Wie lange kann ich warten?

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tmhan
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Wie lange kann ich warten?

Beitrag von tmhan » 28.06.2013, 13:15

Liebes Forum!

Ich habe meine Krankengeschichte bereits im Forum "Kliniken/Operateure geschildert (siehe "Op-Zahlen Kliniken".)

Für mich kommt eher eine Op als eine Strahlentherapie in Frage. Neben Fragen zur Technik und zur Person des Operateurs beschäftigt mich aber auch immer noch die Grundsatzfrage, ob ich nicht noch weiter warten sollte. 2 mm Wachstum (10 => 12 mm) in einem halben Jahr sind + 20%, aber 2 mm Größenunterschied ist vielleicht auch der Bereich der Messungenauigkeit. Vielleicht habe ich doch noch die Chance, dass mein AN nicht oder sehr sehr langsam weiter wächst? Die Op ist, finde ich, doch ein SEHR EINGREIFENDER Vorgang; die Risiken für schwerwiegende Nebenwirkungen wie Gesichtsnervenlähmung, Hirnhautentzündung, Störungen der Hirnwasserableitung, Ertaubung liegen im einstelligen Prozentbereich und das ist angesichts meines jetzigen relativen Wohlbefindens (ich höre rechts manchmal schlecht und spüre gelegentlich einen leichten Schwindel) viel.

Soweit für heute, ich bin froh, das es dieses Forum gibt, in dem ich meine Gedanken und Gefühle in einem ernsthaften anteilnehmenden Personenkreis äußern kann.

tmhan
tmhan: m, *1954, gesch., 2 Kd. (*1994 und 2000). Seit 2009 Hörminderung re., 10/2012 Diagnose: intrameatales AN re. 5/2013: 12 mm. Op bei Prof. Sepehernia 9/2013: AN entfernt, Fazialis erhalten, Hörverlust rechts. Liquorleck, Drainage.
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Re: Wie lange kann ich warten?

Beitrag von ANFux » 28.06.2013, 21:23

Lieber tmhan,

zu der von Dir aufgeworfenen Problematik könnte man stundenlang schreiben. Ich habe mich auch schon zig Male dazu geäußert. Deshalb heute nur drei Bemerkungen.

Von 10 mm auf 12 mm sind bei Dir 20 %. Vorsicht! Das ist nur bei linearer Betrachtung so.
Wenn Du den Tumor als Fläche betrachtest, die im MRT abgebildet wird und in jeder Richtung 2 mm zulegt, ist die Tumorfläche nicht 10x10 = 100 qmm, sondern 144 qmm. Das sind schon 44 %. Gehst Du von einer würfeligen Form aus, denn der Tumor ist auf jeden Fall dreidimensional ausgebildet, machen 12x12x12 bereits 1728 cmm anstelle der vereinfachten Betrachtungsweise von 10x10x10 = 1000 cmm aus. Das sind satte 73 % Volumen zuwachs!

Prof. Sepehrnia wählt zwar den neurochirurgischen Zugang (in den Schädel), er öffnet aber immer den knöchernen Gehörgang. Einmal befragt (auf einem Ärztekongreß), warum er das mache, antwortete er ganz einfach: Ich möchte alles sehen, wenn und bevor ich operiere.

Warten scheint manchem eine gute Lösung, weil sie dann das mögliche Eintreten von unerwünschen Therapiefolgen hinausschieben und glauben, der status quo bleibt lange (oder hoffentlich ewig) bestehen. Da ist eine ziemlich naive Annahme mit im Spiel. Warten verschlechtert immer die Chancen einer (später einsetzenden) Therapie (jeder Therapie, nicht nur der OP!). Wenn dann eine Therapie unumgänglich ist, ist das Ergebnis, das früher erreichbar gewesen wäre, schwerer zu erreichen.
Was ich von Warten halte, steht auf den Themenseiten der IGAN-Homepage. Dort nenne ich Gründe dafür - wohlgemerkt aus meiner Sicht. Simpel gesagt, zahlt sich Warten nur aus, wenn das fast Unmögliche eintritt, das ist, daß der Tumor bis zum Ableben (des Patienten) ruhig bleibt und daß dieser Zustand des Tumors zum Zeitpunkt der getroffenen Entscheidung "Warten" ewig währt.

Ich bitte um Nachsicht für meine Offenheit. Ich weiß sehr wohl, daß das für den Betroffenen eine sehr schwierige Phase ist.

Beste Grüße
ANFux
1939, m. '94 transtemp. OP (15 mm) in Magdeburg/Prof. Freigang, einseitig taub, kein Tinnitus, keine Fazialispar. Rehakur in Bad Gögging. '96-'04 im Vorstand d. VAN in D, seitdem Beratungen zum AN. Ab '07 Moderator, ab '08 Homepage-Verantwortl.(bis 2012)
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Re: Wie lange kann ich warten?

Beitrag von tmhan » 30.06.2013, 07:36

Lieber ANFux!

Vielen Dank für Deine Offenheit. Die Wahrheit bei de Prozentrechnungen wird wohl eher in der Länge liegen, da mein AN fast vollständig intrameatal liegt und nur an den Enden des inneren Gehörgangs jeweils in den Kleinhirnbrückenwinkel und die Schneckenkammer ein bisschen hervorschaut. Es kann bisher also praktisch nur in die Länge wachsen. Eine Veränderung von 2 mm ist sehr wenig. Kleine Lageveränderungen des Kopfes bei der Untersuchung und kleine Änderungen in der Schnittebene bei der Bilddarstellung können das Messergebnis wesentlich mit beeinflussen.

Ich habe die kleine, vielleicht irrationale, Hoffnung, daß mein AN nur sehr sehr langsam oder gar nicht weiter wachsen könnte und dass ich deshalb um die Op, die ich sehr fürchte, noch viele Jahre herum kommen kann. Ich bin jetzt 58 und in zehn Jahren ist die Strahlentherapie vielleicht eine noch genauere und in ihrer Langzeitwirkung besser untersuchte Option für mich. In diesen zehn Jahren wäre dann für mich noch Zeit für Dinge, die ich mir z.B. mit einer Fazialislähmung oder einer Hirnwasserabflußstörung schlecht vorstellen kann.

Vielleicht ist die richtige Vorgehensweise für mich, dass ich eine dritte Messung abwarte und, wenn sich die Wachstumstendenz erneut bestätigt, zu Op gehe und sonst weiter warte.

tmhan
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Re: Wie lange kann ich warten?

Beitrag von Alinah » 30.06.2013, 18:04

Lieber tmhan
Ich kann Deine Gedanken sehr gut verstehen. Die gleichen hatte ich auch.
Wollte abwarten und mal schauen ob das AN überhaupt wächst und als ich
bei uns an der UNI-Klinik noch ein zweites MRI machen musste sah ich
das Resultat, unglaublich zwischen dem ersten MRI Dez.12 und dem zweiten
MRI Febr. 2013 waren es 10 Wochen und das AN war von 22 auf 24 mm
gewachsen. Dies nahm mir dann die Entscheidung. Darum wart ab und
schau was Dir die nächste Untersuchung bringt aber mach es Bitte am gleichen
Ort/Geräte weil es dort grosse Unterschiede gibt gemäss meinem Operateur.
Vielleicht hast du ja GLück und das AN hält sich still. Ich wünsch es Dir ganz toll.
Alles Gute für Dich und liebe Grüsse
45 J. alt, männlich, AN 25 mm, links, diagnost. 18.12.2012,Hörsturz, Jan./April 2012, OP 06.06.2013 durch Prof. Dr. A. Sepehrnia, Klinik St. Anna in Luzern/Schweiz,Gehör erhalten,leichter Tinnitus,leichter Schwindel,leichte Facialisparese,trocknes Auge
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Re: Wie lange kann ich warten?

Beitrag von Regina49 » 30.06.2013, 20:38

Liebes Forum, liebe Diskussionsteilnehmer,

hier habe ich einmal eine Frage.

Immer wieder wird über Größe und Wachstum in konkreten Zahlen berichtet. Meine Frage: wie wird denn die Größe eines Tumors bestimmt, selbst wenn man für ein und den selben Tumor das gleiche Gerät für die Erzeugung der Bilder verwendet?

Ich habe zu ein und den selben Bildern unterschiedliche Aussagen von 2,2 cm bis 2,6 cm, je nach Betrachter.

Auf welcher Grundlage erfolgt der Vergleich zwischen zeitlich aufeinanderfolgenden MRTs? Größenbestimmung, früher gab es die Schieblehre, aber die hat auch jeder anders in der Hand gehalten. Wie geht das heute bei Beurteilung von 3-dimensionalen Tumoren?

Weiss da jemand etwas dazu?

Ich sitze gegenwärtig in der "watch and wait" Ecke, deshalb bin ich sehr daran interessiert zu verstehen, wie die Methode "watch" funktioniert.

Liebe und wissbegierige Grüße
Regina49
Diagnose 04/13: extrakranielles Neurinom, ca. 2,6 cm im max. Durchmesser, (fast) keine klinischen Symptome,
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Re: Wie lange kann ich warten?

Beitrag von ANFux » 09.07.2013, 19:00

Tumorgröße richtig einschätzen!

Liebe Regina49, liebe Forumsleser,

einige Fragestellungen und Themen halten sich zäh über Jahre. Das hat verschiedene Ursachen, und es können deshalb simple Fragestellungen sein (die für den Betroffenen aber durchaus sehr bedeutsam sein können!), manchmal aber sind "andere" daran schuld, weil sie uns AN-Betroffenen die Antwort bisher schuldig geblieben sind.

Ein solches Thema ist die Tumorgröße. Ich habe dazu schon einmal auf einem Ärztekongreß ein paar Worte verloren....

Vor über fünf Jahren, am 4.1.2008, habe ich in der Rubrik "Entcheidung Operation oder?" im Thema "Tumorgröße richtig einschätzen " einiges dazu geschrieben. Nach der Frage von Regina49 halte ich es für sinnvoll, hier noch einmal auf diesen Beitrag zu verweisen, auch wenn das kein neuer Stand ist. Aber der Beitrag soll die Sinne der Betroffenen schärfen. Ich kenne auch heute keine Leitlinie o.ä. für die einheitliche und richtige (!) Beschreibung der AN-Größe.

Beste Grüße
ANFux

PS:
Das Datum war falsch, Dank an Regina49 für den Hinweis - und pardon.
ANFux
Zuletzt geändert von ANFux am 10.07.2013, 09:23, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Wie lange kann ich warten?

Beitrag von Regina49 » 09.07.2013, 20:48

Lieber ANFux,

das von Dir angegebene Datum

24.1.2008

scheint nicht zu stimmen, jedenfalls finde ich in Deinen Beiträgen da nichts.

Liebe Grüße
Regina49

Nachtrag: es ist der 04.01.2008 !

Noch ein Nachtrag: was mir hier aufgefallen war, sind die beiden Beiträge von:

1. tmhan schrieb:
Es kann bisher also praktisch nur in die Länge wachsen. Eine Veränderung von 2 mm ist sehr wenig.

2. Alinah schrieb:
... waren es 10 Wochen und das AN war von 22 auf 24 mm gewachsen.

2 mm bei dem einen scheint also etwas ganz anderes sein zu können als 2 mm bei dem anderen. Da sucht man natürlich nach Orientierung ! Oder zumindest nach den richtigen Fragen, die man seinen Ärzten im jeweils konkreten Fall stellen kann.
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Re: Wie lange kann ich warten?

Beitrag von Alinah » 10.07.2013, 23:29

Liebe Regina
mir wurde in den 7 Mte immer wieder mitgeteilt dass ein AN in der Regel pro Jahr 1mm wächst und als man bei mir das schnelle Wachstum festgestellt hatte rief mich mein Operateur persönlich an und teilte mir mit das dies sehr alarmierend sei in dieser kurzen Zeit ein solcher Wachstum und ich sollte nicht mehr lange warten mit der OP. 3 Mte.... ja - 6 Mte würde er nicht mehr empfehlen ab 25 mm wirds immer schwieriger.
Bin froh habe ich die Entscheidung OP getroffen, 5 Wochen danach geht es mir gut. Jeden Tag besser und ich habe keine Schmerzen und bewege mich immer besser im Alltag.
Liebe Grüsse
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Re: Wie lange kann ich warten?

Beitrag von Bara » 21.08.2013, 21:50

Hallo an alle!

Ich habe gerade nochmal die Beiträge zu diesem Thema gelesen, denn das sind genau die Fragen, mit denen ich mich momentan immer noch beschäftige.

ANfux schreibt, dass es fast unmöglich sei, dass der Tumor bis zum Ende des Lebens nicht mehr weiter wächst.

Gibt es eigentlich dazu irgendwelche statistisch belegten Zahlen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein Akustikusneurinom ganz aufhört zu wachsen?

Viele Grüße, Bara
Tinnitus re. seit 11/2011, MRT 5/2013: AN 2,1 x 1,9 x 1,7 cm, OP 8.10.2013 in Würzburg, seitdem re. taub, lauterer Tinnitus, Hyperakusis
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Re: Wie lange kann ich warten?

Beitrag von BerndB » 22.08.2013, 09:27

Bara hat geschrieben: ANfux schreibt, dass es fast unmöglich sei, dass der Tumor bis zum Ende des Lebens nicht mehr weiter wächst.
Zitat Anfux

"Warten scheint manchem eine gute Lösung, weil sie dann das mögliche Eintreten von unerwünschen Therapiefolgen hinausschieben und glauben, der status quo bleibt lange (oder hoffentlich ewig) bestehen. Da ist eine ziemlich naive Annahme mit im Spiel. Warten verschlechtert immer die Chancen einer (später einsetzenden) Therapie (jeder Therapie, nicht nur der OP!). Wenn dann eine Therapie unumgänglich ist, ist das Ergebnis, das früher erreichbar gewesen wäre, schwerer zu erreichen."

Mit einem Wort: JEPP!
Bei mir ist es ja noch nicht so lange her....
und ich habs sinngemäß auch so von meinen Ärzten so gehört.
Es kann sein, dass der Tumor nicht mehr wächst..kann sein ist aber unwahrscheinlich!
Und..mal ganz ehrlich...willst du Lotto mit deiner Gesundheit spielen...kann ja sein, vielleicht etc etc
denke, eher nicht.

Das einzige was die Ärzte mir sagten, das in der Regel der Tumor langsam wächst... was bedeutet, wenn ich (BITTE JETZT NICHT ANEGRIFFEN FÜHLEN, IST NICHT PERSÖNLICH FÜR IRGENDJEMANDEN GEMEINT) jetzt ohnehin schon 80 wäre...dann und nur dann hab ich die Option auf Zeit zu spielen und mit rechnen anzufangen...nach dem Motto....der Tumor braucht 10-15 Jahre, ich bin dann....

Was bei den ganzen Überlegungen....und nur auf mich bezogen...dazukam....
Was da (in meinem Kopf) nicht hingehört....gehört raus!
Aber wie gesagt, das war eine ureigenste private Sichtweise.

Gruß
Bernd
Nach OP 02.10.12 (HH Altona) frühverrentet; intra/extrameatales AN rechts,1,9cm x1,3cm;Taubheit re.; Facialisparese;/Lidschluss inkomplett;wenig körperl. belastbar; leichte Gangunsicherheit; Geschmacksprobl., kognitive Probleme, Pflegestufe 0
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Re: Wie lange kann ich warten?

Beitrag von ANFux » 30.08.2013, 10:02

Liebe Bara,

BerndB hat meinen Gedanken mit anderen Worten Recht gegeben. Es ist ein Abwägen, das aber immer das (irgendwann und wie) Weiterwachsen des Tumors mit einbeziehen sollte.

Konkret zu Deiner Frage: Ich kenne keine Zahlen, in wievielen Fällen der Tumor nicht mehr wächst. Strenggenommen könnte man das auch gar nicht vernünftig erfassen, weil der Zeitpunkt der Betrachtung bei jedem Fall anders ist. Und: Glaubst Du, daß solche Zahlen nicht schon immer in der ärztlichen Beratung eine Rolle spielen würden, wenn es sie gäbe?

Zum Tumorwachsen paßt ein Satz des französischen Mathematikers Descartes: "Alles, was lediglich wahrscheinlich ist, ist wahrscheinlich falsch".

Beste Grüße
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Op bei Professor Sepehernia am 4.9.

Beitrag von tmhan » 26.09.2013, 18:10

Hier nun ein Bericht über meine AN-Operation am 4.9. in Bielefeld bei Professor Sepehernia und meinen bisherigen Gesundungsverlauf seitdem:

Am 2.9. wurde ich morgens im Klinikum Bielefeld Mitte in der HNO-Klinik aufgenommen. Hier hat sich sich unter Leitung von Professor Sudhoff, dem Chef der HNO-Klinik (zu dem ich persönlich während der gesamten Behandlung keinen Kontakt hatte) und Professor Sepehernia, der nur an einigen Tagen der Woche in der Klinik ist, seit November 2012 das „Deutsche Schädelbasiszentrum“ etabliert, das als einen Schwerpunkt die Op von AN anbietet.

Am 2. und 3.9. wurden Voruntersuchungen durchgeführt, u.a. eine CT-Untersuchung des Kopfes, die dem Operateur genauere Informationen über die knöchernen Verhältnisse liefern sollte (neben dem MRT, was ja schon vorlag), außerdem eine ca. 30-minütige Herz-Ultraschalluntersuchung von der Speiseröhre aus (nicht ganz unbelastend, man schluckt einen Schlauch wie bei einer Magenspiegelung, der vorne mit dem etwas härteren und drückenden Schallkopf bestückt ist), mit der vor allem eine Undichtigkeit in der Vorhofscheidewand des Herzens ausgeschlossen werden soll, die im Falle eines Lufteintritts in die Blutbahn während der Op zu einem Schlaganfall führen kann. Bei dieser Untersuchung wird den Patienten ein kurze Narkose angeboten. Ich hab es ohne gemacht, um meinem Gehirn die Narkose zu ersparen: es ist auszuhalten, aber schmerzempfindlichen und sensiblen Personen nicht unbedingt zu empfehlen. Bei mir fielen alle Voruntersuchungen unauffällig aus, so dass ich am 4.9. dann morgens wie geplant in halbsitzender Stellung operiert werden konnte.

Nach der Operation kamen Professor Sepehernia und ein junger Oberarzt, Dr. Ebmeyer, der dem Professor bei der Op assistiert hatte und im weiteren Verlauf mein wichtigster Anspechpartner war, zu mir und teilten mir mit, dass die Op plangemäß verlaufen und das AN gut und vollständig entfernt worden sei. Schnell stellte ich auch fest, daß mein Gesichtsnerv weiter funktionierte. Die beiden wichtigsten Ziel der Op wurden also erreicht. Hören konnte ich allerdings rechts nicht.

Ich musste anfangs viel erbrechen, was mit stärkeren Medikamenten aber schließlich zu beherrschen war. Am Tag nach der Op wurde plangemäß ein MRT durchgeführt, um eine Blutung auszuschließen und zu dokumentieren, dass das AN vollständig entfernt war, anschließend wurde ich von der Intensivstation wieder auf die Normalstation verlegt. Ich hatte in den folgenden Tage weiter viel mit Übelkeit zu kämpfen, außerdem habe ich die Cortison-Infusionen, die gegen die Hirnschwellung verabreicht wurden, nicht gut vertragen (ebenfalls starke Übelkeit, Kreislaufstörung). Gleichgewichtsprobleme waren nicht so schlimm und besserten sich täglich.

Leider zweigte sich dann am 4./5. Tag nach der Op. dass aus meiner Nase Flüssigkeit tröpfelte, wenn ich den Kopf nach vorne beugte. Die Untersuchung der Flüssigkeit ergab kein eindeutiges Ergebnis, aber vorsichtshalber begann Professor Sepehernia 6 Tage nach der Op unter dem Verdacht einer Undichtigkeit zum Liquorraum eine Drainagetherapie aus dem Rückenmarkskanal. Dazu wird ein dünner Schlauch in den unteren Teil des Wirbelkanals gelegt, aus dem kontinuierlich kleine Mengen Nervenwasser abgelassen werden, um die Hirnhäute und die Wundregion „auszutrocknen“. Nach sieben Tagen wurde dieser Schlauch wieder entfernt. Ein Test des Nasensekrets ergab nunmehr einen eindeutig negativen Befund. Das Tröpfeln war in ein Gefühl einer „feuchten Nase“ übergegangen. Die Behandlung ist vor allem deshalb unangenehm, weil sie Kopfschmerzen durch den Unterdruck im Gehirnraum hervorruft, was aber mit Schmerzmitteln gut behandelt wurde.

Ich wurde dann 16 Tage nach der Op entlassen und hatte 21 Tage nach der Op noch einmal einen Termin bei Professor Sepehernia. Wegen der feuchten Nase hatte (und habe) ich noch manchmal ein etwas mulmiges Gefühl, ob wirklich alles ganz dicht ist. Es ist auch vereinzelt noch etwas Zucker in dem Nasensekret gewesen (in der Mehrheit der Proben nicht). Professor Sepehernia hat mir aber mit seiner charismatischen Überzeugungskraft gesagt, dass ich wirklich keine Sorgen haben muß, dass da noch etwas undicht ist. „Es ist ausgestanden!“ So bin ich jetzt wieder auf dem Weg nach Hause und will nun versuchen, die Gleichgewichtsprobleme, die nach der Ableitungsbehandlung beim Aufstehen etwas stärker sind und meine allgemeine körperliche Verfassung (ich habe ca. 5 kg abgenommen, was bei meinen Ausgangsgewicht von 57,5 kg fast zehn Prozent sind) in Ruhe zu stabilisieren.

Zusammenfassend kann ich mit dem primären Op-Ergebnis (AN vollständig entfernt, keine Fazialislähmung) sehr zufrieden sein. Das Liqourleck ist für mich sehr unangenehm gewesen (auch wegen der seelischen Belastung), hat aber, hoffe ich, keine negativen Dauerfolgen. Wer sich in Bielefeld operieren läßt, muß wissen, das Professor Sepehernia nicht täglich in der Klinik ist. Ich habe ihn in den 16 Tagen nach der Op nur an drei Tagen gesehen. Aber wenn er da war, war er wirklich präsent, hat auch schnell Entscheidungen getroffen. Und sein Oberarzt, Dr. Ebmayer, war wirklich täglich bei mir am Bett und hat sich für mich (und meine besonderen Empfindlichkeiten) immer ein paar Minuten Zeit genommen.
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