Operation durch Chefarzt oder Oberarzt ?

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ANFux
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Operation durch Chefarzt oder Oberarzt ?

Beitrag von ANFux » 02.12.2008, 19:54

Operation durch Chefarzt oder Oberarzt ?

Das Forumsmitglied baerto stellte in einem Beitrag fest, dass im Forum meist davon berichtet wird, dass der Chefarzt persönlich operiert hat.
Ich kann nicht sagen, ob und in wievielen Fällen nicht die Chefs der Kliniken, sondern Oberärzte operiert haben. Dazu habe ich aber einen Standpunkt.
Zuerst hatte ich die Gedanken dazu als Antwort an baerto geschrieben, habe aber hiermit ein separates Thema gemacht.

Auch die heutigen Chefs, seien sie auch heute die berühmtesten Operateure, haben als Student, Praktikant oder Assistenzarzt einmal „den Schieber unter die Patienten geschoben“. Sie haben auch irgendwann einmal den ersten Schnitt mit dem Skalpell gemacht. Sie sind nicht als Meister vom Himmel gefallen. Sie waren möglicherweise besonders begabt für ihren gewählten Beruf. Sie haben aber vor allem viel gelernt, hatten gute Lehrer, haben bei erfahrenen Ärzten zugeschaut, haben vermutlich viel gefragt, waren kritisch und selbstkritisch, fleißig und ehrgeizig, haben sich weitergebildet. Und sie hatten das Glück, bei einem guten Arzt einmal unter Beobachtung "an den Patienten rangelassen zu werden". In der Regel behandeln diese Ärzte dann ihre Mitarbeiter später genau so. D.h., daß in der Nähe eines wirklich guten Operateurs auch neue gute Operateure heranwachsen. Es wächst in diesem Umfeld eine neue Generation guter Ärzte, erfahrener Operateure heran. Und diese werden nicht unkontrolliert, unreif und ohne Anleitung auf die Patienten losgelassen. Das würde ein „guter Lehrer“ nie tun! Aus Verantwortung gegenüber dem Patienten nicht und auch aus persönlichem Stolz nicht, denn der Lehrling stellt auch dem Lehrmeister indirekt ein Zeugnis aus. Man kann sich also sehr wohl unter die Fittische der Oberärzte an renommierten Kliniken begeben. Es klingt banal, ist aber wahr: Die heutigen Chefärzte waren auch einmal „nur“ Oberarzt.

Damit ist noch nicht einmal gesagt, daß es an einigen Kliniken sogar so ist, daß ein Oberarzt für eine spezielle Therapie mehr Erfahrung haben kann als der Chef. Das sei nur prinzipiell gesagt, trifft z.B. auf die Mitglieder des IGAN-Beirates und auf deren Kompetenz bzgl. Akustikusneurinom nicht zu. Aber deren Oberärzte, sofern sie das Akustikusneurinom operieren, sind fürwahr keine Laien!

Bei der Frage Chefarzt-Oberarzt muß auch Folgendes beachtet werden: Nicht allein der Operateur ist entscheidend für den Verlauf und Erfolg des Eingriffes. Schon die OP-Vorbereitung trägt die Handschrift des Chefs. Welche Voruntersuchungen setzt er an? Führt er ein persönliches Gespräch mit dem Patienten? Vor allem aber ist das OP-Team wichtig! Dazu zählen insbesondere die Anästhesisten und - bei Hirn-Operationen enorm wichtig - die Ärzte, die das Neuromonitoring betreuen. "Im Hintergrund", für nicht erwünschte Probleme, müssen leistungsstarke andere medizinische Disziplinen in der Klinik zur Verfügung stehen. Auch das Pflegepersonal gehört dazu. Und nicht zuletzt ist die Technik wichtig, die in den besten Kliniken auf dem neuesten Stand ist.
All das steht dem Oberarzt genau so zur Verfügung wie dem Chefarzt.

Es ist übrigens keine Anmaßung, auch Oberärzte, die z.B. Sprechstunden abhalten, nach ihren persönlichen Erfahrungen zu fragen. Und sollten sie wirklich richtig schnoddrig und lustlos sein, was ja vorkommen könnte: Chef informieren.

Das ist meine Meinung zu diesem Thema. Ich habe absichtlich keine Namen genannt, könnte aber sowohl Chefärzte als auch Oberärzte nennen, die ich mit meinen Zeilen gemeint habe.

ANFux
1939, m. '94 transtemp. OP (15 mm) in Magdeburg/Prof. Freigang, einseitig taub, kein Tinnitus, keine Fazialispar. Rehakur in Bad Gögging. '96-'04 im Vorstand d. VAN in D, seitdem Beratungen zum AN. Ab '07 Moderator, ab '08 Homepage-Verantwortl.(bis 2012)
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