, so nimm das jetzt als " Warnschuss" und krämple dein Leben um.

Dazu will ich auch sehr starkt betonen wenn ich meine Familie , meinen Mann und Freunde nicht gehabt hätte die mich so positiv unterstützt hätten wäre es schwierig gewesen. Da muss ich sagen habe ich echt grosses Glück die Unterstüzung bekommen zu haben.

Anfangs wurden mir sehr viele Steine in den Weg gelegt (Arbeitgeber der mich nicht mehr haben wollte, Arbeitskollegen die mir entgegen kamen und sagten ich hätte doch jetzt 10 MOnate Urlaub gehabt da könnte das Arbeiten doch nicht schwer fallen... und und und...)aber die hab ich wie eine Walze kleingemacht ;) und muss sagen bin echt stolz darauf.

Ab und zu bekomme ich beklemmende Gedanken was wenn der Resttumor doch wächst was dann?( Dies ist oft in Stresssituationen wenn dann starke Kopfschmerzattaken kommen) Aber ich glaub das gehört dazu das Emotionale Auf und Ab. Wie gesagt, für mich war Neugestalten einfach die beste Medizin gegen die Depri zu kämpfen, denn mit MEdikamenten wird der Körper nur Zeitweise gestillt, das Problem einer Depri aber nicht gelöst. (wobei ich jetzt nicht behaupten will dass es völlig falsch ist Med. zur HIlfe zu nehmen, nur sollte man sich nicht allein auf diese Wirkung verlassen).

Lg aus Luxemburg
isa
24 Jahre, An Op 9.02.09, leichte fazialisparese , rechts Taub, zum Rest , auf dem Weg der Besserung ;)
beutbo
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Re: Akustikusneurinom und Depressionen/Angststörungen

Beitrag von beutbo » 12.08.2011, 11:48

Hallo Isa,

danke für deinen persönlichen Erfahrungsbericht. Jede Depression kann ganz unterschiedlich sein. Ich habe zum Beispiel keine Ängste oder schlechte Gedanken. Es kommt einfach, ich kann mich auf nichts mehr konzentrieren und ich habe das Gefühl als wäre mein Kopf total überfordert. Ich muss mich hinlegen bin aber hell wach dabei. Man will aber man kann nichts machen. Es ist schwer so etwas zu verstehen wenn man es nicht selbst erlebt hat.
Wie lange hattest du darunter zu leiden? Seit wann kannst du wieder arbeiten?

Gruß aus dem Regenland Deutschland
beutbo :lol:
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Re: Akustikusneurinom und Depressionen/Angststörungen

Beitrag von isa » 12.08.2011, 14:55

Hey ,

kann sehr gut verstehen wie es dir geht. Ich bin im Februar 2009 in Bruxelles operiert worden und seitdem Rechts Taub. Dazu muss ich sagen, hatte ich vor der OP ganz starken schwindel (brauchte Teilweise 5min um das Schlüsselloch zu finden) und hörte schon fast gar nicht mehr auf dem Ohr. Nach der Op war ich noch ca 8 Monate krankgeschrieben. 10 MOnate wo ich nix tun konnte, sass in meiner Wohnung auf der Couch und wurde fasst verrückt. Ich konnte ja nicht alleine raus spazieren gehn(gleichgewicht hatte ich die üblichen Probleme) und konnte ja nicht immer jemanden um mich herum haben.

Hier in Luxemburg gibt es leider nicht die Möglichkeit eine Reha zu machen. Aber ich bin bis Heute 2 bis 3 Mal in der Woche bei meinem Physiotherapeuten. Das hat mir schon sehr viel geholfen bei der Gesichtslähmung und auch beim Gleichgewicht. Da man ja dann sehr viel Zeit zum Nachdenken hat , kommt man halt auf die "dümmsten" und "schlimmsten" Gedanken. Ich war nur noch negativ gepolt, weinte dauernt und hatte es einfach Satt. Warum ich, warum muss mir so ein Sch.. passieren...

Als ich dann hier im Forum rumgestöbert hatte, wurde es mir einfach klar, so kann es nicht weitergehn. Ich suchte mir ein Hobby um die Zeit zu vertreiben. Fing dann an zu Nähen. Und siehe da, keine Zeit mehr für diese Gedanken und die Zeit wurde dann auch nimmer so lang :) Dazu kommt noch, dass wir einen zweiten Hund bekommen hatten und ich den dann erziehen musste. Was ich allerdings zugeben muss ich konnte unsere Wohnung nach diesen Monaten nicht mehr ertragen und musste Ausziehen. Tapetenwechsel :) der sehr viel brachte.

November 2009 fing ich dann wieder an zu arbeiten. Ich bin Erzieherin in einer Tagesstätte. Es wurde mir sehr schwer gemacht von der Chefin bis hin zu den Arbeitskollegen die teilweise mich richtig gemobbt hatten. Da staute sich der Frust. Jeden Tag ging es mir schlechter ich wusste nicht mehr, was ich tun konnte. So merkt man erst Richtig wie die Menschen sind und auf einen reagieren ,wenn man nicht mehr so funktioniert wie früher.

Langsam anfangen mit Arbeiten war wünschenswert vom Arzt aber nicht umsetzbar. Die Wahl : entweder ganz oder such dir was anderes. Na toll wer nimmt denn schon einen nach so einer Geschichte ( und die Lähmung war zu der Zeit noch gut sichtbar).Auf die Zähne beissen und durch war dann die Devise.

Ich machte mich über die GEsetze kundig und über meine Rechte. Der Tag kam wo ich dann den ganzen Frust rauslies bei jedem der mir in die Füsse kam. Erstaunte Gesichter, der Umgang ist bis dato zwar nicht Freundschaftlich aber sie wissen, dass ich kein Fussabtreter bin. Hab in eine andere Gruppe gewechselt und es ging jeden Tag wieder Bergauf. Anfangs dachte ich noch, man wie reagieren die Kinder und die Eltern auf dich(wegen dem Gesicht und so) aber die KInder fassten es viel gelassener als die Erwachsenen ;)

Die letzten beiden Jahre war eine sehr harte Zeit aber ich bin froh hier im Forum einige Berichte gelesen zu haben und zu sehen hey du bist nicht allein ;) Positiv an die Sache rangehen (will das AN nicht verharmlosen aber ich starte jeden Tag mit dem Gedanken: Mann, du bist noch gut davon gekommen - es gibt Menschen, die haben schlimmeres, unheilbares. Und das hilft mir sehr sehr viel....

Hoffe, konnte dir damit ein Bisschen helfen . Denk einfach Dort wo eine Tür zugeht, geht ein Fenster auf anderer Stelle auf :)

lg Isa
24 Jahre, An Op 9.02.09, leichte fazialisparese , rechts Taub, zum Rest , auf dem Weg der Besserung ;)
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Re: Akustikusneurinom und Depressionen/Angststörungen

Beitrag von ANFux » 13.08.2011, 21:01

Liebe isa,

es ist (wieder) erfrischend, Deine schwungvollen Beiträge zu lesen.
Du hast Deine zeitweise Krise wirklich gemeistert. Ohne wieder ganz die Alte zu sein. (Alt, nicht nach Jahren - Du verstehst schon...) Aber genau das ist der Punkt: Nicht nachtrauern, sondern mit dem, was ist, das Beste machen. Sich behaupten, selbbstbewußt sein. Einen neuen Mittelpunkt finden, ein Ziel, das man ereichen kann, damit man das Erfolgserlebnis genießen kann. Neue Ziele setzen. Sich beschäftigen.
Warum sich an den Maßstäben anderer messen? Wie blöd sehen doch manche aus, ohne Fazialisparese? Nicht im Gesicht, sondern allgemein, zusammen mit dem, durch das, was sie angezogen haben ?! Ich habe es schon ein paar Male geschrieben: Iris Berben, Claus Kleber und einige andere sind Charakterköpfe, obwohl (oder weil?) sie nicht symmetrisch sind!

Bleib' so elanvoll wie bisher, dann ist das AN bald nur noch eine Episode.
Beste Grüße
ANFux
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