AN-OP, Folgen und unbenannte Spätfolgen

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Lilo
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AN-OP, Folgen und unbenannte Spätfolgen

Beitrag von Lilo » 10.04.2012, 13:20

Liebe Alle

ich möchte heute mal ein neues Thema anschneiden-da meine OP jetzt schon bald 12 Jahre zurückliegt, möchte ich einen Rückblick und einen Ausblick geben. Vielleicht stosse ich hier auf Widerstände aber ich spreche es jetzt trotzdem an: nämlich AN und Burnout/Depression.

Kurze Zusammenfassung: AN nach vielen symtpomreichen Jahren im April 2000 durch HNO entdeckt, OP im Juni 2000, Teilresektion, während der Op 2xLuftembolie. Folgen der OP: Hörverlust, Fazialisparese postoperativ, Schwindel, HWS-Verschiebung durch jahrelange AN-bedingte Fehlhaltung und dadurch bedingt Schulterluxationen.

Zur beruflichen Situation zum Zeitpunkt der OP: hatte gerade die Handelsschule mit Berufsmaturazeugnis abgeschlossen, Sprachaufenthalt in Paris (ständiger Schwindel, regelmässige Stürze), ab Februar 2000 begann ich die eidg. Matura auf dem 2. Bildungsweg nachzuholen, durch OP Unterbruch von 4 Monaten, 2003 Abschluss, Beginn Studium, Latein nachgeholt, nebenbei gearbeitet. Dann im Frühjahr 2010 erfolgte Zusammenbruch: physisch und psychisch.

Was hat dies mit AN zu tun: neben den zahlreichen Therapien und physischen Einschränkungen habe ich so weiter gemacht, wie wenn ich einen Schnupfen gehabt hätte. Allerdings musste ich meine ganze Energie für Arbeit, Schule und Genesung einsetzen, so dass ich für Dinge, die junge Menschen in der Regel tun, keine Energie mehr übrig hatte. Irgendwann rächt sich das. Ich wollte auf jeden Fall eine gute Ausbildung erreichen, damit ich finanziell unabhängig sein kann. Leider ist dieses Projekt am Auseinanderklaffen von meinem Leistungsanspruch an mich selbst und den eigenen Kapazitäten gescheitert.

Ich möchte damit nur erwähnen, dass Menschen egal mit welchem Handicap, die die gleiche Leistung wie gesunde Menschen erbringen, oft Gefahr laufen in ein Burnout bzw. Depression zu geraten. Und dies nicht wegen dem Handicap selber-damit kann auch ich umgehen, sondern aufgrund von eigenen überhöhten Leistungsansprüchen und dem Leistungsanspruch der Gesellschaft.

Was ich traurig finde, ich hab in all den Jahren von niemandem gehört, dass es toll ist, dass ich noch so viel geleistet habe-im Gegenteil: ich hörte immer wieder-"was jetzt studierst Du immer noch?!"

Die Situation für Menschen mit Handicaps und insbesondere auch AN-Betroffene wird sich mit den nächsten IV-Revisionen noch weiter verschlechtern.

Es macht mich traurig und wütend, dass ich nun trotz meiner guten Ausbildung-die ich nun als Spätfolge des ANs wahrscheinlich nicht beenden kann, bestraft werde. Einen Job finde ich in der heutigen Arbeitswelt nicht. Zum Glück kann ich bei meiner Mutter leben, das entschärft die Situation ein bisschen.

Ich möchte nur eine kleine Warnung an diejenigen aussprechen, die sich vielleicht nach einer AN-OP und deren Folgen auch dazu neigen sich selbst zu überfordern. Vielleicht nimmt sich jemand aufgrund meiner Zeilen ein bisschen mehr Zeit die Erkrankung und die Folgen fürs eigene Leben zu verarbeiten. Nehmt Rücksicht auf Euch selbst!!!

Inzwischen bin ich der Überzeugung (und auch mein Therapeut), dass ich niemals in diese psychische Krise gerutscht wäre, wenn ich mir damals mehr Zeit gelassen hätte und vielleicht einen weniger ambitionierten beruflichen Weg gewählt hätte. Nun, es bringt nichts sich in wenn und abers zu verlieren. Ich zahle die Quittung halt nun 10 Jahre später und muss nun gezwungenermassen das Ruder herumreissen.

Herzliche Grüsse in die Runde, Lilo
1979, w, Subtotalentfernung eines AN (4,2x3,8x3,7 cm, links mit erheblicher Verlagerung und Deformation des Hirnstammes) im Juni 2000, Neurochirurgie Kantonsspital St. Gallen, Rest-Fazialisparese, links taub, Tinnitus, diskrete Fussheberparese links.
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