Zufallsbefund, keine Symptome und dennoch OP?

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hans4201
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Zufallsbefund, keine Symptome und dennoch OP?

Beitrag von hans4201 » 03.06.2010, 12:43

Keine Symptome und dennoch OP?

Hallo zusammen,

vorab: Mein Akustikusneurinom wurde vor 2 Wochen durch Zufall bei einem MRT zum Ausschluss einer MS festgestellt. Es ist 16x10x10 mm groß und liegt in der Kleinhirnbrückenwinkelregion. Ich habe keine Probleme mit dem Hören, Schwindel, Tinitus oder Hörsturz.

Ich war gestern bei Prof. Goldbrunner in Köln. Er hat mir alle möglichen Horrorszenarien ausgemalt, was passieren kann, wenn das AN wächst, einseitige Gesichtslähmung, Hörsturz.
Er sagte mir, es gäbe ein 10-20% Risiko des Hörverlusts bei der OP. Er hat mit gesagt, der er 60 zu 40% zu einer baldigen OP rät, da ich noch so jung bin und seiner Meinung nach früher oder später ohnehin operiert werden muss.
Er meinte, wenn das Ding (was ja jetzt 16mm groß ist) im nächsten Jahr einen mm wächst, müsse es operiert werden. Verstehe ich zwar nicht ganz, weil, wenn es dann immernoch keine Symptome macht, ist doch dann die Indikation für eine OP nicht größer als jetzt auch.

Er hat dann auch mit meiner Neurologin telefoniert, die für abwarten und beobachten plädiert. Dazu meinte er dann zu mir, das müsse sie so sehen, sonst sei sie eine schlechte Neurologin. Könnte ich ja umgekehrt auch behaupten, er muss als Chirurg zur Operation raten.

Weiß echt nicht, was ich entscheiden soll. Habe ein top Gehör und möchte das doch jetzt nicht durch eine verfrühte OP aufs Spiel setzen. Die Sehstörungen, wegen denen ich überhaupt im MRT war, kämen nicht vom AN, meint er.

Also: Null Symptome und dann soll ich mich auf den OP Tisch legen.

Hatte einer von Euch auch keine Symptome und die Diagnose AN durch Zufall erhalten?
Was habt ihr gemacht? Was würdet ihr mir raten?
Bin total verunsichert durch die Angstmacherei des Professors.
Konnte bei Euch das Gehör erhalten bleiben?
Was war mit dem Gleichgewicht?

Grüße
hans4201
vane
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Re: Zufallsbefund, keine Symptome und dennoch OP?

Beitrag von vane » 03.06.2010, 14:32

hallo hans4201,

wenn Du tatsächlich gar keine Symptome hast, würde ich mich jetzt auf keinen Fall operieren lassen (zudem die Größe eher mittel ist..).

Ich würde Dir raten bei Prof. Mann in Mainz einen Termin auszumachen. Er ist ein Spezialist des ANs und ein sehr menschlicher Chirurg. Sein Job ist ja zu operieren, aber ich und andere haben die Erfahrung gemacht, daß er sehr objektif berät, das heißt, daß er nicht unbedingt Dich auf dem OP-Tisch sehen möchte. Zuerst laufen verschiedene Hör- und Gleichgewichtsuntersuchungen. Dann teilt er er anhand der Erbebnisse mit, wie die Situation aussieht und was Du besser machen solltest.

Ich hörte vor der OP sehr gut (hatte ausschließlich Schwindelprobleme) und die Chancen hießen bei 2 spezialisierten Chirurgen 50 % Chancen für Erhalt des Gehörs, höchstens 70. Seit der OP bin ich auf der operierten Seite so gut wie taub. Keiner weiß, ob es sich eventuell doch noch mit der Zeit besser könnte.

Diese OP läßt sich machen, ist aber nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Ohne Symptome vorher würde ich mich nicht operieren lassen. Wenn man nicht durch muß, dann lieber schön beobachten und dann handeln. Diese OP bringt leider ein paar Probleme mit sich in vielen Fällen. Ist halt das heimtückische von einem AN.

Laß Dich in Mainz beraten. Da wärst Du sehr gut aufgehoben.

schöne Grüße
vane
OP Mainz Aug.09, AN 22 mm, Schwindelattacke weg nach OP, Fazialisparese (nach 3,5 Mon. weitgehend zurückgebildet), Synkinesien (Mund-Auge),trockenes Auge, Ohr bei 70 dB+verzerrtes Signal, Grundgeräusch weg in stiller Umgebung, Kopf- und Gesichtschmerzen
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Re: Zufallsbefund, keine Symptome und dennoch OP?

Beitrag von ANFux » 09.06.2010, 13:02

Jede Entscheidung birgt Risiken

Liebe hans4201,

Deine Irritation ist verständlich: 33 Jahre alt, zufällig entdecktes Akustikusneurinom mittlerer Größe im Kleinhirnbrückenwinkel, das noch keine Symptome macht.

Meine Gedanken, Fragen und meine derzeitige Meinung dazu:

Symptome:
Hattest bzw. hast Du wirklich keine, auch dann nicht, wenn Du jetzt zurückdenkst und Dich (vielleicht nach nochmaligem Lesen der Themenseite Symptome) an mögliche unterdrückte oder bagatellisierte komische Empfindungen erinnerst?
Wenn nicht – das ist auch kein so großes Wunder, denn ob ein AN sich störend bemerkbar macht oder nicht, ist nicht allein von seiner Größe abhängig. Die Ausbildung, seine Lage und die Art seiner Haftung an den Hirnnervenhüllen ist viel entscheidender.
Probleme mit dem Sehen können bei bestimmter Lage des ANs sind sehr wohl ein typisches Symptom sein.

Größe und Lage:
16x10x10 mm ist wirklich nicht sehr groß. Aber die Lage „im Kleinhirnbrückenwinkel“ kann schon eine Erklärung für die bisher ausgebliebenen Symptome sein. Dort ist Platz, mehr jedenfalls als im Innenohr. Darin liegt aber auch eine Gefahr.

Chancen:
Das AN kann dort im KBW (evtl. noch eine ganze Weile) wachsen, ohne Symptome, und dann kann ein Zustand erreicht sein, der die Bedingungen für eine folgenlose Therapie verschlechtert ! Schon allein die Vergrößerung eines ANs verschlechtert die Chancen auf einen Erhalt des Hörvermögens bei vollständige Entfernung des ANs. Dazu kommt die Lage in der Nähe der Schädelbasis, die eine Zone mit zentralen Nervenfunktionen ist !
In diesem Kontext muß man die Äußerungen von Prof. Goldbrunner sehen.

Risiken:
Das Risiko eines Hörverluste ist mit 10 – 20 % niedrig angegeben. Das kann kein Chirurg optimistischer ausdrücken.
Es ist schade, dass der Professor bei Dir nur bzw. vorwiegend die Gefahren in Horrorvisionen geschildert hat. Ehrliche Aufklärung ist wichtig, aber genauso eine Versachlichung der Aussagen und ein Mutmachen auf der Basis der konkreten Situation des Patienten und des eigenen Vermögen des Arztes. Aber vielleicht klingt manches auch beim aufgeregten Patienten schlimmer als es vom Arzt gemeint ist.
Den Schritt zur Operation bei festgestelltem Wachstum nach einem Jahr kann ich mir so erklären, dass der Arzt dann von einem dynamischem AN ausgeht, das angesichts seiner Lage gezügelt werden sollte. Ich füge mal noch den Gedanken hinzu, dass eine Frau im jungen und mittleren Alter ja auch noch Kinder bekommen kann und dass in dieser Zeit ein Wachstumsschub beim AN nicht auszuschließen ist – wenn das AN dann noch existiert....

Ein Warten unter disziplinierter Beobachtung (nicht nur regelmäßige MRT, sondern auch genaue eigene Beobachtung hinsichtlich möglicher Symptome !) ist kein schlechter Rat. Aber auch das Warten birgt Risiken, nicht nur eine Operation oder eine Bestrahlung.

Es ist nun wie immer ein Problem des Betroffenen, die verschiedenen Risiken abzuwägen.
Ich würde in einer solchen Situation mit einer Therapie vermutlich nur dann warten, wenn ich familiär oder beruflich termingebundene Eckpunkte vor mir hätte. Aber, wie oben gesagt.....

Beste Grüße
ANFux
1939, m. '94 transtemp. OP (15 mm) in Magdeburg/Prof. Freigang, einseitig taub, kein Tinnitus, keine Fazialispar. Rehakur in Bad Gögging. '96-'04 im Vorstand d. VAN in D, seitdem Beratungen zum AN. Ab '07 Moderator, ab '08 Homepage-Verantwortl.(bis 2012)
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Re: Zufallsbefund, keine Symptome und dennoch OP?

Beitrag von snowdog » 09.06.2010, 17:26

Hallo hans4201,

bei aller verständlichen Verunsicherung versuche bitte,
Dich bei deiner persönlichen Abwägung von
objektiven Untersuchungsergebnissen leiten zu lassen.
Dabei hilft eine Gegenüberstellung der Faktoren und
Deine persönliche Gewichtung.

Wen es "erwischt" hat, der hat zunächst einmal mit dem Erkennen
des Akustikusneurinoms Gewissheit. Ob wie in deinem Falle
zufällig (nebenbei) oder aufgrund verdächtiger Symptome, ist im
Nachhinein nachrangig. Der Tumor ist da.

Ein anderes (positives) Moment: Du leidest aktuell unter keinen
typischen Beschwerden. Trotz einer vorhandenen gewissen Größe
sind die Nerven (noch) nicht in Mitleidenschaft gezogen.

Und hier solltest Du auch die Chance gegenüber dem Risiko
in Erwägung ziehen - eine frühe Operation hat gute Chancen,
neben dem statistischen OP-Risiko Hörverlust das Hörvermögen
weitgehend zu erhalten. Das Warten auf typische Symptome,
oft schleichender Hörverlust, kann diese Chance zunichte
machen. Hinzu kommt das nur schwer im voraus zu beurteilende
Verhalten und die Fähigkeit zur kontrollierten Beobachtung -
wie gut lebt sich´s mit einer verborgenen Beeinträchtigung und
wieviel weiter bin ich, wenn Handlung geboten ist ?

Zur Beruhigung mag dienen, daß keine unmittelbare Eile
geboten ist. Sollte der Entschluss zur operativen Entfernung
favorisiert werden, wird ein erfahrener Operateur den schonendsten Eingriff wählen -
mit dem Ziel, das Ding restlos zu entfernen.
Dabei gilt, je früher das passiert, desto
günstiger die Bedingungen für den Eingriff.

Ein Restrisiko bleibt, egal wie Du Dich entscheidest. Allerdings
besteht dies auch, ohne jegliches Zutun deinerseits.
Ich wünsche Dir viel Kraft für das weitere Vorgehen und
Zuversicht, die richtige Entscheidung zu treffen.

Liebe Grüße
snowdog
snowdog (Moderator seit 4.12) Jg.62,m,verh.,2 Söhne,
AN re.5x8 mm,n-c. suboccipital AN-OP in Offenbach 4.08,
postoperativ Liquorfistel,keine Fazialisparese, einseitig taub,chron.Kopfschmerzen,jährl.Kontroll-MRT f.d.ersten 5 J.
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Re: Zufallsbefund, keine Symptome und dennoch OP?

Beitrag von uko » 09.06.2010, 21:01

Hallo hans4201,
ich glaube, es gibt einige Parallelen zwischen uns. Ich bin 1970 geboren, hatte keinerlei Symptome und mein Tumor hatte eine sehr ähnliche Größe 12 X 11 X 12 mm.

Zuerst hatte ich mich ebenfalls in Köln beraten lassen (Merheim). Dort riet man mir eher von einer OP ab.
Ca. 4 Monate später habe ich dann eine zweite Meinung bei Herr Prof. Sephernia in Münster eingeholt. Dieser riet mir zum Gegenteil, also zu einer schnellen OP.

Letzendlich kann Dir hier weder ein Arzt noch ein Formuteilnehmer einen 100%igen Rat geben. Ich habe mich jedenfalls für die OP entschieden, da es mir absolut einleuchtete, dass es keinen Sinn macht zu warten. Worauf auch? Der Tumor wird wachsen und die Probleme werden dadurch eher größer als kleiner.

Meine OP war am 24.03 und ich bin nach 14 Tagen im Krankenhaus ohne Beschwerden entlassen worden. Ich höre gut, habe keine Parese und bin seit 3 Wochen wieder zu 100 % im Job.

Negative Erfahrungen habe ich lediglich mit der ersten Reha in Bad Berleburg gemacht. Diese habe ich dann auch nach drei Tagen abgebrochen, nachdem man mir die Tabletten des Nachbarzimmers gegeben hat und ich daraufhin eine einseitige Gesichtslähmung bekam.

10 Tage nach meiner Wiederaufnahme in Münster ging es mir schon wesentlich besser und in der 2. ambulanten Reha in Köln wurde ich wieder hergestellt. Dort ist ein tolles junges Team und mir hat es sogar Spass gemacht dorthin zu gehen. Ich weiß noch sehr genau, wie schwer es ist so eine Entscheidung zu fällen, da es keinerlei Sicherheiten gibt. Ich hoffe nur, Dir mit meiner Mail ein wenig Mut gemacht zu haben! Ich wünsche Dir viel Glück!

uko
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Re: Zufallsbefund, keine Symptome und dennoch OP?

Beitrag von baerbel » 11.06.2010, 20:09

Hallo Hans 4201,
ich kann mich meinen " Vorrednern " nur anschließen. Vor allem dem Beitrag von ANfUx, der sehr detailgenau beschreibt was passieren kann, wenn man zu lange wartet. Auch meine Meinung ist, es einen kleinen AN operieren zu lassen, da die Aussicht auf Erfolg, ohne größere Schwierigkeiten wahrscheinlicher ist.
Auch mein AN war nicht sehr groß, aufgefallen ist er durch einen Hörsturz. mir wurde ebenfalls die Möglichkeit des "watch and wait " schmackhaft gemacht.Aber ständig die Angst und die Warteschleife-wann wächst er- hat mich sehr schnell zu der Überzeugung gebracht mich in Hannover operieren zu lassen.
Wichtig ist, denke ich, eine gute Klinik deines Vertrauens zu finden.

Meine OP ist gut verlaufen.Ich verlor die Hälfte meines Gehörs durch den Hörsturz, nicht durch die OP. Den Schwindel den ich teilweise,vor allem in Stressituationen habe, hatte ich schon vor der OP.
Eine Frage stellt sich mir dennoch zu deinem Beitrag. Du schreibst, daß dein AN zufällig entdeckt worden ist um MS auzuschließen?! Bedeutet das nicht, daß du schon irgendwelche Symptome hast.
Ich wünsche dir auf jeden Fall, die für dich richtige Entscheidung und alles Gute
baerbel
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Re: Zufallsbefund, keine Symptome und dennoch OP?

Beitrag von marmott » 17.06.2010, 20:54

Lieber Hans4201

Du musst selbst wissen, was du machen möchtest. Aber ein paar Ratschläge oder Gedanken muss ich dir auf den Weg geben.

Denk daran, bei jeder OP, egal um was es sich handelt, bist du in jungen Jahren viel regenerationsfähiger als später. Das ist schon mal jetzt ein Pluspunkt für dich.

Wenn das AN momentan noch nirgends "angedockt" hat, ist das DIE Chance, es ganz raus operieren zu können, ohne dass dir Schäden entstehen. Denk dir, wenn du in 5 Jahren operierst, also noch wartest und in 5 Jahren ist es z.B. an den Hirnstamm angewachsen oder hat sich um einen Nerv gewickelt... du würdest dich hintersinnen, es nicht jetzt - ohne grössere Problematik - entfernt zu haben.

Du solltest einfach abwägen, willst du auf Risiko gehen und dieses bewusst in Kauf nehmen indem du später operierst oder möchtest du den Sprung ins kalte Wasser wagen, mit der Chance, dass du eigentlich "ohne Nebenwirkungen" dein Leben weiterführen kannst.

Ich hoffe, ich ängstige dich nicht zu sehr, aber das sind zwei Seiten, die du bei deiner Ueberlegung berücksichtigen solltest.

Alles Gute
Marmott
w, 1971, 2007 AN r., 4.2 x 3 x 4cm, 2x OP in Bern in 2007, 1.8x1.9x1.1cm in 2009. Fazialisparese, taub r., Rezidiv 2.2x1.3x2.4cm am 25.2.10, OP am 14.9.2010 in Tübingen, Prof. Tatagiba. Gefühlsstörungen, Lähmungserscheinungen, Lärmempfindlich,glücklich:-)
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