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Ärzte müssen Online-Bewertungen dulden

Verfasst: 24.09.2014, 13:11
von ANFux
Ärzte müssen Online-Bewertungen dulden

Am 23.9.2014 habe ich auf der Homepage der ARD einen Bericht über eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofes gelesen, die auch bedeutsam für die IGAN und spezielle für die Forumsaktivisten ist. Es geht darum, ob und inwieweit im Internet ein Arzt und speziell dessen Leistung bewertet werden darf und was dabei zu beachten ist.

Nun gibt es weder auf der Homepage noch speziell im Forum der IGAN ein System für eine formelle Bewertung von Ärzten, aber die AN-Betroffenen kommen bei der Darlegung ihrer Fragen und Erfahrungen kaum umhin, das Auftreten und die Leistungen der von ihnen konsultierten Ärzte zu schildern. Das ist sogar ein wichtiger Teil des Erfahrungsaustausches in einer Selbsthilfevereinigung.
Entscheidend ist – kurz gesagt – zweierlei: Die Schilderungen müssen wahr sein; der Ton und die Ausdrucksweise müssen angemessen, zivilisiert sein.

Es gab seit Eröffnung des Forum 8/2007 keine Handvoll Fälle, in denen der Moderator rügend und korrigierend eingreifen mußte: In 74 Monaten in 5742 Beiträgen von 562 Schreibern genau drei Fälle. Insofern haben wir wenig Grund, jetzt erschrocken zu sein – im Gegenteil. Machen wir so weiter: Offen, sachlich, ehrlich, hilfsbereit. Betroffener, Arzt und SHG sind Partner.

ANFux

Nachfolgend leicht veränderte Textpassagen aus der oben erwähnten ARD-Publikation vom 23.9.2014.


Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass sich Ärzte, Hotels etc. online bewerten lassen müssen. Geklagt hatte ein Gynäkologe aus München, der sein Bewertungs-Profil löschen lassen wollte. Die Klage eines Gynäkologen gegen eine Website (der Name wird hier von mir bewußt nicht genannt) wurde abgewiesen.
Es gibt verschiedene Medizinerbewertungswebsite hierzulande – gut 3,5 Millionen Besucher im Monat, tausende neue Bewertungen pro Woche. Außerdem sind oft auch Basisdaten wie Name, Anschrift, Fachrichtung und Telefonnummer des Arztes eingestellt.
Der Mediziner hatte kritisiert, dass er sich selbst nie bei dem Internetportal angemeldet hatte; auch sei er nie gefragt worden, trotzdem sei sein Profil einfach verwendet worden.
Begründung des Gerichtes: Ein Medizinerbewertungsportal ist zulässig, wenn eine Nachverfolgung bei rufschädigenden oder beleidigenden Äußerungen möglich ist. Da das verklagte Internetportal von jedem Einsender/Schreiber die E-Mail-Adresse erfasst, kann das Portal in Streitfällen eingreifen – mit dem Autoren Kontakt aufnehmen und die Bewertung in kritischen Fällen löschen, so Amts- und Landgericht übereinstimmend. Das Portal habe diese Qualitätsstandards erfüllt.
Im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) ist § 29, Absatz 1 heißt es trocken: "Das geschäftsmäßige Erheben, Speichern, Verändern oder Nutzen personenbezogener Daten zum Zweck der Übermittlung, insbesondere wenn dies der Werbung, der Tätigkeit von Auskunfteien oder dem Adresshandel dient, ist zulässig, wenn (…) kein Grund zur Annahme besteht, dass der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Erhebung, Speicherung oder Veränderung hat."
"Knackpunkt" vor dem Bundesgerichtshof (BGH) war schließlich die Abwägung – welches Recht hat Vorrang? Das Recht des Arztes auf informationelle Selbstbestimmung oder das Recht des Portalbetreibers auf Kommunikationsfreiheit? Der Arzt müsse es sich gefallen lassen, mit Basisdaten und Bewertungen genannt zu werden. Sollten die Bewertungen allerdings unsachlich und unwahr sein, könne er sich wehren, Unterlassung verlangen.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshof bedeutet Sicherheit für Bewertungsportale: Angehörige freier Berufe wie Ärzte oder Anwälte haben keinen Anspruch auf das Löschen von Online-Bewertungen.
Wer sich als Portalbetreiber dabei an vorgegebene Standards hält, der kann auch damit rechnen, im Streitfall volle juristische Rückendeckung zu bekommen. Und der klagende Mediziner – er muss mit der Veröffentlichung seiner Daten leben, ob er will oder nicht.