Lebensqualität noch eingeschränkt durch Facialisparese

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Claja
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Lebensqualität noch eingeschränkt durch Facialisparese

Beitrag von Claja » 02.09.2009, 18:50

Lebensqualität noch eingeschränkt durch Facialisparese

Zuerst möchte ich zum Ausdruck bringen, wie hilfreich und wertvoll ich dieses Forum bewerte. Auf meinem Weg von der Diagnose bis heute habe ich viele hilfreiche und ermutigende Beiträge gelesen, so dass ich mich nun entschieden habe aus der passiven Rolle in eine aktive zu wechseln und meine Geschichte zu erzählen.

2006 hatte ich kurz hintereinander zwei Hörstürze und anschließend auch Tinnitus. Der HNO meinte, es wäre alles i.O. da mein Hörtest gut ausgefallen sei. Das hat mich dann beruhigt.

Im Dezember 2008 erlebte ich dann während einer Autofahrt das erste Mal so einen diffusen Schwindel, schob dies auf meinen Arbeitsstress zu diesem Zeitpunkt.
Als ich dann aber im Januar und Februar 2009 immer wieder diese Schwindelgefühle hatte, bin ich zu meinem Hausarzt gegangen, der mich zu einem Neurologen schickte.
Dieser veranlasste dann ein MRT - am 01.04.09 erfuhr ich dann also die Ursache für den Schwindel: ein gutartiger Hintumor, ein Akustikusneurinom. Das war ein Riesenschock für mich - habe tatsächlich ich einen Hirntumor?!

Drei Tage nach dieser Diagnose riet mir eine Neurochirurgin zur OP in Tübingen. Ich machte noch am selben Tag einen Termin, so dass mein Mann und ich Ende April Herrn Prof. Tatagiba kennen lernten. Nach dem Gespräch war ich schon zuversichtlicher und vereinbarte direkt einen OP Termin.

Am 23.06.09 wurde ich also in Tübingen operiert. Laut Aussage der Ärzte in Tübingen hatte ich eine schwere Operation, da das Akustikusneurinom sehr hart war. Umso schöner, dass der Tumor vollständig entfernt werden konnte! Dafür bin ich sehr dankbar, auch dass ich kaum Probleme mit Schwindel nach der Operation hatte und immer noch auf meinem rechten Ohr hören kann!

Was mich momentan noch belastet ist die Facialisparese. Laut Herrn Prof. Tatagiba ist mein Gesichtsnerv "beleidigt" und dies zeigte sich in den ersten drei postoperativen Tagen immer stärker. Ich konnte meine rechte Gesichtshälfte überhaupt nicht mehr bewegen, der Mund hing schief nach unten und am beeinträchtigsten war und ist für mich der fehlende Lidschluss. Das war ein echter Schock für mich! Die Aussage "Es ist reversibel und dauert ca. 3-4 Monate" war ein Lichtblick.

Nach 7 Tagen konnte ich das Krankenhaus verlassen und habe dann für drei Wochen eine ambulante Reha in Bad Oeynhausen durchgeführt. Das war sehr gut für mich, v.a. die logopädischen Übungen und das Belastbarkeitstraining.

Danach trainierte ich fleißig weiter in Eigenregie. Dies mache ich bis heute. Ich habe langsam gelernt, auch Mini-Schritte zu erkennen und wertzuschätzen. Der Mundwinkel bewegt sich schon etwas nach oben, ich kann die Nase wieder leicht rümpfen und das Augenlied schließt bis zur Hälfte des Auges. An manchen Tagen fällt es mir leicht weiterhin positiv zu denken, an manchen Tagen schleichen sich Zweifel und Ängste heran.

Meine Familie und mein Mann unterstützen mich sehr liebevoll und jeder auf seine Art macht mir Mut und gibt mir immer wieder Zuversicht - alles wird gut - das wünsche ich auch allen Mitbetroffenen!

Claja
Claja, w., 42 J., AN OP in Tübingen am 23.06.09, Prof. Tatagiba, 1,5 x 1,0 cm re., leichte Hörminderung, Tinnitus stärker, Facialisparese
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Minifortschritte erkennen und wertschätzen

Beitrag von ANFux » 08.09.2009, 14:32

Minifortschritte erkennen und wertschätzen

Liebe Claja,

danke für den interessanten Beitrag. Leider war ich einige Tage nicht am PC, deshalb die späte Reaktion von mir.

Interesant ist bei Dir der nahezu klassische Verlauf: Hörsturz, mit Tinnitus, später noch Schwindel.
Leider klassisch ist auch die Erstdiagnose des HNO-Arztes: alles i.O. Vermutlich, weil er nur Hörtests gemacht hat und keine Hirnstrommessung BERA. ?

So wurden drei Jahr verspielt, was aber zum Glück durch die sehr erfolgreiche Operation weitgehend kompensiert werden konnte. Denn ein Hörerhalt und das Verschwinden des Schwindels sind gute Ergebnisse. Geht man davon aus, daß die Prognose für die temporäre Fazialisparese in etwa zutreffen könnte (3-4 Monate, das wäre dann Ende Oktober), dann kann man mit der Operation wirklich sehr zufrieden sein.

Bemerkenswert ist auch Deine Einstellung, nach der Reha-Kur in Eigenregie weiter zu üben. Das erhöht die Chance, daß der "Fahrplan" zur Beseitigung der Fazialisparese eingehalten werden könnte. Wertvoll ist auch der Hinweis auf die Rehaklinik in Bad Oeynhausen.

"Minischritte erkennen und wertzuschätzen" - das ist eine schöne Erkenntnis !

Ich wünsche Dir weitere Fortschritte bis zum möglichst alten Zustand.

Beste Grüße
ANFux
1939, m. '94 transtemp. OP (15 mm) in Magdeburg/Prof. Freigang, einseitig taub, kein Tinnitus, keine Fazialispar. Rehakur in Bad Gögging. '96-'04 im Vorstand d. VAN in D, seitdem Beratungen zum AN. Ab '07 Moderator, ab '08 Homepage-Verantwortl.(bis 2012)
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Weiter so!

Beitrag von inge » 09.09.2009, 19:14

Liebe Claja,
Du machst das super! Aber Du wirst noch unendlich viel Geduld brauchen. Was mir geholfen hat, bzw. immer noch hilft: Ich mache alle 3-4 Wochen ein Foto - immer mit den gleichen Übungen. Und da werden aus den Minischritten plötzlich ganz ordentliche! Weil - man vergisst halt auch sehr schnell. ich habe 4 Monate lang den Uhrglasverband getragen, Tag und Nacht, und kann's mir schon nicht mehr so richtig vorstellen.
Ich weiß nicht, welche Logo-Übungen Du machst, Perfetti oder PNF, aber bitte Finger weg von Eis und Strom!
Weiterhin viel Geduld wünscht Dir
inge
inge: * 1951, w, AN-Diagnose 8 x 3,5 mm links im Sept. 2008, OP in der Neurochirurgie TÜ Nov. 2008, seither einseitig taub, Fazialisparese, inzwischen Synkinesien, Gleichgewichtsprobleme, Reha in der Schmieder-Klinik in Gailingen beim Bodensee
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Re: Lebensqualität noch eingeschränkt durch Facialisparese

Beitrag von Claja » 19.03.2010, 15:19

Fazialisparese gebessert - aber es dauert länger als prognostiziert.

Liebe Mitbetroffenen,

jetzt ist ein halbes Jahr vergangen seit meinem letzten Beitrag. Die erste Aussage nach meiner OP, dass ich ca. 3-4 Monate Zeit benötige, bis sich meine Facialisparese zurückgebildet hätte, ist aus heutiger Sicht nicht realistisch gewesen. Nun sind knapp 9 Monate vergangen seit dem Eingriff und ich habe noch immer mit Resteinschränkungen zu tun. Positiv betrachtet: ein Außenstehender sieht es kaum noch - und darüber bin ich schon sehr sehr dankbar. Ich kann mein Auge komplett schließen, wieder lachen, normal trinken und essen. Nur noch ab und zu tränt mein Auge leicht, wenn ich etwas besonders Scharfes oder Saures esse. Das war zu Anfang sehr viel stärker ausgeprägt.

Selbst wenn sich nun nichts mehr weiterentwickeln würde, kann ich mir vorstellen, so zu leben ohne große Einschränkung meiner Lebensqualität. Das hätte ich im Herbst letzten Jahres so noch nicht denken und fühlen können.

Nächsten Montag habe ich nun einen Termin bei Prof. Dr. Tatagiba, der sich mein Gesicht bzw. die Entwicklung anschauen möchte. Ich bin gespannt auf seine Einschätzung und v.a. seine Prognose bzgl. vollständiger Regeneration des Gesichtsnerven. In den letzten Monaten habe ich so viele unterschiedliche Meinungen von Ärzten hierzu gehört (von "Sie brauchen sich keine Hoffnung mehr machen, das wird nicht mehr" bis zu der Aussage "der Nerv kann sich noch bis zu 2 Jahren regenerieren").

Das verunsichert mich doch immer noch, denn natürlich wünsche ich mir, dass sich meine Gesichtshälfte wieder vollständig regeneriert.

Allen Mitbetroffenen wünsche ich eine positive Entwicklung!

Liebe Grüße von Claja
Claja, w., 42 J., AN OP in Tübingen am 23.06.09, Prof. Tatagiba, 1,5 x 1,0 cm re., leichte Hörminderung, Tinnitus stärker, Facialisparese
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