Wo ist die Lebensqualitaet hin

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Halebop
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Wo ist die Lebensqualitaet hin

Beitrag von Halebop » 05.05.2016, 19:24

Hallo Mitpatienten,

ich bin selber Arzt und wurde im August 2015 sehr erfolgreich in Muenster Ukm,
an einem T4 Akustikusneurinom operiert. Bis auf eine Taubheit des linken Ohrs,
die zu erwarten war, einer leichten Dysphagie und etwas Gangunsicherheit ging
es mir gut.

Nun 8 Monate spaeter ist meine Lebensqualitaet nicht mehr vorhanden. Warum?
Also, post-operativ hatte ich schon immer beim Autofahren einen
leichten Erschuetterungskopfschmerz. Der steigerte sich seit 3 Monaten,
so dass ich zuletzt nur noch 20 Meter schmerzfrei gehen konnte.
Auch beim Zaehneputzen schmerzt es. Darueberhinaus gibt es
Kopfschmerzattacken, die durch Gehen oder aufrechtes Sitzen ausgeloest
werden, mit Kribbeln in der linken Gesichtshaelfte und einem bohrenden
Kopfschmerz links.

Alle Symptome treten im Liegen nicht auf und verschwinden nach
einiger Zeit im Liegen. Weiterhin habe ich bei Bewegung, aber auch
im Liegen auf der operierten Seite eine immobilisierende Übelkeit.
Alles begann erst 3 Monate nach der OP. Trotz stationaeren
Aufenthalten in der Uniklinik Essen, Kopfschmerzzentrum und
unzaehligen Arzt- und Physiotherapiekontakten nahmen die
Beschwerden zu und keiner weiß, woher es kommt.
Saemtliche CMRT zeigen laut Behandlern einen normalen postoperativen
Befund. Ebenfalls keine klassische Kopfschmerzsyndrome und kein
Liquorunterdruck. Saemtliche psycho-/psychosomatischen Empfehlungen
und Behandlungen sind zwar hilfreich, aendern aber nicht die Symptome.

Ich bin mit 3 kleinen Kindern ziemlich verzweifelt. Kennt jemand
so etwas bzw. die Ursache? Ich selber liege meistens nach den
Schmerzattacken und der Uebelkeit im Bett und kann mittlerweile
nicht mal mehr meine Kinder versorgen bzw. Einkaufen. Aktuell
soll in der Neurochirurgie der Pallacosdeckel entfernt werden.
Ich habe in den MRT-Bildern nur eine postoperative Liquorzyste
im OP-Bereich gesehen, die - nur meiner Meinung nach - vielleicht
Zug auf die entsprechenden Hirnnerven oder Druck auf den Hirnstamm
ausloesen koennte?
Bilder werden ja im Liegen gemacht, die Beschwerden melden sich
nur in aufrechter Position, bis auf Uebelkeit.

Also, falls jemand eine Idee hat, waere ich extrem dankbar.
Bis hoffentlich bald, halebop
snowdog
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Re: Wo ist die Lebensqualitaet hin

Beitrag von snowdog » 06.05.2016, 09:57

Lieber Halebop,

Kopfschmerzen gehören leider zu den besonders belastenden, möglichen
Folgen einer AN-Operation. Im Unterschied zu den „klasssischen“ Symptomen
Schwindel, Taubheit und Facialisparese entwickeln sie höchst unterschiedliche
Ausprägungen.

Hier fällt es schwer bzw. ist es beinahe unmöglich, Ursache und Auslöser
exakt zu bestimmen. Treten die Kopfschmerzen zudem erst eine Zeit nach
der OP auf, wird die Sache nicht leichter. Du hast bereits viele Dinge
unternommen und die zutreffenden Stellen aufgesucht, aktuelle MRT-
Aufnahmen liegen vor, auf der eine Liquorzyste zu erkennen ist.

Die Frage drängt sich auf, ob sie für die Entwicklung der Symptomatik
ursächlich ist, damit schließen sich weitere Fragen an:

Wie wird die Revision des OP-Verschluss beurteilt, gibt es Erfahrungen aus
ähnlichen Fällen ?

Kam es zu einem früheren Zeitpunkt zu Liquoraustritt, der bereits in der Klinik
behandelt werden musste ?

An welcher Stelle befindet sich die Zyste ?
Besteht ein Zusammenhang mit der lageabhängigen Schmerzentwicklung,
gibt der OP-Bericht Aufschluss über einen durchtrennten/verletzten
Vestibularis-Nerv ?

Langanhaltende Kopfschmerzen und heftige Spontanattacken üben eine
zermürbende Wirkung aus. Es ist wichtig, ein wirksames Schmerzmittel
gegen die Schmerzen zu finden. Dies kann in der ersten Stufe bereits
eine erzielbare Linderung sein, kein völliges Ausschalten des Schmerzes.
Wichtig ist zudem, Möglichkeiten der Beeinflussung des Schmerzbildes
aufmerksam zu registrieren. In deinem Fall ist die Haltung/Lagerung
unmittelbar bestimmend, so einfach es klingt:
wenn Liegen hilft, so oft wie möglich hinlegen.

Leider besagt ein „normaler“ postoperativer Befund wenig über
eine bestehende Symptomatik. Mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit
sind op-bedingte Druck- und Zugveränderungen, die auf gestresste
Nerven wirken, haftbar zu machen.
Auch wenn es nach einem nur schwachen Trost klingt, die Heilungsprozesse
dieser Nerven verlaufen langsam und können sich über lange Zeiträume
verändern und verbessern. In manchen Fällen sind osteophatische
manuelle Therapien ein hilfreicher Ansatz, da sie schmerzbedingt
chronischen Verspannungen und Fehlhaltungen entgegenwirken.

Gibt es jemanden, der dich bei der Versorgung deiner Kleinkinder
unterstützen kann ? Es wäre wichtig, zusätzliche Stressbelastung
durch eine überfordernde Situation nicht dominant werden zu lassen.
Ergänzend lasse nichts unversucht, positive Einflüsse auf das
Schmerzbild herauszufinden. Ausreichend Schlaf, viel trinken,
kontrollierte Bewegung an der frischen Luft.
Was hilft unmittelbar, was verbessert nachhaltig ?

Ich wünsche Dir eine gute Besserung.

Beste Grüße
snowdog
snowdog (Moderator seit 4.12) Jg.62,m,verh.,2 Söhne,
AN re.5x8 mm,n-c. suboccipital AN-OP in Offenbach 4.08,
postoperativ Liquorfistel,keine Fazialisparese, einseitig taub,chron.Kopfschmerzen,jährl.Kontroll-MRT f.d.ersten 5 J.
Halebop
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Re: Wo ist die Lebensqualitaet hin

Beitrag von Halebop » 06.05.2016, 14:23

Lieber snowdog,
Danke fuer deine schnelle antwort.
Bisher ist kein liquorverlust aufgetreten. In der Nch Beurteilung wird die Indikation zur operativen Revision nicht gesehen, da der cmrt befund sich in den letzten 4 monaten nicht veraendert hat, im gegensatz zu meinem zustand.
Ich bin persoenlich von einem zystenbedingten zug auf die entsprechenden hn ueberzeugt, kann aber den primaeren operateur davon nicht ueberzeugen. er will zunaechst erst einmal den pallacosdeckel entfernen. Der deckel sitzt ziemlich tief auf dem linken kleinhirn und es gibt ein ekzem im bereich der op narbe. Es existieren hier fallberichte einer allergischen reaktion auf pallacos, typ 4 allergie, die zu kopfschmerzen fuehren. Die zyste ist mit stehendem liquor gefuellt und entspricht der alten tumorkapsel im bereich des hirnstamms. Sie liegt zwischen dem facialis, den sie nach vorne verlagert, und dem vestibularis/acustikus. Sie koennte also alle symptome in aufrechter position, rauschen auf dem linken ohr, imperative uebelkeit bei bewegung und erschuetterung, sowie stechen im gehoergang und schmerzhaftes vibrieren beim sprechen und gehen erklaeren. Was nicht so passt ist die trigeminusbeteiligung mit kribbeln in der linken gesichthaelfte. Allerdings fuehrt der facialis, der sicher durch die zyste gedehnt ist sensible fasern zum hirnstammkern des trigeminus, wo die schmerzfasern enden. Hier liegt auch ein teil der zyste direkt am hirnstamm. Ueber den vestibularis findet sich nichts im sinne einer durchtrennung im op bericht, aber eine testung in der schwindelambulanz zeigt eine restfunktion links. Deshalb hatte ich die hno aerzte gebeten den vestibularis mit medikamenten irreversibel zu schaedigen, eine 2. Untersuchung zeigte keine restfunktion, so dass dies abgelehnt wurde. Auch hier muss man wissen, das die gleichgewichtstestung, kalorisch nur einen geringen teil der vestibularisfunktion abbildet. Unterstuetzung bekomme ich durch frau und schwiegereltern, aber meine beschwerden nehmen immermehr zu. Zuletzt konnte ich nicht mehr die wohnung verlassen bzw. Einfachste taetigkeiten im haushalt verrichten. Es sind nun 8 monate seit der op vergangen und seit 3 monaten geht es ploetzlich schlechter.
Was haelst du von der pallacosidee? An wen kann man sich wegen des mrt befundes und der beschwerden wenden? Oder kannst du/sie jemanden ansprechen?
Danke und liebe Gruesse halebop
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