OP in Österreich oder Deutschland?

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Mixi
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OP in Österreich oder Deutschland?

Beitrag von Mixi » 13.10.2010, 00:59

Meine Geschichte

Hallo liebe Forumsmitglieder,

Ich melde mich hier mit meinem ersten Beitrag und möchte vorab allen Schreibern und Betreuern für diese Homepage danken. Man kann innerhalb kurzer Zeit die wichtigsten Infos über dieses Ding im Kopf herausfinden, denn kaum jemand wird bei der Seltenheit eines Akustikusneurinoms jemanden im Bekanntenkreis kennen.

Ich möchte euch kurz meine Geschichte erzählen und bin über jeden Rat und Hinweis sehr dankbar. Kurz zu meiner Person: Ich bin männlich, 44 Jahre alt, nicht übersportlich aber doch gelegentlich skifahren, radfahren, laufen. Lebe mit meiner Lebensgefährtin, die mir wirklich toll beisteht, was mir sehr viel Kraft gibt, in Oberösterreich. Beruflich habe ich hauptsächlich Bürotätigkeiten und wenig körperliche Belastung.

Im Oktober 2008 wurde nach einem Hörsturz ein AN links entdeckt (AKH Linz). Vorher hatte ich noch keine Beschwerden. Wenn man andere Geschichten liest, wie lange es manchmal dauert bis zur Diagnose AN, da bin ich ja fast Weltmeister. AN-Größe 8-10 mm. Warten und beobachten wurde vereinbart.

März 2009 neuerliches MRT. Keine merkliche Vergrößerung
April 2010 neuerliches MRT. Vergrößerung auf ca. 16 x 15 x 12 mm. Leider erfuhr ich erst im September 2010 davon. Kein Arzt, der den Befund bekam, hat mich informiert. Das war leider auch mein Versäumnis, weil ich dachte …passt schon alles, letztes mal wars ja auch ok. Aber im Sept. 2010 hörte ich links plötzlich wieder schlechter. Ging zum Hausarzt und da erfuhr ich erst von der Größenzunahme, die beim MRT im April 2010 festgestellt wurde. In den nächsten Tagen erholte sich mein Gehör zum Glück wieder.

Jetzt war mir aber klar, dass ich dringend etwas unternehmen muss. Mir wurde das Wagner-Jauregg (Nervenklinik) in Linz empfohlen. Das erste Gespräch mit dem Herrn Professor war ernüchternd. Operation ist sinnvoller als Bestrahlung. Links werde ich das Gehör verlieren, der Gesichtsnerv kann zu 80% gerettet werden. OP sollte in Kürze durchgeführt werden.

Das war mal ein Schock. Mit vollständigem Gehörverlust kann ich mich nicht anfreunden. Dann habe ich zu recherchieren begonnen und bin unter anderem auf euer Forum gestoßen und hab darin gestöbert.
Wenn ich all die Infos richtig ordne, sehe ich für mich folgende Stoßrichtung:
Ich habe kaum Beschwerden, mein Gehör ist wieder ok. Das wären ja die besten Voraussetzungen für einen transtemporalen Zugang, um nervenerhaltend zu operieren. Die Zeit drängt natürlich, damit nicht zwischenzeitlich eine Hörverschlechterung eintritt.

Es gibt vielleicht schon Hinweise im Forum, aber ich ersuche um Antworten auf folgende Fragen:

- Wer sind die erfahrensten Spezialisten für eine nervenerhaltende Operation in Österreich und in Deutschland?

- Gibt es eine Chance, dass die österr. Gebietskrankenkasse (ohne Zusatzversicherung) die Kosten für eine OP in Deutschland übernimmt. Hat jemand Erfahrung mit E112? Argumentationshilfen für die Gebietskrankenkasse? (Hab nämlich Ende Okt. einen Gesprächstermin in Tübingen vereinbart)

- Hat jemand Erfahrung mit Wagner Jauregg in Linz oder Uniklinik Innsbruck?

Freue mich auf eure Antworten
LG
Mixi

44J.,männlich, AN entdeckt 10.2008 nach Gehörsturz, Vergrößerung, derzeit keine Beschwerden Operation soll demnächst erfolgen, aber wo?
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ANFux
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Re: OP in Österreich oder Deutschland?

Beitrag von ANFux » 15.10.2010, 17:42

Lieber Mixi,

Auf Deine konkreten Fragen am Ende des sehr aufschlußreichen Beitrages möchte ich zuerst antworten.

- Wer sind die erfahrensten Spezialisten für eine nervenerhaltende Operation in Österreich und in Deutschland?

- Gibt es eine Chance, dass die österr. Gebietskrankenkasse (ohne Zusatzversicherung) die Kosten für eine OP in Deutschland übernimmt. Hat jemand Erfahrung mit E112? Argumentationshilfen für die Gebietskrankenkasse? (Hab nämlich Ende Okt. einen Gesprächstermin in Tübingen vereinbart)

- Hat jemand Erfahrung mit Wagner Jauregg in Linz oder Uniklinik Innsbruck?


Zu 1)
Nicht ohne Grund haben wir, die IGAN, einen Medizinischen Beirat. Das sind Ärzte mit viel Erfahrungen in AN-Diagnose und -Therapie. Eine Rangfolge gibt es nicht. Daneben arbeiten weiter sehr erfahrene Ärzte in Mainz, Stuttgart, Freiburg, Hannover, Erfurt, Greifswald und in einigen anderen deutschen Städten, was man Beiträgen im Forum entnehmen kann.
In Österreich und in der Schweiz ist das Angebot nicht so zahlreich. Hier kann ich nur auf Berichte von Forumslesern verweisen.

Zu 2)
In der Rubrik Krankenkassen ist viel über diese Problematik geschrieben worden, unter der die Patienten aus A und CH leiden, wenn sie sich in D behandeln lassen wollen. Dort findest Du bestimmt Antworten.

Zu 3)
Mittlerweile hast Du ja schon Lubri gefunden bzw. der Dich. Er hat ja gute Erfahrungen mit Innsbruck gemacht !Ansonsten auch hier der Tip, die Suchfunktion zu nutzen. Unter Innsbruck findest Du - glaube ich - neun Beiträge, unter Linz habe ich noch nicht gesucht.

Die Suchfunktion sollte man immer nutzen, denn selbst die aktiven Forumsleser schauen nicht jeden Tag ins Forum, und so bleiben die in Beiträgen gestellten Fragen oft lange Zeit ungelesen von denen, die etwas dazu zu sagen hätten. Wenn Du sie gefunden hast, kannst Du sie per VN anschreiben. Das ist ein guter Weg.

Beste Grüße
ANFux
Zuletzt geändert von ANFux am 17.10.2010, 10:32, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Lubri und Innsbruck
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Re: OP in Österreich oder Deutschland?

Beitrag von Mixi » 16.10.2010, 00:07

Hallo Anfux,

Danke für deine Ratschläge. Die Suchfunktion ist wirklich sehr nützlich, denn sich im Forum zurechtzufinden ist gar nicht immer so leicht.
Infos über Österreich sind leider rar. Wenn man 1 gute oder 1 schlechte Meinung über einen Operateur liest, ist das leider noch nicht repräsentativ.

Ich habe jetzt so gut wie keine Beschwerden und ich werde nach der Operation wesentlich mehr Einschränkungen haben als jetzt. Gehörverlust, Fazialsparese, Tinnitus... alles ist möglich von - bis. Deshalb ist es mir so wichtig einen guten Arzt zu finden. Aussagen wie ich sie bekommen haben sind da nicht gerade vertrauenserweckend.

Aber ich habe jetzt mit dem Professor einen 2-ten Termin vereinbart um dort offene Fragen, welche durch mein "Mehrwissen" aufgetaucht sind zu klären. Parallel werde ich 2 andere Meinungen einholen und mich dann endgültig entscheiden.

Aber langsam bekomme ich den Eindruck, dass man auch einfach viel Glück braucht. Wenn das AN "ungünstig" liegt, kann auch der beste Operateur keine Wunder wirken. Auch bei den "Besten" Operateuren verlieren Patienten bei relativ kleinen ANs das Gehör.

Wahrscheinlich ist das Vertrauen zu dem ausgewählten Arzt das Wichtigste, damit man ohne große Angst zur Operation gehen kann.
Über jede weitere Info über Österreich Operateure bin ich dankbar.

LG
Mixi
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Re: OP in Österreich oder Deutschland?

Beitrag von ANFux » 22.10.2010, 17:50

Lieber Mixi,

Du hast mir eine VN mit Fragen geschrieben, die aber durchaus nicht intim sind, so dass ich Interesse der Rationalität (Verbreitung im Forum) öffentlich antworte.

Hallo Anfux,
Danke für deinen ausführlichen Bericht und deinen vorbildlichen Einsatz für unsere Anliegen und Infobeschaffung. Auch deine Arbeit im Forum ist unerlässlich um Ordnung zu halten. Ich glaube die meiste Arbeit die dahinter steckt sehen wir gar nicht. Danke dafür.

Du hattest Gelegenheit mit OA Aichleitner vom Wagner Jauregg Krankenhaus in Linz zu sprechen. Wie ist dein Eindruck? Ist er ein erfahrener Chirurg?

Gab es in irgendeiner Form Beiträge über den Gehörerhalt bei AN Operationen.
Ich habe in nächster Zeit 2 Termine bei Professoren (1xÖ und 1xD). Da ich derzeit noch volle Hörleistung habe, ist mein größtes Anliegen dieses auch zu erhalten.
Ich muss mir wichtige Fragen zusammenstellen, vielleicht hast du ja ein paar Fragen für mich welche ich unbedingt stellen sollte?

z.B.
- Welcher Zugang wird operiert? (der günstigste für Hörerhalt ist ja transtemporal....oder?
- Wer operiert? HNO und/oder Neurochirurg.
- Wie groß sind die Chancen für Hörerhalt, Fazialisparese?
- Welche sonstige Komplikationen können auftreten?
- Wird ein Endoskop zur Unterstützung verwendet?
- Ist es sinnvoll nicht komplett zu entfernen um Gehörnerv zu schonen?
- Wird Monitoring des Hör- und Gesichtsnerv durchgeführt?
- Wieviele AN OPs führt er jährlich durch (ist es in einer Zahl ausdrückbar, ab wann jemand ein guter Operateur ist?)

Ich wäre dir dankbar für deine Unterstützung.
LG Mixi


Ich kann über die Kompetenz von OA Aichholzer in Sachen AN nichts sagen. Ich habe mit ihm zum ersten Mal gesprochen, und da stößt man nicht so weit vor.....Wir sprachen vor allem über die Gründung einer SHG in Österreich.

Der Erhalt des Hörvermögens hängt von vielen Faktoren ab: Lage und Größe des Tumors, Dauer seiner Existenz, Grad der bereits eingetretene Hörverlustes, Ausbildung („Verdrillung“)des Zwillingsnerven aus Gleichgewichts- und Hörnerven, Ausbildung der Gefäße im OP-Feld, Dauer der OP, Grad der Schädigung der Blutversorgung wahrend der OP (ganz wichtig – eine wichtige Erfahrung aus dem Kongreß), Erfahrung des Operateurs und seines Teams u.a. Deshalb ist es fast müßig, sich mit allgemeinen Durchschnittszahlen zu beschäftigen. Jeder Fall muß individuell betrachtet werden. Und das sowohl in der Vorschau, der Prognose, als auch im Danach. Zahlen sind gefährlich, können irreführen. Und es zählen nur die des jeweiligen Operateurs in vergleichbaren Fällen. Und auch da liegt wieder die Crux: Wer will genau einschätzen, dass Fälle identisch sind? Deshalb sag ich immer, dass ein sehr guter Operateur in 50 bis 70 Prozent der Fälle ein Hörvermögen erhalten kann. Und bei der Fazialisparese sind das über 90 %. Genauere Zahlen gebe ich für allgemeine Prognosen nie an. Und auch hier muß ich immer den Zusatz „erfahrener Operateur“ machen. Und es gibt keine Garantie. Weiter Beschäftigungen mit diesem Thema betrachte ich als Zeitverschwendung.

Gerade der Grad der Schädigung der Blutversorgung wahrend der OP ist ganz wichtig (eine wichtige Erfahrung aus dem Kongreß). Zu starke Schädigungen führen höchstwahrscheinlich zu den postoperativ nach einigen Tagen eintretenden Hörverlusten und Fazialisparesen.

Der Zugang ist nicht entscheidend für den Hörerhalt. Die anderen Faktoren sind wichtiger. Den Zusammenhang transtemporal - Hörerhalt gibt es schon gar nicht, eher den translabyrinthär – Fazialiserhalt.
Aber reite nicht auf solchen Themen herum. Das nervt den Arzt eher. Er wählt den Weg, der für Dich und für ihn am besten läuft. Das trifft auch auf die Wahl HNO oder NC zu, wobei in einigen Kliniken regelrechte Abstimmungen zwischen den Ärzten vorher erfolgen.
Nach Monitoring und Endoskop kannst Du fragen – beides ist aber in einer guten Klinik auf jeden Fall präsent. Die Frage ist, wie perfekt sie eingesetzt werden – also Teamerfahrung!

Das Belassen eines Tumorrestes ist leider noch immer zu häufig eine Begründung für den Erhalt von Nerven. Ich wage hier die Aussage, dass das nicht immer Berechtigung hat. Und hier scheiden sich die Geister, hier liegen die Unterschiede zwischen unerfahrenen und erfahrenen AN-Operateuren. Es gibt leider Fälle, da ist der Rest fast so groß wie der Tumor vor der OP. Hier ist genaues Fragen im Konsultationsgespräch angebracht, und genaues Zuhören über Strategie, Ziele, Prioritäten. Das kann man aber hier nicht alles ausbreiten.

Fallzahlen. Heiß diskutiert. Auch sehr vielschichtig. Übung macht den Meister. Das gilt auch hier, wenn das auch nicht allein Qualität garantiert. Hier sollte man fragen. Eine Schwelle, ab der man ein bestimmtes Niveau als Operateur erreicht hat, gibt es objektiv nicht. Die Experten streiten seit Jahren, es zeichnet sich eine Lösung ab, aber nicht heute und morgen.

Nach möglichen Komplikationen generell würde ich nicht fragen. Die weißt Du doch schon prinzipiell aus der Homepage und dem Forum (oder etwa nicht?). Ich würde nur fragen, ob in meinem konkreten Fall ganz spezielle Schwierigkeiten zu erwarten sind. Alles andere bringt nur eine Aufzählung, die Dich niederringt und niemandem hilft. Du musst eine gemeinsame Linie mit dem Operateur erzielen, musst bereit sein, ein Risiko mit ihm einzugehen, eine Vertrauensbasis schaffen.

Beste Grüße
ANFux
1939, m. '94 transtemp. OP (15 mm) in Magdeburg/Prof. Freigang, einseitig taub, kein Tinnitus, keine Fazialispar. Rehakur in Bad Gögging. '96-'04 im Vorstand d. VAN in D, seitdem Beratungen zum AN. Ab '07 Moderator, ab '08 Homepage-Verantwortl.(bis 2012)
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Re: OP in Österreich oder Deutschland?

Beitrag von Mixi » 26.10.2010, 23:13

Hallo Anfux,
Bezüglich der Chancen des Hörerhaltes abhängig vom Zugangsweg bei der OP gab es beim Kongress in Erfurt folgenden Vortrag (Kopie siehe unten). Demnach gibt es schon große Unterschiede beim Hörerhalt.
Ich hatte ja ein 2-tes Gespräch mit meinem Operateur und er sagte mir, dass ein Neurochirurg normalerweise nur suboccipital operiert (wie auch er selber). Transtemporal operiert meistens nur ein HNO Chirurg. Nach dem Lesen des Berichtes, möchte ich einen HNO Chirurg konsultieren (wenn möglich Dr. Lenarz). Werd mich gleich um einen Termin bemühen, mal sehn wie er die Chancen bei mir einschätzt. Meine geplante OP hab ich momentan auf Eis gelegt.

Leider schreibt fast niemand der Mitglieder welcher OP Zugang bei ihm gewählt wurde. Wäre sicher hilfreich zu wissen (in Signatur).

LG Mixi

(SA.07.02)Funktionelle Ergebnisse der Akustikusneurinomchirurgie unter Berücksichtigung verschiedener ZugangswegeThomas Lenarz1, Madjid Samii2
1Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Medizinische Hochschule Hannover, 2Neurochirurgie, International Neuroscience Institute (INI), Hannover

Patienten mit Akustikusneurinom weisen präoperativ in der Regel eine intakte Facialisfunktion und unterschiedliche Grade einer Hörminderung auf. Zusätzlich finden sich Vestibularisstörungen in unterschiedlicher Ausprägung. Die mikrochirurgische Entfernung der Akustikusneurinome kann heute als eine Standardtherapiemethode gelten. Dabei haben sich drei Zugangswege (transtemporal, suboccipital und translabyrinthär)
etabliert.
Die erzielbaren funktionellen postoperativen Ergebnisse sind hinsichtlich des Zugangsweges ggf. unterschiedlich. Dies wurde an einer gewissen Zahl gemeinsam behandelter Patienten untersucht. Verglichen wurden die prä- und postoperative Facialisfunktion sowie der erzielbare Erhalt des Resthörvermögens.
Insgesamt fanden 750 Patienten Eingang in die Studie. Die Patienten verteilten sich auf die drei Zugangswege
(transtemporal: 270 Patienten, suboccipital: 290 Patienten und translabyrinthär: 190 Patienten).

Die Tumorgröße und Tumorlokalisation differierten zwischen der Gruppe mit transtemporalem und suboccipitalem Zugang.

Beim translabyrinthären Zugang waren Tumoren aller Größenverhältnisse vertreten. Die Indikation hierfür war in der Regel ein nicht erhaltenswertes präoperatives Hörvermögen sowie starke Schwindelbeschwerden bei älteren Patienten.

Ergebnisse: Facialisfuntion House-Brackmann Grad I und II bei transtemporalem Zugang: 91 % bei suboccipitalem Zugang: 94 % und bei translabyrinthärem Zugang: 94 %.
Hörvermögen: Kompletterhalt des präoperativen Hörvermögens transtemporal: 34 % und suboccipital: 20 %.
Teilerhalt des Hörvermögens transtemporal: 37 % und suboccipital: 21 %.
Gesamthörerhaltungsrate transtemporal: 71 % und suboccipital: 51 %.

Diskussion: Die Ergebnisse zeigen markante Unterschiede zwischen den verschiedenen Zugangswegen hinsichtlich des funktionellen postoperativen Ergebnisses. Für die Operation müssen jedoch unterschiedliche Tumorgrößen und Tumorlokalisationen Berücksichtigung finden. Die Ergebnisse sind hinsichtlich des zu wählenden operativen Zugangsweges bei den Patienten zu berücksichtigen.
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Re: OP in Österreich oder Deutschland?

Beitrag von ANFux » 27.10.2010, 18:30

Was Statistiken aussagen und was nicht

Lieber Mixi,

es hätte keines Zitats der Vortragszusammenfassung bedurft, denn ich habe diesen Vortrag gehört. Aber so können ihn alle Forumsbesucher lesen.
Ich deute ihn aber offensichtlich etwas anders als Du. Ich zitiere einige Sätze aus der Kurzfassung des Vortrages und hebe einige Passagen noch durch Unterstreichung hervor:

Die erzielbaren funktionellen postoperativen Ergebnisse sind hinsichtlich des Zugangsweges ggf. unterschiedlich.

Die Tumorgröße und Tumorlokalisation differierten zwischen der Gruppe mit transtemporalem und suboccipitalem Zugang.

Die Ergebnisse zeigen markante Unterschiede zwischen den verschiedenen Zugangswegen hinsichtlich des funktionellen postoperativen Ergebnisses. Für die Operation müssen jedoch unterschiedliche Tumorgrößen und Tumorlokalisationen Berücksichtigung finden.


Auch wenn ich mich der Kritik aussetze, dass ich zu naturwissenschaftlich-mathematisch an solche Aussagen herangehe, interpretiere ich die Aussagen des Vortrages so:

Wenn man zwei Gruppen vergleicht, die unterschiedlich zusammengesetzt sind, dann kann man das Ergebnis für jede Gruppe nennen, aber ein Vergleich hinkt – und das im wahrsten Sinne des Wortes.
Man kann also mit gutem Gewissen sagen, dass

bei transtemporalem Zugang in einer Gruppe mit Tumorgrößen a - f und Tumorlagen u – w (alle anderen Einflußgrößen bleiben unberücksichtigt!) im Mittel bei 71 % das Hörvermögen erhalten werden konnte - durch die Operateuere ABC -und dass

bei soboccipitalem Zugang in einer Gruppe mit Tumorgrößen g - k und Tumorlagen x – z (alle anderen Einflußgrößen bleiben unberücksichtigt!) im Mittel bei 51 % das Hörvermögen erhalten wurde - durch die Operateure DEF.
Schon bei anderen Operateuren werden sich andere Zahlen ergeben!

Daraus abzuleiten, dass der erste Zugang (generell) besser für den Hörerhalt ist, ist unzulässig. Niemand kann das im Ernst behaupten. Das haben übrigens die Autoren Prof. T. Lenarz und Prof. M. Samii auch nicht so behauptet. Denn sie haben wohlweislich darauf hingewiesen, was noch beachtet werden muß – was sie aber in Ihrem Vergleich nicht getan haben.
Es kann also nicht abgeleitet werden, dass die Chancen für den Erhalt eines Hörvermögens bei transtemporalem Zugang 20 % ( = 71-51) besser sind als bei suboccipitalem Zugang. Ich wiederhole es, dann müßten alle anderen Einflussfaktoren bei allen Fällen in beiden Gruppe gleich sein oder sich nur vernachlässigbar unterscheiden. Das sind Voraussetzungen, die nahezu unerfüllbar sind. Die Zahlenangaben gelten also für die in der Studie analysierten Fälle, mit den dort vorgelegenen Tumordaten – und nur dafür!

Die Autoren nennen die Tumorgröße und Tumorlokalisation als Fakten, die noch berücksichtigt werden müssen. Sie nennen nicht all die Dingen, die ich in meinem vorangegangenem Beitrag noch genannt habe. Ich bleibe dabei und stelle mich jeder Diskussion: Diese Faktoren sind ebenso wichtig! Und es bleibt die Frage unbeantwortet: Wie waren diese Fakten bei den beiden verglichenen Gruppen?

Ich kann mir nicht verkneifen, darauf hinzuweisen, dass der suboccipitale Zugang i.d.R. bei den schwierigeren Fällen angewendet wird. In dieser Datenmenge sind also evtl. (ich betone evtl.) die Fälle mit den ungünstigeren Tumordaten. Aber man sieht, hier fängt schon wieder eine Spekulation an. Und das nur, weil die Ausgangsdaten für die statistische Untersuchung nicht genauestens beschrieben wurden – ein Grundübel fast jeder Statistik.

Lieber Mixi, ich habe diese Ausführungen nicht gemacht, um Deine Meinung zu widerlegen, sondern ich wollte an diesem Beispiel zeigen, wie schwierig die richtige Deutung von statistischem Material sein kann, ja eigentlich ist. Jeder kann, wird und soll aus statistischem Material seine Schlüsse ziehen; aber Vorsicht mit vorschnellen Verallgemeinerungen!

Übrigens habe ich in Erfurt am Ende dieses Vortrages nicht diskutiert. Zum einen war aus Zeitgründen für den Block von fünf Vorträgen (einer der interessantesten Themenblöcke) keine Diskussion zu Einzelvorträgen erlaubt und zweitens hätte ich diese Bemerkungen zu fast jeder Statistik machen können.

Beste Grüße
ANFux
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