Akustikusneurinom und Neurofibromatose II

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Dirky Harry
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Akustikusneurinom und Neurofibromatose II

Beitrag von Dirky Harry » 16.01.2009, 00:24

Liebe Alle,

Seit ca. 12 Jahren habe ich einen Tinnitus. Eine Hörminderung habe ich daher kaum feststellen können. Zum Schluss waren es dann aber doch laut Messung rund -30%.

Bei einer Physiotherapie für mein Sprunggelenk im Sommer hatte ich Gleichgewichtsstörungen, aber ich dachte einfach, ich hätte einen schlechten Tag oder so. Zumal die Therapeutin ja auch nett anzuschauen war.

Im Oktober war ich seit längerem mal wieder bei einem Konzert, ich hab auch alles soweit ganz gut gehört, keine Sorge. Am nächsten Morgen habe ich meinen Sohn (etwas über ein Jahr) in die Kita gebracht und mich wieder hingelegt. Als ich nach etwa 3-4 Stunden wieder aufwachte war es, als sei der Kater angekommen. Ich hatte, klar, ein paar Bier getrunken. Ich war gar nicht doll betrunken am Vorabend, aber es fühlte sich dennoch wie Kater an. Heftige Kopfschmerzen vor allem.

Ich nehme eigentlich nie Tabletten, also hätten sie wirken müssen - haben sie aber nicht. Nach drei Tagen und etwa einer kleinen Packung Paracetamol und ein paar ASS ging ich an einem Samstag in die Notaufnahme. Seinerzeit war man wegen einiger Meningitis-Fälle alarmiert und schickte mich in ein nächstes KH zur Lumbal-Punktion und möglichst einer neurologischen Untersuchung.

Weil es etwas dauerte schob man mich nach der neurologischen Untersuchung, jedoch vor der Lumbal-Punktion ins CT (weil eine Meningitis zum einen eher unwahrscheinlich schien und zum anderen, weil die L-P noch etwas Vorbereitung brauchte). Dabei stellte man eine etwa 5cm große "Raumforderung" fest, ich sollte mich nicht sorgen, es könne alles Mögliche sein. Gut, ich dachte, ich müsste nun sterben und die Lumbal-Punktion kann ich nun auch vergessen. Um mich herum verknackste Knöchel und Kreislaufkollapse.

Wegen der Größe behielt man mich jedenfalls gleich da - im Vivantes Klinikum Berlin-Friedrichshain - und setzte mich auf Cortison und schaute alle zwei Stunden nach mir - ich müsse mich ja nicht sorgen - und eigentlich schon ob ich noch lebte. Die "Raumforderung" hatte es sich an einem Liquorabfluss gemütlich gemacht und daher die Kopfschmerzen, sie hatte sich zwischenzeitlich aber auch einen Namen erworben: Akustikusneurinom.

Nach reichlichen drei Tagen mit allerhand Untersuchungen und einigen Arztgesprächen operierte mich der Chefarzt Prof. Dr. Dag Moskopp rund achteinhalb Stunden lang in einer sitzenden Position. Etwa eine Stunde nach der OP wachte ich in der Intensiv-Station kurz verpeilt auf. Später nochmal etwas weniger durch den Wind.

Nach zwei Tagen Intensiv- und kurz Überwachungsstation kam ich wieder zu den anderen. Mir ging es wieder prima, nur hörte ich nix. Außer dem Tinnitus.

Nach ein paar Tagen lief nochmal Liquor durch die Nase ab und ich bekam nun doch noch die versprochene Lumbal-Punktion. Ich wollte mich die knappe Woche nicht bewegen, solche Kopfschmerzen waren das.

Dann war ich nach insgesamt rund drei Wochen wieder "draußen". Jetzt renn' ich so von Arzt zu Arzt und es stellt sich eine bereits vermutete Neurofibromatose als wahrscheinlich dar.

Ich habe noch ein Fibrom an der Brustwirbelsäule. Mal sehen, wie es wächst. Ich kann - durchaus wahrscheinlich - noch ein AkN auf der anderen Hirnseite bekommen. Es kann sein, dass ich diese Krankheit meinem Kind vererbt habe. Und immer noch höre ich den Tinnitus.

Aber es gibt Weißgott schlimmeres. Pro Jahr mal in die Röhre und gut. Ich mach nix anders als vorher.

Der Tinnitus kann sicher einigen hochunangenehm sein, in meinem Fall aber ist das durchaus auch okay. So habe ich oft das Gefühl, nicht taub auf dem rechten Ohr zu sein.

Es steht noch die Entscheidung aus, was mit dem o.g. Fibrom an der Brustwirbelsäule passieren soll. Eine Bestrahlung steht zur Debatte, eventuell eine Chemotherapie, vielleicht lassen die das Ding aber auch einfach drinnen, weil es da kaum stört und auch nur langsam wächst.

Ich will am Ende einfach sagen, dass das Leben auch mit Akustikusneurinom und Neurofibromatose weitergeht.


Tschüss.
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ANFux
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Hoffnung bzgl. NF2-Verdacht

Beitrag von ANFux » 19.01.2009, 11:30

Lieber Dirky Harry,

Dich muß man ja nicht aufrichten, denn Du hast den berühmten Berliner Humor behalten, obwohl Deine Krankheitsgeschichte nicht ohne eine gewisse Dramatik ist - allein schon wegen der Tumorgröße, aber auch wegen der möglichen Diagnose NF2. Es bleibt nur zu hoffen, daß es bei dem "wahrscheinlich" bleibt.

Für den Fall, daß sich dieser Verdacht doch bestätigen sollte, bleibt ein Hinweis, der Hoffnung geben kann: NF2 muß nicht vererbt werden! Es besteht also die Chance, daß Dein Kind diese Krankheit nicht bekommt.

Und noch einen Hinweis habe ich: Herr Prof. Dr. Victor-Felix Mautner ist einer der besten Spezialisten für Neurofibromatose. Er arbeitet am Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf und ist führend in der Von-Recklinghausen-Gesellschaft (VRG) tätig. Mail-Adresse: VRGes@aol.com.

Beste Grüße
ANFux
1939, m. '94 transtemp. OP (15 mm) in Magdeburg/Prof. Freigang, einseitig taub, kein Tinnitus, keine Fazialispar. Rehakur in Bad Gögging. '96-'04 im Vorstand d. VAN in D, seitdem Beratungen zum AN. Ab '07 Moderator, ab '08 Homepage-Verantwortl.(bis 2012)
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Beitrag von Dirky Harry » 07.02.2009, 01:22

Nach wie vor bleibt es übr. beim "wahrscheinlich", das vorweg.

Allerdings frage ich mich seit ein paar Tagen, ob es sinnvoll wäre, einen Antrag auf Schwerbehinderung zu stellen. Bei einseitiger Taubheit sollten da ein paar Prozent rauskommen, was u.U. und u.a. unter das sog. Gleichstellungsgesetz fallen könnte.

Der Humor ist nach wie vor da, ich hatte heute mein Folge-MRT und werde am 19. den Operateur und Chefarzt der Neurochirurgie im Vivantes Berlin-Friedrichshain sprechen. Mal sehen, wie's dann aussieht.

:-)
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Beitrag von lulube » 10.02.2009, 19:46

Hallo Dirky Harry!
Dein Bericht v. 15. 1. 2009 machte mich einerseits sehr betroffen - doch andererseits wurde diese Betroffenheit schnell durch Bewunderung über die Art (mindestens im Schreibstil), wie Du mit dem „Leiden“ umgehst, verdrängt.
Auch in der neuen Mitteilung blitzt die „Berliner Schnauze“ durch – bezüglich der Einstellung:

Gibt Dir dat Leben eenen Knuff,
dann weene keene Träne.
Lach Dir'n Ast, und setz' Dir druff,
und baum'le mit die Beene.


Ich möchte etwas zu der von Dir angesprochenen Schwerbehinderung schreiben: Sicher weißt Du, dass die Schwerbehinderung erst mit 50 % GdB (Grad der Behinderung) greift. Schwerbehindertenausweis. Kündigungsschutz. Früherer Rentenbezug. Doch erwarte bei Taubheit auf einem Ohr keine besonders hohe Einstufung. Vielleicht 10 % GdB. AN-Betroffene mit Taubheit auf einem Ohr, Fazialisparese, Gleichgewichtsproblemen, u. a. können bis 40 % GdB erreichen. Über die Einstufung bei festgestellter NF2 weiß ich nichts. Mit diesen Zahlen will ich keineswegs von einem Antrag auf Schwerbehinderung abraten. Im Gegenteil. Auch mit dieser Materie soll man sich schon beizeiten befassen, da auf Bescheide schon von vornherein Widersprüche einzuplanen sind.

Ich hoffe, dass Du nächste Woche gute Mitteilungen bekommst und dann die Forumsleser wiederum erfahren, wie es in Deinem Fall weiter ging/geht.

Gute Wünsche
lulube
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Beitrag von Dirky Harry » 05.05.2009, 10:59

Einen schönen guten Tag.

Die NFII ist bisher weder bestätigt worden, noch als nicht zutreffend abgeschmettert worden. In meinem Fall könnte ein sog. Gen-Mosaik vorliegen, bei dem der Chromosomendefekt nicht in allen Zellen nachweisbar ist. Ich bleibe da am Ball, wenngleich sich ja prinzipiell nichts ändert.

Soweit bleibt alles gut. Leider darf ich seit etwas über zwei Wochen über Kopfschmerzen klagen sowie über zumeist abendliches und nächtliches Fieber. Da alle etwas nervös sind, hatte ich wieder ein MRT, nun auch eine weitere Lumbalpunktion und diverseste Untersuchungen mehr. Es scheint sich wenigstens sagen zu lassen, dass beides in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem Resttumor steht.

Wie dem auch sei. Weiterhin bin ich guter Dinge. Allein, bei dem Wetter geht mir der Sinn nach Humor etwas ab.

Viele Grüße Dirky Harry
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