Erfahrungsbericht: Uniklinik Freiburg

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Jess223
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Erfahrungsbericht: Uniklinik Freiburg

Beitrag von Jess223 » 11.01.2024, 20:39

Hallo liebe Leser,

Nun möchte ich mit euch auch meine AKN Geschichte teilen.

Symptome:
- Ende 2019 - Hörsturz ( telefonieren auf dem linken Ohr nicht mehr möglich)
- 2020-2021 - erhöhte Müdigkeit und Erschöpfung
- 2021-2023 - Gleichgewichtsstörungen, schnelles und undeutliches sprechen, erbrechen kurz nach dem aufstehen am morgen, kurze Starke stehende Kopfschmerzen im Bereich der linken Schläfe

Aufgrund den Gleichgewichtsstörungen habe ich einen Termin Mitte July beim Neurologen gemacht. Aufgrund der vielen unterschiedlichen Symptomen (Gleichgewichtsstörungen, schnelles und undeutliches sprechen, Nystagmus, Hörsturz links) hat mich der Neurologe zum MRT verwiesen.
Anfang September bekam ich einen Termin für MRT in Klinikum Stuttgart.
Mitte September bin ich dann auch nach Stuttgart gefahren um das MRT zu machen. Nach einer kurzen Wartezeit wurde ich in die Umkleidekabine aufgerufen ( beim schnellen aufstehen wurde ich aus dem Gleichgewicht geworfen und bin fast umgefallen) Die Pflegerin die bei dem MRT geholfen hat musste aufgrund meiner „Ungeschicklichkeit“ Schmunzeln. Nach dem Umziehen wurde ich dann in einen großen Raum aufgerufen wo sich das MRT befand.
Ich bekam Ohrstöpsel und so eine Art Kopfhörer und wurde dann in das Rohr eingefahren.
Mitten in den MRT aufnahmen wurde ich aus der Röhre rausgefahren und mir wurde das Kontrastmittel in die Vene gespritzt.
Beim rausziehen des Zugangs ist der Pflegerin das Schmunzeln vergangen und Sie hatte einen ernsten Blick.
Nach dem ich mich umgezogen habe wurde ich in das Sprechzimmer von Radiologen aufgerufen. Und da wurde es mir geschildert, die haben was gefunden und ich soll mich umgehend bei meinem Neurologen melden. Ziemlich geschockt ( aber auch erleichtert dass ich mir das alles doch nicht eingebildet habe)bin ich aus der Klinik rausgelaufen und zusammengebrochen. In dem Befund stand folgendes: „Große Raumforderung 4,0 x 3,8 x 3,7 cm KHBW links, am ehesten Akustikusneurinom. Deutliche Verlagerung und partielle Kompression der angrenzenden Hirnstrukturen, vorgeschaltete Liquorabflussstörung.“
Darauffolgend bin ich zeitnah zum Neurologen gefahren. Der Neurologe hat mir erklärt das aufgrund der Größe und der Lage des Tumors eine OP gemacht werden muss. Ich bekam eine Überweisung zur Klinikum Tübingen. Wir sind danach direkt nach Uniklinikum Tübingen gefahren und haben gefühlt den ganzen Vormittag gewartet. Nach der Übergabe der MRT Aufnahmen sowie weiteren Untersuchungen der Assistenzärztin wurde ich in ein Sprechzimmer gebracht wo sich viele Ärzte befanden u.a. Prof. Tatagiba. Er hat mir erklärt wie die OP verlaufen wurde, usw. aber alles passierte in Eile da er zur einen OP musste. ( Ich bin sehr dankbar das er sich Zeit genommen hat, doch da ging alles leider zu schnell )Nach langem überlegen entschloss ich mich die OP nicht in Tübingen machen zu lassen, ich hatte kein gutes Gefühl. Nach Tübingen habe ich einen Termin in der Uniklinik Freiburg gemacht. Da angekommen wurde ich von Dr. Nakagawa empfangen. Sie hat mir alles in Ruhe erklärt und hatte immer wieder gefragt ob ich irgendwelche fragen habe. Ich hatte ein sehr gutes Gefühl doch bekam den OP Termin erst Mitte/Ende November. Auf Nachfrage wurde der Termin um einen Monat vorgezogen. Doch um sicher zu gehen wollte ich noch eine dritt Meinung einholen. Darauffolgend habe ich einen Termin in der Uniklinik Würzburg gemacht. Dort wurde ich von einem netten Assistenzarzt empfangen. Mir wurde wiederum erklärt das die OP Zeitnah erfolgen muss, wie Sie die OP durchführen wurden, also im Grunde nicht vieles neues erfahren. Zuhause angekommen nach ein paar Tage überlegen habe ich mich für Freiburg entschieden.
….Doch dann kam alles anders, es war Ende September und ich bin am Wochenende mit Kopfschmerzen, Nackenschmerzen und erbrechen aufgewacht. In Würzburg wurde mir erklärt sich umgehend in irgendeiner Klinik zu melden wenn solche Symptome wie o.g. auftreten ( erhöhter Hirndruck).
Erstmal habe ich in der Uniklinik Freiburg angerufen ob ich in die Notaufnahme kommen sollte, die Antwort war umgehend. Ich wurde dann von meinen Freunden nach Freiburg gefahren. Auf die Notaufnahme angekommen war die Wartezeit ziemlich kurz und ich wurde ziemlich schnell aufgerufen. Es wurde ein CT gemacht aber keine Veränderung im Vergleich zu dem MRT konnte festgestellt werden doch die entschlossen sich mich Stationär aufzunehmen und wenn möglich die OP vorzuziehen. Stationär aufgenommen bekam ich Täglich Kortison Tabletten um den Hirndruck zu reduzieren. Die OP wurde dann auch vorgezogen ich wurde 5 Tage später am 5. Oktober von Dr. Scheiwe und Dr. Grauvogel operiert.
Tag vor der OP würden bei mir Untersuchungen in der HNO ( Gleichgewicht, Hörvermögen) und ein EKG gemacht ( Ausschluss eines PFO).
Tag vor der OP kam auch der Anästhesist vorbei um die ganzen Risiken usw zu erklären. Am späten Nachmittag kam Dr. Scheiwe und hat mir kurzgefasst den OP Verlauf erklärt und nach die Handynummer der jeweiligen Person das ich möchte das intraoperativ über den Verlauf der OP informiert wird aufgeschrieben. Am Abend kam noch Dr. Grauvogel und hat mir nochmals Detailliert (an einem Plastikschädel) erklärt wie die OP verlaufen wird. Am selben Abend bekam ich noch die Markierung am linken Schulter (Seite wo sich der Tumor befand). Ich habe mich danach geduscht und meine Haare mit einem ph neutralem Shampoo gewaschen, und bin erstaunlicherweise ziemlich ruhig eingeschlafen. Am Tag der OP bin ich früh aufgewacht und mich fertig gemacht. OP Kittel, Netz Unterhose und Kompressionsstrümpfe angezogen. Medikamente eingenommen und auf meine Abholung gewartet. Danach wurde ich von einer Pflegerin in den OP Bereich geschoben. Dort angekommen, nach ein bisschen warten wurde ich auf die OP liege umgelegt und (wahrscheinlich vor den OP Raum )vorgeschoben. Danach waren 3-4 Pfleger und ein Anesthesist am mir am „Werkeln“ und was ich ganz angenehm fand, es wurde mir eine heiße Decke übergelegt. Und dann war ich weg….

10 Stunden hat die OP gedauert. War aber komplikationslos.

Als nächstes weiß ich das ich Halb wach von den Intubationsschlauch gestört war, dann war ich wieder weg.
Als ich aufgewacht bin muss es spät am Abend oder früh am Morgen gewesen sein (ich konnte nicht richtig an der Uhr erkennen wie spät es war(ich habe Doppelbilder gesehen und es war schwer Meine Augen zu fokussieren). Als erstes habe ich versucht mit meinen Füßen zu wackeln (es ging!) Danach gleich Starke Kopfschmerzen und Übelkeit der Intensivstation Pfleger hat mir sofort über den ZVK Medikamente gegen Kopfschmerzen und Übelkeit gegeben. Und auch einen Spuckbeutel. Diesen habe ich auch gleich gebraucht . Dies hat einen unfassbaren Druck im Kopf und starke Kopfschmerzen ausgelöst.
Im Verlauf der Nacht wurde ich auf der Intensivstation Stündlich geweckt und wurde nach meinem Namen und Geburtsdatum gefragt und es wurde in meine Augen mit einem Licht geschaut.
Auf der Intensiv Station habe ich dann festgestellt dass ich eine Fazialisparese linksseitig habe. Das hören links war jetzt komplett weg, aber da mein hören auch vor der OP fast komplett weg war habe ich keinen unterschied gemerkt. Tinnitus habe ich zum Glück nicht.

Am frühen Morgen musste ich mich nochmals übergeben.
Grund dafür: Unterdruck Symptomatik - ich habe während der OP viel Hirnwasser ( Liquor) verloren. Deshalb musste ich für die nächsten Tage komplett Flachlegen und dürfte nicht aufstehen (dazu hate ich aber auch keine Kraft).
Am 1. Tag Post OP wurde ich auf die Normalstation verlegt. Ich hatte immer noch Probleme mit der Übelkeit ( die Medikamente haben leider nicht viel gebracht). Aufgrund der Übelkeit hatte ich keinen Appetit, alleine der Gedanke auf Essen hat die Übelkeit noch verschlimmert.
Die Übelkeit hat sich die nächsten 5-6 Tage gezogen und ich müsste mich täglich mindestens 1-2 übergeben.
Dann wurde (ich glaube so am 6/7 Tag) es versucht mich zu mobilisieren ( an der Bettkante zu sitzen) doch auch das war zu viel für mich und bin ohne Vorwarnung kollabiert.
Am selben Nachmittag kam die Physiotherapeutin und hat mit mir versucht aufzustehen. Dieses Mal habe ich es geschafft und das ohne zu kollabieren. Ich war so glücklich! (Dachte nicht dass ich mich mal um aus dem Bett aufstehen so freuen wurde!)
Am nächsten Tag kam nochmals die Physio vorbei und ich bin mit Ihr ein Paar Schritte gelaufen ( doch beim aufstehen ist mir der Katheter rausgefallen, es war aber schmerzlos )Von nun an musste ich immer bei der Pflege klingeln wenn ich auf Toilette musste was aber gute Übung für mich war).
Die nächsten Tage ging es dann Schritt für Schritt besser. Und ich bekam einen Rollator und konnte im Begleitung im Flur Spazieren. Selbst die Paar Meter waren anstrengend aber ich wurde von Tag zu Tag bisschen mobiler.
Die Übelkeit wurde besser und ich habe wieder Appetit bekommen So das ich Tag für Tag besser essen konnte.
Ich hatte noch Kopfschmerzen vorallem Morgens und nachmittags aber die waren mit dem Medikamenten gut zu vertragen.
Was vielleicht von Interesse wäre ist das sich durch das lange liegen meine Muskeln im Becken abgebaut haben und ich viele Schmerzen beim Sitzen hatte so das Sitzen ohne Schmerzen nicht mehr möglich war (also wenn Ihr es könnt versucht nicht so lange zu liegen, aber durch die Unterdrucksymptomatik ist dies erschwert. Aber mit dem spazieren bilden sich diese Muskeln wieder schnell auf, also am Ende alles noch halb so wild)

Die Doppelbilder haben sich so nach ca 10-14 Tagen gelegt und ich konnte wieder normal sehen.
Während der Zeit im Krankenhaus fand ich es aber sehr Anstrengend am Handy zu sein, meine Augen waren sehr lichtempfindlich, doch mit der Zeit hat sich das auch wieder gebessert.

14 Tage nach der OP wurde ich aus dem Krankenhaus entlassen und es ging direkt zur Reha weiter. Ich war in Kliniken Schmieder in Gailingen.
Dort habe ich 9 Wochen verbracht und habe gute Fortschritte gemacht. Das Gleichgewicht wurde besser so das ich nach wenigen Wochen den Rollator absetzen konnte und mich ohne wieder frei bewegen konnte.
In der Reha habe ich auch erst bemerkt das mein linker Arm und linkes Bein von der OP betroffen sind. Beim linken Arm ist die Feinmotorik betroffen sodas die Bewegungen nicht mehr flüssig sind und es eher „verkrampft“ wirkt, das linke Arm ist auch deutlich langsamer als mein rechtes Arm.
Das linke Bein ist deutlich schwächer als mein rechtes Bein, ich merke das vorallem beim laufen ( ich belaste das linke Bein deutlich kürzer als das Rechte) und der einbein Stand ist links noch ziemlich wackelig. Rechts klappt es besser.


Status heute: das Gleichgewicht ist noch nicht ganz da aber es hat sich schon viel seit der OP getan.
Die Fazialisparese hat jetzt nach Drei Monaten noch keine Besserung gezeigt aber ich habe noch die Hoffnung nicht aufgegeben. Ich hoffe sehr das sich diese wieder zurückbildet. ( Laut den Ärzten is der Nerv noch intakt. Hat jemand evtl. gute Vorschläge für die Therapien?
Mir wurde in der Reha nämlich deutlich von der PNF Methode und Strom abgeraten. Und ich sollte Therapeuten suchen die nach der NMR Methode arbeiten.

Jetzt bin ich wieder zu Hause und habe diese Woche mit den Therapien von zu Hause aus angefangen (Logopädie, Physiotherapie, Ergotherapie) und hoffe das es noch Besserungen geben wird.

In zwei Wochen habe ich die erste Nachkontrolle im Krankenhaus ich bin mal gespannt was dabei rauskommt.

Ich bis Februar noch krankgeschrieben, weiß noch nicht wann ich wieder anfangen werde zu arbeiten. Wäre Februar noch zu früh?

Da jetzt die 3 Monate rum sind, könnte ich theoretisch wieder Auto fahren, aber mir würde in der Reha Klinik gesagt das es von TÜV geprüft werden muss ob ich wieder Auto fahren darf. Würde mich freuen wenn jemand der hiermit Erfahrung hat mich aufklären konnte.



Ich Entschuldige mich für den langen Bericht, doch ich wollte, das hoffe ich sehr, anderen Mut machen, denn mir haben die Erfahrungen sehr geholfen um in die OP entspannt zu gehen. Ich konnte mir ein Bild ausmalen was alles auf mich zukommen wird. Und die Erfahrungen haben mir geholfen meine „upside down“ Welt wieder positiv zu sehen

Liebe Grüße,
Jess223
Jess223 Jg.97,w
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Re: Erfahrungsbericht: Uniklinik Freiburg

Beitrag von hapevl » 23.02.2024, 23:00

Liebe Jess,
Vielen Dank für deinen Bericht und viele Grüße ins nahe Tuttlingen.

Ich habe deinen Bericht mit sehr viel Aufmerksamkeit gelesen und wünsche dir von Herzen, dass sich deine Situation noch deutlich verbessert.

Ich stehe derzeit noch am Anfang der Erkrankung und des Weges zur Behandlung. Mein Tumor ist allerdings auch - Gott sei Dank! - noch recht klein und auch die Symptome sind noch nicht so stark ausgeprägt. Trotzdem schränkt es mein Leben schon erheblich ein und ich bin auch sehr dankbar für deinen Bericht, der mir zeigt, dass es auch bei einem deutlichen Fortschreiten der Erkrankung eine Lösung und Hilfe gibt.

Herzliche Grüße
Hans-Peter
m, Jahrgang 1968, verheiratet, 2 erwachsene Kinder
Diagnose 25.01.2024: AN re. 3-4mm, zystisch (?)
Hörminderung hohe Frequenzen, Tinnitus,
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Re: Erfahrungsbericht: Uniklinik Freiburg

Beitrag von Jess223 » 03.03.2024, 22:47

Lieber Hans-Peter,

Es tut mir leid zu lesen dass Du mit einen AKN diagnostiziert wurdest, aber es freut mich sehr das Dir mein Erfahrungsbericht mutmachen konnte!
Wie Du auch schreibst, wurde Dein AKN Gottseidank früh diagnostiziert, somit stehen Dir viele Therapiemöglichkeiten zur Auswahl.
In dem IGAN Forum bist Du genau richtig! Es gibt sehr viele Erfahrungsberichte und ich kann Dir nur aufs Herz legen sich gut zu informieren ( Mir hat dieser Forum nämlich dabei sehr geholfen einen „Kühlen Kopf“ zu bewahren).

Bei mir geht es mittlerweile weiterhin Aufwärts, die Fortschritte sind nämlich nicht mehr so sichtbar wie am Anfang, doch Verbesserungen sind immer noch sichtbar. Ich habe gelernt auch die kleinen Erfolge zu Feiern. 😊

Die Fazialisparese hat sich bisher leider noch nicht verbessert, doch ganz Aufgegeben habe ich noch nicht. Ich mache noch weiterhin fleißig meine Übungen und hoffe, dass eine Besserung bald sichtbar ist.
Bald habe ich auch einen Termin im Freiburg in der Facialissprechstunde um mich einfach mal zu informieren, mal schauen was dabei rauskommt…


Vielen Dank für die liebe Wünsche, ich wünsche Dir und deiner Familie nur das Beste auf deinem Weg!

Herzliche Grüße,
Jess223
Jess223 Jg.97,w
AN 4,0 x 3,8 x 3,7 cm, suboccipital AN-OP in Freiburg 05.10,
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