Junge AN-Betroffene aus Franken - Lebensqualität nach OP

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Juli
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Junge AN-Betroffene aus Franken - Lebensqualität nach OP

Beitrag von Juli » 06.06.2015, 10:58

Liebe Betroffene und Interessierte,

ich wechsel die Rubrik, um weiter über meine "Lebensqualität" zu berichten. Meine Vorgeschichte (Anamnese, Suche nach Klinik, Beschreibung erste Woche im KH) findet sich in der Rubrik "Kliniken/Operateure".

Heute vor einem Monat wurde ich in die Uni-Klinik Würzburg aufgenommen. Mein letzter Statusbericht: Diagnose: 20.10.14, OP: 07.05.15 Würzburg Prof. Hagen. Vor OP: AN rechts, 9x5mm, kaum Schwindel, "normales" Hören. 1 Woche nach OP: Kein AN :D, erheblicher Schwindel bei Bewegung, mittelgradig schwerhörig, Tinitus, Facialis funkz einwandfrei

In den letzten drei Wochen hat sich so einiges positives getan, auch wenn es kleine Rückschläge gab. Die Post-OP-Phase ist wohl nicht immer gradlinig. Trotzdem, wenn ich die Situation jetzt mit der vor drei Wochen vergleiche, ist meine Lebensqualität von vielleicht 5 / 10 Punkten auf 7,5 / 10 Punkten gestiegen - gerade die letzten Tage ging es mir wirklich super gut.

Schwindel: hat sich deutlich gebessert, auch wenn er noch lange nicht weg ist. Bemerkbar macht er sich in erster Linie bei schnellen Kopfbewegungen. Aber eigentlich schränkt er mich (abgesehen vom Sport, Fahrrad + Autofahren) kaum ein. Inzwischen versuche ich mich auch bewusst zu fordern (gestern z.B. eine Stunde Ball werfen & fangen mit Freunden geübt - ging prima, außer der Ball flog über mich drüber und ich musste mich schnell drehen - da hätte es mich fast hingehauen ;-) ).

Hören: Tinnitus (Rauschen und hoher Dauerton) leiser als vor drei Wochen (aber noch deutlich hörbar), Hören subjektiv besser. Kann Leute, die rechts von mir laufen, inzwischen ganz gut verstehen, das ist prima! Trotzdem ist das Hören sehr verändert (mit MP3 Player gut nachvollziehbar: Hört sich alles etwas "scheppernd" an, überlege, ob mir bestimmte Frequenzen fehlen). Teste das alles mit meinem Lautstärkeregler: Ca. 2 Wochen nach OP konnte ich Hörbücher auf einer Stufe von 15/100 verstehen (links 1/100). Heute bei Stufe 12/100. Interessant ist auch, dass ab ca. Stufe 70/100 das ganze unerträglich laut wird bzw. weh tut im Ohr - seltsam ;-) Jedenfalls gibt es eine positive Tendenz, das macht mich sehr glücklich und ich habe das Gefühl, dass das sich da noch einiges bewegt!

Facialis: Etwa 2,5 Wochen nach der OP hat sich doch eine leichte Facialisschwäche rechts eingestellt. Allerdings wirklich nur sehr leicht. Bin vom HNO Arzt wieder nach Würzburg überwiesen worden, dort meinte der Arzt: Stufe 1 von 10, also sehr gering. Habe ein Übungsblatt bekommen und inzwischen ist sie so gut wie weg :-)

AHB: Das größte Ärgernis der letzten Wochen war meine Anschlussheilbehandlung. Sie ist mir zwar genehmigt worden, aber nicht für eine der drei vorgeschlagengen Klinkiken sondern für eine wohnortnahe Klinik, die zwar einen Schwerpunkt auf Neurologie, aber nicht auf HNO hat. Die Klinik ist spezialisiert auf Sehen und auf Schlaganfallpatienten. Auch am Telefon wurde mir von der Klinik bestätigt, dass innerhalb der Anwendungen nicht auf meine Hören eingegangen werden kann. Ich habe Widerspruch gegen die Klinik eingelegt, der aber abgelehnt wurde. Danach zweiter Widerspruch, der zeitlich leider sehr verzögert wurde, weil ein entsprechendes ärztliches Schreiben der Uniklinik Würzburg (scheint wichtig zu sein für den Widerspruch!) erst 8 Tage nach meiner Anfrage an die Rentenversicherung weitergeleitet wurde. Seit gestern liegt der Rentenversicherung das Schreiben nun vor. Mein Problem ist aber, dass ich eigentlich Anfang Juli wieder, zumindest stundenweise, für meine Projekte arbeiten muss (und ich mir derzeit auch vorstellen kann, dass das gut funktionieren kann). Ich habe mich also am Freitag entschieden, den zweiten Widerspruch zurück zu ziehen, weil ich zeitlich einfach keine drei- oder vierwöchtige AHB mehr schaffe. Mein Plan ist jetzt:
- Ambulante Maßnahmen (war hierfür schon bei der Hausärztin, nächste Woche sollen konkrete Maßnahmen vereinbart werden)
- Ab dem 02.07 berufliche Widereingliederung (1. Woche 2 Stunden, 2.-3. Woche 4 Stunden, 4.-6. Woche 6 Stunden, ab Mitte August wieder voll erwerbstätig).
- Mitte August Kontrolltermin in Würzburg, danach ziehe ich Bilanz bzgl. meines Hörens und entscheide, ob ich für Herbst einen Antrag auf Reha stellen werde (anscheinend geht es bei einer Reha leichter, die "Wunschklinik" zu bekommen als bei einer Anschlussheilbehandlung, zumindest hat mir das eine Dame meiner Wunschklinik Bosenberg in St. Wendel erklärt).

Soweit von mir, spätestens gebe ich nach meinem Kontrolltermin im August wieder einen Zwischenstand.

Liebe Grüße und ein sonniges Wochenende :-)

Juli
Diagnose: Okt 14, OP: 07.05.15 Würzburg Prof. Hagen. Vor OP: AN re, 9x5mm, kaum Schwindel, "normales" Hören, leiser Tinnitus. 1 Jahr n. OP: Kein AN :D, kein Schwindel, re leicht-/mittelgradig schwerhörig, Tinnitus, Facialis funkz einwandfrei
Rayisa
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Re: Junge AN-Betroffene aus Franken - Lebensqualität nach OP

Beitrag von Rayisa » 10.06.2015, 22:12

Guten Abend!

Liebe Juli,
vielen, vielen Dank für deine ausführlichen Beschreibungen!
Wie geht es dir jetzt?


Ich bin Regina, 25 Jahre alt und bei mir wurde letztes Jahr ein Akustikusneurinom links, ca. 2-3mm bei einem KontrollMRT (aufgrund einer Läsion) entdeckt. In den vergangenen Monaten kamen Beschwerden wie Schwindel und Tinnitus... Nach Schwindeltests beim HNO wurde mir gesagt, dass dies wohl vom AKN kommen kann.
Im letzten MRT im Mai wurde kein eindeutiges Wachstum festgestellt (ca. 3mm).

Aufgrund starker Schwindelattacken und "Hörverlust" linksseitig musste ich 12 Tage lang Cortison einnehmen. Seit 10 Tagen nehme ich es nicht mehr. Ich höre meiner Meinung nach wieder normal, die Schwindelattacken und der Tinnitus sind weiterhin fast täglich da.
Was mich sehr stört sind arge Stimmungsschwankungen, die ich auf das Cortison zurückführe.

Mein HNOArzt hat empfohlen nach der Einnahme des Cortison ein paar Wochen zu warten (werde bis Ende Juni warten). Sollten die Symptome bis dahin nicht wesentlich besser sein, möchte er, dass ich zu einer Tumorsprechstunde gehe.

Liebe Evi,

ich wurde von den verschiedenen Ärzten auch sehr verunsichert. Jeder sagt was anderes.
Bei meinem HNO Arzt fühle ich mich aktuell am wohlsten. Aber er sagt natürlich, dass das AKN in die Hände eines Neurochirurgen gehört.

Insgesamt informiere ich mich immer wieder und habe mich auf jeden Fall klar gegen eine Bestrahlung entschieden.
Aktuell bevorzuge ich das "warten und beobachten", da das AKN noch sehr klein ist und ich hoffe, dass die Symptome wieder schwächer werden.
Ansonsten beschäftige ich mich im Internet oft mit "OP" und "Ärzten"...

Hier in Regensburg fühle ich mich da leider nicht in so guten Händen. Vom VereinAkustikusneurinom wurde mir auch eher von Regensburger Kliniken abgeraten.

Nun gut, erstmal hoffe ich, ist das ja nicht nötig.

:) Es passt aktuell einfach auch gar nicht in meine Lebenssituation. Deshalb hoffe ich einfach, dass die Problemchen weniger werden!

Ich freue mich über Kontakt zu euch!!!!


Liebe Grüße,

Rayisa ( Regina ) :mrgreen: :mrgreen: :mrgreen:
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Re: Junge AN-Betroffene aus Franken - Lebensqualität nach OP

Beitrag von snowdog » 10.06.2015, 23:44

Liebe Rayisa,

"warten und beobachten" ist auf den ersten Blick eine
vertretbare Entscheidung - allerdings solltest Du bei den
beschriebenen Symptomen einen erfahrenen Spezialisten
aufsuchen. Ein messbarer Hörverlust ist ein sicheres Indiz,
dass der Hörnerv angegriffen ist.

Auch wenn das AN von den Größenangaben klein und
frühzeitig entdeckt wurde, ein erfahrener Operateur
wird die Chancen auf den Hörerhalt für ein favorisiertes
OP-Verfahren beurteilen können. Hier solltest Du keine
Zeit verlieren.

Wenn Du nach Absetzen des Cortisons keine Linderung
der Symptome verspürst, solltest Du aktiv werden.
Im erhofften Falle einer Besserung trotzdem auf eine
engmaschige Kontrolle bauen - ein gewissenhafter HNO
ist hierzu unerlässlich (den scheinst Du bereits gefunden
zu haben...).

Du findest hier im Forum viele Erfahrungsberichte zu
Therapien und Fachkliniken - hier empfehle ich gründliches
Einlesen. Für die Vorbereitung auf Arztgespräche
sind das hervorragende Informationen und Hinweise.

Gute Besserung und hilfreiche Erkenntnisse.

Beste Grüße
snowdog
snowdog (Moderator seit 4.12) Jg.62,m,verh.,2 Söhne,
AN re.5x8 mm,n-c. suboccipital AN-OP in Offenbach 4.08,
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Re: Junge AN-Betroffene aus Franken - Lebensqualität nach OP

Beitrag von ANFux » 12.06.2015, 11:31

Liebe Rayisa,

nur wenige Worte von mir zu diesem Zeitpunkt:
Du mußt keinesfalls in Panik verfallen. Tumorgröße und aktuell spürbare Symptome drängen nicht zu hastigen Entscheidungen.

ABER:
Deine Sätze ".... hofe ich, daß die Symptome wieder schwächer werden. ........ hoffe ich einfach, daß die Problemchen weniger werden......" sind gefährlich naiv !
UND:
Kortison lindert manchmal oder meist (zeitweise) Symptome des ANs - niemals aber beseitigt es die Ursache, die Wurzel des Übels.

Lies im Forum, wie von snowdog empfohlen, und konsultiere einen oder mehrere AN-erfahrene Neurochirurgen.

Beste Grüße
ANFux
1939, m. '94 transtemp. OP (15 mm) in Magdeburg/Prof. Freigang, einseitig taub, kein Tinnitus, keine Fazialispar. Rehakur in Bad Gögging. '96-'04 im Vorstand d. VAN in D, seitdem Beratungen zum AN. Ab '07 Moderator, ab '08 Homepage-Verantwortl.(bis 2012)
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Re: Junge AN-Betroffene aus Franken - Lebensqualität nach OP

Beitrag von Juli » 16.06.2015, 10:24

Liebe Rayisa,

ich habe mir eine Woche selbstorganisierten Entspannungsurlaub gegönnt - deswegen meine späte Antwort.

Mir geht es gut, danke der Nachfrage :-) Besonders der Schwindel hat sich weiter gebessert. Ich habe in meinem Urlaub in der sächsischen Schweiz einige Wanderungen gemacht und von Wanderung zu Wanderung ist der Schwindel besser geworden - inzwischen spüre ich ihn beim Laufen nicht mehr! :-D

Ich denke auch, dass du bei der Größe deines ANs recht entspannt mit der Sache umgehen kannst. Kann dir aber auch aufjedenfall empfehlen, eine oder mehrere erfahrene Kliniken zu kontaktieren und dich nochmal beraten zu lassen. Du weißt nach so einem Beratungstermin einfach mehr und das führt zu mehr Sicherheit! Und das tut gut!

Berichte doch bitte weiter von deiner Situation und schreib, wenn du Fragen hast!!

Liebe Grüße

Juli
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Re: Junge AN-Betroffene aus Franken - Lebensqualität nach OP

Beitrag von Rayisa » 18.06.2015, 11:17

Liebe Juli, lieber ANfux, lieber snowdog,

Vielen Dank für eure Antworten!

Dies hilft mir weiter!
Ich werde noch bis Ende Juni abwarten bzgl des Schwindels und dann evtl einen Termin bei einem Neurochirurgen zur Beratung vereinbaren.

Mein HNOArzt hat mir aufgrund des Schwindels (zwei auffällige Tests) die aktive Teilnahme am Straßenverkehr untersagt.
Ist das bei euch auch der Fall gewesen? Und wie lange? Mein Arzt hat es mir schriftlich mitgegeben, da ich in der Arbeit auch Schüler transportieren dürfte. Was ich natürlich jetzt nicht mehr tue. Ich halte mich insgesamt an das Verbot, fahre also auch kein Auto oder Fahrrad. Ich frage mich nur, ob das jetzt für immer so bleiben soll oder ob ich irgendwann wieder fahren darf.

Liebe Grüße,

Rayisa
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Re: Junge AN-Betroffene aus Franken - Lebensqualität nach OP

Beitrag von Rayisa » 18.06.2015, 11:17

Liebe Juli, lieber ANfux, lieber snowdog,

Vielen Dank für eure Antworten!

Dies hilft mir weiter!
Ich werde noch bis Ende Juni abwarten bzgl des Schwindels und dann evtl einen Termin bei einem Neurochirurgen zur Beratung vereinbaren.

Mein HNOArzt hat mir aufgrund des Schwindels (zwei auffällige Tests) die aktive Teilnahme am Straßenverkehr untersagt.
Ist das bei euch auch der Fall gewesen? Und wie lange? Mein Arzt hat es mir schriftlich mitgegeben, da ich in der Arbeit auch Schüler transportieren dürfte. Was ich natürlich jetzt nicht mehr tue. Ich halte mich insgesamt an das Verbot, fahre also auch kein Auto oder Fahrrad. Ich frage mich nur, ob das jetzt für immer so bleiben soll oder ob ich irgendwann wieder fahren darf.

Liebe Grüße,

Rayisa
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Re: Junge AN-Betroffene aus Franken - Lebensqualität nach OP

Beitrag von Juli » 30.07.2015, 22:03

Liebe Rayisa,

entschuldige, dass ich dir noch nicht geantwortet habe, bin jetzt auch seltener im Forum unterwegs und habe deine Anfrage vergessen :-/

Weiß nicht, ob das Fahrproblem noch aktuell ist. Ich kann dir jedenfalls berichten, dass mir in Würzburg nach der OP klar gesagt wurde, dass sie dort bewusst kein Fahrverbot aussprechen, ich selbst aber natürlich prüfen muss, ob ich wirklich fahren kann. Den ersten Monat war das undenkbar. Etwa nach 6 Wochen bin ich das erste mal wieder aufs Fahrrad gestiegen und beim zurück schauen (Schulterblick) hats mich hingehaut ;-) Dann habe ich es erst wieder ein paa Wochen sein lassen. Aber in den letzten paar Tagen fahre ich wieder täglich Fahrrad ohne große Schwierigkeiten.

Ewig wird der Schwindel vermutlich bei dir auch nicht anhalten. Allerdings ist der Verlauf des Schwindels mit dem Tumor im Kopf natürlich schlecht einschätzbar: Es kann besser werden, es kann aber auch wieder schlechter werden. In dem Sinne kann die OP schon erlösend sein, weil der Schwindel (nachdem man den schlimmen Post-OP Schwindel überstanden hat) in der Regel nach und nach verschwindet, weil eben das gesunde Organ kompensiert.

An deiner Stelle würde ich den Arzt, der dir das Verbot ausgesprochen hat wieder aufsuchen, sobald du es dir wieder zutraust, zu fahren. Er hat das Verbot ausgesprochen, er kann es vermutlich auch wieder aufheben.

Liebe Grüße

Julia
Diagnose: Okt 14, OP: 07.05.15 Würzburg Prof. Hagen. Vor OP: AN re, 9x5mm, kaum Schwindel, "normales" Hören, leiser Tinnitus. 1 Jahr n. OP: Kein AN :D, kein Schwindel, re leicht-/mittelgradig schwerhörig, Tinnitus, Facialis funkz einwandfrei
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Re: Junge AN-Betroffene aus Franken - Lebensqualität nach OP

Beitrag von Juli » 11.08.2015, 21:38

Liebe Leser,
am 07.08.2015, genau drei Monate nach meiner OP, hatte ich meine Nachsorgeuntersuchung in Würzburg und möchte nun gerne berichten, wie es mir geht.

Mein letzter Statusbericht ein Monat nach OP:
Diagnose: 20.10.14, OP: 07.05.15 Würzburg Prof. Hagen. Vor OP: AN re, 9x5mm, kaum Schwindel, "normales" Hören. 1 Monat nach OP: Kein AN :D, Schwindel bei schneller Kopfbewegung, mittelgradig schwerhörig, Tinitus, Facialis funkz fast einwandfrei

Was hat sich getan? Das Leben ist praktisch genauso wie vor der OP: Etwa 7 Wochen nach der OP habe ich wieder angefangen zu arbeiten, zunächst Wiedereingliederung, diese dann aber abgebrochen, weil ich sowieso mehr als die vorgesehene Stundenzahl gearbeitet habe und mich auch vollständig belastbar fühlte. Außerdem wollte ich Mitte Juli gerne eine Hüttenwanderung in den Alpen machen und wusste nicht, wie das genau mit dem Versicherungsschutz ist: Also seit Mitte Juli wieder voll arbeitsfähig. Fühle mich bisher genauso belastbar wie vor der OP. Fitnesszustand ist wieder vollkommen hergestellt: Mehrtagestouren in den Bergen, ebenso wie Joggen und sogar Step-Aroubic ist wieder möglich (nur die Drehungen lasse ich meist noch weg ;-) ). Und ich fahre wieder Fahrrad, wenn auch etwas vorsichtiger – juchuu 8)

Schwindel ist also praktisch weg. Nur noch sehr schnelles Kopfschütteln ist unangenehm (vielleicht war es das aber auch schon vor der OP). Ich schätze, 98% des Normalzustandes ist erreicht. Für mich die wichtige Erkenntnis: Ich muss mich fordern, damit es besser wird. Wenn joggen sich komisch anfühlt wegen der Kopfbewegung, dann probiere ich es eben immer wieder, bis sich mein Kopf dran gewöhnt. Bei mir hat das geklappt und zwar ziemlich schnell.

Die minimale Facialschwäche, die zwei Wochen nach der OP aufgetreten ist, ist vollkommen verschwunden, keine Probleme.

Das Hören hat sich seit der OP leicht verbessert. Durch den Hörtest in Würzburg kann ich sagen, dass ich inzwischen tiefe und mittlere Töne ab 45 bis 60 db hören kann (mittlere Schwerhörigkeit). Die hohen Töne höre ich ab 20 bis 30 db (leichte Schwerhörigkeit). Wörter verstehe ich bei normaler Sprachlautstärke zu etwa 60%. Subjektiv kann ich sagen, dass sich mit dem Ohr alles etwas anders anhört, z.B. das Freizeichen beim Telefon ist für mich ein völlig anderer Ton rechts als links. Beim Worttest ist mir nochmal ganz deutlich aufgefallen, dass, auch wenn subjektiv sehr laut gesprochen wird, das noch lange nicht heißt, dass ich das Wort auch wirklich vollständig verstehe. Es fehlen dann bestimmt Buchstaben oder so… Sehr seltsam. Ich merke das auch beim Hörbuch hören mit dem rechten Ohr (nur ein Stöpsel) – ich verstehe schon alles, muss mich dafür aber deutlich stärker konzentrieren. Ab einer gewissen Lautstärke wird es dann unerträglich laut und scheppernd. Insgesamt ist das aber seit der OP auch besser geworden. Auch der Arzt meinte, dass mein Gehirn sich daran noch besser gewöhnen kann – aber das Hören wird nie wieder wie vor der OP. Naja, ich bin in aller erster Linie froh, dass ich überhaupt noch was höre und freue mich, dass es da weiter Potential nach oben gibt. Übrigens scheint diese Art der Schwerhörigkeit ziemlich häufig vorzukommen bei Problemen mit dem Hörnerv – hat jemand da draußen das gleiche?! Gibt es da vielleicht Trainingsmethoden?
Was ich auch noch recht interessant fand: Auf meine Frage, warum der Hörnerv nicht mehr richtig überträgt hat mir der Arzt gesagt, dass das an dem Dehnen des Nervs während der OP liegt. Und außerdem, dass der Hörnerv maximal empfindlich ist und man nie so richtig sagen kann, was mit ihm passiert, selbst wenn man ihn im Monitoring überwacht und immer Signale während der OP erhält, heißt das noch nicht, dass man danach wirklich hören kann…

Tinnitus ist da, aber subjektiv leiser (leises Rauschen und gleichzeitig hoher Dauerton). Kann ich meist sehr gut ausblenden.

Ansonsten habe ich noch ein Problem, über dass ich hier im Forum bisher sehr wenig gelesen habe: ich kann meinen Mund nicht normal öffnen. Es tut nicht weh oder so, zieht nur leicht im OP Bereich, aber er geht einfach nicht normal weit auf (fehlen vielleicht 3cm). Seit der OP hat sich das nur leicht verbessert. Vom Arzt in Würzburg habe ich nun eine Verordnung für CMD erhalten (spezielle Kieferbehandlung bei spezialiserten Physiotherapeuten). Die Ursache ist vermutlich sie Spaltung des Kiefermuskels (M tempirales) während der OP. Hat oder hatte jemand ähnliche Probleme, was hat geholfen?

Insgesamt ziehe ich nach wie vor ein sehr positives Fazit und hoffe, ich kann den ein oder anderen etwas Mut machen. Ein AN hat leider fast immer irgendwelche negativen Folgen (egal ob mit oder ohne OP), aber sie sind häufig gut kompensierbar – nur Mut!

Bei Fragen bitte jederzeit melden, auch gerne über vertrauliche Nachrichten.

Viele liebe Grüße

Juli
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Re: Junge AN-Betroffene aus Franken - Lebensqualität nach OP

Beitrag von snowdog » 12.08.2015, 22:50

Liebe Juli,

das sind doch tolle Nachrichten,
vielen Dank für diesen Zustandsbericht -
man sieht, wie ein günstiger Verlauf nach gelungener OP
aussehen kann.

Sicherlich wird das nicht bei jedem so aussehen,
sei es die Belastbarkeit bei der Rückkehr in den Beruf
oder die körperliche Leistungsfähigkeit bei sportlicher
Betätigung bereits nach so kurzer Zeit.
Wenn es die Verfassung und der Heilungsverlauf
zulassen, ist kontinuierliches Training und beharrliches
Austesten die beste Übung.

Solange der Hörnerv erhalten werden konnte, sind
Verbesserungen des Hörvermögens grundsätzlich möglich.
Dabei wird das funktionale Resthören individuell
unterschiedlich empfunden - es ist ja kein "leiser oder
gedämpfter Hören" in Prozent - sondern ein u.U. gänzlich
anderes Verarbeiten akustischer Signale. Ein anderer Klangeindruck,
überlagert von Störgeräuschen (Pfeifen,Brummen,Rauschen) bis
hin zu einem gefühlt anderen Hören (Empfindlichkeit bzw.
schmerzhaftes/anstrengendes Empfinden) - vieles ist möglich.
Durch Gewöhnung und spezifisches Training (Stimmen/Signalhören)
ist hier eine Verbesserung über einen längeren Zeitraum denkbar.

Die Rückkehr zum "normalen" Hören wird aber in den wenigsten
Fällen möglich sein - der Hörnerv reagiert sehr empfindlich und
nachhaltig beleidigt, wenn er nicht bereits durch den wachsenden
Tumor angeschlagen war, kann er trotz Erhalt bei der OP
erheblich gestresst worden sein - und sich davon nicht mehr
erholen.

Von einer Spaltung des Kiefermuskels im Verlauf der OP hat
bisher noch keiner berichtet, ich hoffe, die Physiotherapie
schlägt hier gut an - deine Operation ist mit gut 3 Monaten
auch noch nicht lange her, Übung und Heilverlauf lassen auf
eine Besserung hoffen. Über Fortschrittsberichte hier im Forum
sind wir gespannt.

Alles Gute weiterhin, genieße den Sommer !

Herzliche Grüße
snowdog
snowdog (Moderator seit 4.12) Jg.62,m,verh.,2 Söhne,
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Re: Junge AN-Betroffene aus Franken - Lebensqualität nach OP

Beitrag von Juli » 14.05.2016, 11:41

Hallo zusammen!

1 Jahr nach meiner OP, nach Kontroll-MRT und nach der gestrigen Nachuntersuchung in Würzburg möchte ich wieder einen Statusbericht abgeben:

- Schwindel: Keine Problem, gefühlt zu 99,5% wie vor der OP
- Facialis: Keinerlei Probleme
- Hören: Seit der letzten Kontrolle im August leichte Verbesserung: Jetzt tiefe Töne zwischen 40 u 50db wahrnehmbar, hohe Töne weiterhin bei 20 bis 30dB. 100% Wortverständnis bei 60 dB (im August 15 noch 80%).
- Tinitus: gefühlt leichte Verbesserung seit August 2015, aber immernoch deutlich hörbar
- Kiefer: Geht nun annähernd normal weit auf, allerdings nach wie vor Spannung im OP Bereich bei geöffnetem Mund sowie inzwischen Kieferknacken.

Diese Folgen der OP sind da. Aber ich kann gut mit ihnen leben.

und besonders wichtig:
- Befund des Kontroll MRTs im März 2016: "Bei erster postoperativer Kontrolle kein Nachweis von Tumorrest bzw Rezidivgewebebe - darüber hinaus keine Auffälligkeiten intrakraniell" !
- Befund der NF2 Genanalyse: Kein Hinweis auf eine Mutation, also negativ !

:-)

Mein Leben läuft wie vor der OP und ich habe für mich persönlich gelernt, dass ich schwierige Situationen psychisch gut überstehen kann. Das nimmt mir niemand mehr!

Ich weiß, dass ich Glück hatte und mit einem blauen Auge davon gekommen bin. Ich hoffe nach wie vor, dass meine Beiträge gut informieren über mögliche Verläufe und Mut machen - mein Verlauf zeigt, dass es auch möglich ist, dass man nach den zugegebener Maßen schwierigen Monaten der Diagnose und Heilung ein unbeschwertes Leben führen kann !

Ich werde wieder berichten und stehe weiterhin gerne für Fragen zur Verfügung.

Viele Grüße & ein schönes, langes Pfingstwochenende!

Julia
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