Suizidgedanken..... Lebensmut , was ist das ?

Antworten
BerndB
Beiträge: 20
Registriert: 29.05.2012, 15:58
Land: D
Geschlecht: m
Geburtsjahr: 1966
Wohnort: Stade
Kontaktdaten:

Suizidgedanken..... Lebensmut , was ist das ?

Beitrag von BerndB » 05.07.2014, 11:03

Ja, das mit der Gesundheit ist so eine Sache...

Abgesehen von dem "Rest" der Facialisparese ist ja auf den ersten Blick nichts zu sehen....
Wenn man einen gebrochenen Arm hat sieht das jeder, aber wenn du Probleme hast die mit deinem
Kopf zu tun haben wird das schon schwieriger....

Es sind die geistigen Einschränkungen die die Probleme bereiten, kann mir nichts merken, vergesse viel ( z.B. Termine , Herd abstellen etc), kann so gut wie garnicht mehr rechnen ( könnt Ihr Euch vorstellen was das für ein Gefühl ist an der Supermarktkasse zu stehen und du nicht in der Lage bist die richtige Summe herauszusuchen geschweige denn das Wechselgeld zu kontrollieren?), zusätzlich ist meine Rechschreibung seit der OP sehr mangelhaft. (ich bitte dieses hier im Forum zu verzeihen)

Manchesmal, wenn ich alleine draußen bin ( mach ich nur wenn es sich nicht vermeiden lässt) vergesse ich wo ich denn bin, hinwollte oder wieder nach hause komme....

Wenn mein geregelter Tagesablauf durcheinander kommt, beginne ich zu stottern und zu Zittern
(hauptsächlich rechter Arm/Hand)..... und zu Glück sehr selten bekomme ich "Krampfanfälle" (ähnlich Epilepsie), welche sich aber glücklicher Weise innerhalb von wenigen Minuten wieder erledigt haben.

Ok, ich hab eine Pflegekraft die mir vieles abnimmt....einkaufen, kochen
mit mir hinausgeht und mit mir zusammen verschiedene Dinge macht (Kino , Theater , Freizeitpark)
Welches zu Glück alles über das Pflegegeld (Pflegestufe "0" / geistige Behinderung/Demenz etc) sowie einen Etat zur Teilnahme am kulturellem Leben finanziert wird, denn von meiner Mini-Rente so wie Aufstockung durch Grundsicherung (sprich ergänzende Sozialhilfe) könnte ich das nicht finanzieren.

Damit klarzukommen, damit zu leben, das zu akzeptieren fällt mir sehr schwer.
Ich mach die ganze Zeit so eine "Gradwanderung" , wo jede Kleinigkeit der "obligatorische Tropfen" sein kann.

Als ich im Mai bei einer ambulanten Therapie (Ergo/Hirnleistungstraining) war, hab ich mich wohl anders benommen als sonst.... ,
auf jeden Fall hat dann im laufe des Tages die Therapeutin bei der Polizei angerufen und die gebeten bei mit zuhause mal nachzuschauen weil sie so ein "Bauchgefühl" hatte....

Die haben dann meine Wohnung geöffnet und mich gefunden.......

Nach der Krankenhausentlassung hat mein Arzt beim DRV-Bund eine Reha zur Suizidvorbeugung beantragt ( AHG Waren/Müriz), auf diesen Termin warte ich seit 4 Wochen......

Was für einen Sinn hat es überhaupt noch...für wen....seit bekannt werden der körperlichen Probleme ist die Zahl der Freunde und Bekannten auf 3-4 geschrumpft...meine Ex hat sich sofort getrennt ( Zitat " wenn du nicht mehr arbeitest kannst du den/unseren Lebensstandart ja nicht mehr halten" ) - hatte das ja in meinem allerersten "Begrüßungs/Hallothread" geschrieben- ,
mein Hobby - mit dem 7er BMW zu einschlägigen Treffen / Stammtischen fahren - hat sich mangels nun nicht mehr vorhandenem Geld und nicht mehr vorhandenem Fahrkünsten auch erledigt.

Sitze tagelang alleine in meiner 1,5 Zimmer Wohnung und starre die Decke an...toll! Was für ein gigantisches leben..... Alle anderen (Gesunden) sagen, freu dich...du lebst, hast 2 Schlaganfälle sowie das AKN überstanden FUCK ! WAS FÜR EIN DUMMER SPRUCH VON JEMANDEN DER DAS NICHT NACHVOLLZIEHEN KANN!
Wenn das hier einer aus dem Forum schreibt, ok! Derjenige weis wovon ich Rede und kann sich wirklich in meine Gedanken hineinversetzen...aber die anderen...BLA BLA

Sehne mich danach wieder ein halbwegs normales leben zu führen, in den Arm genommen zu werden, einen Partner zu haben.....

Wie gesagt, Gesundheit,.....das ist so eine Sache,
denke oft, dass es besser gewesen währe nach der OP nicht mehr aufzuwachen....

Sorry...
aber ich musste mir das mal von der Seele schreiben....

Bernd
Nach OP 02.10.12 (HH Altona) frühverrentet; intra/extrameatales AN rechts,1,9cm x1,3cm;Taubheit re.; Facialisparese;/Lidschluss inkomplett;wenig körperl. belastbar; leichte Gangunsicherheit; Geschmacksprobl., kognitive Probleme, Pflegestufe 0
armorika
Beiträge: 44
Registriert: 13.11.2013, 13:40
Land: D
Geschlecht: w
Geburtsjahr: 1955
Wohnort: Frankfurt

Re: Suizidgedanken..... Lebensmut , was ist das ?

Beitrag von armorika » 05.07.2014, 14:54

Lieber Bernd,
ich bin mir sicher, dass Du hier Antworten bekommen wirst und alle versuchen, Dich aufzubauen.
Es ist natürlich tragisch, was Du alles erleben musstest. Ich habe die OP noch vor mir, deshalb macht das schon Angst, dass man auch solche Probleme nach der OP erleiden könnte. Schlimm ist auch, dass Dein privates Umfeld Dich so wenig auffängt.

Trotzdem: jedes Leben, jeder Tag kann ein Geschenk sein. Ich glaube, Du könntest "Leidensgenossen" finden, z.B. hier im Forum, könnte Dir sicher jemand eine Gruppe nennen, die sich in Deiner Nähe befindet und sich regelmäßig trifft. Das sind dann Menschen mit gleichen Nöten und verstehen Dich und fangen Dich auf und Du bist nicht mehr allein.

Ich hoffe, weiter hier von Dir zu lesen und drücke Dir fest die Daumen, dass es wieder aufwärts geht mit Dir.

Von Herzen alle Gute wünscht
Armorika
AKN Diagn. 12/2011, Gr. 21x19x15mm re., OP 7.1.15 Prof. Tatagiba. AKN vollst. entfernt., re. taub., Reha 4 Wo., Hyperakusis, Tinnitus re., Facialisparese weg, Schwindel weg, nach 10 Wochen fit, 1.MRT 16.4.15 o.B., 2.MRT 2.11.15 o.B., 3.MRT 4.5.17 o.B.
pepper
Beiträge: 31
Registriert: 12.07.2013, 13:52
Land: D
Geschlecht: w
Geburtsjahr: 1956
Wohnort: Rheinland Pfalz

Re: Suizidgedanken..... Lebensmut , was ist das ?

Beitrag von pepper » 05.07.2014, 23:12

Hallo BerndB,

zuerst einmal - wenn Du magst - fühl Dich gedrückt
bin bewegt über Deine Worte , da mir einiges so vertraut ist u. manche Probleme wieder u. wieder auftreten u. / oder sich einfach nicht lösen lassen.

Seit meiner OP leide ich auch. :( denn so viel hat sich verändert u. das nicht zum Besseren.

Vermisse immer noch mein altes hören
Der Schwindel erschwert den Alltag u. sogenannte Freunde sind weg .
Konzentration , Merkfähigkeit usvm im Hirnleistungsbereich ist noch sehr im argen
Isolier mich mehr u. mehr u. einen wirklich wichtigen Menschen gibt es bei mir nicht.
Ist jedoch ok ( alleine sein ) nur " krank " u. alleine sein is ein bissl doof

Wenn ich ehrlich bin , mag ich Dir schreiben das Du schon viel erreicht hast.
Auch wen Du es im Augenblick nicht so sehen magst/kannst u mit Deinem Leben haderst.
Deshalb sende ich Dir Mut , Kraft , Stärke u. HOFFNUNG

viele liebe Grüße, pepper
Bernhard
Beiträge: 2
Registriert: 17.07.2014, 16:42
Land: D
Geschlecht: m
Geburtsjahr: 1975
Wohnort: Hambühren

Re: Suizidgedanken..... Lebensmut , was ist das ?

Beitrag von Bernhard » 20.07.2014, 21:23

Lieber Bernd,
das mit dem Lebensmut ist so eine Sache, insbesondere dann wenn man vorher mit beiden Beinen im Leben stand und vermeintlich alles im Griff hatte. Ich werde Dir hier nichts davon schreiben, dass alles Gut wird und das Leben ein Ponyhof ist; ist nämlich nicht so; und das was Du erleben musstest macht mich nachdenklich und traurig. Vielleicht, ohne Dich näher zu kennen, ticken wir beide gar nicht so unterschiedlich. Ich habe vor meiner Operation eine Patientenverfügung angefertigt und meine Frau gebeten, diese auch im Fall der Fälle mit Nachdruck durchzusetzten. Ich war immer aktiv und definiere mich auch darüber; als "Weinbergschnecke"wieder aufzuwachen wollte ich weder mir, noch dem Rest der Familie zumuten.
Wenn ich Deine Zeilen lese, kann ich beim besten Willen keinen Menschen erkennen, welcher irgendwelche Einschränkungen hat. Du bist klar strukturiert, fehlerfrei in Deiner Rechtschreibung (als wenn das wichtig wäre?!) und ein Gesprächspartner, welchen ich gerne bei meiner nächsten Grillparty bei mir hätte.
Weder die Last mit den Folgen Deiner OP, noch die Auswirkungen auf Dein soziales Umfeld (Verlust des Partners) kann Dir irgendjemand abnehmen. Aber: Die handvoll Menschen, welche ich als Freunde definieren würde, haben mich nach meiner OP wie folgt begrüßt:"Du warst vorher schon hässlich, hast Dich nicht wirklich verbessert"! Klingt makaber, kann der eine oder andere hier im Forum vielleicht auch nicht teilen, aber so war es! Es war genau das was ich brauchte, denn so ticke ich!
"Was machen Sie, wenn Sie sich Dinge nicht merken können", fragte mich die Psychologin während der Reha? Einen Zettel schreiben war meine Antwort und das habe ich als "Gesunder" vorher auch schon gemacht!
Lieber Bernd, schreibe einen Zettel, einen DIN A4 Block voll mit Dingen für die es sich nach wie vor lohnt zu leben. Und sei es nur das Grillen bei mir!
Freu mich auf Deine Rückmeldung
Lieben Gruss
Bernhard
Chrigu
Beiträge: 42
Registriert: 25.07.2013, 14:57
Land: CH
Geschlecht: m
Geburtsjahr: 1968
Wohnort: Bern

Re: Suizidgedanken..... Lebensmut , was ist das ?

Beitrag von Chrigu » 21.07.2014, 16:21

Lieber Bernd, Armorika, Pepper, Bernhard und all die anderen Leser,

Wie Recht Ihr doch alle habt. Eure Worte haben mich alle auf die eine oder andere Weise bewegt und ich erkenne sehr viel davon in mir wieder (gerade was Bernhard geschrieben hat - "Du warst vorher schon hässlich..." das ist _genau_ meine Wellenlänge, das ist genau die Form von Humor, welche ich auch liebe).

Lieber Bernd, keiner von uns hier kann Dir Deine Last und Deine Probleme abnehmen aber Du kannst sicher sein, dass wir Dich verstehen und mit Dir fühlen. Es hängt so viel von der eigenen Einstellung zum Leben und zum Erlebten ab. Einigen fällt es leichter und anderen schwerer aber wir müssen akzeptieren was passiert ist. Ja, es ist unfair aber niemand hat behauptet, dass das Leben fair ist.

Das private Umfeld (Familie & Freunde) ist so wichtig. Es fängt uns auf, wenn es uns schlecht geht, freut sich, wenn es uns gut geht, hilft, wenn wir Hilfe benötigen und ist einfach da wenn wir jemanden brauchen um mal alles raus zu lassen. Freunde (und auch Verwandte) die einem in solchen Situationen im Stich lassen sind keine Freunde und sind es, meiner Meinung nach nicht Wert, dass wir ihnen nachtrauern. Suche Dir Freunde, die zu Dir halten. Ich weiss solche Menschen gibt es auch in Deiner Nähe. Vielleicht hast Du sie nur noch nicht gefunden.

Bernhard hat aus meiner Sicht etwas sehr wichtiges geschrieben, so banal es auch scheinen mag: (Zitat)
"Was machen Sie, wenn Sie sich Dinge nicht merken können", fragte mich die Psychologin während der Reha? Einen Zettel schreiben war meine Antwort und das habe ich als "Gesunder" vorher auch schon gemacht!
Genau so ist es! Das Beste daraus machen oder es zumindest versuchen es zu tun, ist das Wichtigste. Es sind oftmals die einfachen Dinge die einen weiter bringen. Versuchen das Gute zu sehen. Trauert nicht dem nach, das verloren ist sondern freut Euch an dem das geblieben ist.

Eine gute Bekannte von mir (die Grossmutter eines Freundes) hat mir einmal im Alter von 94 Jahren kurz vor Ihrem Tod als es ihr schlecht ging gesagt: "Was soll ich denn weinen? Das macht es doch auch nicht besser.". Das hat mich sehr beeindruckt und ich versuche es ihr gleich zu tun.

Natürlich fällt es mir auch nicht immer leicht und auch ich habe Tage, da möchte ich nur noch im Bett unter der Decke liegen und in Ruhe gelassen werden. Aber diese Tage sind selten und werden immer seltener.

Liebe Armorika, falls Du das hier liest: mache Dir nicht zu viele Sorgen wegen der OP. Bei jedem ist es anders. Es gibt so viele, welche die OP praktisch ohne Komplikationen überstehen. Man hört und liest eher von denjenigen, welche Probleme haben als von denen, welche keine Probleme haben. Ich drücke dir ganz fest die Daumen, dass bei Dir alles gut geht.

Ich wünsche Euch allen viel Kraft für den Alltag und gute Genesung!

Beste Grüsse,
Chrigu
1968, m. 06/13 AKN links 27mm kräftige Eindellung des Stammhirns. 2x OP im 2013 in Bern bei Dr. Lukes, 01/15 Rezidiv >33mm, OP 06/15 bei Dr. Lukes, 09/16 Rezidiv => Strahlentherapie
MonCheri
Beiträge: 22
Registriert: 04.01.2021, 23:16
Land: D
Geschlecht: w
Geburtsjahr: 1966
Wohnort: Rostock

Re: Suizidgedanken..... Lebensmut , was ist das ?

Beitrag von MonCheri » 06.07.2021, 21:52

Hallo an alle, die diesen Beitrag lesen😀
Die letzten Zeilen zu diesem Thema sind ja schon eine Weile her und ich hoffe, es geht euch allen gut, oder ihr seid weiter auf dem Weg der Besserung,auch wenn es nur kleine Schritte sind.Ich lese viel im Forum und frage mich oft, was mit den Leuten los ist,die es schwer getroffen hat und die sich schon lange nicht mehr melden.Ich habe auch mit Mathe und Rechtschreibung zu tun und habe gerade in diesem Beitrag der schon so lange her ist darüber gelesen.Und ich bin so froh, daß könnt ihr kaum glauben.Das macht mir Mut.Auch Mut zum weiter im Forum schreiben, auch wenn ich nie so genau weiß, wo der Beitrag landet.LG Moncheri
MonCheri, Jg 66 ,w ,verh , 1 Sohn,
AKN seit 2014, Probleme seit 2018, Op 2021 in Dresden
Antworten