Keine Akustikusneurinom-Operation mit 77 Jahren

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Andreas
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Keine Akustikusneurinom-Operation mit 77 Jahren

Beitrag von Andreas » 18.09.2009, 15:35

Keine Akustikusneurinom-Operation mit 77 Jahren

Vor ca. 2 Monaten wurde bei mir zufällig bei einer MRT Untersuchung ein Kleinhirnbrückenwinkeltumor links festgestellt. Da ich seit 1960 Probleme mit dem linken Ohr habe und nach vielen Behandlungen (Hörsturz und Infusionen) heute auf der linken Seite nicht mehr höre, gehe ich davon aus, dass dieser Tumor schon 1960 Ursache für meine Hörprobleme war.

Ich möchte unter Berücksichtigung folgender Fakten bzw. Annahmen auf eine Operation verzichten:

• Ich bin 77 Jahre alt
• Außer Hörverlust links und 2 Stents in den Herzkranzgefäßen bin ich altersgemäß topfit
• Der Hörverlust ist irreversible und ich habe mich daran gewöhnt
• Der Tumor ist gutartig und die Wachstumsgeschwindigkeit (1960-2009) so gering, dass er im Zeitraum meiner Lebenserwartung nicht weitere Beeinträchtigungen erzeugen wird
• Ich vermeide wenn möglich jeden Arztbesuch

Für die Beantwortung folgender Fragen wäre ich Ihnen sehr dankbar:

1. Ist meine obige Überlegung richtig?
2. wenn „ja“ welche regelmäßige Überwachung empfehlen Sie? (MRT?; zeitliche Abstände?)
3. wenn „nein“ ist eine baldige Operation notwendig, und welche Aspekte muß ich bei der Auswahl der Klinik berücksichtigen

Für eine Antwort wäre ich Ihnen sehr dankbar.
Andreas
snowdog
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Re: keine Operation mit 77 Jahren

Beitrag von snowdog » 18.09.2009, 17:45

Hallo Andreas,
selbst unter "Berücksichtigung der Fakten bzw. Annahmen" fällt die Beantwortung mit ja oder nein schwer. Zum Thema ist an anderer Stelle der IGAN viel Erklärendes zu lesen, die Frage ans Forum gerichtet verstehe ich als Aufforderung zur Meinungsabgabe von Mitbetroffenen. In diesem Sinne also:
1. Ist meine obige Überlegung richtig?
Unter der Annahme, dass der Hörverlust seit 1960 ein schleichender und eindeutig auf das Akustikusneurinom zurückzuführen ist, es sich bei dem Tumor offensichtlich um einen langsam wachsenden handelt (wie groß ist er aktuell ?), der persönliche Zustand als "topfit" bezeichnet werden kann und der Hörverlust als irreversibel bereits Gewohnheit geworden ist - ja !

So schwer eine Einschätzung der eigenen Lebenserwartung auch fallen möge, ein Abschätzen der aktuellen Lebensqualität ist möglich, da sie immer auch zurückliegende Phasen miteinbeziehen kann. Für die Zukunft geht das schwerlich, zumal keiner weiß, wie die Weiterentwicklung des AN verläuft.
Da das Akustikusneurinom "zufällig" entdeckt wurde (warum das MRT ?),
lassen sich rückwirkend wahrscheinlich die Ursachen mancher Beschwerden besser erklären, aber eine "Erlösung" stellt die Diagnose der Gewissheit in diesem Fall wohl nicht dar. Also spricht hier einiges für die Strategie des abwartenden Beobachten, wenn die Beschwerden nicht massiver werden (Zeitraum) oder andere Erscheinungen hinzukommen.
2. wenn „ja“ welche regelmäßige Überwachung empfehlen Sie? (MRT?; zeitliche Abstände?)
In Absprache mit dem Arzt innerhalb eines Jahres - oder unmittelbar, wenn die Beschwerden akut werden. Um eine Regelmäßigkeit der MRT wird man nicht umhin kommen, auch wenn sich das mit dem Faktum "ich vermeide wenn möglich jeden Arzbesuch" schwer in Einklang bringen lässt ;)
3. wenn „nein“ ist eine baldige Operation notwendig, und welche Aspekte muß ich bei der Auswahl der Klinik berücksichtigen
ob eine baldige Operation notwendig ist (sein muss), hängt von mehreren Aspekten ab - zu all den Beobachtungen und Hinweisen hier sehr viel zu nachzulesen ist. Viel spricht nach einer Spanne von über 40 Jahren, dass nicht gleich mit einer Notoperation zu rechnen sein muss. Was so lange "gut ging" hat es wert, nicht gleich über den Haufen geworfen zu werden.

Leider gibt es auch hier keine 100% Garantie. Die klare Analyse und Momentaufnahme des Status Quo sollen aber Mut machen, die richtige Entscheidung zu treffen. Wie sie auch ausfällt, es wird schon die richtige sein.

Und ehe ich es vergesse: Vielen Dank für den, wie ich finde, ermutigenden Eintrag. Er strahlt Optimismus und etwas positives aus

Viel Glück, Kraft und möglichst viele beschwerdefreie "topfitte" Jahre

herzliche Grüße
snowdog
snowdog (Moderator seit 4.12) Jg.62,m,verh.,2 Söhne,
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Ich würde warten ...

Beitrag von ANFux » 19.09.2009, 12:22

Ich würde warten ...

Lieber Andreas,

wir spielen in der selben Liga, was das Alter anbelangt. Zwar habe ich das Akustikusneurinom los, aber ich denke, dass ich dennoch einen brauchbaren Blickwinkel für die Beurteilung Deine Lage habe.
Deine Überlegungen und Fragen sind verständlich und klar formuliert. Leider fehlen für „unsere“ Antworten (gemeint sind die antwortenden Forumsmitglieder) einige Angaben, wie z.B. Lage und Größe des Tumors und vielleicht auch die Angaben, ob es wirklich keine weiteren Symptome gibt und welche Lebensgewohnheiten, Hobbys, Tätigkeiten Du vornehmlich hast bzw. welche Du keinesfalls missen möchtest. Letzteres fließt nämlich in eine Entscheidung über die Haltung zum Tumor ein, ob man sich dessen bewusst ist oder nicht. Und Lage und Größe des Tumors lassen einige mögliche Schlüsse auf dessen weiteres Verhalten und auf dessen Gefahrenpotential zu.
Die Antworten, die Du jetzt also bekommst, leiden somit alle etwas unter den begrenzten Informationen.

Ich versetze mich in Deine Lage und nehme einige Dinge an.
Das Akustikusneurinom wurde fast fünfzig Jahre nicht entdeckt, streng gesagt nicht diagnostiziert. Es hat jedoch seine Spuren hinterlassen: Du bist links ertaubt. Sonst nichts (?).
Du hast Dich mit der Ertaubung arrangiert, hast Dich damit abgefunden, sie stellt keine übergroße Beeinträchtigung mehr dar.
Du hast in den letzten Jahren keine Anzeichen für andere Symptome festgestellt (?), denn das MRT wurde wegen einer anderen Krankheit angeordnet (?).
Du bist noch recht fit und hast eine Reihe von Angewohnheiten, die Du gern tust und auch weiter tun möchtest, vielleicht Leichtwandern, vielleicht Berggwandern, musizieren oder Musik, Gartenarbeit, Enkel betreuen....
Du bist 77. Du selbst hast den Begriff „Lebenserwartung“ erwähnt, also kann ich das auch, ohne makaber zu klingen.
Es gibt keine Garantie, daß das AN im Laufe Deines Lebens „keine weiteren Beeinträchtigungen erzeugen wird“ (=Deine Wörter). Aber es spricht nach dem Verlauf auch nicht viel dafür, dass er das unbedingt tut. Vielleicht ist sein Wachstum im Alter generell auch gebremst ?
Du fühlst Dich momentan nicht so eingeengt, nicht so belästigt und beeinträchtigt, dass Du etwas verändern willst und müsstest.
Dir stehen – gerade in Anbetracht von Alter und Lebenserwartung – noch zwei Therapieoptionen offen, nicht nur die Operation!

An Deiner Stelle würde ich warten. Aber: nur unter Beobachtung, um meinen ruhigen Lebensabend nicht doch noch durcheinanderschütteln zu lassen, durch eine sich unbemerkt zugespitzte Situation, die man nicht erhofft und deshalb auch nicht erwartet hat.
Also: Ein gutes Kontrollnetz mit einem Arzt des Vertrauens aufbauen und einhalten.

Ich habe dazu an verschiedenen Stellen im Forum etwas geschrieben, zuletzt in der Rubrik „Entscheidung Operation ..?“ zu lamopis Beitrag „Warten unter Beobachtung – Wie lange?“

Über eine Klinik für eine Therapie würde ich jetzt nicht nachdenken. Alles unter der Bedingung, dass meine obigen Annahmen stimmen...

Beste Grüße
ANFux
1939, m. '94 transtemp. OP (15 mm) in Magdeburg/Prof. Freigang, einseitig taub, kein Tinnitus, keine Fazialispar. Rehakur in Bad Gögging. '96-'04 im Vorstand d. VAN in D, seitdem Beratungen zum AN. Ab '07 Moderator, ab '08 Homepage-Verantwortl.(bis 2012)
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Doch Operation ??

Beitrag von ANFux » 22.09.2009, 20:15

Wir - Andreas und ich - haben etwas Schwierigkeiten, unseren Dialog an die richtige Stelle zu placieren, a) ins Forum und b) nicht als neues Thema, sondern als Fortsetzung.
Hier nun der neue Beitrag von Andreas:

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Verfasst am: 22.09.2009, 19:29 Titel: Doch Operation??

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Lieber ANFux,

ich danke Dir recht herzlich für Deine schnelle ausführliche Antwort und möchte die nötigen Informationen nachreichen.

• Die Lage und Größe des Tumors kann ich nicht direkt aus dem MRT Bericht erkennen. Kannst Du es? Daher sende ich diesen Dir direkt.

• Weitere Symptome: neben der Taubheit links ist ein leichter Tinnitus links vorhanden.

• Weiter möchte ich den Grung für die MRT Aufnahme schildern: Während der heißen Tage im Juni und Juli habe ich nach körperlichen Anstrengungen (z.B. Gartenarbeit) einen unangenehmen Schwindel (kein Drehschwindel, mehr eine starke Benommenheit) bemerkt und wegen meiner Herzerkrankung die Notfallklinik aufgesucht. Nachdem der Herzbefund ok war, schlug der Arzt vor, das Schlaganfallrisiko in der Neurologischen Klinik zu untersuchen. Bei der MRT Untersuchung bat ich den Arzt, das linke Ohr genauer anzusehen. Das Ergebnis ist der MRT Befund und die Empfehlung die Hals- und Nasenklinik einzuschalten. Die sehr umfangreichen Untersuchungen ergaben, dass die Gleichgewichtsorgane gut funktionieren und wahrscheinlich der Tumor als Ursache für den Schwindel in Frage kommt.

Der Arzt, der AN-OP selbst nicht macht, empfahl eine Zweitmeinung bei Prof. Mann in Mainz einzuholen, der bekannt dafür sei, nicht sofort zu operieren.

• Meine Lebensgewohnheiten sind bestimmt durch Freude an Bewegung, Kunst, Musik, Lesen und Arbeiten am PC.

Also bleibt die Frage: ist Prof. Mann der richtige Ansprechpartner ( Ohrspezialist oder Tumorspezialist??) Außerdem wäre ich Dir dankbar, wenn Du mir sagen würdest, ob Du aus dem Bericht die charakteristischen Größen des Tumors erkennen kannst.

Nochmals besten Dank für Deine Mühen und viele Grüße
Andreas
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77, m, links taub, leichter Tinnitus,
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ANFux hat eine VN von Andreas an ihn hierher kopiert.
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Situation ist nicht mehr so einfach ...

Beitrag von ANFux » 23.09.2009, 19:45

Situation ist nicht mehr so einfach...

Lieber Andreas,

es war gut, daß ich nachgefragt habe. Und für andere Forumsleser ist es ein Zeichen, daß es wichtig ist, möglichst alle Erkenntnisse und Daten über seinen Tumor und seine persönlichen Empfindungen preiszugeben, wenn man eine vernünftige, begründete Antwort haben möchte.

Grundsätzlich bleibe ich bei meiner ersten Antwort, aber einige Aussagen haben eine wesentliche neue Akzentuierung erfahren.

Es sind jetzt schon drei Symptome, die sich bei Dir zeigten - Hörverlust, Tinnitus und Schwindel. Zuvor war es nur der Hörverlust. Das Akustikusneurinom war bzw, ist gar nicht sooo ruhig (gewesen).

Lage und Größe sowie andere Gegebenheiten sind in dem MRT-Bericht, den Du mir zugeschickt hast, ausgesprochen detailliert beschrieben.
Die Kernaussagen:
Das Akustikusneurinom liegt sowohl im knöchernen Gehörgang (intrameatal) als auch außerhalb desselben (extrameatal). Die Größen: intrameatal 6x8 mm, extrameatal 8x9 mm. Der intrameatale Anteil ist zystisch ausgebildet, der extrameatale hat einen zystischen Anteil.
Der Gehörgang ist geweitet.
Es gibt keine Anzeichen für Verknöcherungen und Verstopfungen und andere Hirnerkrankungen.

Was bedeutet das? Die Ausweitung des Gehörganges ist ein Beweis für die lange Existenz des Tumors und für anstehenden Entscheidungen ohne Bedeutung.
Das Akustikusneurinom ist nicht mehr sehr klein, vorsichtig ausgedrückt. Die Chancen, daß es noch ewig so ruhig wie bisher bleibt, sind nun geringer einzuschätzen.
Das AN ist bereits in die Nähe des Kleinhirns und Hirnstamms unterwegs. Das sind sehr sensible Bereiche mit lebenswichtigen Funktionen. Bei Berührungen und Druck des Tumors auf diese Bereiche wäre ein baldiger Therapiebeginn geraten.
Das AN ist zum großen Teil zystisch ausgebildet. Damit fällt m.E. eine strahlentherapeutische Behandlung als Option aus, evtl. eine fraktionierte Bestrahlung. Grund: die nach Bestrahlung übliche Ödembildung (Anschwellen des Tumors) würde den Hirndruck und den Druck auf die Zyste und in der Zyste erhöhen, so daß evtl. Shunts erforderlich werden. Aber das weiß ich nicht mit Gewißheit.

In Anbetracht der von Dir geschilderten geringen Belastung, die die Akustikusneurinom-Symptome heute für Dich darstellen und in Anbetracht Deines Alters kann man weiterhin auf Warten setzen. Aber: unbedingt mit einem Kontrollsystem, das Arzt und Du gewissenhaft einhalten. Hinweise dazu gibt es bereits im Forum.

Die generelle Operationsfähigkeit von "Herzpatienten" wird heute gewissenhaft geprüft. Hier sollte man auf die Ärzteteams vertrauen.

Sich in Mainz bei Prof. Mann die Meinung eines erfahrenen AN-Therapeuten (der nicht zur schnellen Operation neigt) zu holen, ist ein gute Idee. Machen !

Die Entscheidung nimmt Dir aber niemand ab.

Beste Grüße
ANFux
1939, m. '94 transtemp. OP (15 mm) in Magdeburg/Prof. Freigang, einseitig taub, kein Tinnitus, keine Fazialispar. Rehakur in Bad Gögging. '96-'04 im Vorstand d. VAN in D, seitdem Beratungen zum AN. Ab '07 Moderator, ab '08 Homepage-Verantwortl.(bis 2012)
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Meinung von Prof. Mann

Beitrag von Andreas » 20.10.2009, 11:06

Meinung von Prof. Mann

Lieber ANFux,

wie in den Beiträgen diskutiert, habe ich bezüglich der Frage "Operation ja oder nein" Prof. Mann aus Mainz um Rat gebeten.
Hier seine Antwort:

"...Der Tumor ist Stadium T3, berührt das Kleinhirn....Ich würde primär adhoc nicht zu einer Operation raten, sondern vorziehen, ein Kernspintomogramm im April erneut durchführen zu lassen....Sollte sich in den Kontrollaufnahmen im April eine Wachstumstendenz zeigen, müßte man diskutieren, ob man den Befund bestrahlt oder entfernt. Eine Entfernung würde ich in diesem Fall vorziehen, da das linke Ohr schon taub ist und der Tumor über das Ohr entfernt werden Könnte."

Vielen Dank für Deine Ratschläge,
mit besten Grüßen
Andreas
77, m, links taub, leichter Tinnitus,
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