Die ersten Schritte einer Entscheidung.

Antworten
ANFux
Beiträge: 1052
Registriert: 14.08.2007, 19:35
Land: D
Geschlecht: m
Geburtsjahr: 1939
Wohnort: Leipzig - D

Die ersten Schritte einer Entscheidung.

Beitrag von ANFux » 09.10.2007, 12:23

Ich diskutiere mit: Die ersten Schritte einer Entscheidung

Ich grüße alle Forumsteilnehmer.

Von jetzt an werde ich mich öfter in die Diskussion zu verschiedenen Themen einblenden. Ich hoffe, daß ich aufgrund meiner Erfahrungen - am eigenen Körper gemachte, von Betroffenen (vor und nach einer Therapie)Gehörtes und in vielen Veranstaltungen in verschiedenen Kliniken Gehörtes und Gesehenes - vielen Ratsuchenden einige Hinweise geben kann, wie sie den Schock über die Mitteilung "Sie haben einen Tumor im Kopf" verdauen können und den Kampf gegen diesen ungewollten Gast aufnehmen sollten.

Zu den beiden vorangegangenen Beiträgen zum Thema "Entscheidung Operation oder nicht?" ein paar Sätze:

Am 25.9.07 / 21:41 Uhr schrieb marmott unter dem Titel "Ja, tu es!":
Entschliesse dich zu einer Operation. Für mich war es das einzig Richtige! Sie ist nicht schlimm, wenn du dich darauf gefasst machst, dass dir das erste Mal etwas schlecht sein könnte (bei mir war es so). Nach 2 Monaten fühlst du dich wie immer! Denk dir, das Neurinom ist draussen und du gesund. Wenn du es hinauszögerst, wagt es einzig grösser zu werden und allenfalls auf etwelche Nerven zu drücken, die sich ebenfalls beschweren (Schlucknerv, Kopfweg, Hörnerv,...). Tu etwas dagegen und biete diesem Neurinom die Stirn! Es lohnt sich!!!

und am 3.10.07 / 12:50 Uhr antwortete HEINO:
Hallo Deine sehr positive Einstellung zu dieser Erkrankung finde ich super. Meistens werden negative Erlebnisse im Forum ausgetauscht. Dennoch darf ich die Bemerkung erlauben, dass Deine Operation nicht unbedingt herausragend sein kann. Es gibt Operateure die solche Tumore in Deiner Dimension vollständig ohne zweite Operation zediert haben. Als erschreckend empfand ich Deine Mitteilung, dass nach der zweiten OP erneut noch Kapselbestände des Tumors vorhanden sind und dadurch das Rezidivrisiko nochmals beträchtlich erhöht wird. Ich empfehle Dir eine Zweitmeinung von einem absoluten Spezialisten einzuholen. Die IG Akustikusneurinom ist hier super! Sie sucht die Resultate von den weltweit besten Neurochirurgen bezüglich des AN In der Schweiz ist aber kein einziger Neurochirurg mit herausragenden operativen Ergebnissen. Mach mit Deinem Mut eine Zweitmeinung Liebe Grüsse Heino
Eigentlich muß die Fragestellung immer lauten: Etwas tun, etwas machen lassen oder nichts tun, abwarten?

Beginnen sollte man immer mit einer Erfassung und Analyse der Symptome. Wie stark empfinde ich sie negativ, wie stark beeinträchtigen sie mich im Alltag und im Beruf? Und: Wie "leidensfähig" bin ich? Bin ich psychisch stark genug, das AN jahrelang im Kopf zu behalten und sein Dasein und seine Entwicklung zu verfolgen? Oder möchte ich schnell los sein, was nicht in meinen Körper gehört und mit großer Wahrscheinlichkeit negative Wirkungen auf meinen Körper haben wird?

Als zweite Entscheidungshilfe sollten die Auskünfte von Ärzten dienen, in denen diese zur Lage, Größe, Wachstumstendenz und möglichen Auswirkungen auf die verchiedenene Hirnnerven und -regionen machen.

Erst an dritter Stelle stehen dann Überlegungen über die Therapie generell - OP, Bestrahlung oder Warten unter Beobachtung - und dann über Details dazu.

Viertens ist dann - eng gekoppelt mit dem dritten Schritt - der Arzt des Vertrauens zu wählen. Das ist sehr, sehr wichtig, denn danach sollten die Zweifel, die Recherchen und die Befragung all derer, die schlechte Erfahrungen gemacht haben, vorbei sein. Mit Vertrauen und Zuversicht sollte man ohne Angst sich zur Therapie begeben. Psychische Stärke ist ganz wichtig für die OP und die Zeit danach.

Für alle vier Schritte Zeit lassen und mehrere Meinungen einholen! Zeit lassen heißt aber nicht, untätig zu sein!

Ich habe bereits knapp drei Monate nach der Diagnose das AN operativ entfernen lassen.

Die kritische Bemerkung zum "Stehenlassen" von Tumorresten möchte ich nicht unkommentiert lassen:
Das ist kein Zeichen mangelnden Könnens des Operateurs!! Es zeugt eher von Einsicht in die Gegebenheiten, deren Anerkennung und von Verantwortungsbewußtsein. Es wäre schlimm, wenn der Operateur immer dem Ehrgeiz nachgäbe, den Tumor in einem Schritt und in allen Teilen zu entfernen! Die Schonung der Nerven und die Vermeidung negativer OP-Folgen und die Gewährleistung einer möglichst hohen Lebensqualität nach der OP sollten immer oberste Priorität bei eine OP haben. Deshalb muß man dem Operateur auch gestatten, während der OP "operativ" zu entscheiden, d.h. anders als vor der OP vorgesehen. Denn die volle Wahrheit zeigt sich erst im offenliegenden Operationsfeld. Ich hatte das Glück, zwei Operationen live mitzuerleben, am Monitor und mit Mikrofonkontakt in den OP-Raum. Ich bin seitdem noch ehrfurchtsvoller vor den Hirnchirurgen geworden und wahrhaft demütig. Dort, wo der Tumor sitzt, ist kein Platz, und es geht um Millimeterbruchteile!
(Mehr dazu ist unter der Rubrik "Resttumor und Rezidiv" zu lesen.)

Ich wünsche allen AN-Betroffenen den Mut zum Gespräch.
Beste Grüße von
ANFux.
Zuletzt geändert von ANFux am 11.12.2008, 15:39, insgesamt 6-mal geändert.
1939, m. '94 transtemp. OP (15 mm) in Magdeburg/Prof. Freigang, einseitig taub, kein Tinnitus, keine Fazialispar. Rehakur in Bad Gögging. '96-'04 im Vorstand d. VAN in D, seitdem Beratungen zum AN. Ab '07 Moderator, ab '08 Homepage-Verantwortl.(bis 2012)
Leo M.
Beiträge: 8
Registriert: 03.10.2007, 13:13
Land: CH
Geschlecht: m
Geburtsjahr: 0000
Wohnort: Zürich - CH

Beitrag von Leo M. » 15.10.2007, 07:55

Lieber Anfux


Ich bin begeistert von Deiner Interpretation. Ich suche Kompetenz und erhalte sie in einem einfachen Forum in der Schweiz. Viele Dank!

Die Entscheidung für eine Operation ist nach wie vor das zentrale Thema.
Zwar habe ich wenig Beschwerden aber ich bin in einem Alter da gehen einem schon viele Gedanken durch den Kopf. Wie verhält sich der Tumor im Alter und wie gehe ich dann mit den postoperativen Beschwerden um..
Nicht einfach, wenn seit drei Jahren kein Wachstumsverlauf des Tumors
erkennbar ist.

Wie sehen die Forumsteilnehmer, insbesondere unser AN - Fuchs diese
Situation. Ich würde mich über eine reaktion freuen.

Herzlichen Dank

LEO
Antworten