Es gibt mich noch - ANFux

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ANFux
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Es gibt mich noch - ANFux

Beitrag von ANFux » 21.02.2018, 23:08

Es gibt mich noch – ANFux

Die Mitgliederliste des IGAN-Forums weist mich (außer dem Administrator ) am 14.8.2007 als erstes Mitglied aus. Am 9.10.2007 schrieb ich meinen ersten Forumsbeitrag. In den Folgemonaten entstanden alle Textseiten der Homepage.

Am 4.2.2012/19:28 Uhr habe ich mich in der Rubrik „Ankündigungen und wichtige Themen“ mit dem Beitrag „Ich gehe, aber bleibe“ als Moderator und Homepageverantwortlicher verabschiedet.

Ich habe heute diesen ziemlich langen Beitrag noch einmal gelesen, und es drängt mich, einiges hinzuzufügen.
Als Gründe für meine Entscheidung stehen dort nur kurz ein paar Wörter: Hobbys, Familie, Frau und Gesundheit - die eigene und die der Frau. Das war sehr kurz gefaßt.

2009 wurde bei meiner Frau (nach meiner Eigendiagnose) von den Ärzten idiopathisches Parkinson diagnostiziert (das „typische“).2012 begannen Stürze, einer pro Monat. 2016/2017 wurden es neun bis fünfzehn pro Monat.

Weil ich aus der Resonanz auf meine Forumsbeiträge spürte, daß ich vielen vom Akustikusneurinom Betroffenen Verständnis und Hilfe geben konnte, schöpfte ich aus meiner Tätigkeit für das IGAN-Forum trotz starker Belastung auch Kraft für die Betreuung und Pflege meiner Frau. Aber alles hat seine Grenzen. Und so trat seit 4.6.2017 eine Pause ein, nach dem 1050.ten Forumsbeitrag. Es fehlte einfach die Zeit. Aber das Wissen, daß mit snowdog ein Moderator aktiv war, der mit mir auf einer Wellenlänge denkt und arbeitet, hat mein schlechtes Gewissen beruhigt - etwas wenigstens, denn ich weiß, daß snowdog auch drei Baustellen hat: die eigene Gesundheit, die Familie und das Forum. Wir haben wochen-, ich denke fast monatelang nicht einmal mehr telefoniert.....

Der Zeitmangel führte sogar dazu, daß ich tagelang keinen PC einschaltete, und wenn doch, dann ohne im IGAN-Forum zu lesen oder gar zu schreiben. Denn ich hatte ein anderes Thema: PARKINSON.

Was war bzw. ist geschehen?
Parkinson hat viele Gesichter und sehr, sehr viele Symptome. Viele werden erst heute dieser Krankheit zugeordnet. Das Händezittern, das zum Begriff Schüttellähmung führte und fürwahr nicht alle betrifft, ist ein eher harmloses. Ich werde die umfassende Symptomatik hier aber nicht schildern. Es gibt neben dem typischen sog idiopathischen Parkinson drei atypische: MSA, PCP und CBM.

Drei Klinikaufenthalte haben 2012, 2013 und 2015 bei meiner Frau einen typischen Parkinson gesehen. Eine von mir 2017 angeregte Differentialdiagnose hat in einem vierten Klinikaufenthalt nur ein „möglicherweise“ gebracht. Drei ausgewiesene Spezialisten aber sind der Meinung, daß bei meiner Frau ein „atypischer Parkinson“ vorliegt - PSP. Wenn das so ist, dann wäre die gesamte medikamentöse Behandlung seit 2009 unnötig bis falsch gewesen....

PSP – was ist das? Progressive supranukleäre Blickparese. Dieser Typ wird mittlerweile in acht Varianten untergliedert. Es spricht viel dafür, daß meine Frau unter der Variante PAGF leidet: Pure Akinesa with Gait Freezing (Reine Bewegungsarmut mit Gang-Freezing). Die Häufigkeit des Auftretens dieses Parkinsons: 6 von 100.000 leiden unter PSP - weniger als 1% davon leiden unter PAGF. Das sind bei 80. Millionen weniger als 50 (keine Schreibfehler!).

Das Entscheidende ist das progrediente Freezing = Fortschreitendes Anfrieren. Die Füße des/der Erkrankten haften plötzlich wie angefroren am Boden. Bei jedem Gangstart, vor jedem angepeilten Ziel, vor und in Türen, vor Treppen, vor und in Kurven, bei Lärm, visueller Ablenkung und Multitasking (zwei Dinge gleichzeitig tun, z.B. beim Gehen etwas tragen oder sprechen). Ich habe bis zu 200 Blockaden in 24 Stunden (drinnen und draußen) gezählt. Die Blockaden dauern einige Sekunden, aber auch manchmal Minuten. Das scheint ewig lang.

Mittlerweile geht meine Frau nur mit einem Stock als Gehhilfe und an meiner Hand, auch in der Wohnung, tags und nachts. Allein diese Bindung von Erkrankter und Ehepartner macht beide zu Betroffenen. Bedenkt man, daß der Partner alle häuslichen Aufgaben erledigt und immer die Erkrankte begleitet, führt, hat man eine Vorstellung, wieviel Zeit dann für alle Alltagsaufgaben und Hobbys bleibt. Täglich werden so einige Stürze verhindert (ca. fünf), dennoch geschehen einige pro Monat. Einige andere für Parkinson typischen Symptome sollen hier gar nicht erwähnt werden. Wir hoffen beide, daß ein baldiger Aufenthalt in einer absoluten Spezialklinik in Biskirchen mehr Klarheit in die Diagnose und eine zielorientierte Therapie bringt. Ich möchte so lange die Kraft reicht und gute Therapieempfehlungen vorliegen, meine Frau zu Hause betreuen und pflegen, denn ich kann mir nicht vorstellen, daß für viele gleichartig Betroffene die Kraft in einer Pflegestation reicht.


Liebe Forumsmitglieder, ich wollte heute auf eine Frage antworten, die der eine oder die andere sich stellt - warum der ANFux so schweigsam geworden ist. Ich möchte aber nicht, daß dieser Beitrag zu einer Diskussion im Forum führt! Hier geht es um das Akustikusneurinom! Wer glaubt, daß er zu seinem Fall meine Meinung gern wüßte, kann das per VN tun. Etwas warten ist aber einzuplanen, denn weder öffne ich täglich den PC, noch lese ich alle Neuigkeiten, noch habe ich täglich Zeit zum Schreiben. Heute ist meine Frau bis 16 Uhr in einer Tagesklinik.

Allen Lesern alles denkbare Gute und
beste Grüße von ANFux.
1939, m. '94 transtemp. OP (15 mm) in Magdeburg/Prof. Freigang, einseitig taub, kein Tinnitus, keine Fazialispar. Rehakur in Bad Gögging. '96-'04 im Vorstand d. VAN in D, seitdem Beratungen zum AN. Ab '07 Moderator, ab '08 Homepage-Verantwortl.(bis 2012)
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Re: Es gibt mich noch - ANFux

Beitrag von ANFux » 22.09.2021, 09:14

Liebe Leser und Leserinnen,

eine neue Situation in meinem Leben hat mir das Thema Akustikusneurinom und damit das Forum der IGAN wieder näher gebracht.

Nach Aufenthalten in Spezialkliniken, Tageskliniken und seit 2/2020 in vollstationärer Pflege ist meine Frau gestorben. Die Einschränkungen der Kontakte zwischen ihr und mir als Reaktion auf die Corona-Pandemie hatten zu nur schwer schilderbarem Leid geführt - bei ihr und mir.

Ich werde noch Zeit gebrauchen, um meine (neue) Rolle in der neuen Situation zu finden - auch, was das Akustikusneurinom und die IGAN betrifft. Noch ist an Teilnahme im Forum nicht zu denken - aber ich hoffe, daß die wiederkommen.

Herzliche Grüße
von ANFux.
1939, m. '94 transtemp. OP (15 mm) in Magdeburg/Prof. Freigang, einseitig taub, kein Tinnitus, keine Fazialispar. Rehakur in Bad Gögging. '96-'04 im Vorstand d. VAN in D, seitdem Beratungen zum AN. Ab '07 Moderator, ab '08 Homepage-Verantwortl.(bis 2012)
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