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Angeborene Fazialisparese + Fazialisneurinom // Cross face nerve graft?

Verfasst: 14.02.2020, 16:47
von Loddi
Hallo liebes Forum,
Ich bin w, Jg. 1991 und habe seit Geburt eine (fast?) komplette Fazialisparese re. Die Ursache ist unbekannt. Die Stirn ist unbeweglich, das Auge schließt nicht ganz - mit Augentropfen komme ich gut klar. Den Mundwinkel konnte ich einige Jahre noch einigermaßen gut bewegen. Das wird seit ca. 2-3 schlechter. Komischer- und glücklicherweise habe ich immer noch sehr gute Tage mit deutlicher Mundwinkelaktivität (Lächeln!). Insgesamt komme ich gut mit meiner Parese klar - ich kenne mich ja nicht anders. Die Verschlechterung belastet mich jedoch psychisch.

Anfang 2011 trat plötzlich eine Hörminderung re. auf. Mein HNO diagnostizierte eine Otosklerose (Verknöcherung der Gehörknochen). So wurde ich noch 2011 im UK Essen operiert. Während der OP entdeckte man ein intrameatales Fazialisneurinom und schloss das Ohr unverrichteter Dinge (leider kein histologischer Befund). MRT-Ergebnis: Neurinom, 8*9*18mm, Tumor um den Gesichtnerv gelegt. Vermutung: Fazialisneurinom.
Danach ist nicht mehr viel passiert. Von einer OP wurde mir abgeraten - die Gefahr, den Nerv zu zerstören sei zu groß. Dies entsprach auch meiner Angst. Das letzte bisschen Nervenaktivität und besonders mein zumindest in Ruhe symmetrisches Gesicht wollte ich gerne erhalten. Mein Gehör ist um ca. 30dB vermindert und ich habe ein leichtes Rauschen auf dem Ohr.

Seitdem Watch & Wait. MRTs 2012, 2018 und 01/2020 (alle im UK Essen) zeigen keine Veränderungen.
2018 war ich bei Prof. Sandalcioglu in der Neurochirurgie am Klinikum Nordstadt Hannover. Er empfahl, weiterhin abzuwarten. Laut Dr. Bundschuh im Gamma Knife Zentrum Hannover könne der Gesichtsnerv durch Anschwellen des Tumors nach Bestrahlung weiter geschädigt werden, daher auch hier: abwarten. Ich solle eine Dekompression des Gehörgangs prüfen, um den Nerv ggf. zu entlasten.
Dazu der Gang ins UK Düsseldorf. Geschmacks- und Gleichgewichtstest unauffällig, ein EMG zeigte leichte Rest-Nervenaktivität. Man beriet mich bzgl. kosmetischer Eingriffe in meinem Gesicht (Gold-Implantat im Auge, statische Korrektur des Mundwinkels). All das wollte ich mir aber für später (=stärkere Asymmetrie) aufheben.

Zuletzt mit meiner nun sehr unbeweglichen Gesichtshälfte sehr unglücklich, stellte ich mich diese Woche bei Dr. Kehrer im St. Josef KH Regensburg vor. Er sieht gute Chancen für ein Cross face nerve graft. Ich weiß, dass die zwei OPs kompliziert sind, doch die Aussicht auf ein beidseitiges Lächeln macht mir sehr viel Hoffnung. Dr. Kehrer hat sich auf das Thema Fazialisparese spezialisiert und hat dazu eine sehr gute und informative Webseite (fazialis.de) erstellt. Er scheint sich dem Thema persönlich verschrieben zu haben und machte auf mich einen sehr guten Eindruck. Irritiert ist er von der schwankenden Beweglichkeit meines Mundwinkels und sprach ebenfalls das Thema Dekompression an. Daher habe ich mich in den letzten Tagen wieder aktiver mit dem Thema AN / Fazialisneurinom beschäftigt.

Durch dieses Forum bin ich auf Prof. Ebner im Krupp KH in Essen aufmerksam geworden. Dort habe ich noch im Feb. 2020 einen Termin. Ich werde sämtliche MRT-Aufnahmen zu einer genauen Vermessung und Einschätzung vorlegen.

Ich habe also trotz lebenslanger Symptomatik noch immer keine eindeutige Diagnose. Dies liegt sicher auch daran, dass mein Vertrauen in die Ärzte nach der sinnlosen Ohr-OP 2011 nicht mehr das Beste ist und ich den Fokus stets auf meine Gesichtslähmung gelegt habe. Da das Neurinom nicht gewachsen ist, war ich mit „watch and wait“ zufrieden. Ich hoffe, dass Prof. Ebner mich hier besser beraten kann. Trotzdem die Fragen:

Gibt es Mitglieder mit einem Fazialisneurinom oder hat jemand einen Kontakt? Gibt es Erfahrungen bzgl. Dekompression des Gehörgangs und / oder Cross nerve graft?

Ich danke euch vielmals für das Lesen meines langen Textes und hoffe auf einen regen Austausch!

Liebe Grüße,
Loddi

Re: Angeborene Fazialisparese + Fazialisneurinom // Cross face nerve graft?

Verfasst: 16.02.2020, 16:38
von snowdog
Liebe Loddi,

die Suchfunktion im Forum weist zu (Cross) Nerve Graft Beiträge
von purzel (Thema „Nach 15 Monaten unverändert Parese;
nerve graft oder warten
?“)
Lotta88 und Mia aus -
meines Wissens bist Du die erste im Forum, die über
ein AN mit vergleichbarer Vorgeschichte berichtet. Aufgrund deiner
angeborenen Fazialisparese und der Diagnose Fazialisneurinom stellt
sich die Frage, ob dies synonym mit einem Akustikusneurinom zu
verstehen ist.

Die erste HNO-OP erfolgte aufgrund einer abweichenden Diagnose
und führte zur Zufallsdiagnose Neurinom, offenbar wurde danach
die Option eines neuro-chirurgischen Eingriffs nicht weiter verfolgt
bzw. in Erwägung gezogen (?)

Was auffällt, ist ein sehr großer zeitlicher Abstand zwischen den
MRT-Untersuchungen 2012 und 2018 – fanden dazwischen jährliche
oder gar keine Kontrollen statt ?
Von Watch and Wait zu sprechen setzte regelmäßige Kontrolltermine
voraus. Da sich offensichtlich keine Veränderungen ergeben haben,
ist dies für das weitere Vorgehen nachrangig.
Du bist sowohl bei Operateuren als auch Strahlentherapeuten vorstellig
geworden und hast bereits einen Termin bei Prof. Ebner vereinbart –
dies ist ein guter Schritt auf dem Weg zur Entscheidung.

Deine Fragen wirst Du sicherlich beim Termin in Essen stellen können.
Dazu gehört auch, ob die Diagnosen Fazialis- und Akustikusneurinom
ähnlich zu bewerten sind. Alles Gute für den weiteren Verlauf.

Beste Grüße
snowdog

Re: Angeborene Fazialisparese + Fazialisneurinom // Cross face nerve graft?

Verfasst: 16.02.2020, 20:07
von Loddi
Hallo snowdog,

danke für deine Antwort!
Die Beiträge im Forum hatte ich vorab gelesen, leider hat keiner der anderen Nutzer Erfahrungen mit einem Cross face nerve graft. Ggf. werde ich aber auf die genannten Ärzte für eine Zweitmeinung zurückgreifen.
Die erste HNO-OP erfolgte aufgrund einer abweichenden Diagnose
und führte zur Zufallsdiagnose Neurinom, offenbar wurde danach
die Option eines neuro-chirurgischen Eingriffs nicht weiter verfolgt
bzw. in Erwägung gezogen (?)
Genau, im UK Essen sagte man damals, eine OP würde höchstwahrscheinlich den Gesichtsnerv komplett zerstören. Man empfahl mir, regelmäßig MRTs machen zu lassen. "Regelmäßig" wurde nicht definiert. Sonst bin ich nach der Entdeckung des Neurinoms nicht wirklich weiter untersucht oder über mögliche Optionen beraten worden. OP und Bestrahlung wurden erwähnt, mir jedoch nicht empfohlen. So habe ich mir selbstständig bei meinem Hausarzt Überweisungen für die MRTs besorgt (zwischen 2012 und 2018 gab es tatsächlich keine Kontrollen). Mit der Stagnation des Neurinoms war ich glücklich und habe mich daher wie in meinem Ausgangspost beschrieben nicht viel damit beschäftigt. Das ändere ich seit 2018, besser spät als nie. :)

Danke für den Hinweis, dass FN und AN sich u.U. unterscheiden. Das werde ich definitiv bei Prof. Ebner in Erfahrung bringen und dann gerne hier teilen.

Viele Grüße,
Loddi