Großer Tumor bei jungem(r) Patient(in)

Antworten
monula
Beiträge: 5
Registriert: 27.10.2008, 19:49
Land: D
Geschlecht: w
Geburtsjahr: 1982
Wohnort: Nürnberg - D
Kontaktdaten:

Großer Tumor bei jungem(r) Patient(in)

Beitrag von monula » 13.11.2008, 23:30

Eine weitere Krankengeschichte - erfolgreiche Akustikusneurinom-Operation in Halle

Hallo,
da ANFux mich gebeten hatte mehr Informationen zu meinem Krankheitsverlauf ins Forum zu schreiben hier meine Krankengeschichte:

Bereits seit Jahren hörte ich auf dem rechten Ohr schlechter. Allerdings trat die Hörminderung so schleichend auf, dass sie mir erst kaum aufgefallen ist. Unmerklich wanderte der Telefonhörer auf die linke Seite und in der Disco ließ ich die Leute ins linke Ohr brüllen um sie zu verstehen. Ich nahm mir dauernd vor zum Ohrenarzt zu gehen, hatte aber wenig Hoffnung, dass der Besuch irgendetwas bringen würde. Ende letzten Jahres war ich dann doch mal bei einer HNO-Ärztin und habe ihr meine Probleme geschildert. Sie machte einen Hörtest, stellte -6 % fest, vermutete einen länger zurückliegenden Hörsturz und verschrieb mir durchblutungsfördernde Tabletten, die ich zwei Wochen lang nahm. Bei einem erneuten Hörtest wurden nur noch -3% festgestellt und die Ärztin meinte besser würde es wohl nicht mehr werden. Ich war erstaunt, dass mein Gehör anscheinend doch noch so gut funktionierte, erklärte, dass ich rechts noch nicht mal mehr telefonieren könne weil ich nichts verstehe, doch sie ging nicht weiter darauf ein. Sie meinte, ich könne ja die Tabletten weitere zwei Wochen nehmen wenn ich meine es würde etwas bringen. Ich lehnte ab, weil ich selbst nicht daran glaubte, dass sich noch viel verbessern würde.
Ich kam mir vor wie eine Simulantin, nachdem ich ja laut Hörtest nur - 3% Hörverlust hatte.

Im Juni diesen Jahres wachte ich eines Montagmorgens auf, spürte starke Übelkeit und musste mich übergeben. Ich nahm mir frei und blieb zuhause. Abends als ich müde wurde merkte ich, dass ich alles was sich im rechten Sichtfeld befand nicht mehr richtig fokussieren konnte. Wie wenn man schielt nahm ich alles in Doppelbildern wahr. Ich war mir sicher, dass diese Probleme mit meinem geschwächten Kreislauf zusammenhingen. Seltsamerweise traten die Doppelbilder aber am nächsten Abend wieder auf. Und auch die nächsten zwei Tagen, immer wenn ich müde wurde. Meine Freundin drängte darauf, dass ich zum Arzt gehen sollte. Als ich am Sonntag meiner Mutter davon erzählte meinte sie auch ich solle das mal abklären lassen und empfahl mir einen Allgemeinarzt von dem sie nur gutes gehört habe.

Am Montag morgen rief ich an und rein zufällig hatten sie noch am gleichen Tag einen Termin, den ich nur wahrnehmen konnte, weil zufällig eine meiner Schülerinnen ausfiel. Ich schilderte ihm meine "Doppelsichtigkeit" und er ließ mich sofort mit den Augen seinen Finger verfolgen und stellte so einen starken Nystagmus fest. Als ich ihm auch noch von meinen Hörproblemen erzählte machte er sofort einen Termin beim Neurologen aus der mich auch in den Kernspintomographen stecken sollte. Er schrieb mich eine Woche krank, meinte ich solle nicht Autofahren und schickte mich auf "Ärztetour".

Der Neurologe, bei dem ich gleich am nächsten Tag einen Termin bekam, machte einige Tests und stellte fest, dass Gesehenes einen zu langen Weg zum Gehirn zurücklege was auf irgendeinen Störfaktor hinweise. Er vereinbarte für den nächsten Tag einen Kernspin-Termin mit Verdacht auf MS. Ich konnte in der Nacht kaum ruhig schlafen, weil MS für mich eine der schlimmsten Krankheiten überhaupt ist und ich schlichtweg Angst hatte. Dank Internet wusste ich, dass auch ein Akustikusneurinom Ursache für die Symptome sein könnte und hoffte inständig auf letztere Diagnose. Wenn überhaupt dann sollte es etwas sein, was man "rausschneiden" kann.

Nach der Kernspin-Untersuchung klärte mich der zuständige Arzt gleich auf um mich nicht länger auf die Folter zu spannen. Diagnose: Ein ca. 4,5 cm großes Akustikusneurinom auf der rechten Seite. Er gab mir eine CD mit den Bildern für meinen Neurologen mit und ich konnte nicht widerstehen sie mir zuhause anzuschauen. Ich war einfach nur erstaunt, dass so ein Riesending (laut Aussage des Arztes) nahezu zehn Jahre lang in meinem Kopf gewachsen ist und ich keinerlei Beschwerden (außer der Hörminderung) hatte.

Am nächsten Tag war ich dann noch mal beim Neurologen der mir zu einer Operation bei Prof. Strauss in Halle/Saale geraten hat. „Wenn Sie meine Tochter wären würde ich Sie nur zu ihm schicken“ waren seine Worte. Das hat mich überzeugt. Er hat sofort mit ihm telefoniert und abends bekam ich einen Anruf, dass ich am nächsten Tag ein persönliches Gespräch mit ihm hätte. Also hieß es um acht Uhr morgens „auf nach Halle“.

Prof. Strauß war mir auf Anhieb sympathisch und ich fühlte mich bei ihm in guten Händen. Nachdem er die Bilder gesehen hatte hat er sofort zugestimmt den Tumor selbst zu operieren (ich glaube durch die Größe wurde sein Ehrgeiz geweckt ;)). Zwei Wochen später hatte ich einen OP-Termin.

Es ging alles so schnell, dass ich kaum Zeit hatte mir Sorgen zu machen. Mein Vorteil war außerdem, dass ich vorher noch nie im Krankenhaus gelegen hatte und deswegen keine Vorstellung hatte was auf mich zukommen würde. Überhaupt war ich erstaunlich gelassen. Aber ich hatte ein solches Urvertrauen, dass alles gut gehen würde, dass selbst das Aufklärungsgespräch vor der Operation, so erschreckend es auch geklungen haben mag, mich nicht aus der Ruhe bringen konnte. Der Termin wurde noch zweimal verschoben. Einmal wegen einem Notfall und einmal wegen dem WM-Spiel Deutschland gegen Spanien (Prof. Strauß hatte offenbar Sorge, ob sein Team am nächsten Tag ausgeschlafen genug sein würde ;)).

Am Dienstag, den 1. Juli war es dann soweit. Ich kann mich noch nicht einmal erinnern wie ich in den Operation gebracht wurde, geschweige denn wie ich von zehn an rückwärts zählen musste wie es in Ärztefilmen immer der Fall ist. Nach zwölf Stunden Operation ließen die Ärzte mich sicherheitshalber noch bis zum nächsten Tag weiterschlafen. Am Mittwoch wurde ich dann so gegen 16:00h geweckt. Bis ich allerdings wirklich richtig da war hat es noch fast zwei Tage gedauert.

Es folgte eine Zeit voller Höhen und Tiefen. Als besonders furchtbar habe ich die Schmerzen welche durch die Magensonde verursacht wurden in Erinnerung, die aber sofort zum Stillstand kamen nachdem der Schlauch (5 Tage nach der OP) herausgezogen wurde. Nie hat mir Essen größere Freude bereitet als in den folgenden Tagen ;)
Außerdem musste nach ca. 1 ½ Wochen eine Lumbaldrainage (ein Schlauch im Rücken durch den 3mal täglich Hirnwasser „abgezapft“ wurde) gelegt werden. Da der Arzt beim Einführen des Schlauches offenbar einen Nerv gereizt hat hatte ich eine Woche lang schlimmste Beinschmerzen, die mich fast zur Verzweiflung brachten. Kopfschmerzen hatte ich dafür so gut wie gar keine.

Da mein rechtes Auge, bedingt durch die Facialisparese, nicht selbständig zwinkerte und keine Tränenflüssigkeit produzierte begann es auszutrocknen und sich zu entzünden. Das ging so weit, dass ich beim Sehtest den größten Buchstaben nicht mehr erkennen konnte, weil ich nur Schleier gesehen habe. Ich entging, dank einer Augenärztin die auf einer konservativen Behandlung durch Tropfen, Salben und Eigenblutserum bestand, nur knapp der Botoxspritze, die mein Auge für drei Monate verschließen sollte.

Nach drei Wochen wurde ich nachhause entlassen. Es folgten drei weitere Wochen Reha und am 30. August hatte ich seit der OP das erste Konzert mit meiner Band.

Inzwischen geht es mir wieder bestens. Zwar hab ich immer noch eine Facialisparese, die langsam nachlässt, und fühle mich noch nicht „leistungssporttauglich“, aber ich unterrichte seit Mitte September wieder (Geige) und auch an das einseitige Hören habe ich mich mittlerweile gewöhnt. Fahrradfahren ging schon im August wieder und auch sonst habe ich mit dem Gleichgewicht keinerlei Probleme (zumindest keine größeren als vor der OP ;)). Die Augensalbe kann ich mittlerweile einhändig während dem Laufen auftragen ;)

Ich bin weiterhin in physiotherapeutischer Behandlung (Gesichtsmassage, Lymphdrainage, Cranio-sacral-Therapie) und nehme ein homöopatisches Mittel zur Unterstützung der Nervenregeneration. Von den „Grimassenübungen“ hat mir meine Krankengymnastin allerdings abgeraten, da dadurch das Gesicht „noch schiefer“ werde. Ich bewege mein Gesicht im Alltag sowieso so viel, dass zusätzliche Übungen kaum nötig sind.

Alles in Allem bin ich sehr froh, dass ich die Operation habe machen lassen (ich hatte auch keine andere Wahl) und vor allem, dass alles so schnell über die Bühne ging. Ich bin natürlich nicht scharf darauf das ganze noch mal durchzumachen, aber die Zeit war sehr wichtig für mich und ich fühle mich größer und stärker als vorher, zumindest seelisch.
Allen denen eine Operation noch bevorsteht kann ich nur sagen: Geht diesen Schritt in der Gewissheit, dass alles gut wird.

Kristina
Dateianhänge
0021D7A1.JPG
Für alle die sich ein genaueres Bild machen möchten.
(36.86 KiB) 201-mal heruntergeladen
w, geb 1982, AN-Diagnose Juni 08, Größe ca. 4,5 cm (rechts), Op am 1. Juli 2008 bei Prof. Strauss in Halle/Saale, vollständige Resektion. Einseitiger Hörverlust und Facialisparese (bessert sich langsam) mit Sensibilitätsverlust
Katja
Beiträge: 1
Registriert: 19.09.2008, 09:44
Land: D
Geschlecht: w
Geburtsjahr: 1976
Wohnort: Biberach/Baden - D

Beitrag von Katja » 14.11.2008, 14:41

Liebe Kristina,
deine Krankengeschichte berührt mich sehr. Ich habe "meine Krankengeschichte" hier noch nicht geschrieben, werde es aber auch noch tun. Sie hat viele Ähnlichkeiten mit Deiner. Es freut mich, das du so eine POSITIVE Grundeinstellung hast, und ich bin überzeugt, das dies sehr viel für ein gute Genesung hilft. Ich freue mich für dich, das es dir soweit ganz gut geht. Ich wünsche dir von ganzem Herzen alles erdenklich Gute und weiterhin Gute Besserung.
Katja
w, *1976, AN-Diagnose Juni 2006, Größe 3cm rechts, OP am 14. Juli 2006 von Prof. Rosahl in Freiburg/Breisgau. Einseitiger Hörverlust, leichte Facialisparese, leichte Trigeminusneuralgie, Tinnitus.
monula
Beiträge: 5
Registriert: 27.10.2008, 19:49
Land: D
Geschlecht: w
Geburtsjahr: 1982
Wohnort: Nürnberg - D
Kontaktdaten:

Beitrag von monula » 14.11.2008, 21:49

Vielen Dank,
das gleiche wünsche ich Dir auch. Ich würde mich freuen mehr über Deinen Krankheitsverlauf und Dein jetziges Befinden zu lesen. Vielleicht kommst Du ja bald dazu.
Ich bin überzeugt, dass "den-Kopf-hängen-lassen" nicht viel weiter hilft. Allein weil man dann weniger lacht und nicht den gewünschten Übungseffekt für die Facialisparese erreicht. Warum also nicht ein schiefes Grinsen aufsetzen und das Leben genießen :)
Liebe Grüße, Kristina
w, geb 1982, AN-Diagnose Juni 08, Größe ca. 4,5 cm (rechts), Op am 1. Juli 2008 bei Prof. Strauss in Halle/Saale, vollständige Resektion. Einseitiger Hörverlust und Facialisparese (bessert sich langsam) mit Sensibilitätsverlust
marmott
Beiträge: 96
Registriert: 01.07.2008, 22:24
Land: CH
Geschlecht: w
Geburtsjahr: 1971
Wohnort: Mittelland CH

Beitrag von marmott » 18.11.2008, 21:07

Liebe Monula, ich habe eben deine Geschichte gelesen und sie deckt sich mit einem grossen Teil meiner eigenen.
Weisst du, ich bin überzeugt davon, dass eine positive Grundeinstellung vieles einfacher und besser macht. Und dass die Genesung dadurch auch schneller von sich gut. Auch bin ich überzeugt davon, dass man mit einem jungen Körper einfach einen Vorteil hat, weil der besser mit der Narkose umgehen kann - zumindest glaube ich fest daran.

Von daher, geniesse das Leben und freu dich, dass du es hinter dir hast --- dein AN sieht im übrigens ziemlich ähnlich wie meines aus :wink:

Ganz liebe Grüsse
Marmott
w, 1971, 2007 AN r., 4.2 x 3 x 4cm, 2x OP in Bern in 2007, 1.8x1.9x1.1cm in 2009. Fazialisparese, taub r., Rezidiv 2.2x1.3x2.4cm am 25.2.10, OP am 14.9.2010 in Tübingen, Prof. Tatagiba. Gefühlsstörungen, Lähmungserscheinungen, Lärmempfindlich,glücklich:-)
monula
Beiträge: 5
Registriert: 27.10.2008, 19:49
Land: D
Geschlecht: w
Geburtsjahr: 1982
Wohnort: Nürnberg - D
Kontaktdaten:

Beitrag von monula » 24.11.2008, 18:19

hallo marmott,
danke für deinen beitrag. ist denn deine krankengeschichte hier auch zu lesen? hattest du auch eine lumbaldrainage? würde mich interessieren ob auch andere die erfahrung mit den schmerzen in den beinen gemacht haben.
ganz liebe grüße zurück,
kristina
w, geb 1982, AN-Diagnose Juni 08, Größe ca. 4,5 cm (rechts), Op am 1. Juli 2008 bei Prof. Strauss in Halle/Saale, vollständige Resektion. Einseitiger Hörverlust und Facialisparese (bessert sich langsam) mit Sensibilitätsverlust
weilgrün
Beiträge: 26
Registriert: 09.04.2008, 20:35
Land: D
Geschlecht: w
Geburtsjahr: 1961
Wohnort: Raum Stuttgart - D

Lumbaldrainage

Beitrag von weilgrün » 24.11.2008, 18:55

Hallo Monula,

im Sommer wurde mein AN in Tübingen entfernt. 3 Tage nach der OP musste eine Lumbaldrainage gelegt werden. Sie blieb 8 Tage drin, es lief kontinuierlich Liquor ab und ich sollte in dieser Zeit möglichst im Bett bleiben. Ich hatte keine Beinschmerzen, lediglich ein Pieksen, Druckempfindlichkeit und leichtes Jucken im Einstichsbereich. Abgesehen von den täglich stärker werdenden Kopfschmerzen während jener Woche.
Für dich hoffe ich, dass die Beinschmerzen nach der Entfernung der Drainage wieder verschwunden sind! Oder leidest du noch heute darunter?

Alles Gute auf dem Weg der Besserung und herzliche Grüsse
Weilgrün
54 J., w, Raum Stuttgart; am 01.04.08 Diagnose durch MRT: AN 16x8mm li ; Termin (Sprechstunde) bei Prof. Tatagiba in TÜ am 18.04.08; OP für Herbst o8 geplant - OP in TÜ am 21.07.08, keine REHA
monula
Beiträge: 5
Registriert: 27.10.2008, 19:49
Land: D
Geschlecht: w
Geburtsjahr: 1982
Wohnort: Nürnberg - D
Kontaktdaten:

Beitrag von monula » 24.11.2008, 20:27

hallo weilgrün,
die schmerzen sind inzwischen zum glück wieder weg. aber erst nachdem ich tabletten zur beruhigung der nervenwurzeln bekommen hab. das war erst nach ca. 5 tagen in denen die ärzte auf schmerzmittel geschworen haben und meinten die schmerzen seien bald vorbei. ehrlich gesagt hatte ich den eindruck sie waren selbst etwas ratlos. einmal sagten sie mir es sei wohl muskelkater vom laufen trainieren, dann die schmerzen könnten nicht von der drainage kommen, dann dass höchstwahrscheinlich ein nerv beim verlegen des schlauches gereizt worden sei, was vorkommen könne.
die tabletten hat mir dann letztendlich ein vollkommen fremder arzt gegeben, den meine "lieblingsschwester" über meine schmerzen informiert hatte. er schien der einzige zu sein, der das phänomen kannte und wusste was hilft. nach der ersten tablette war es schon viel besser, nach der zweiten konnte ich wieder vorsichtig laufen. ich weiß nicht wie ich ohne die tabletten die dreistündige heimfahrt überlebt hätte...
von den kopfschmerzen blieb ich zum glück weitestgehend verschont. zumindest war das eindeutig das kleinere übel.
liebe grüße
(von der jetzt zum glück vollkommen schmerzfreien ;)) kristina
w, geb 1982, AN-Diagnose Juni 08, Größe ca. 4,5 cm (rechts), Op am 1. Juli 2008 bei Prof. Strauss in Halle/Saale, vollständige Resektion. Einseitiger Hörverlust und Facialisparese (bessert sich langsam) mit Sensibilitätsverlust
Antworten