watch & wait - Erfahrungsbericht

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claude
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watch & wait - Erfahrungsbericht

Beitrag von claude » 23.02.2011, 17:30

Hallo liebe Forumsleser!

Ich habe mich für eine OP entschieden und sie erfolgreich im Juli 2010 hinter mich gebracht. Dazu habe ich einen Beitrag unter “Lebensqualität nach AN OP” geschrieben.
Meine Vorgeschichte passt besser in die Rubrik “Entscheidung Operation oder nicht?”, denn ich bin nach der Diagnose AN erstmal von März 2008 bis Mai 2010 beobachtet worden. Soll ich zunächst abwarten und mich beobachten lassen oder gleich ran an den “Feind“? Die Entscheidung ist ganz individuell, die Ausgangslage in jedem Fall anders, die betroffene Person sowieso. Viel Erfolg + Mut + Glück für alle, die für sich den Weg noch finden müssen!

Claude

Also so fing es bei mir an - vor der OP “watch & wait“:
1.1.2008 - kompletter Gleichgewichtsverlust (Ich konnte noch nicht mal sitzen.) + Schwindel aller Art (Was mir damals nicht bewusst/bekannt war: Dreh- + Schwankschwindel, Oszillopsien, Vertigo), Übelkeit, Erbrechen sofort bei Bewegung, Kopfschmerzen. Notarzt diagnostiziert NORO-Virus. Devise: 48 Stunden Augen zu und durch. Völlig falsch. Aber da ich hart im Nehmen und manchmal auch dumm bin, hielt ich aus. Zustand wurde nicht besser und nach einer Woche brachte mich mein Mann zur Hausärztin, die überwies zum HNO-Schwindelspezialisten, Diagnose: Neuropathia vestibularis (Erkrankung des Hör- bzw. Gleichgewichtsnerven). HNO überwies in die Klink, dort gab es 10 Tage Cortison-Therapie + Durchblutungsförderung, wodurch sich Verbesserungen einstellten: Ich konnte wieder gehen - wie ein schwankender Roboter, bei geschlossenen Augen drehte und schaukelte das Bett nicht mehr. Aber es blieben viele Herausforderungen wie z.B. Treppen, das Zusammentreffen mit sich bewegenden Menschen/Tieren, das Mitfahren im Auto. Es ging nur noch mit fremder Hilfe - Mutter sei Dank. Außerdem wurde mir bewusst, dass ich einen gewaltigen Tinnitus hatte (Düsenjet mit heulenden Indianer wie beim Angriff).

Nach Entlassung blieb die Therapie bei Durchblutungsförderung (Pentoxiphyllin), Schwindelmedikament (Arlevert) und Physiotherapie. Noch im Krankenhaus habe ich mit Schwindeltraining - erst im Liegen -angefangen, das ich auch heute noch zeitweise übe, damit die Koordination/Körperspannung nicht nachlässt. Dazu kann ich viel berichten. Für alle Fälle kann ich Schwindlern empfehlen, immer Nux vomica (Brechnuss) Globuli in der Tasche zu haben.

Mitte Februar 2008, also 6 Wochen nach dem Zusammenbruch hatte ich immer noch einen Nystagmus wie andere Patienten im Akutzustand einer Neuropathia vestibularis, deshalb überwies der HNO mich zum MRT und die Diagnose war AN, rechts, 1,0x0,5x0,5 cm intrameatal (eher am Ende des Tunnels). Natürlich war das ein Schock, zumal an einem Freitagabend, wo der aufklärende Facharzt erst am Montag wieder ansprechbar ist. (Ein Plädoyer für den Radiologenbesuch zum Wochenanfang!) Ich wusste nur, dass das AN nicht bösartig ist und langsam wächst und habe gleich den Gedanken gezüchtet: ER wird dich nicht umbringen!

Auf Empfehlung meines HNO kam ich am 5.3.2008 zur Mainzer Uniklinik und hatte meinen ersten Termin bei Prof. Mann. Der Mensch, die Art der Behandlung, die Qualität des Gesprächs - kurzum die Chemie stimmte, das Vertrauen war sofort da, ich war an der richtigen Adresse, andere wollte ich mir gar nicht mehr anschauen. Gemeinsam legten wir fest, zunächst zu beobachten. Ich wäre jung, könnte den Schwindel noch mehr kompensieren, den Gesamtzustand stabilisieren, der Tumor sei noch klein etc. Aber Prof. Mann sagte auch ganz klar, dass der Tumor mit der Zeit wachse und am Ende des “watch & wait” eine Therapie (Bestrahlung/OP) stehen würde. Keine falsche Hoffnung!

Das erste Intervall dauerte 6 Monate (mit neuen MRT-Bildern, die keinerlei Wachstum zeigten), danach fuhr ich im 3-Monatstakt nach Mainz zur Kontrolle (ohne neues MRT). Überwacht wurde mittels diverser Hörtests. Hörminderung als Indikator. Mein Gehör hielt sich lange aufrecht, die kleine Hochtonsenke blieb recht konstant. Zwischen den Terminen testete der heimische HNO das Gehör. Der Gleichgewichtsausfall war inzwischen durch fortwährendes Training kompensiert. Schwindel zeigte sich in unregelmäßigen Abständen durch “Benommenheit im Kopf“, selten begleitet durch Übelkeit oder Oszillopsien beim Gehen.

Erst im Februar 2010 zeigte sich eine Verschlechterung des Gehörs, die dB(A)-Zahl habe ich nicht mehr präsent, wohl aber die Falten auf der Stirn von Prof. Mann beim Studieren der Kurven. Auch der Facialis zeigte beim “Schocken” erste Verluste (Grad II - optisch (fast) nicht zu bemerken.).
Nach weiteren 3 Monaten, Mai 2010 kam ich dann mit neuen MRT-Bildern zu Prof. Mann. Das AN war, wie bereits vermutet, gewachsen auf 1,6x1,0x0,8 cm, hatte eine extrameatale Ausstülpung, die mit dem Kleinhirn (leicht eingedrückt) in Kontakt stand. Aus der Kidneybohne war eine Mini-Birne geworden und die Zeit des Abwartens war definitiv vorbei! Prof. Mann beriet mich noch mal ausführlich und stellte auch noch mal die Frage: OP oder Bestrahlung? Zuerst war das befremdlich, hatte ich mich doch bereits früh für “seine” Therapieform entschieden. Vielleicht ist das normal und fällt unter die Pflicht zur objektiven Aufklärung. Für mich war es gut, das Gefühl mich selber ohne Druck neu zu entscheiden.

Die zwei Monate bis zur OP habe ich dann gefüllt mit allem, was mir Spass macht und gut tut, v.a. mit vielen lieben Menschen. Außerdem habe ich mich systematisch mit täglichem Sport fit gemacht und bin die letzten 4 Wochen vor der OP dreimal pro Woche zum Gleichgewichtstraining beim Physiotherapeuten (sonst die ganze Zeit über 1x die Woche) gegangen. Vor der OP war ich fast reif für den Zirkus! Aber das Wichtigste für mich war, dass ich die Verantwortung an den Operateur abgeben konnte, weil das Vertrauen da war. Ich bin sehr zuversichtlich in die Klinik bzw. in den OP gefahren worden. Da war sicher auch eine große Portion Erleichterung dabei, dass die unsichere Zeit als “Dreimonatsfrau” vorbei war.

Abwarten - ja oder nein?
Tumor bleibt Tumor, er wächst mit der Zeit sogar und behandelt werden muss er - klein, mittel, groß oder größer.
Durch Abwarten kann man Zeit gewinnen, wenn es der Zustand erlaubt oder sogar gebietet. Zeit, die man nutzen kann, um sich auf die OP vorzubereiten, sich in eine körperlich bessere Ausgangslage zu bringen (Erholung von Krankheit, Schwindeltraining, Sport, Tai Chi) oder mental darauf einzustellen.
In jedem Fall braucht man einen Arzt des Vertrauens, den man “gerne” regelmäßig besucht

Mir, die ich recht “tough” (sagt meine Ärztin) bin, ging der Schwebezustand gegen Ende der 3-Monatsfrist immer an die Nerven. Vor jedem Kontrolltermin habe ich mich mental vorbereitet: Wenn es jetzt soweit ist, dann ist es okay, dann hat es sein Gutes, die Warterei ist vorbei. Jedes Mal wenn ich aus dem Behandlungszimmer von Prof. Mann raus kam und das nächste 3-Monatsintervall vor mir lag, grinste ich breit, freute mich über die geschenkte Zeit und setzte die Verdrängungsmaschine in Gang. Innerhalb von einer Woche waren die nächsten 3 Monate mit sozialen und kulturellen Highlights angefüllt. Leben im Hier + Jetzt! Mit und ohne AN!!!
1972, w., 16x10x8 mm AN re in-+extr.meatal, OP in Mainz am 16.07.2010, kompl. entfernt, Hörminderung, Tinnitus, Fazialisparese, trockenes Auge + Nase, Kopfschmerz links!, Synkinesien seit 28. Wo. nach OP (Auge/Stirn-Mund), Gleichgewicht wieder da!
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Re: watch & wait - Erfahrungsbericht

Beitrag von ANFux » 26.02.2011, 18:50

Warten? Ja - aber gut beobachten!

Liebe claude,

ich wiederhole hier gern, dass Deine beiden ersten Beiträge sehr informativ sind. Sie sind auch lehrreich. Und es ist auch richtig, dass „die Ausgangslage in jedem Fall anders ist, die betroffene Person sowieso.“ Wenn ich einiges anders beurteile, dann weil ich eine andere Person bin, andere Erfahrungen habe und hatte, als Du Deine Entscheidungen getroffen hast. Die Diskussion darüber ist aber m.E. nützlich.

Die Zeit bis zur Diagnose AN war erfreulicherweise kurz, sechs Wochen. Das AN war damals noch klein: 1,0 x 0,5 x 0,5 cm. Es lag noch rein intrameatal. Die Symptome waren aber schon unüberseh- und unüberhörbar.

Zwei Jahre später wurde festgestellt – ich lese bzw. deute aus Deiner Schilderung „überraschend“ – dass das AN gewachsen war: 1,6 x 1,0 x 0,8 cm. Es lag nun intra- und extrameatal und hatte bereits Kontakt zum Kleinhirn. Das Hörvermögen hatte sich verschlechtert.

Die Zeit dazwischen war zwischen Arzt und Dir abgestimmtes „Warten unter Beobachtung“. Die Beobachtung bestand aus einem MRT nach sechs Monaten und danach lediglich aus Hörtests aller drei Monate (wenn ich das richtig gelesen habe.)

Beim Lesen dieses Verlaufes kamen mir zwei Beiträge von mir in den Sinn:
Auf der Homepageseite Therapie der Abschnitt „Die Strategie des Wartens unter Beobachtung“ und im Forum in der Rubrik „Entscheidung Operation oder nicht?“ das Thema “Tumorgröße richtig einschätzen“. Ich habe gestern beide noch einmal gelesen und stehe zu jedem Wort.

Dein Tumor hatte sich in den zwei Jahren nicht nur um 3 bzw. 5 bzw. 8 Millimeter vergrößert, sondern sein Volumen war auf das Fünffache gestiegen! Von 250 Kubikmillimeter auf 1280 Kubikmillimeter !
Unbemerkt, klammheimlich. Weil keine MRT gemacht wurden. Der Hörtest allein ist kein ausreichendes Indiz für Wachstum oder Stagnation! Das belegt der Tumor doch immer wieder, dass er schön wachsen kann, ohne sich zu verraten.

Prof. Mann schilderte Dir die Situation vor Ort so: „Da der Tumor ein “harter Hund” (trocken) war, musste er mühevoll in Halbmillimeterschnitten von den Nerven abgetragen werden.“
Ich hatte mir bereits ohne diese Schilderung einen Vergleich ausgedacht: Ich nahm mal an, dem Operateur gelänge es, den Tumor in Stückchen von ca 8 cmm abzutragen. Das wären Würfelchen mit 2 mm Kantenlänge. Dann bräuchte er für einen Tumor mit 250 cmm Volumen mindestens 30 Aktionen. Bei einem Tumor mit 1280 cmm Volumen bräuchte er aber ca. 160 Versuche. 160 mal würde abgehoben, geschabt, gezogen, geschnitten – am Nerv, an dem der Tumor sitzt.

Das ist keine Zahlenspinnerei, sondern nur der Versuch, sich bildhaft vorzustellen, was den Operateur erwartet. Wenn die gemachten Zahlenangaben stimmen, dann spielt sich das so in etwa ab!

Es bleibt Spekulation, ob der Tumor 2008 noch kein harter Hund gewesen war, ob er dann sogar in größeren Schritten als Halbmillimeter abgelöst hätte werden können....

Spekulation bleiben auch andere Überlegungen - etwa, ob bei einer früheren Operation die Fazialisparese geringer ausgefallen wäre, ob das postoperative Hörvermögen besser wäre (immerhin gab es 2008 nur erst eine kleine Hochtonsenke).

Keine Spekulation ist dagegen, dass eine frühere Operation den Tumor von der sehr sensiblen Region Kleinhirn abgehalten hätte.
Keine Spekulation ist auch, dass Dir der Streß, den Du nach eigener Schilderung vor jeder 3-Monatsetappe spürtest, erspart geblieben wäre.

Was Du sehr gut gemacht hast, das ist die Nutzung der Zeit des Wartens auf einen Therapiebeginn. Mit den konsequenten Schwindel- und Gleichgewichtsübungen hast Du die vestibuläre Kompensation vorangetrieben und Dir Unangenehmes nach der OP erspart.
Mit dem Verhalten unmittelbar vor der OP hast Du Dich auf die allgemeinen Belastungen einer OP gut vorbereitet.

Die 2010 gegenüber 2008 eingetretenen erschwerten Bedingungen sind nicht einfach eine Folge des Wartens. Die Wartestrategie wird damit nicht als ungünstig, schlimm, verwerflich entlarvt. Nein. Ausschlaggebend war nach meiner Überzeugung eine ungünstige bzw. fehlende Kombination von quantitativen klinischen Tests und eigenen Beobachtungen mit regelmäßigen MRT.

Ich möchte hier nicht Deine Entscheidung oder die Empfehlung von Prof. Mann kritisieren. Es ist und bleibt immer eine subjektive unter Abwägung all dessen, was dem Betroffenen (und nur dem) wichtig ist! Aber da Du wie selten jemand anderes so genaue Angaben gemacht hast, lag es nahe, dass ich an diesem Beispiel einmal zeigen möchte, was hinter einer Entscheidung stecken bzw. was aus ihr folgen kann.

Beste Grüße
ANFux
1939, m. '94 transtemp. OP (15 mm) in Magdeburg/Prof. Freigang, einseitig taub, kein Tinnitus, keine Fazialispar. Rehakur in Bad Gögging. '96-'04 im Vorstand d. VAN in D, seitdem Beratungen zum AN. Ab '07 Moderator, ab '08 Homepage-Verantwortl.(bis 2012)
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Re: watch & wait - Erfahrungsbericht

Beitrag von claude » 28.02.2011, 18:51

Lieber ANfux!

Deine Nachlese ist einfach klasse. Du legst den Finger in die Wunde.

Aus heutiger Sicht würde ich auch auf eine kombinierte Gehör- und Bildkontrolle bestehen. Mein Gehör hat sich lange nicht von dem AN beeindrucken lassen!

Es gibt bis heute 3 MRT-Aufnahmen von meinem Schädel (Diagnose Feb. 2008, Kontrolle Juli 2008, Kontrolle Mai 2010). Ich hatte zwischendrin mal gefragt, ob man nicht doch... Aber mein Arzt sagte, dass, solange das Gehör keine Einbußen zeigt, er erst ein MRT nach 2 Jahren wolle. (Gemeint war damals 2 Jahre nach dem Kontroll-MRT vom Juli 2008.) Es sei denn ich möchte unbedingt? Wollte ich dann nicht.

Nachdem das Gehör sich im Februar 2010 verschlechtert hat, war davon auszugehen, dass das AN gewachsen ist. Eine echte Überraschung war es im Mai 2010 dann nicht. Allerdings hat mich die Volumenzunahme beeindruckt. Wann der Tumor den "Sprung" gemacht hat, wird unbekannt bleiben.

@ "Die Zeit bis zur Diagnose AN war erfreulicherweise kurz, sechs Monate." Du hast Dich vertippt. Es waren kurze 6 Wochen *) bis zur Diagnose.

Viele Grüße
claude

*) Danke für den Hinweis. Entschuldigung.
ANFux
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Re: watch & wait - Erfahrungsbericht

Beitrag von Nini » 15.04.2011, 12:10

Liebe Forumsmitglieder

ANFux hat mich ermuntert meine KG hier in einem Beitrag darzulegen. Da ich auch eine "watch and wait"- Kandidatin war reihe ich mich in diesem Themenbereich ein.

Die 1. beiden Hörstürze hatte ich 2007 und 2010.Sie konnten erfolgreich behandelt werden. Im November 2010 hatte ich plötzlich ganz massive Gleichgewichtsstörungen, der Hausarzt schickte mich zum Neurologen, der mir nach den einschlägigen Tests ein MRT vom Kopf vorschlug. Nach einer Woche hatte ich die Diagnose intrakanalik. AN li. 4x4x9mm. Mein HNO-Arzt drückte mir daraufhin die Telefonr. der Charitée in die Hand mit dem Hinweis, "wenn sie ihre Diagnose sagen, bekommen sie sofort einen Termin!" Denkste! Nach langem hin und her sagte man mir, dass sie sich das dann mal Ende Januar anschauen könnten.

Nun ergriff mein Hausarzt die Initiative und verschaffte mir kurzfristig einen Termin bei PD Dr. med. V. Schilling, Chefarzt HNO im Vivantes Klinikum Neukölln. Dieser schlug mir vor, mir ein Gespräch mit den Neurochirurgen zu vermitteln, da er die OP als beste Lösung sah.

Nun hatte ich mir bereits im Internet und hier im AN-Forum Informationen geholt, dass es u.a. bei dem Operateur sehr auf die Erfahrung ankommt. Mit Herzklopfen ging ich zur nächsten Konsultation und fragte, wieviel solcher AN-OPs er im Jahr in Zusammenarbeit mit dem Neurochirurgen macht? 3 - 4 ! Ich erzählte ihm von Prof. Tatagiba in Tübingen. Er kannte ihn nicht, bestärkte mich aber, auch diesen Weg in Erwägung zu ziehen. Bei meinem nächsten Besuch eröffnete er mir, dass das nach seinen Erkundigungen der b e s t e Mann für diese OP sei. Diese grosszügige Aussage hat mich sehr berührt und mich in meinem weiteren Vorgehen bestärkt.

Am 20. Dezember 2010 hatte ich die 1. Besprechung mit Prof. Tatagiba in Tübingen, die das Vorgehen "wait and watch" für ein halbes Jahr mit neuem MRT ergab.

Ende Dezember 2010 hatte ich den 3. Hörsturz nun mit Tinnitus. Die klassische Behandlung brachte leider keinen Erfolg. In den folgenden Tagen stellten sich noch (süsse) Geschmacksstörungen ein. Nach neuem Kontakt mit der Klinik in Tübingen wurde mir vorgeschlagen, mit einem neuen MRT zur OP-Besprechung nach Tübingen zu kommen.

Am 14. Februar hatte ich die 2. Besprechung mit Prof. Tatagiba. In nur 3 Monaten war das AN um 2mm gewachsen und wurde jetzt als T2 , nun intra- und extrameatal, bezeichnet. Er eröffnete mir und erklärte es mir sehr ausführlich, dass er jetzt nicht operieren würde, sondern schlug mir die schonendere Bestrahlungsvariante GAMMA KNIFE in Krefeld vor. In diese Überlegungen wird das Alter, die Lebenserwartung etc. mit einbezogen, was mir einleuchtete.

Zur 1. Besprechung war ich am 23. Februar in Krefeld, wurde dort vorbildlich informiert. So reiste ich am 29. März wieder dorthin zu der Einmalbestrahlung, die ich ohne Furcht und Angst überstanden habe. Alle Schädigungen habe ich noch. Der Gehörverlust wird mir bleiben. Bei allen anderen "Macken" bin ich zuversichtlich, es soll wohl nur eine Zeitfrage sein bis auch das sich geben wird.

Ich habe mich bemüht mich kurz zu fassen, was aber nicht ausschliesst, dass ich gerne bereit bin, detaillierter auf gewisse Fragen einzugehen. Das AN-Forum war mir in diesem intensiven letzten halben Jahr eine ganz grosse Hilfe, die ich dankbar in Anspruch genommen habe. Herzlichen Dank!

Mit herzlichem Gruss in die AN-Runde

Nini.
1938,w. 1. Hörst. 7/07, 2. 8/10. 11/10 mass. Gl'gew'stör. Diagn. MRT intrakanalikuläres AN li. 4x4x9mm. Radiochirurg. Behandl. GAMMA KNIFE Krefeld 29.03.2011. Status 04.2011: Gleichgewichts- Geschmacks- und Sehstörungen, Tinnitus, Gehör li. = Null.
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Re: watch & wait - Erfahrungsbericht

Beitrag von ANFux » 15.04.2011, 18:28

Liebe Nini,

das ist ein interessanter Verlauf. Was nicht klar wird, das ist der Hörverlust. Wann begann die Hörminderung? Müßig, jetzt zu sinnieren, ob mit einer früheren Therapie ein Hörvermögen erhalten hätte werden können. Es ist aber wichtig zu erfahren, wann das bei Dir einsetzte und wie schnell es bis zur Ertaubung ging - ohne OP. Wir beide sind jetzt fast gleichaltrig, bei meiner Diagnose war ich aber noch 55 Jahre jung!

Bei Dir war es jetzt eine m.E. richtige Entscheidung, zu "warten". Das Alter spielt hier eine entscheidende Rolle. Natürlich müssen die bestehenden Beschwerden auszuhalten sein, sonst müßte man auch noch einmal anders planen. Also: MRT-Kontrollnetz spannen und gute Selbstbeobachtung!

Die Gleichgewichtsprobleme werden wohl noch eine Weile anhalten, weil der Druck des Tumors ja nach der Bestrahlung nicht sofort nachläßt, sondern meist sogar eine Zeitlang noch etwas zunimmt, weil der bestrahlte Tumor etwas anschwellen (kann).

Das Verhalten des Arztes der Vivantes-Klinik finde ich vorbildlich. Das wünscht man sich bei manch anderen auch, die zügig selbst operieren und/oder ihre noch geringe AN-Erfahrung verschweigen.

Ich wünsche Dir gute Erholung von dem Streß (Deine Aussage in der VN) und einen weiteren guten Verlauf.

Beste Grüße
ANFux
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Re: watch & wait - Erfahrungsbericht

Beitrag von Nini » 05.06.2011, 17:39

Lieber ANFux

ich habe es nun "schwarz-auf-weiss" betr. des Hörvermögens. Die Audiometrie am 23. Mai ergab für das linke Ohr, dass nur noch ein Tieftonrestgehör besteht. Der prozentuale Hörverlust lässt sich mit 90 - 100% errechnen, je nachdem welche Tabelle (prätherapeutisch 45 - 55%) Verwendung findet. Wie ich bereits schrieb, war nach dem 3. Hörsturz Anfang des Jahres die klassische Behandlung erfolglos.

Mit allen anderen Befindlichkeiten bin ich noch nicht über den Berg. Gleichgwewichtsstörungen schlimmer als je gehabt, jetzt Schwindel im Kopf bei jeder Richtungsänderung zu Fuss. Autofahren super! Geschmacksstörungen waren schon einmal ein paar Tage weg. Tinnitus: dieser Teufel wehrt sich gegen Lärm, je lauter umso doller. Das geht im Konzertsaal und Kirche von gewaltiger Meeresbrandung bis zum sanften Wellengeplätscher beim Einschlafen.......

Mit Geduld bin ich weiterhin zuversichtlich

nini.
1938,w. 1. Hörst. 7/07, 2. 8/10. 11/10 mass. Gl'gew'stör. Diagn. MRT intrakanalikuläres AN li. 4x4x9mm. Radiochirurg. Behandl. GAMMA KNIFE Krefeld 29.03.2011. Status 04.2011: Gleichgewichts- Geschmacks- und Sehstörungen, Tinnitus, Gehör li. = Null.
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