Unsicherheit , Symptome nach OP

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Babyblue
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Unsicherheit , Symptome nach OP

Beitrag von Babyblue » 28.06.2016, 19:35

Hallo, ich grüße alle Betroffenen und Mitglieder dieses Forums,

meine letzten Beiträge liegen schon einige Zeit zurück, lese aber oft Beiträge, und bin immer dankbar über Erfahrungen. Gut, seit dieser Zeit ist viel passiert. Kurzer Rückblick und Zusammenfassung:

Seit 2008 plagten mich Symptome, 2011 wurde das AN rechts, bei mir entdeckt, scan & wait, Beschwerden wurden schlimmer, wie Schwindel, Gangunsicherheiten, Taubheitsgefühle bis hin zu einer kurzweiligen spastischen Ausfallerscheinung der betroffenen Gesichtshälfte. Das Hörvermögen war noch relativ gut.
2012 erfolgte eine Bestrahlung in Krefeld mit Gamma Knife, mit leider stetigem Wachstum, intrameatal und extrameatal , leicht angedockt am Kleinhirn.
Ich entschied mich dann doch für eine OP bei Prof.Sepehrnia in der Schweiz.
Termin war der 09.01.2015.
Es hat alles wunderbar geklappt, Kostenübernahme der KK, Anreise, Aufenthalt, beste Versorgung und Betreuung in der Klinik, erfolgreiche OP, soweit, dass der Tumor komplett entfernt werden konnte.
Eine vorrübergehende Gesichtslähmung, wo der Prof. mir versicherte, dass die nach einigen Wochen verschwunden ist. Worin er auch Recht behielt, bis auf eine kleine Spannung beim zusammenpressen der Lippen ist alles zurückgegangen. Sehr gut unterstützt durch eine Logopädin und Rehamassnahmen.
Mein Gehör allerdings mußte büßen, obwohl der Hörnerv intakt ist, das Schallleitsystem ist gestört, minimale Besserung durch Hörgeräte. Verschiedenste Variationen von Tinitus, in den unterschiedlichsten Lautstärken, klingeln, brummen, piepen, rauschen, dröhnen, alles mal vorhanden, mehr oder weniger störend. Im Allgemeinen belastet es schon sehr, die Hörqualität und auch der Geräuschpegel.
Ich dachte, das Schlimmste hast du überstanden, nun kann es nur besser werden und aufwärts gehen. Nach 8 Wochen bin ich wieder arbeiten gegangen, hab‘s ruhig angeh‘n lassen, volle Rücksicht und Verständnis meiner Kolleginnen und Arbeitgeber.
Nun gut 1 ½ Jahre nach der OP ( 2 Kontroll-MRT’s, erfreulicherweise alle ohne Befund) , geht’s mir nicht besonders gut.
Der Beigeschmack nach der erfolgreichen OP ist doch sehr bitter, und macht mich auch oft traurig. Meine täglichen unangenehmen Begleiter sind:
Schwindelgefühle, Wanken (auch im Sitzen) Gangunsicherheiten
Hörverlust und ständig wechselnder Tinitus
Tränenfluss und laufende Nase beim Essen (bedingt durch Nervenpräparation (lt.Prof. Sepehrnia)
Beim Kauen schließt das rechte Auge fast zu
Der OP-Zugang war hinterm Ohr, Spannungsgefühle im Narbenbereich, strahlen abwärts, über Schmerzen im Ohr , bis in den Nacken Kiefer und Halsbereich, teilweise so schmerzhaft, dass ich ohne Schmerzmittel nicht über den Tag komme.
Immer mal wieder Missempfindungen, Wange, Lippe, an der Nase (die ständig juckt)
Ich sag mir immer, es hätte alles schlimmer kommen können, aber dennoch leide ich sehr unter den Begleiterscheinungen.
Ich habe eine Aufbissschiene zur Entlastung bekommen, da ich wohl immer sehr angespannt bin , und den Kiefer zusammen beiße, werde vom Physiotherapeuten behandelt, wobei sich leider noch keine große Besserung eingestellt hat. Es baut sich im Laufe des Tages so eine Spannung auf, hauptsächlich im Nacken und Kieferbereich, dass es kaum erträglich ist.
Ich glaubte, dass endlich mal Ruhe einkehrt, aber leider ist das nicht wirklich der Fall. Meine behandelnden Ärzte hier sagen es sei sehr komplex, und die Symptomatik auf meine Vorgeschichte zurück zu führen.
Ich wollte das nicht so recht glauben und habe einiges abchecken lassen, sprich, MRT HWS (starke Vorwölbungen vorhanden, kein Vorfall), Lunge geröntgt, Angiologie (Halsschlagader untersuchen lassen) Lymphsystem , alles ohne Befund.

Kann es nach so langer Zeit doch noch solche Auswirkungen haben? Vor allem, die sich ständig verändern?
Ich bin völlig verunsichert.
Hier gibt es so viele Betroffene, die unterschiedlichsten Symptome und Entwicklungen. Da meine Ärzte mir ehr ratlos gegenüber sitzen, hoffe ich, dass mir hier jemand eine plausible Erklärung für meine Probleme geben kann.
Ich bedanke mich schon mal herzlich im Voraus und sorry für den langen Text (dafür habe ich auch über 2 Jahre nichts geschrieben :) )

Liebe Grüße
Babyblue
snowdog
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Re: Unsicherheit , Symptome nach OP

Beitrag von snowdog » 04.07.2016, 13:44

Liebe Babyblue,
Kann es nach so langer Zeit doch noch solche Auswirkungen haben?
Vor allem, die sich ständig verändern?
Ich denke, diese Fragen beschäftigen sehr viele von uns
Betroffenen - aus meiner persönlichen Erfahrung lautet
die Antwort: ja.
Es gehört Mut dazu, die Diagnose AN als einen Einschnitt
zu begreifen, der mit der gewählten Therapie nicht abgeschlossen
ist. Wunsch und Erwartungshaltung gehen in Richtung vollständige
Heilung – und ist bei einer gegeben positiven Prognose völlig richtig.
Dennoch bleiben Therapieergebnisse individuell, weil jeder Fall
individuell ist – und das gilt dann auch für den erzielbaren Status.

Leider beschränkt sich die Nachsorge zumeist auf messbare Kriterien:
MRT Bilder zeigen Narbengewebe bzw. einen Resttumor, diverse Tests
belegen erhaltene bzw. verloren gegangenen Nervenfunktionen
(Resthörvermögen, Facialisparese, Vestibulariskompensation), ein
Heilungsverlauf wird über einen Zeitraum „bewertet“ und mit der
Verlaufskontrolle abgeglichen. Wir erfahren damit, ob ein verbliebener
Tumorrest möglicherweise erneut wächst – im günstigen Fall bestätigt
sich ein Narbenrest oder eine verringertes Volumen.

Lebensqualität ist damit nicht umfassend zu beschreiben, denn
auf die wirkt die Diagnose als fortdauernder Prozess. Die ersten
Symptome eines entstehenden AN, die bestätigte Diagnose,
der Entscheidungsprozess Therapie und die konkrete postoperative
Situation - das alles sind Belastungen für die Psyche, höchst
unterschiedlich geprägt vom familiären, beruflichen, sozialen Umfeld –
und dynamisch nachhaltig. Und anders als der regelmäßige MRT-Termin
beim Spezialisten ist man als Betroffener weitgehend allein gelassen.
Für Dich kommt erschwerend hinzu, dass eine besondere Vorgeschichte
die Beobachtung der Symptome verkompliziert - es ist sicherlich eine
komplexe Situation, der mit einer eindeutigen Zuordnung alleine nicht
besser wird. Positiv: Alle weiteren Untersuchungen blieben ohne Befund.

Vielleicht gelingt es Dir, Zuversicht aus diesen positiven
Kontrollbefunden zu gewinnen und damit Kraft im Umgang mit den
andauernden Sympomen zu ziehen. Dabei kann es helfen, diese
gedanklich nicht klein zu reden („hätte alles viel schlimmer kommen
können“), sondern als Einschränkungen zu akzeptieren und ihnen
notwendige Beachtung zuteil werden zu lassen. Hörverlust, Schwindel,
Tinnitus – diese unfreiwilligen Begleiter mahnen zum sensiblen Umgang
mit den Kräften. Sich mit ihnen zu arrangieren bedeutet im Gegenzug
nicht, ihnen zu große Dominanz einzuräumen. Es besteht Grund zur
Hoffnung, dass der Status eineinhalb Jahre nach der OP weitere
Besserung nach sich zieht. In diesem Sinne alle guten Wünsche.

Beste Grüße
snowdog
snowdog (Moderator seit 4.12) Jg.62,m,verh.,2 Söhne,
AN re.5x8 mm,n-c. suboccipital AN-OP in Offenbach 4.08,
postoperativ Liquorfistel,keine Fazialisparese, einseitig taub,chron.Kopfschmerzen,jährl.Kontroll-MRT f.d.ersten 5 J.
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