Akustikusneurinom-OP bei Neurochirurg oder HNO-Chirurg

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Tillis
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Akustikusneurinom-OP bei Neurochirurg oder HNO-Chirurg

Beitrag von Tillis » 14.02.2009, 13:48

Akustikusneurinom-OP bei Neurochirurg oder HNO-Chirurg?

Liebe Forummitglieder,

ich bin neu im Forum. Ich weiß durch ein MRT erst seit 10 Tagen, dass ich ein AN (1,5 cm im knöchernen Gehörgang sitzend) habe, vermutet habe ich das schon länger. Mein Hörverlust ist einseitig links und von Tinitus kann ich zum Glück noch nicht sprechen, obwohl sich in den letzten Tagen ein vertrautes Klingeln im Ohr immer wieder zurück meldet - es war lange "still" im Ohr.

Operieren will ich mich unbedingt lassen, weil mich das Vorhandensein des Tumors stresst und damit mich und meine Familie schwächt. Vor 1 1/2 Jahren wurde bei mir Brustkrebs diagnostiziert und erfolgreich therapiert, vor allem deswegen, weil der Tumor zwar schon invasiv war, aber die Lymphknoten noch nicht befallen hatte. In Folge der frühzeitigen Behandlung ist mein Vertrauen zur Schulmedizin immens groß geworden, so dass ich schon fast befürchten muss unkritisch zu werden.

Trotzdem denke ich, eine OP ist richtig und gut, nur wo?
In den nächsten Wochen habe ich Termine in Erlangen , Würzburg und Tübingen vereinbart.

Meinen HNO habe ich so verstanden, dass er mich lieber von einem HNO operiert haben möchte, weil dieser angeblich besser als ein Neurologe an einen im Gehörgang sitzenden Tumor herankommt. Jetzt habe ich aber auf der Seite Symptome gelesen, dass die ANs wohl alle im Anfangsstadium im knöchernen Gehörgang wachsen und erst dann zum Gehirn hin. Trotzdem operieren Neurologen solche ANs erfolgreich. Ein kleiner Widerspruch zu der Aussage meines HNOs, oder täusche ich mich da? Mir erscheint es eher so, dass die meisten ANs primär von Neurologen operiert werden.

Habt ihr ähnliches von Euren Ärzten gehört und wie sind eure Erfahrungen. Alles im Allem versuche ich rational zu bleiben und mich nicht von Angst überrollen zu lassen. Wenn Ihr mir dabei helfen könnt bin ich sehr dankbar.

Herzliche und hoffnungsvolle Grüße ins Unbekannte
Tillis
Tillis: 41 Jahre, w. München; Jan 2009 AN ca. 1,5 cm füllt den linken Gehörgang aus; relativ taubes linkes Ohr, kein Tinitus
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Operation durch HNO- oder Neurochirurg?

Beitrag von ANFux » 18.02.2009, 12:01

Liebe Tillis,

Du hast zunächst erst einmal eine sehr gute Vorauswahl getroffen: Erlangen, Würzburg und Tübingen. Du wirst die Qual de Wahl haben. Die Entscheidung mußt Du aber allein treffen. Warte ab.

Der Rat Deines HNO-Arztes ist nicht ganz zutreffend, vorsichtig gesagt. Es führen drei Wege zum AN. Ein versierter Operateur holt über jeden Weg jedes AN heraus, und das noch mit minimalen Beeinträchtigungen. Du schreibst nicht, an welche Kliniken Du in den drei Städten gehst. Aber Du wirst erfahren, daß Dein AN sowohl vom Neuro- als auch von HNO-Chirurgen operiert werden kann. Lage, Größe und bisherige Beschwerden, aber auch die Erfahrung des Operateurs sind bestimmend für die Wahl eines Zugangsweges. Du hast Du uns zu wenige Informationen gegeben. Mußt Du aber nicht nachholen - warte erst einmal Deine Konsultationen ab.

Übrigens: Die Seite Therapie der IGAN-Homepage ist völlig neu geschrieben. Dort kannst Du unter "Operation" und dann unter "OP-Zugang" mehr zu dieser Frage lesen.

Beste Grüße
ANFux
Zuletzt geändert von ANFux am 18.02.2009, 17:36, insgesamt 1-mal geändert.
1939, m. '94 transtemp. OP (15 mm) in Magdeburg/Prof. Freigang, einseitig taub, kein Tinnitus, keine Fazialispar. Rehakur in Bad Gögging. '96-'04 im Vorstand d. VAN in D, seitdem Beratungen zum AN. Ab '07 Moderator, ab '08 Homepage-Verantwortl.(bis 2012)
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Termin in Erlangen

Beitrag von Tillis » 18.02.2009, 16:39

Lieber ANFux, liebe Forummitglieder,
vielen Dank für Deine Zeilen, das ist ein rettender Strohhalm für mich. Ich komme gerade ziemlich erledigt aus der Ambulanz von Prof. Iro. Er selbst war nicht da. Der mich statt dessen betreuende Arzt Dr. Bohr schien mir sehr kompetent und ehrlich. Die Hörtests haben ergeben, dass das rechte Ohr sehr gut hört, aber mein linkes Ohr irreversibel hinüber ist. Die Fragen auf dem linken Ohr kamen mir vor wie heiteres Rätselraten. Dass man da nichts mehr machen kann macht mich sehr traurig. Zudem kommt, dass der Tumor fast ausschießlich im Gehörgang liegt und größer ist als im Untersuchungsbericht des MRT. So lautet der Rat: OP durch das Ohr unter Opferung des sowieso schon kaputten Hörnervs. Mit einem tauben Ohr kann man wohl immer noch ganz gut leben, aber so ganz damit abfinden kann ich mich nicht. Dann kommt noch dazu, dass mir die Wahrscheinlichkeit, einer Zerstörung des Gesichtsnervs in meinem Fall mit 4 bis 5 % angegeben wurde. Eine für den Einzelfall schwer einzuschätzende statisische Größe, zumal ich nicht weiß wie dieser Wert errechnet wurde. Dieser Wert liegt bei einem anderen Zugang bei angeblich 20%. Außerdem hätten Patienten durch die Verschiebung des Gehirns während der OP im weiteren Leben noch Beeiträchtigungen, das Sprachzentrum wäre möglicherweise betroffen.... die Ärzte in Erlangen sehen den Zugang durch die Schädelgrube kritischer. Also alles in Allem scheint mir das Alles schwer einzuschätzen, emotional finde ich Erlangen OK, aber im Kopf wäre ich mir auch noch gerne sicherer. Mein nächster Termin ist in Würzburg bei Prof. Hagen, mal sehen was er sagt. Dann gehe ich noch zu Prof. Tatagiba und hoffe mich dann einigermaßen sicher entscheiden zu können.
Viel Kraft allen wie mir Betroffenen und eine gute Zeit denen, dies schon hinter sich haben.
Tillis
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Zahlen nicht überbewerten!

Beitrag von ANFux » 18.02.2009, 17:57

Zahlen nicht überbewerten!

Liebe Tillis,

da Du doch ziemlich aufgekratzt bist, antworte ich gleich und warte nicht auf Deinen Bericht nach der Konsultation in Würzburg.
Du hast mit Prof. Iro und Prof. Hagen zwei HNO-Spezialisten gewählt, solltest also auf jeden Fall auch noch die Einschätzung aus Tübingen mitnehmen.

Aus jetziger Sicht und in Kenntnis der (wenigen) Daten: Wenn das Gehör tatsächlich auf der Tumorseite verloren ist, dann ist der sog. translabyrinthäre Zugang durch das Innenohr tatsächlich eine gute Option. Dieser Zugang ist insgesamt schonend, und er bietet eine gute Sicht auf den Fazialisnerv. Es ist also ein Weg, der - bei totalem Verzicht auf einen Hörerhalt! - gerade gute Chancen zum Erhalt der Fazialisnervfunktion bietet. Insofern sind die Dir genannten Zahlen 4-5 % pessimistisch. Die Zahlen für einen anderen OP-Zugang (20 %) sind das erst recht!! Das ist leider ein Beispiel von "Lagerdenken", das ich auf der Homepageseite zur Therapie gerade erst kritisiert habe. Eine Klinik, die - ohne daß eine spezielle schwierig Situation vorliegt- eine Fazialisparese bei AN-OP mit einer Wahrscheinlichkeit von 20 % angibt, sollte man nicht wählen.
Ich rate aber, nicht alles an Zahlen festzumachen. Höre zu, was Dir wie gesagt, erklärt und begründet wird. Die Zahl, vor allem der Teil nach dem Komma, ist ein statistischer Wert. Den richtig bewerten zu wollen, erfordert eine Menge Zusatz- bzw. Basisdaten, die Du normalerweise nicht bekommst.

Zum Hören mit einem Ohr verweise ich Dich auf einen Beitrag von mir aus den Anfängen des Forums. Er steht in der Rubrik "Lebensqualität nach einer OP". Damit kann man leben!

Beste Grüße
ANFux
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Beitrag von jwe » 08.03.2009, 11:23

Liebe Tillis

Erst einmal: Ruhig Blut. Ich verstehe sehr gut, dass Sie verwirrt sind, wenn Sie von den Ärzten dauernd widersprüchliche Informationen erhalten. Ich selbst bin etwas voreingenommen, weil ich nach meinen Erfahrungen in Tübingen und nach der Operation durch Prof. Dr. Tatagiba überzeugt bin, mich einem der absoluten Cracks für dieses Problem anvertraut zu haben, der das Optimum herausholen.

In den Gesprächen mit den verschiedenen Ärzten hat mir geholfen, dass ich mir vorgängig immer alle Fragen, die mich beschäftigten und/oder sich aus dem letzten Arztgespräch ergaben, notiert hatte, mit meinem Gegenüber Punkt für Punkt durchging und jeweils nachhakte, bis meine Frage wirklich beantwortet war.

Die verschiedenen Angaben und Aussagen der Ärzte sind verwirrend: So habe ich z. B. bei der Beeinträchtigung des Gesichtsnerves die von Ihnen genannte, hohe Zahl 20 % Risiko bis jetzt immer nur als Wert für eine temporäre Gesichtslähmung (einige Wochen/Monate) mit unangenehmer aber vorübergehender Beeinträchtigung gehört.

Aus meiner Sicht muss man den Risiken und Nebenwirkungen mit Respekt begegnen. Man muss sich aber auch bewusst sein, dass bei deren Auflistung immer und vor allem sämtliche Horrorszenarien, Extremfälle und seltensten Komplikationen aufgezeigt werden (müssen). Ganz extrem empfand ich das selbstredend im Vorbereitungsgespräch kurz vor der OP bezüglich Narkose u. Ä.

Bei einer Operation (auch eines Beinbruches) können viele Dinge schief gehen. Auch ich war mir vor der OP der Risiken durchaus bewusst. Aber für mich stand im Vordergrund, dass A) ein Warten, bis die OP-Ausgangslage (noch) schlechter wird für mich keine Option ist bzw. war und B) die überwiegende Zahl der OP's das Problem «beheben», wenn ein «Profi» sie ausführt. Diese beiden Erkenntnisse haben mir geholfen, die OP in Ruhe anzugehen.

Mein Rat:
Nehmen Sie unbedingt den Termin bei Prof. Dr. Hagen und Prof. Dr. Tatagiba wahr und entscheiden Sie am Schluss, in welchen Operateur Sie das grösste Vertrauen setzen. Ich wünsche Ihnen, dass Sie bei einem der ausgewählten Ärzte dieses Gefühl erhalten, wie ich damals: Das ist der Richtige, hier mache ich es ... jetzt ist nur noch die Frage wann.

Ich wünsche Ihnen von Herzen «ruhig Blut» Zuversicht und gutes Gelingen.[/url]
jwe: JG 1962, m, Intrameatales, leicht extrameatales AKN, 15x7x6 mm, entdeckt 15.01.2008 nach Hörsturz, operiert 15.07.2008 in Tübingen (Prof. Dr. M. Tatagiba). Vollständige Resektion, keine Komplikationen, alle Nerven erhalten, kein Tinnitus.
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