Tipps für Leben mit Teilzeitkraft

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Felipina
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Tipps für Leben mit Teilzeitkraft

Beitrag von Felipina » 02.10.2018, 15:19

Liebe Mitbetroffene,

mein Anliegen ist: hat eine/-r Tipps zur Verbesserung von Müdigkeit durch das andere Hören, Schwindel etc,, und/oder Anlaufstellen?

Ich finde wenige Beiträge von Menschen, die sich wie ich trotz super verlaufener OP und tollem Ergebnis ihr Leben so energiereduziert finden. Ich zweifle manchmal, ob ich jemals wieder voll arbeiten können werde. Welche Schritte helfen/haben Euch/Ihnen geholfen? Musste jemand anders einen Berufswechsel "durchziehen"? Und hat jemand es "geschafft", die Ämter oder anderen Zuständigen zu irgendwelchen Hilfen zu bewegen, oder gar eine Teilzeitumschulung "durchgeboxt"? Fühle mich von Integrationsämtern eher fasziniert beäugt und stets an andere "ach so Zuständige", die dann weiterverweisen behandelt. Und Ärzte /-innen predigen wie die Rehaentlasser: "Sie sind arbeitsfähig" .

Natürlich soll es für mich beruflich weitergehen, ich suche nach Hilfen wie Teilzeitlösungen, und nach Selbsthilfe möglichst von Menschen, die Hirntumorsymptome und Schwerhörigkeit, Schwindel erlebt haben, oder sich ernsthaft in diese Lage "hineindenken". Sonst habe ich bei einem "normalen" Arbeitsvertrag ein ungutes Gefühl, mich "voll" zu verpflichten.

Trotzdem einen guten Feiertag,
ich freue mich auch, wenn es anderen energiemäßig besser geht...

Felipina
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Carsten1
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Re: Tipps für Leben mit Teilzeitkraft

Beitrag von Carsten1 » 24.11.2018, 09:45

Hallo Filipina,

aus meiner Sicht sollte man, was das Thema Arbeit betrifft, sich die Frage stellen, bin ich mit der Stelle/Tätigkeit die ich hier ausfülle zufrieden und macht es mir Spaß.
Ich habe nach meiner OP und Wiedereinstieg auf der alten Stelle ein arges Mobbing erleben müssen und bin dann den Schritt der Kündigung gegangen, was ich bis heute nicht bereue.
Wenn man dann dort Arbeitet wo es einem gefällt und man feststellt, das es von der Belastung nicht hinhaut, kann der Arbeitgeber einen Gehaltszuschuss ( Minderleistungszuschuss ) beantragen.
Man muss hier nur dem Arbeitgeber gegenüber offen und ehrlich sein und manchmal hilft auch der u.a. Hinweis, das er eine 'volle' Arbeitskraft für 30% Kosten bekommen kann.
D.h. als Arbeitnehmer bekommt man das Gehalt wie immer, arbeitet reduziert, und der Arbeitgeber kann bis zu 70 % der Gehaltskosten wiederbekommen.
http://www.einfach-teilhaben.de/DE/StdS ... 0bodyText2
Dafür muss man aber min 30% mit Gleichstellung oder 50% Schwerbehinderung haben.

Ich hoffe das hilft dir ein wenig weiter.

Liebe Grüße, Carsten
m, BJ 68, Diagnose AN am 10.12.15, OP 19.01.16 in Kiel
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Re: Tipps für Leben mit Teilzeitkraft

Beitrag von Loriplum » 25.11.2018, 21:14

Liebe Felipina, lieber Carsten!
Zunächst möchte ich euch beide grüßen. Felipina, wir beide wurden in etwa zeitgleich operiert. Ich habe viele deiner Beiträge verfolgt. Und Carsten, wir haben sogar telefoniert und du hast mir mit deinen Erfahrungen weitergeholfen. Und du hast mir sogar nochmal geschrieben und nachgefragt, wie es mir geht. Danke für dieses Interesse!

Nun zum Thema:
Ich habe auf eine Dreiviertelstelle reduziert und bereue es in keinster Weise! Ich kann mir auch nicht vorstellen, wieder voll zu arbeiten, denn ich brauche intensive Erholungszeiten. Die einseitige Taubheit ist praktisch betrachtet zu verkraften, aber sie erschöpft mich eben doch. Ich arbeite ja auch in einem besonders lauten und quirligen Umfeld (Schule). Mein Chef ist allerdings sehr verständnisvoll und versucht mich aus besonders lärmenden Situationen rauszuhalten (zB. Aufsichten in der Mensa).
Diese Teilzeit geht ja voll und ganz auf meine Kosten, aber das ist mir das entspanntere Leben mit Spaß an meinem Beruf wert.
Ich kann dir nicht konkret weiterhelfen, fürchte ich, aber ich kann dir mit Bestimmtheit sagen, dass ich glücklich bin, mit gutem Gefühl weniger zu arbeiten und mehr vom Leben zu haben!

Was den Energieverlust betrifft, kann ich natürlich auch nicht sagen/wissen, worauf das zurückzuführen ist. Aber ich kann dir kurz von meiner Beobachtung berichten:
Ich hatte ja das Pech (am Ende war es Glück), zu Beginn meines Sabbatjahrs zu erkranken und habe die ersten 4 Monate davon also in Kliniken/Reha verbracht. Dabei habe ich mich am Ende aber so gut erholt, dass ich die folgenden Monate mit dem Rucksack alleine durch die Welt reisen konnte: über Winter nach Island (-20 Grad), danach auf einem alten Traditionssegler arbeitend entlang der Küste Panamas, mit Bus und Lama durch Ecuador, über die Anden, auf die Galapagosinseln und zum Schluss noch eine vierwöchige Einhandtour mit meinem eigenen Boot durch die dänische Südsee. Energie hatte ich also eine Menge, auch wenn ich mich natürlich immer wieder auch zu viel Ruhe (in der Hängematte) gezwungen habe.
Nun bin ich seit August wieder im Schuldienst und ich fühle mich halbdepressiv. Der Job macht mir Spaß, seit langer Zeit wieder richtig doll sogar! Aber ich habe ein stark erhöhtes Schlafbedürfnis, neige dazu, allein sein zu wollen, gehe ungern raus (obwohl ich weiß, dass es mir guttut), muss mich zum Sport jedes Mal überwinden. Das war in der Reha und danach ganz und gar nicht so!
Bei mir vermute ich daher eine psychisch bedingte Tiefphase. Es erscheint mir wie ein Rückfall bzw. so, als würde ich zum ersten Mal schockiert und erschüttert sein über das, was geschehen ist. Mitten am Tag erinnere ich mich plötzlich an konkrete Situationen, vor allem jene, in denen ich eine extreme Angst und Hilflosigkeit verspürt habe (das war vor allem zwischen der ersten und der zweiten OP).

Ich glaube, die physische und psychische Verarbeitung braucht eben doch ihre Zeit und solange ich mich nicht voll fit fühle, sehe ich es gar nicht ein, Vollzeit zu arbeiten.
Wenn es irgendwie geht, dann gönn dir weiterhin ein bisschen mehr Zeit für dein Leben ;-)
Carsten, dein Tipp für Felipina ist super!!

Viele Grüße
Nora
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Re: Tipps für Leben mit Teilzeitkraft

Beitrag von Felipina » 24.02.2019, 02:54

Lieber Carsten1, Liebe Loriplum,

es tut mir leid, dass ich mich so spät melde.Vielen, vielen Dank für Eure Beiträge, in denen Ihr Eure Sichtweisen und den Umgang mit dieser Situation (AN und Folgen im (beruflichen) Alltag) beschreibt.

zu Dir, Carsten1 -
ich danke Dir, dass Du mir Deine sicher auch nicht leichte Erfahrung geschildert hast. Es tut mir sehr leid, und ich bein entrüstet, wie Du mobbing erleben musstest. Diese unsolidarische Verhaltensweise im Hinblick auf "Einschränkungen" oder "Behinderung" bei der Arbeit ist so ungerecht. Und doch befürchte ich sie in meinem Fall genau so.
Ich freue mich umso mehr, dass Du mutig genug warst, einen Schlussstrich zu ziehen, und nun glücklicher bist.
Der Tipp mit der Schwerbehinderung ist nützlich, danke. Das muss ich erst angehen. In der Reha wurde mir geraten, den richtigen Zeitpunkt abzuwarten.
Und das Merken, dass es mit meiner Energie nicht klappt, ist ein Knackpunkt (da mir meine Gesundheit gerade immer neue Striche durch die Rechnung macht, anderes Thema)

Manche Folgen des AN, wie mit der Schwerhörigkeit/Taubheit gekommene Konzentrationsprobleme, Gleichgewichtsprobleme, scheinen bei mir erst jetzt ihre Wirkung voll zu entfalten. Geht es Euch auch so, dass Ihr Euren Körper weniger spürt?(Meine Haltung ist schlechter, daraus folgen Bandscheibenprobleme, merke aufkommendes Kranksein nicht so...)

zu Dir, Loriplum -
Danke für Deine ausführliche Schilderung. Ich kann Dein Bedürfnis nach Pensumreduktion, Deinen Schlafbedarf und Deine Suche nach "Alleinsein" absolut verstehen. Bei mir ist viel davon einfach auditive Überlastung, und komischerweise auch andere Reizüberflutung. Es tut mir leid, dass Du Dich als "halbdepressiv" einstufst. Meinst Du das wegen des Ruhebedürfnisses, oder allgemein? Ich finde den Schritt der Reduktion deiner Arbeitbelastung sehr richtig.
Es freut mich, zu hören, dass Dein Chef Verständnis zeigt, und Dir manche "Lärmsituation" erspart.
Ich hoffe, dass Du Deine trotz Deines Energieverlustes oder Müdigkeit oft auch als zufriedenstellend erleben kannst. Wenn nicht, wünsche ich Dir gute Gesprächspartner, und/oder dieses Forum.

Ein "Fluch und Segen zugleich" ist, wie ich finde, dass man uns unsere "Behinderung" nicht ansieht (je nach Facialisparese).
Und ich finde, wir können eigentlich sehr stolz auf das sein, was wir, je nach Befinden schaffen. Aber das sagt mir in der Berufswelt natürlich keiner...(Träum)

Danke nochmal für Eure gut durchdachten Beiträge!

Euch alles Gute und einen lange ersehnten schönen Frühlingsanfang!

Herzliche Grüße,
Felipina
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